Bedarf an wissenschaftlichen Bibliotheken wird steigen

Es gibt einen steigenden Bedarf an wissenschaftlichen Bibliotheken, wie die American Library Association (ALA) Office of Research and Statistics in ihrer über zehn Jahre laufenden Studie feststellte.

Denise M. Davis analysierte dafür die Daten aus der Umfrage des National Center for Education Statistics (NCES) und stellte dabei Veränderungen in der Zahl der wissenschaftlichen Bibliotheken, bei der Zirkulation und Reservierung von Sammlungen, der Zahl von Fernleihbestellungen und Dokumentlieferungen kommerzieller Anbieter, Öffnungszeiten und Dienstleistungsangeboten sowie dem Zuwachs an Bestand, beim Personal, Ausgaben und elektronischen Services sowie Information Literacy-Aktivitäten.

Die Auswirkungen der Technologie und die Durchsetzung des Internets als Kanal für die Informationslieferung haben den Bedarf an Bibliotheken als Raum nicht reduziert sondern eher erhöht. Davis fügte hinzu, dass die gesammelten Daten zeigen, dass sich daraus ein höherer Bedarf an Investitionen für Sammlungen und Services ergibt. Trotz des Wachstums virtueller Auskunfts- und Informationsdienste, die von 1998 bis 2008 um 52,4 %, nahm auch die Nutzung wissenschaftlicher Bibliotheken in diesem Zeitraum zu.

Die personelle Ausstattung nahm in diesem Zeitraum leicht um 1,6 % ab. Doch betrachtet man die Verteilung des Rückgangs, lassen sich signifikante Entwicklungen erkennen. So wurden 10,1 % ausgebildete BibliothekarInnen eingestellt. Anderes Personal nahm um 57,5 % zu, aber anderes bezahltes Personal wurde um 5,8 % eingespart. Besonders betroffen ist der Bereich der studentischen Mitarbeiter. Hier wurden 11,9 % weniger eingestellt. Die Ausgaben der Bibliotheken wuchs um 48,5 %, wobei die für Gehälter und Löhne um 30,6 % stiegen und die Kosten für Informationsquellen sogar um 134,9 % wuchsen. Dies macht deutlich, dass die Bibliotheken selbst mit erheblichen Abbestellungen zu kämpfen hatten. Außerdem sank der Verdienst der Bibliotheksangestellten um 5,9 % in den ausgewerteten zehn Jahren.

Fernleihen von und an andere Bibliotheken nahmen zu. So wuchs die Fernleihe um 54 % und Dokumentenlieferung um 62,9 %. Auch die Zahl der Bibliotheken, die zwischen 40 und 59 Öffnungsstunden anbieten, stieg um 20,2 %, d.h. um 116 Institutionen. Noch deutlicher ist die Zunahme der Bibliotheken, die einen 24/7-Service anbieten, d.h. 24 Stunden sieben Tage die Woche öffnen 65 % der Bibliotheken mehr. 91,5 % Zunahme ist bei Bibliotheken zu verzeichnen, die in einer typischen Woche zwischen 120 bis 167 Stunden öffnen.

Auch der Bestand der Bibliotheken (Zunahme der Medieneinheiten in Volumes) stieg zwischen 1998 bis 2008 wie folgt: Während Printbestände um 20,2 % wuchsen, wurden über 898,3 % an E-Books angeschafft und laufende Abonnements wuchsen um 244 %. Außerdem wurden 92,6 % mehr elektronische Ressourcen und Aggregationsservices genutzt. Die Anschaffung von Mikroformen wuchs hingegen nur um 9,2 %. Audiovisuelle Bestände nahmen um 19,6 % zu.

Der Bericht von Davis bietet aber auch einen informativen Ausblick, wie wissenschaftliche Bibliotheken weiterhin eine wertvolle Ressource sein und ihrer Gemeinschaft durch Technologie mehr Servicestunden trotz weniger nichtbibliothekarischer Mitarbeiter bieten können.

Das NCES führ in Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft wissenschaftlicher Bibliotheken alle zwei Jahre eine Umfrage über Bibliotheken an Colleges und Universitäten durch, die alle Abschlüsse ermöglichen. Die analysierten Daten stammen von den Umfragen an wissenschaftlichen Bibliotheken von 1998, 2000, 2002, 2004, 2006 und 2008.

Download: „Trends in Academic Libraries, 1998 to 2008“

Quelle:
Bourdon, Cathleen J.: Ten-year study shows increased need for academic libraries, ALA News
Kelley, Michael: Report Shows Increased Need for Libraries on Campuses , Library Journal

5 Kommentare

  • Meiner Meinung nach sollte die Entwicklung weiter in Richtung wissenschaftlicher Online-Bibliotheken gehen um das enorme Wissensrepertoire global des Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Genau dahin geht der Trend und genau dort sollte man weiter dran bleiben und an Erfolgsmodellen anknüpfen.

    • Dörte Böhner

      Dem ganzen gegenüber muss man die Wissenschaftspraxis stellen. Ich kann Millionen in digitale Medien pumpen, wenn die dann aber nicht genutzt werden, weil bestimmte Methoden seitens der Wissenschaften nicht anwendbar sind, dann ist das rausgeworfenes Geld. Schlechte Angebote seitens der Verlage, Digital Rights Enforcement-Schutzmechanismen, fehlende Annotationsmöglichkeiten und andere Probleme machen digitale Medien immer wieder unnutzbar. Von den Problemen im Bereich Urheberrecht mal ganz zu schweigen. Bibliotheken möchten gerne die Medien (auch) elektronisch anbieten, aber dazu müssen diese letztendlich auch für die Bibliotheken bezahlbar bleiben.

  • Pingback: Gelesen in Biblioblogs (35.KW’11) « Lesewolke

  • Eine Entwicklung, die mir gefällt. Was mich etwas wundert, ist der enorme Anstieg an Fernleihen. Ich hätte hier in Anbetracht des Zuwachses digitaler Medien eher rückgängige Zahlen erwartet.

    • Dörte Böhner

      Ich kann nur Vermutungen anstellen, weil man hier in Deutschland in Bezug auf Fernleihen rückläufige Zahlen (siehe VZG Verbundzentrale, Jahresbericht 2010, S. 24 – 28) betrachtet. Vermutlich handelt es sich bei den Fernleihen auch um den Versand von Dokumenten aus entsprechend digitalen Angeboten, die jedoch nur an wenigen Bibliotheken vorhanden sind. Ein zweiter Faktor ist die höhere Sichtbarkeit der Bücher über entsprechende Online-Kataloge. Bibliotheken in Deutschland konnten mit zunehmenden Online-Nachweisen ihrer Bestände – muss ich jetzt mal vom Hörensagen so weitergeben – eine stärkere Nutzung durch die Fernleihe verzeichnen. An belastbaren Zahlen wäre ich an dieser Stelle aus reiner Neugier mal interessiert.