Ökonomische und kulturelle Effekte des File Sharing

Die niederländische Studie “Ups and downs – Economic and cultural effects of file sharing on music, film and games”:engl: gibt die Ergebnisse des gemeinsamen Projects der wissenschaftlichen Forschungsinstitute TNO, SEO und des Institutes für Informationsrecht der Universität von Amsterdam wider. Auftraggeber war das Niederländische Ministerien für Wirtschaft, Justiz und Bildung, Kultur und Wissenschaft.
Die empirische Untersuchung basiert auf einer repräsentativen Umfrage bei 1500 Internetnutzern in den Niederlanden.

Diese Studie macht deutlich, dass ökonomische und kulturelle Effekte nicht nur kurzfristig zu betrachten sind. Das Ergebnis der Wissenschaftler, die das File Sharing primär unter Copyright-Aspekten betrachtet haben, wird nicht allen Verfechtern von Urheberrechten gefallen.

The research shows that the economic implications of file sharing for welfare in the Netherlands are strongly positive in the short and long terms. File sharing provides consumers with access to a broad range of cultural products, which typically raises welfare. Conversely, the practice is believed to result in a decline in sales of CDs, DVDs and games. Seite 3

So stehen 200 Millionen Euro “Wohlfahrtsgewinne” einem geschätzten Gewinn von 100 Millionen Euro der Musikindustrie gegenüber. Die Vorwürfe der Musikindustrie sind wohl jetzt eindeutig entlarvt als “aus der Luft gegriffen”. Eher versuchte man damit Zeit zu gewinnen, um eine verfehlte Firmenpolitik zu verschleiern.

The industry’s defensive strategy has not succeeded in stemming the swelling tide of music sharing and has failed to come up with an early answer to today’s new digital reality. Seite 5

Auch in Zukunft werden die Musikfirmen nicht mehr allein mit dem Verkauf von Musik überleben können. Neue Geschäftsmodelle sind hier in Entwicklung.

In der Filmindustrie sind konstante Einnahmen zu verzeichnen. Kino-Besuche und DVD-Verkäufe nehmen zu, aber andere Marktbereiche wie der DVD-Verleih nehmen ab. File Sharing ist hier weniger zu verzeichnen, da viele einen Film einmal ansehen.

Auch bei Games sind keine negativen Effekte des File Sharing zu verzeichnen. Hier ist noch ein großes Wachstum zu verzeichnen.

The specific platform-restricted hardware-software-content marriage makes the official game release so attractive – compared with a music CD – that this industry might well be able to better prevent or sidestep the file sharing that besets the music business. The hardware-software-content combine also gives large producers and distributors in the industry more scope to ensure profitable operations. Seite 5

Die Einbrüche der Musikindustrie liegen vielleicht auch darin begründet, dass ein Großteil der Jugendlichen ihr Geld, das sie nur einmal verteilen können, lieber in Filme und Games investieren.

Eine deutliche Erkenntnis ist:

Yet we now know that the music industry’s initial defensive strategy of legal measures and DRM protection has not succeeded in stemming the swelling tide of music sharing and that the industry has failed to come up with an early answer to today’s new digital reality. And so it has seen other players, such as Apple, claim key market positions in marketing and delivering digital music files. Seite 116

Die Autoren wenden sich gegen eine Verschärfung des Urheberrechtes. Die rechtliche Situation in den Niederlanden stellt sich anders als in Deutschland dar:

Downloading copyrighted content from file-sharing networks, websites and other sources for one’s own use is permitted by law in the Netherlands. Games – being computer programs – are an exception as they enjoy wider protection. Seite 117

Derzeitige Entwicklungen in Europa, den Endnutzer zu kriminalisieren, kritisieren sie stark. Gerade Rolle von Zwischenakteuren wie Internetprovider, Serviceanbieter, die bei P2P-Vorgängen zwangsweise beteiligt sind, werden in der europäischen Debatte immer stärker diskutiert. Sie sollen herangezogen werden, um sowohl diejenigen ausfindig zu machen, die unauthorisierte Inhalte anbieten, als auch um dann entsprechende Maßnahmen gegen diese zu ergreifen.

Die Autoren sehen hier bereits ausreichende Möglichkeiten im Gesetz verankert, um gegen entsprechende Urheberrechtsverletzungen vorzugehen.

The law provides right holders with a range of enforcement measures, in particular with respect to unauthorised uploading on a commercial and large scale – preferably in line with, or after new business models have been developed, thus creating real alternatives. In the case of civil enforcement against large-scale uploaders, right holders and other parties in the distribution chain could join forces. This should not, however, be undertaken at the expense of the basic principles of justice such as proportionality, legal certainty and the protection of fundamental rights and procedural justice. Criminal enforcement should serve only as an ultimate remedy – which is in keeping with current government policy in the Netherlands. S. 117 – 118

Ihre Forderungen sind unter anderem:
Innovation in the music industry – Die Musikindustrie sollte neue Geschäftsmodelle entwickeln und differenziertere Vertriebsmöglichkeiten bereitstellen.

A strategy that focuses solely on law suits and DRM is not the best response, in particular as it remains to be seen whether a fully authorised, paid-for downloading market would generate sufficient revenues to revive the music industry. Seite 121

Don’t ‘criminalise’ individual end users – educate them
File Sharing und P2P-Networks sind Innovationsmotoren gewesen. Es wäre dumm, Nutzer zu kriminalisieren, nur weil die Inhalte aus einer illegalen Quelle kommen oder sie auf Grundlage von Peert-to-Peer weitergegeben werden.

said, the provision of information and education is still
vital, if only because research has shown that there is still much uncertainty among both users and suppliers about what is – and is not – permitted. We also saw that many consumers are ill-informed about the techniques used and unaware of the fact that they are often downloading and uploading at the same time. A better awareness of what is and is not lawful is also important in relation to the acceptance of new business models.
There is a role to play here for government – and for the industry itself. Seite 122-123

Enforcement – Bevor es zu einer zwanghaften Durchsetzung von Rechten oder der Verschärfung von Gesetzen kommt, muss die Industrie in Vorleistung gehen und passende Alternativen zum Filesharing anbieten. Außerdem reichen die vorhandenen Gesetze aus.

Criminal enforcement should serve only as an ultimate remedy – which is in keeping with current government policy in the Netherlands. S. 123

Monitoring and research
Die Autoren sehen einen weiterhin bestehenden Bedarf an Beobachtung und Forschung. Zukünftig werden nicht nur die Musik-, Film- und Spieleindustrie vom Feilsharing betroffen sein, sondern auch TV-Sender und E-Books.

Die Studie bezieht sich zwar in vielen Punkten auf den spezifisch niederländischen Rechtsbereich, aber grundlegende Erkenntnisse lassen sich sicherlich auch für Deutschland verallgemeinern.

Quellen:
Huygen, Annelies et al.: Ups and downs : Economic and cultural effects of file sharing on music, film and games:engl: des IVIR
Keller, Paul: Ups and Downs: File-Sharing ist gut für die Ökonomie via Netzpolitik.de

Die Kindle-Konkurrenz wird munter

Der E-Book-Markt ist heiß umkämpft. Jeder will etwas davon abhaben. Da sind zu einem Gerätehersteller wie Sony, Online-Buchhändler wie Amazon und Verleger wie Hearst, die alle ein Stück vom großen Kuchen abschneiden wollen. Immer mehr Unternehmen setzen daher auf E-Book-Lesegeräte. Sie alle hoffen dabei auf einen schnellen Durchbruch auf dem Massenmarkt.

Hearst, das US-Medienunternehmen, das ziemlich von der Medienkrise gebeutelt ist, möchte nun selbst in den E-Book-Markt einsteigen. Man hofft durch das eigene E-Book-Lesegerät, welches an die Besonderheiten von Zeitungen und Magazinen angepasst werden soll, Druck-, Papier- und Auslieferungskosten einzusparen. Hearst-Manager Kenneth Bronfin der Interactive-Media-Sparte sieht darin einen wichtigen Teil der Zukunft. Details wurden nicht bekannt gegeben, aber die Firma sitzt sozusagen an der Quelle der zukunftsträchtigsten Display.

Bronfin hat einen Sitz im Vorstand von E Ink, einem Spin-off des Massachusetts Institute of Technology (MIT), an dem der Verlag vor über zehn Jahren Anteile erwarb.

Nur soviel wurde verraten: Das Display soll größer als das des Amzons Kindle 2 sein. Termin für den Marktstart ist 2010. Das erste Display soll Schwarz-Weiß sein. Vermutlich gräbt man sich aber selbst den Markt dafür ab, wenn man jetzt schon die nächste Generation mit hochauflösendem Farbdisplay ankündigt. Natürlich erhält das Gerät auch einen drahtlosen Internetzugang, mit dem sich Inhalte heraufladen lassen. Der Reader soll zudem faltbar sein, aber daran muss noch getüftelt werden.

Dieser Magazin-Reader soll auch von anderen Verlegern genutzt werden können. Sie sollen dieses Gerät mit eigenem Firmenlogo vermarkten können. Damit will man sich besser als Amazon mit dem Kindle auf dem Markt plazieren. Amzon.com wird die Möglichkeit der Mehrfachvermarktung ihrer Kindle-Technik in anderem Layout wohl eher nicht zustimmen.

The question now is, will readers give up their newspapers and magazines for these new readers?

Ob die Rechnung wirklich so aufgeht, muss sich erst noch zeigen. Sicherlich kann man auf diese Weise auf Dauer gesehen Kosten einsparen, aber erstmal wird man viel Geld in eine Entwicklung stecken müssen.

Of course, the cost of developing and then hiring manufacturers to build a device that’s given away may be too great to make a profit through a content subscription. No matter which direction Hearst takes, its approach will be closely watched.

Quellen:
Copeland, Michael V.: Hearst to launch a wireless e-reader:engl: via Fortune
Gonsalves, Antone: Hearst Planning Electronic Reader Alternative To Kindle:engl: via InformationWeek
Sawall, Achim: Cosmopolitan-Verlag plant E-Book-Reader mit Farbdisplay via golem.de

Zurück zu Bezahlinhalten

Die Zeitungen, die vom US-Medienkonzern Hearst herausgegeben werden, sollen demnächst wieder kostenpflichtig werden. Damit schwimmt Hearst gegen den Strom, denn in den letzten Jahren haben immer mehr US-Zeitungen möglichst viele Angebote kostenlos zugänglich gemacht. Damit wollte man mehr Nutzer und vor allem mehr Werbung anlocken, um so die Papierausgaben querzufinanzieren.
Durch die Wirtschaftskrise, zurückgehende Online-Werbeerlöse und stetig sinkende Auflagenrückgänge, sieht man bei Hearst:

“Eine unausweichliche Schlussfolgerung unserer Analyse ist, dass unsere Kostenstruktur erheblich von dem heutigen Umsatzpotential unserer Branche abweicht”, schrieb Swartz. Kürzer gesagt: Zeitungen kosten in den USA heute mehr, als sie einbringen.

Der Chefredakteur der “New York Times” hat vor kurzer Zeit ebenfalls laut über eine Rückkehr zu Paid Content gegrübelt. Die “NYT”, der wie vielen anderen US-Medien das Geld ausgeht, überlebte nur durch ein 250 Millionen Dollar-Darlehen des Mexikaners Carlos Slim.

Die Frage ist allerdings, ob Menschen jetzt bereit sind für Nachrichten und Analysen Geld zu bezahlen, denn da sie es nicht gewesen sind, hatten sich auch diese beiden letzten großen US-Zeitungen von Bezahinhalten verabschiedet.

Damit geht Hearst ein hohes Risiko ein: Die Bezahlinhalte könnten Mehreinnahmen bedeuten oder auch den Untergang einläuten.

Die Wirschaftskrise wird somit zur schwersten Medienkrise in den USA.

Quelle:
Hearst-Gruppe will Geld für Online-Angebote verlangen via Spiegel online

DZB goes digital

Bei der 1894 gegründeten Deutschen Zentralbibliothek für Blinde (DZB) werden große Veränderungen angekündigt. Nach 55 Jahen verabschiedet man sich dort von den sehr anfälligen reparaturaufwendigen und zu teuren Hörbuchkassetten. Ersetzt wird die Kassette im nächsten Jahr durch das CD-Format DAISY. Die Umstellung wird zeitgleich in den elf weiteren Blindenbibliotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz erfolgen.

DAISY bringt einige Vorteile mit sich: Auf eine DAISY-CD passen bis zu 40 Stunden lange Hörbücher, bzw. mehrere kürzere Bücher. Handelsübliche CDs können gerade einmal 80 Minuten speichern. Außerdem kann man in den Hörbüchern wie in einem Buch blättern und man kann (in verschiedenen Ebenen) im Buch suchen.

DZB-Direktor Dr. Thomas Kahlisch weiß, dass die Welt digital ist Der blinde Informatiker kündigt damit große Veränderungen für 8754 Nutzer der Bibliothek an. Ein wenig problematisch ist denn schon, denn 4/5 der Nutzer sind älter als 70 Jahre und sind die Handhabung von Kassetten gewohnt. Sie müssen nun auf CD oder Internet wechseln oder warten bis das Buch in Braille-Schrift erscheint. Allerdings beherrschen nur sehr wenige diese Blindenschrift.

Das wird an den Entleihungen vom Vorjahr deutlich: 2563 Mal wurden Braille-Bücher ausgeliehen (2007: 2476), 162 229 Mal Hörbücher (2007: 152 229). Ein Drittel der ausgeliehenen Hörbücher waren Kassetten.

Durch die Digitalisierung verspricht Kahlish eine bedienerfreundliche Alternative zur Audiokassette. Insbesondere der Versand von Hörbüchern über das Internet sei ein Vorteil.
Unumschränkt ist dieser Vorteil noch nicht, denn wirkliche Voraussetzung ist ein flächendeckender schneller Internetzugang auch auf dem Land. Ziel der DZB ist es, ihre Leser stärker in die Gemeinschaaft zu integrieren.

“Ein Großteil unserer Anrufer, die ihre Bestellung abgeben, lebt alleine. Wir sind eine richtige soziale Kontaktstelle für sie.”

Auch der Blinden- und Sehbehinderten-Verband (BSV) zweifelt nicht daran, dass die Nutzer die in einem Alltag voller Hürden diese neue auch noch meistern werden. Damit niemand daran scheitert, wird es auch Schulungen im Umgang mit den neuen Geräten geben.
Die sächsische Verbandsvorsitzende Angela Fischer sieht in der Umstellung:

“Gerade für ältere Menschen ist das DAISY-Format eine Erleichterung. So fällt das mühsame Vor- oder Zurückspulen weg. Man kann bequem in einem Buch blättern, von Artikel zu Artikel springen.”

Hauptgrund für diese doch recht abrupte digitale Umstellung sind Kürzungen der Landeszuschüsse. Allein 2008 wurden drei Millionen Euro eingespart.

Von dem Geld werden Musiknoten, Zeitschriften, Geografiekarten sowie 1050 Reliefkalender, 150 Hörbücher und bis zu 200 Braille-Bücher pro Jahr produziert. Zurzeit entsteht in der DZB der Bestseller “Die Märchen von Beedle dem Barden” der “Harry Potter”-Autorin Joanne K. Rowling.

Dem sinkenden Budget gegenüber steht eine steigende Anzahl von Nutzern und Ausleihen.

Den kostenlosen Versand haben weltweit 8754 Blinde und Sehbehinderte genutzt (2007: 8351). Bestellungen kommen sogar aus Neuseeland.

Kahlisch sieht auch weitere Möglichkeiten für DZB. Die Bibliothek könnte auch für Legastheniker von Interesse sein, allerdings untersagt das Urheberrecht eine Ausleihe an diese Betroffenen.

“Dieses Problem wird zu wenig thematisiert in Deutschland. In ähnlichen Bibliotheken in Skandinavien sind ein Viertel der Nutzer blind oder sehbehindert, drei Viertel Legastheniker.”

Quellen:
Deutsche Zentralbücherei für Blinde stellt auf digitale Medien um via Standard.at
Zentralbücherei für Blinde stellt Ausleihpraxis um via Volksstimme Sachsen-Anhalt Newsticker

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