Ein Mahnmal der Bücherverbrennungen von 1933 am Münchner Königsplatz

“Seit dem 6. Mai 2021 erinnert am Münchner Königsplatz ein Mahnmal an die Bücherverbrennungen von 1933. Sein Titel The Blacklist / Die Schwarze Liste bezieht sich auf die damals kursierenden Listen mit den Namen und Werken von hunderten Autor*innen: Literarische Titel, Sachbücher, wissenschaftliche Publikationen bis hin zu Kinderbüchern – sie alle wurden von den Nationalsozialisten als ‚undeutsch‘ geächtet und aus dem öffentlichen Leben verbannt.” NS-Dokuzentrum München

Dieses Mahnmal stammt von dem New Yorker Künstler Arnold Dreyblatt. Der Titel geht zurück auf die umfangreiche schwarze Liste, die 1933 der Bibliothekar und Nationalsozialist Wolfgang Herrmann anlegte. Diese Liste diente als eine “Hilfe” zur “Säuberung” für zahlreiche Bücherverbrennungen. Sie waren der Beginn der systematischen Entfernung von Literatur aus Bibliotheken, Buchhandlungen und dem Literaturbetrieb im Nationalsozialismus. In München fanden diese am 6. und 10. Mai 1933 am Königsplatz statt. Mehr Infos zum neuen Mahnmal gibt es auf der folgenden Internetseite: https://www.ns-dokuzentrum-muenchen.de/mahnmalbuecherverbrennung/

Dreyblatt charakterisierte sein Mahnmal folgendermaßen:

In meiner Arbeit The Blacklist / Die Schwarze Liste habe ich mich auf eine textuelle Markierung konzentriert, um die aktive Zerstörung von Wissen und Kultur durch eine Rezitation der Spuren einer verlorenen Welt zu beschwören. Ohne Interpunktion präsentiert, bildet dieser fortlaufende Text mit aufschlussreichen 310 Buchtiteln von verbotenen Autoren ein poetisches Fenster zu den politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und literarischen Themen der damaligen Zeit.  Diese Textfragmente kollidieren und aktualisieren für uns heute neue Bedeutungen in einer spiralförmigen Komposition, die auch an die Rauchsäulen in den historischen Abbildungen der Bücherverbrennungen von 1933 erinnert.“ – Arnold Dreyblatt

Zitat unkommentiert

[Zitat] Unkommentiert – 1984

“Then I started reading. I read everything I could get my hands on, murder mysteries, The Good Earth, everything. By the time I was thirteen I had read myself out of Harlem. There were two libraries in Harlem, and by the time I was thirteen I had read every book in both libraries and I had a card downtown for Forty-Second Street… What I had to do then was bring the two things together: the possibilities the books suggested and the impossibilities of the life around me… Dickens meant a lot to me, for example, because there was a rage in Dickens which was also in me… And Uncle Tom’s Cabin meant a lot to me because there was a rage in her which was somehow in me. Something I recognized without knowing what I recognized.” James Baldwin in The Paris Review, The Art of Fiction No. 78 im Interview mit John Elgrably, Issue 91, Spring 1984

Zitat unkommentiert

[Zitat] Unkommentiert – Entstehungsjahr unbekannt

“Erst in einem Umfeld, in dem Kinder Diversitätsbücher lesen, können andere Kulturen und Menschen als eine Selbstverständlichkeit angesehen werden.”

 

Ndey Bassine Jammeh-Siegel (Gründerin von Afrokids Germany)

Ode an das Buch von Pablo Neruda

Ode an das Buch von Pablo Neruda

Buch,
herrliches
Buch,
du winziger Wald,
Blatt
an Blatt,
nach Urstoff
duftet
dein Papier,
morgendlich bist du
und nächtlich,
kornhaft
und ozeanisch,
Bärenjäger
füllten deine uralten Seiten,
offenes Feuer
am Mississippi,
Kanus
auf den Inseln,
später
Wege
und Wege,
Entdeckungen,
Völker
im Aufruhr,
wie ein blutender
verwundeter Fisch
zuckend im Schlamm: Rimbaud,
und die Schönheit
der Brüderlichkeit,
Stein um Stein
erhebt sich das Menschenschloss,
Schmerzen weben
die Standfestigkeit,

solidarische Taten

geheimes

Buch

von Tasche

zu Tasche,

heimliche Leuchte,

blutroter Stern.

 

Wir, die wandernden

Dichter,

erforschen

die Welt,

an jeder Tür,

empfing uns das Leben,

wir nehmen teil

am irdischen Kampf.

Und was war unser Sieg?

Ein Buch

ein Buch, menschlicher

Berührungen voll,

wimmelnd von Hemden,

ein Buch

ohne Verlassenheit, mit Menschen,

und Werkzeug,

ein Buch

ist der Sieg.

Weiterlesen

Wie man weniger Bücher liest

Quelle: The School of Life

Bücher gegen Rassismus für Kinder und Jugendliche

Die Stiftung Lesen stellte vor wenigen Tagen eine Liste für Bücher gegen Rassismus ins Netz. Dabei handelt es sich in aller erster Linie um Bücher für Kinder und Jugendliche. Frau Prof. Wiesenmüller von der HdM Stuttgart wies am 17. Juli auf Twitter völlig zurecht darauf hin, dass die Kritik des Mitherausgebers der FAZ, Herrn Jörg Kaube, völlig wirr und und abgehoben ist:

“Ausgrenzung, Diskriminierung und Intoleranz – das kennen mitunter (leider) schon die Jüngsten. Bereits ab dem Kita-Alter und später auch in der Schule machen Kinder und Jugendliche Erfahrungen mit Rassismus, weil sie aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Sprache ausgegrenzt und abgelehnt werden. Bücher können helfen, diese Probleme bewusst zu machen. Sie können uns miteinander ins Gespräch bringen, für das Thema sensibilisieren und bei der Suche nach Lösungsansätzen unterstützen. […] Die Möglichkeiten, die Bücher zur Auseinandersetzung mit Rassismus bieten, sind ebenso vielschichtig wie das Thema selbst. Mit unseren Empfehlungen möchten wir Erzieherinnen und Erzieher, Eltern und Lehrkräfte bei der Auswahl von Geschichten unterstützen. Christine Kranz

Der Liste würde ich noch folgende Bücher hinzufügen, die ebenso Rassismus thematisieren. Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sind ebenso Teil von Rassismus. Diese drei Bücher kenne ich aus der Kindheit und Jugend eigener Familienmitglieder:

1.) Papa, was ist ein Fremder? (Gespräche mit meiner Tochter) von Tahar Ben Jelloun. Rowohlt Taschenbuch. ISBN: 978-3499211454. 112 Seiten

2.) Mama, was ist Auschwitz? von Annette Wieviorka. List Taschenbuch. ISBN: 978-3548600888. 92 Seiten

3.) Als Hitler das rosa Kaninchen stahl von Judith Kerr. Ravensburger Verlag GmbH. ISBN: 978-3473584291. 576 Seiten

Natürlich gibt es noch weitere Bücher, mir scheint aber, dass in Frankreich, Großbritannien und den USA mehr Literatur zu diesem Thema für diese Zielgruppe existiert. Die drei Beispiele von mir machen es deutlich, da die drei Autor*innen aus den eben genannten Ländern kommen. Warum ist das so? Falls meine Vermutung richtig ist, dann scheint das zumindest in der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur noch wenig thematisiert worden zu sein, vor allem im Hinblick auf Rassismus gegen Schwarze, Geflüchtete und aus Asien stammende Menschen. Ein Blick in die Leseliste der Stiftung Lesen genügt und es wird deutlich, dass von den acht Lesetipps, die auch Bücher für Jugendliche ab 14 Jahren enthalten, die Hälfte aus Übersetzungen englischsprachiger Werke besteht. Auch die Autorin des ersten Werkes, Lisbeth Kaiser, ist eine US-Amerikanerin. Die Thematik Rassismus, wie sie etwa Hans-Jürgen Massaquoi oder Theodor Michael Wonja erlebten, taucht in der Leseliste nicht auf. Gibt es zu wenig Kinder- und Jugendbücher von und über Afrodeutsche oder Afroösterreicher*innen und Afroschweizer*innen? Zumindest vermitteln das die Empfehlungen der Stiftung Lesen. Die beiden genannten afrodeutschen Autoren schrieben ja eher Autobiographien für Erwachsene.

Hätte die Literaturliste der Stiftung Lesen anders, diverser und vielfältiger ausgesehen, wenn interkulturelle Bibliothekar*innen, Community-Bibliotheken wie zum Beispiel die von Each one – Teach One e.V. und Audream aus Berlin mit einbezogen worden wären? Ich bin schon dieser Meinung und dass auch Bibliotheken, aber auch die Stiftung Lesung sich Beratung und Recherche leisten sollten, wenn es um bestimmte Thematiken geht. Die Liste der Stiftung Lesen erzählt viel zu wenig Geschichten über Rassismus in Deutschland. Entweder ist das eine Leerstelle im Bezug auf Kinder- und Jugendliteratur oder man hat explizit eher Bestseller/Klassiker ausgesucht, die zur Hälfte aus dem Ausland stammen und sich dort gut verkauften. Es wäre durchaus wünschenswert, wenn die Stiftung Lesen Ihre Liste mit Empfehlungen überarbeitet und zum Beispiel mehr Schwarze Autor*innen aus dem deutschsprachigen Raum fördert und solche, die andere Geschichten über Rassismus erzählen und über Rassismus aus eigener Erfahrung aufgrund deren biographischer Herkünfte schreiben.

Im Blogeintrag “Bücher und Leselisten gegen Rassismus?” vom 13.06.2020, den ich mit einem Fragezeichen versah, war ich zu Beginn des Artikels noch der Auffassung, dass die Wirkung von Leselisten, die durch Bibliotheken oder andere Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, eher wenig Wirkung erzielen wird. Am Ende sah ich dies etwas nüchterner und kam zu dem Entschluss, dass es zumindest einen Versuch wert ist. Dabei bezog ich mich nur auf Erwachsene. Deshalb werde ich demnächst versuchen eine eigene Leseliste für Erwachsene zu erstellen, welche mehr Sachbücher enthält.

Book Power (1969) von Gwendolyn Brooks

Gwendolyn Brooks (1917-2000) schrieb dieses Gedicht anlässlich der National Children’s Book Week im Jahre 1969. Sie und zwei andere zählen zu den einzigen drei afro-amerikanischen Schriftsteller*innen, die je den Pulitzer Preis gewinnen konnten:

BOOK POWER
by Gwendolyn Brooks

BOOKS FEED AND CURE AND
CHORTLE AND COLLIDE

In all this willful world
of thud and thump and thunder
man’s relevance to books
continues to declare.

Books are meat and medicine
and flame and flight and flower,
steel, stitch, and cloud and clout,
and drumbeats in the air.

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