E-Books – die Stärkung der Autoren und Schwächung der Verlage?

Auf der re:publica’09 waren E-Books und die mobilen Lesegeräte ebenfalls ein Thema. Joscha Bach sieht die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, welche vor allem den Autoren nützen werden. Der Kommunikationswissenschaftler arbeitet als Visionär bei txtr und zeichnet für die Entwicklung des gleichnahmigen Lesegerätes verantwortlich.
Die Lesegeräte heute sind immer noch absolute Anfangsmodelle. In der Zukunft werden sie mit biegsamen Display ausgetattet sein, eine ständige Onlineverbindung besitzen, den Austausch von Büchern ermöglichen, kleine Animationenabspielen können und auch GPS nutzen.

Welche Geschäftsmodelle können entstehen und wer hat den größten Nutzen davon, ist eine der Fragen, die sich Bach stellt. Eines scheint sicher. Der Hype umd E-Books und mobile E-Book-Reader beschert den Verlagen und dm Buchhandel eine ähnliche Krise wie sie die MP3 und der MP3-Player in der Musikindustrie auslösten.

Die Digitalisierung hat am stärksten den Herstellungsprozess verändert. Nie war es so einfach, selbst zum Autor zu werden und sein Werk im Eigenverlag zu verbreiten. Es besteht die Gefahr, dass ganze Branchen obsolet werden. Zumindest wird die Digitalisierung einen Wandel verursachen. Einschnitte wie sie bereits zu Beginn veränderter Druckverfahren bei den Druckern zun beobachten waren, werden auch die Verlage und davon anbhänige Branchen treffen. Das gedruckte Buche und Verlage werden weiterhin existieren, aber Verleger und Buchhändler werden mit der steienden Popularität drastisch an Bedeutung verlieren.

Die Reaktion der Verlage ist wenig zukunftsweisend. Krampfhaft versucht man traditionelle Geschäftsmodelle zu verteidigen, ohne mit den sich neu bietenden Chancen nach innovativen Lösungen zu suchen. Sie setzen auf Digital Rights Enforcement (DRE, Teil des DRM) oder “trusted authority”. Damit soll verhindert werden, dass digitale Bücher einfach kostenlos vervielfältigt und weitergegeben werden können, ohne dass ein Verlag daran verdient. Dies ist eine Sache, die erwiesenermaßen kontraproduktiv und teuer ist.

Der Bedeutungsverlust der Verlage kann auch eine große Chance fr Autoren sein. “Raubkopien” unbekannter Autoren kann für diese sinnvoll sein, denn damit erhöhen sie die Chancen, bekannt zu werden.

“Unbekannte Autoren haben durch E-Book-Reader nichts zu verlieren, treffen könnte es höchstens einige wenige Bestsellerautoren.”

Bach sieht günstigere Gewinnmargen für die Autoren, wenn Verlage und Zwischennhändler wegfallen. Interessant finde ich hier die genannten Preise:

Wenn die Margen für Verlag und Buchhandel wegfallen, könne ein Autor an einem E-Book, das zwei Euro kostet, durchaus 1,80 Euro verdienen.

Zur Sicherung der Bücher, damit der Autor nicht nur einmal verdient, schlägt Bach einen forensischen DRM-Schutz, d.h. digitale Wasserzeichen vor. diese Wasserzeichen könnten in einem entsprechenden Online-Shop in das Buch eingebaut werden. So wäre das digitale Buch auch problemlos entleihbar, aber das Wasserzeichen mit dem Namen würde davon abhalten, es in Tauschbörsen hochzuladen. Vielen wäre der Aufwand, das Wasserzeicen zu entfernen zu hoch oder sie besitzen die entsprechenden technischen Kenntnisse nicht. Auch ließen sich E-Books mit Wasserzeichen einfacher in Tauschbörsen sperren.

Solche Mittel können nur im Rahmen einer gesellschaftlichen Übereinkunft (im Snne des “fair use”) eingesetzt werden. Dabei müssen die Interessen der Nutzer und Öffentlichkeit gegen die der Autoren abgewogen weren. Dies könnte im Rahmen eines Urheberschutz- und eines Werkschutzrechtes geregelt werden.

“Zu klären wäre da etwa noch die Frage des Weiterverkaufs. Was verkaufe ich? Mein Nutzungsrecht an dem Buch – das ich aber theoretisch in Kopie weiter nutzen kann?”, fragt Bach. Antworten darauf müssten noch gesucht werden. “Eine perfekte Lösung ist nicht nötig, nur eine besser funktionierende als die traditionelle.”

Derzeit exprimeniert man noch, so dass neue, unproblematischer Schutzmechanismen und Geschäftsmodelle entstehen können, die den Autoren zugute kommen können. Vorstellbar wäre, dass Blogautoren, deren Blogs über ein E-Book-Lesegerät abonniert wurde, eine kleine Abo-Gebühr erhalten und die Leser somit einen konkreten Blogger unmittelbar unstützen.

In Japan besteht ein Unterhaltungsbedürfnis auf den langen Fahrten zur Arbeit in den öffentlichen Verkehrsmitteln, so dass da eine neue Form des Fortsetzungsromans enstanden ist. Diese Fortsetzungsromane werden auf Handys gelesen. Die Romane entstehen unter Beteiligung der Leser im Internet und können gegen eine Subskriptionsgebühr abschnittsweise aufs Handy geladen werden. Die Preise sind moderat, aber ein Autor kann von etwa 2.000 Leern schon leben und mit 3.000 mehr schon reich werden. Dies ist ein Geschäftsmodell, dass vielleicht auch für Europa erfolgsersprechend ist.

Andererseits sollten wir darauf achten, bei allen Diskussionen die zur zeit rund ums EBookg geführt werden, dass wir hier über einen sehr kleinen Marktsektor sprechen. In den nächsten fünf bis zehn Jahren sind einige Prozent Marktanteil zu erwarten.1 Gerne sprricht man auch von 10-25 Prozent Marktanteil2, aber das halte ich derzeit bei den Preisvorstellungen fürs E-Book, fehlenden passenden Geschäftsmodellen und unzureichend ausgestatteten E-Book-Readern für utopisch. Auch wenn man dabei auf den Erfolg des Kindle in den USA schielt, bei dem innerhalb kurzer Zeit über eine Million Geräte verkauft wurden, schätzungsweise jetzt mit Kindle 2 schon 1,5 Millionen. Die Durchdringung der Bevölkerung ist damit sehr gering bei ca. 306 Mio Bewohnern.
Auffallend ist auch, wer sich derzeit mit Millionenbeträgen im E-Book-Bereich engagiert: Amazon.com– ein Buchhändler, Sony – Unterhaltungsindustrie oder Plastic Logic – Neuentwicklung.

Quelle
Dülffer, Meike: Wie E-Books Autoren stärken und Verlage schwächen: Joscha Bach über die Chancen der Digitalisierung, via golem.de

  1. Bayer, Oliver: eBook: “Letzen Endes entscheidet der Leser, wie er liest” via Wirtschaftsblatt.at []
  2. Buchhandel will Raubkopierer von E-Books verklagen via Schwäbische Zeitung []

2 Kommentare

  • lennox

    Ich warte seit ca. 5 Jahren auf einen eBook-Reader mit Internet-Zugang und vertreibe mir die Zeit mit gutenberg.org und gutenberg.spiegel.de Das sind die wahren Eckpfeiler der Diskussion. Einerseits unzulängliche Technik zu überhöhten Preisen, andererseits Kulturschätze zum Nulltarif.

    Und so habe ich drei PC-Reader installiert (Sony Library, Calibre, Adobe Digital Elements). Damit hole ich nach, was ich bisher versäumt bzw. nicht in meiner Bibliothek habe. Schaue ich mal in die eBook Shops, so sehe ich nur Schrott und Sex zu Preisen, die ein Witz sind. Als Test habe ich mir aus einem solchen Shop mal ein eBook für 0 Euro runtergeladen. Ich dachte, ich lese nicht richtig (Calibre: “Sie müssen erst DRM entfernen”).

    Ich habe mit DRM also nichts am Hut, denn ich setze meine eBooks selbst. Etwa eine Stunde brauche ich (gelernter Schriftsetzer alter Schule) für ein Buchtext mit zwanzig Kapiteln (Format epub). Da ich meine Typografie und hin und wieder Unterkapitel haben möchte, ist es Handarbeit.

    Was solls? Die Diskussion über eBooks, Reader und DRM geht – immer noch – an den Vorteilen des Systems vorbei. Die Vorteile des Lesens mit guter Navigation, Lesezeichen und in mehreren Schriftgrößen bietet mir nur das eBook und seine Viewer/Reader. Ich bin dabei, meine eigenen Texte und Publikationen, meine wichtigsten PDFs und meine Textsammlung in epub’s zu packen.

    Und eines Tages werde ich einen eBook Reader mit UMTS haben, für den dank Phyton DRM kein Problem ist. Solange lese ich auf einem Tablet-PC, der alles kann … nicht nur Farbe in Höchstauflösung.

    Ein Fortschritt ist für mich also nicht der Hardware-Reader, sondern die Entwicklungen bei der eBook-Software.

    NB. Kompliment für diese Site, Dörte

  • Dörte Böhner

    Hallo Lennox,

    vielen Dank für diesen sehr informativen Kommentar. DRM ist neben unzulänglichen Readern (Hardware/Software) ein Hauptproblem. Ganz einfach, niemand will sich freiwillig über Gebühr einschränken lassen. Auch die rechtlichen Regelungen (Verbot Umgehung technischer Schutzmaßnahmen, § 95a UrhG) zeigen eher, dass hier am Verbraucherinteresse vorbei Recht manifestiert wird. Viele Nutzer sind gar nicht wirklich in der Lage, technisch korrekt mit DRM (Installation von Plugins) umzugehen oder DRM zu umgehen (zu knacken).

    Auch müssen Begrifflichkeiten wie Lizenz (Nutzungsrechte für den Käufer, aber Datei bleibt das Eigentum des Verlages) und Kauf (Eigentum an der Datei geht auf den Käufer über) deutlicher erklärt und den Kunden klargemacht werden. Hier verändert sich nämlich das meiste für den Kunden und darüber diskutiert auch keiner. Ich darf zwar meinen E-Book-Hardware-Reader mit den E-Books verleihen, verkaufen, verschenken, aber mal schnell das E-Book auf den Reader eines Freundes zu laden, ist verboten (Anfertigung einer Kopie), es sei denn, der Lizenzvertrag regelt dies anders.

    Vorteile von E-Books gibt es, allerdings werden die durch die derzeitigen technischen Geräte und Programme tatsächlich nicht wirklich unterstützt. Verlage machen sich aber auch kaum Gedanken, welche Vorteile das sein könnten und wie man damit Kunden fangen könnte… Es stimmt, die Viewer sind das A und O und man verlässt sich dann doch noch zu gerne auf Adobe PDF (reicht ja…) Das ist schade und man verschließt sich so auch gerade im wissenschaftlichen Bereich die ein oder andere Chance, einen Markt zu erobern.

    In der Hinsicht kann man nur neidisch werden…

    Ich […] setze meine eBooks selbst. Etwa eine Stunde brauche ich (gelernter Schriftsetzer alter Schule) für ein Buchtext mit zwanzig Kapiteln (Format epub). Da ich meine Typografie und hin und wieder Unterkapitel haben möchte, ist es Handarbeit.