Schutzfristen-Irrsinn

Ist das noch zeitgemäß?

Schutzfristen-Irrsinn

Schutzfristen-Irrsinn

Das Urheberrecht soll den Urheber schützen, damit dieser von seiner Arbeit profitieren kann. Damit er auch etwas von Wert schafft und vererben kann, scheint es die Schutzfristen zu geben. Die Erben haben noch 70 Jahre nach seinem Tod die Möglichkeit von seiner Arbeit zu profitieren. Erst danach werden die Bücher des Autors gemeinfrei.

Die Seite Schutzfristen-Irrsin.de zeigt deutlich, was 70 Jahre Schutzfrist nach dem Tod eines heutigen Autors bedeuten.

Ob diese langen Schutzfristen noch zeitgemäß sind? In der Wissenschaft wohl kaum. Das Stichwort “Verwaiste Werke” macht das mit den langen Schutzfristen verbundene Problem deutlich, denn wenn das genaue Jahr des Todes nicht nachgewiesen werden kann oder Rechteinhaber (Erben, Verwertungsrechtebesitzer) ausfindig gemacht werden können. In diesen Fällen ist eine Verarbeitung, z.B. Digitalisierung, häufig nicht rechtssicher möglich und unterbleibt.


Aufmerksam geworden über:

Pauser, Josef: Schutzfristen-Irrsinn, VÖBBLOG


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3 Kommentare

  • Ich verstehe die Kritik an der 70-Jahre-Schutzfrist nicht: Wer nicht das Urheberrecht an einem Buch sondern ein Grundstück oder eine Firma erbt, behält dieses Recht ohne jede zeitliche Begrenzung. Wieso sollten die Erben der Urheber schlechter gestellt werden?
    Wenn schon, dann muß diese Diskussion zum Anlaß genommen werden, vollständig über das Erbrecht nachzudenken: http://mosereien.wordpress.com/2012/06/01/urheberrecht-erbrecht-schutzfristen/

    • Dörte Böhner

      Hallo Herr Moser,

      ist das tatsächlich so schwierig zu verstehen? In dieser Diskussion geht es nämlich nicht darum, dass Erben nicht von den Werken ihrer Vorfahren profitieren sollen. Dem wird bei dieser Kritik hier zumindest nicht widersprochen.

      Ich bin keine Rechtsanwältin, sondern arbeite als Bibliothekarin in einer Bibliothek. Problematisch sind aus meiner Sicht ganz andere Dinge. Die langen Schutzfristen erschweren den Zugang zu diesen Werken beispielsweise dann, wenn kein Erbe bzw. sagen wir es besser so, Rechtsnachfolger ermittelt werden kann.Dann handelt es sich um “Verwaiste Werke”. Diese noch geschützten Werke dürfen nämlich nicht digitalisiert oder in einer anderen Form (z.B. Neuauflage) verfügbar gemacht werden, wenn z.B. aus Gründen der Forschung der Bedarf auf Zugang zu diesen Werken steigt.

      Rein hypothetisch:
      Herr Falladas “Kleiner Mann – was nun?” wäre sehr selten und ich bräuchte dieses Werk für eine wissenschaftliche Forschungsarbeit (z.B. eine kommentierte Ausgabe zum 150. Geburtstag). Falladas Erben wären unbekannt und auch der Verlag, der sich die Verwertungsrechte gesichert hatte, existiert nicht mehr, d.h. ich kann keinen Rechtsnachfolger ermitteln. Nun hab ich zwei Probleme.

      Im Buchhandel ist dieses Buch nicht mehr zu beschaffen. Sicherlich kann ich mir ein Buch von Fallada per Fernleihe bestellen, aber da kriege ich es vielleicht – wenn alles gut geht und ich entsprechend verlängern kann – für drei Monate. Danach muss ich das Buch zurückschicken und der Zirkus beginnt von vorn. Ich brauche dieses Buch aber dauerhaft. Und nun? Komplette Kopie anfertigen? – Das ist illegal. Auch die Bibliothek oder ein anderer Verlag, der z.B. erkannt hat, dass sich damit Geld verdienen ließe, darf keine Vervielfältigung herstellen. Somit ist mein Zugang zu diesem Werk erheblich gemindert.

      Das zweite Problem: Ich möchte eine kommentierte Ausgabe erstellen. Dazu muss ich aber die Rechte für eine Bearbeitung einholen? Und nun? Es gibt keinen Rechtsnachfolger, weder als Erbe noch als Verlag. Letztendlich wird so Wissenschaft behindert. Die Schaffung neuer Werte und Erkenntnisse wird dadurch erheblich behindert.

      Es geht bei diesen Dingen nicht um eine kostenlose Nutzung, sondern um die Möglichkeit, adäquat mit urheberrechtlich geschütztem Material arbeiten zu können.

      Genauso wird der Zugang zu den Werken erschwert, wenn es sehr viele Erben gibt, weil dann jeder von diesen zustimmen muss, dass dieses Werk verwendet werden darf (siehe Beitrag von Klaus Graf in Archivalia)