Ein Plädoyer für mehr Inklusion statt Integration in Bibliotheken

Wurden zum heutigen Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung Veranstaltungen in öffentlichen Bibliotheken durchgeführt? Was würde eigentlich eine echte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention für öffentliche Bibliotheken bedeuten? Meist wird der Inkusionsbegriff in Bezug auf die Verwirklichung der inklusiven Schule verwendet. Wenn sich Bibliotheken als Bildungseinrichtungen definieren, müsste nicht diesbezüglich auch der Inklusionsgedanke und dessen Umsetzung eine größere Rolle spielen?

Außer der Personalpolitik im öffentlichen Dienst, die Menschen mit Behinderung fördert und der Forderung nach Barrierefreiheit, aber auch Bestände mit Büchern in leichter Sprache, sind mir bislang kaum Initiativen bekannt, die Inklusionsaspekten Rechnung tragen. Die Leiterin der Bücherei (“Treffpunkt Leichte Sprache“) für Leichte Sprache der Lebenshilfe Main-Taunus-Kreis, Annette Flegel, nennt auf der Webseite Aktion Mensch Vorschläge, wie Bibliotheken noch attraktiver für Lesefreunde mit Lernbehinderung werden können:

“Mit einigen der Besucher, die auch Prüfer für Leichte Sprache sind, würde sie gerne ein Buch übersetzen, das die Zielgruppe interessiert. “Vielleicht würden wir sogar selbst eines schreiben!”, sagt Annette Flegel. Und das wäre ja fast noch besser als Lesen!”

Inzwischen gibt es in Berlin, Erlangen, Ingolstadt und Trier, aber sicher auch in anderen kommunalen Bibliotheken in Deutschland Buchbestände in Leichter Sprache. Eine Vorreiterrolle nahm mit Sicherheit die Bibliothek des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin ein. Die Büchereizentrale Schleswig-Holstein bietet auf ihrer Webseite den Flyer Bibliotheken und Inklusion zum Download an. Darin wird begründet, weshalb Öffentlichen Büchereien einen Beitrag zur Inklusion leisten.

Das Verständnis über den Inklusionsbegriff wird durch den Flyer deutlicher. Bei einem Vergleich mit den gängigen Definitionen des Inklusionsbegriffs, sind durchaus Unterschiede mit den Erläuterungen im Flyer festzustellen, da diese sehr allgemein gehalten sind. Wie würde denn eine inklusive Bibliotheksarbeit in der Praxis aussehen? Was sollten öffentliche Bibliotheken anbieten und wie sollten sich diese verändern, damit auch dort eine echte Inklusion verwirklicht werden kann? Gebe ich auf den Suchfunktionen der Webseiten des Deutschen Bibliotheksverbands, dem Bibliotheksportal und B2i den Begriff Inklusion ein, erhalte ich jeweils 34, 3 und 8 Treffer. Bei einer genauen Analyse der Qualität der Treffer, stelle ich fest, dass die Verwendung des Begriffs im Zusammenhang mit der Bibliotheksarbeit nur einmal vorkommt. Dabei wurde der Integrationsbegriff durch einen “/”  mit dem Inklusionsbegriff in einem Atemzug genannt. Dabei ging es aber “nur” um ein Förderprogramm der Robert-Bosch-Stiftung (“Actors of Urban Change”).  Was ist also aber genau unter Integration und Inklusion zu verstehen und weshalb werden diese Begriffe oftmals in ähnlichen/gleichen Zusammenhängen verwendet?

Inklusion bedeutet, dass kein Mensch ausgeschlossen, ausgegrenzt oder an den Rand gedrängt werden darf. Als Menschenrecht ist Inklusion unmittelbar verknüpft mit den Ansprüchen auf Freiheit, Gleichheit und Solidarität.  […] Inklusion  ist für alle Menschen wichtig, die nicht voll und gleichberechtigt an allen Bereichen der Gesellschaft teilhaben können, etwa aufgrund ihres Alters, ihrer sexuellen Orientierung, einer Behinderung, ihrer Hautfarbe, Herkunft oder ihrer Geschlechtsidentität. Und als Menschenrecht geht Inklusion alle Menschen an, nicht allein diejenigen, die ausgeschlossen sind. Denn Menscherechte bauen darauf auf, dass jeder Mensch den anderen als Gleichen respektiert und sich deshalb solidarisch für die Rechte der anderen einsetzt. Nur wenn alle mitmachen, kann Inklusion gelingen.”

Das folgende Video aus der Reihe “Explainity einfach erklärt” erläutert vor allem den Begriff Inklusion und macht aber auch deutlich, dass Integration eine andere Bedeutung aufweist und in vielen Publikationen als Vorstufe zur Inklusion betrachtet wird.

Im Grunde genommen geht es um die Verwirklichung von Chancengleichheit und die gleichberechtigte Anerkennung von Vielfalt im Bildungskontext.

Weiterlesen

[Infografik] Digitale Inklusion: Das Internet muss für alle wichtig sein

Quelle: OCLC Webjunction

Meine persönliche Rückschau auf den BID-Kongress 2013 (Teil 1)

Von allen vier Bibliothekartagen, die ich bisher in Deutschland besuchte, war dies durchaus einer der facettenreichsten und intensivsten Kongresse. Es waren vor allem die interdisziplinär angehauchten Vorträge und Präsentationen, für welche ich mich besonders interesssierte. Zunächst einmal sei erwähnt, dass ich am Montag, den 11.03. erst am frühen Nachmittag auf dem Messegelände eintraf und nicht von Anfang an dem im Folgenden beschrieben Vortrag teilnehmen konnte.

Laut dem Demenzforscher und Soziologen Reimer Gronemeyer ist Demenz keine Krankheit. Er kritisiert die Ausgrenzung von Menschen mit Demenz, wie z.B. in den Niederlanden das “Demenzdorf” Hogeweye, in dem eine künstliche Realität für Menschen mit Demenz aufgebaut wurde, die abseits vom Rest der Bevölkerung leben. Das erinnert an die am 13.10.2010 angesprochenen sogenannten retirement villages, in denen Senioren fernab vom Rest der Bevölkerung abgeschottet leben.

Niemand kann sagen: Damit haben wir nicht gerechnet oder das haben wir nicht gewusst”. Heike von Lützau-Hohlbein

Es sollte mehr für Menschen mit Demenz getan werden, um ihnen “ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, so die Vorsitzende der deutschen Alzheimergesellschaft, Heike von Lützau-Hohlbein. Wer selbst schon Mitglieder in der Familie hat(te), die an Demenz erkrankt sind, wird leichter Verständnis und Empathie aufbringen dieses Thema zukünftig auch für die eigene Arbeit stärker in den Vordergrund zu rücken. Der erste Vortrag setzte an der an der Schnittstelle des Bibliothekswesens zur Geragogik, die auch als Gerontagogik oder Alterpädagogik bezeichnet wird, an. Zukünftig wird dies wohl ein Teilgebiet werden, das mindestens dieselbe Aufmerksamkeit erfahren dürfte wie die Kinder- und Jugendarbeit in Bibliotheken. So hielt Frau Susanne Brandt zusammen mit Herrn Oke Simons einen Vortrag zum Thema “Demenz als Thema für Bibliotheken? Überlegungen und praktische Beispiele für die Bedeutung von Erfahrungswissen und kultureller Teilhabe im Dialog der Generationen“. Darin wurden bereits vorhandene bibliothekarische Angebote, die das Leben von Menschen mit Demenz in besonderer Weise berücksichtigen vorgestellt, die es teilweise schon in Schleswig-Holstein gibt. Dabei wurden konkrete Bausteine angesprochen, die eine Umsetzung erleichtern. Es handelt sich unter anderem um sogenannte Medienboxen, die für den Aufbau einen zentralen Medienangebots genutzt werden können. Des Weiteren steht die Biografiearbeit im Vordergrund, indem z.B. Kamishibai-Fotoserien und Bilder zu vertrauten Märchen und Geschichten erstellt werden. In Schleswig-Holstein gibt es ein sogenanntes Kompetenzzentrum Demenz, über das pädagogische Materialien bezogen werden können.

In Deutschland leben derzeit etwa 1,4 Millionen Menschen, die an Demenz erkrankt sind, ab 2050 könnte sich diese Zahl verdoppelt haben. Die Referenten plädierten dafür nicht den Defizitansatz zu wählen, sondern durch Sensibilität und Wertschätzung wahrzunehmen, über welches sinnlich und emotionales Erfahrungswissen Demenzpatienten verfügen. An dieser Stelle wäre es interessant gewesen Bibliothekare und/oder Bibliothekarinnen gehabt zu haben, die konkret mit dieser Gruppe vor Ort arbeiten oder auch Altenpfleger/-innen oder Gerontologieforscher, die durch ihre Wissen und ihre Expertise zusätzlich wertvolle Tipps und Anregungen gegeben hätten. Leider waren die meisten Referenten auf dem “Bibliothekartag” zumeist Fachreferenten, Diplom-Bibliothekar(e)/-innen oder entsprachen den gängigen bibliotheksnahen Berufen. Es wäre nicht nur für das Thema Demenz zum Vortrag von Brandt & Simons interessant gewesen einen echten Anthropogogiker auf dem Bibliothekartag zu Gast zu haben. Bei der Anthropogogik handelt es sich um die Wissenschaft, welche genau beschreibt, als was sich viele Bibliotheken verstehen: als Orte des Lebenslangen Lernens. Dabei handelt es sich auch noch um einen genderneutralen Begriff, der die Teilbereiche Pädagogik, Andragogik (Erwachsenenbildung) und Geragogik miteinander vereint. Das Ehepaar Brändle definiert das Begriffskonzept wie folgt:

 “Die Anthropogogik erforscht, was beim Lernprozess förderlich ist und was hinderlich. Welche Methoden das Lernen unterstützen. Wie das Lernen Freude macht. Wie Blockaden vermieden werden können, oder überwunden, wenn sie schon aufgebaut wurden. Wie Menschen leichter, schneller und nachhaltig lernen. Ziel ist es, den Prozess des Lernens in allen Bereichen und Altersstufen respektvoll und empathisch nach „state of the art“ zu unterstützen.”

Inwiefern werden Studenten und Auszubildende in den Bibliotheks- und Informationsberufen auf diese wichtigen Tätigkeiten vorbereitet, um Lernprozesse richtig  begleiten zu lernen und Lerner_innen mit den geeigneten Methoden zu unterstützen? Natürlich findet im Lernort Bibliothek selbstgesteuertes Lernen statt, aber sind ein großer Teil Bibliothekare und Bibliothekarinnen hierzulande dazu wirklich in der Lage unterschiedliche Generationen (-Zielgruppen) leichter, schneller und nachhaltiger beim Lernen zu unterstützen?

In einem weiteren Vortrag stellte Miriam Schriefers vor, mit welchen EU-Projekten sich Netzwerke aufbauen lassen und wie Interkulturelle Kompetenzen von Mitarbeiter/-innen gefördert werden können. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift BuB finden sich auf den Seiten 170 bis 172 ähnliche Inhalte zum Thema, welche Schriefers vorstellte. Sie warb für länderübergreifende Partnerschaften, die den EU-weiten informations- und Erfahrungsaustausch vor. In einigen Projeken ging es darum, durch innovative und kreative Ideen entwickeln, um Menschen am Rande besser in die Gesellschaft zu integrieren. Dabei geht es darum, mithilfe von Projekten und des Austauschs “neue” Zielgruppen wie Bildungsbenachteiligte, Migranten, Flüchtlinge und Senioren zu gewinnen und zu lernen diesen z.B. mehr digitale Kompetenzen zu vermitteln. Bibliothekare und Bibliothekarinnen haben die Möglichkeit im Rahmen von Hospitationen, Besuche von Fachkonferenzen und länderübergreifenden Treffen Programme zum Lebenslangen Lernen, (GRUNDTVIG-) Lernpartnerschaften, Assistenzen und Weiterbildungsprogrammen, Fördergelder der EU nach erfolgreichen Projektanträgen zu erhalten.

 

“Libraries: A Digital Bridge”: Ein Imagevideo über die Bedeutung von Internetzugängen in öffentlichen Bibliotheken

Einer von drei US-Amerikanern hat keinen Internetzugang. In Deutschland wurde letzte Woche der (N)Onliner Atlas 2012 vorgestellt. Hierzulande sind etwa 75,6 % der Bevölkerung “Onliner”, wohingegen in anderen Industriestaaten der Anteil der “Onliner” in der Bevölkerung 90 % beträgt. Etwa 15 Millionen Deutsche nutzen das Internet nicht. In vielen öffentlichen Bibliotheken gibt es Beschränkungen der Internetnutzung: Es bedarf eines Bibliotheksausweises, der wiederum Geld kostet und/oder es wird eine Studengebühr von z.B. 1 € erhoben. Die “Bill & Melinda Gates Foundation” fördert den Ausbau eines kostenfreien Zugangs zum Internet in Bibliotheken. Es kommen zahlreiche Menschen zu Wort, die oftmals zu den Vorzügen und zum Nutzen des Internets äußern.

Die digitale Downloadzone der öffentlichen Bibliotheken in South Dublin

Der digitale Buchservice “South Dublin Libraries” wurde sogar schon für den European E-Gouvernment Award nominiert. Er war der erste Buchservice seiner Art, der von einer irischen Kommune zur Verfügung gestellt wurde.

Drehort Bibliothek: Ein Video der Kampagne “Reading for all” aus Ägypten

“Let us make reading part of our daily life. Let us read for life. It is a message to our children and youths and all social categories to make reading an integral part of Egyptian life.” Suzanne Mubarak

Diese mittlerweile 20 Jahre alte Kampagne “Reading for all”, die von der Gattin des ägyptischen Präsidenten ins Leben gerufen wurde, setzt sich zum Ziel die Lese- und Schreibfähigkeit von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Um dies zu erreichen fördert Suzanne Mubarak weiterhin den Bau und den Unterhalt von mobilen Bibliotheken und den Vertrieb von kostengünstigen Büchern für Erwachsene und Kinder. Inzwischen hat sich die Reichweite der unterschiedlichen Zielgruppen, die bei dieser Kamapagne erreicht werden sollen vergrößert, so dass auch Kleinkinder über “Read for your child” erreicht werden können. Darüber hinaus sind verschiedene Altersgruppen angesprochen, die aus ärmeren sozio-ökonomischen Verhältnissen stammen. Hierzu gibt es die  “Family Library”, welche beliebte und bekannte Buchtitel zu günstigen Konditionen anbietet. Die Frau von Präsident Mubarak machte deutlich, dass es zur kulturellen Gerechtigkeit gehöre das Lesen für jeden Menschen ermöglicht wird. Staatliche Fernseh- und Radiosender puschen diese Kampagne in der Öffentlichkeit, um eine größere Nutzung von öffentlichen Bibliotheken zu erreichen und deren Vorzüge gegenüber herkömmlichen vom Staat geführten Buchläden zu betonen. Die ‘Reading for all’ Kampagne beinhaltet verschiedene Aktivitäten, unter anderem das Erlernen von Fremdsprachen, Kunst- und Musikworkshops, sowie den Erwerb von Soft Skills. Mohamed Al-Minyawi und Omar Al-Shibawi von der “Greater Cairo Library” sind sich einig, dass der Erfolg “Reading for all” Kampagne davon abhängt, wie die SchülerInnen erreicht werden: Weiterlesen

Intergenerationale Bibliotheksarbeit als Antwort auf den demographischen Wandel: Überlegungen zu aktuellen Trends

The library as a place for inspiration and innovation for the community, particularly the local community, relates to all generations.” Helen Bowers

Eine Umfrage der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) in Nürnberg und ein Vortrag von Ronald Kaiser & Prof. Dr. RatzekZielgruppe 50+” auf dem diesjährigen BID-Kongreß in Leipzig, veranlassten mich zu diesem Blogeintrag. In einem Blogeintrag vom 05.12. 2009 habe auch ich die Zielgruppe Ältere oder Senioren als Silver Gamers bezeichnet. Buzinkay stellte bereits 2007 in einem Blogeintrag “Die Überalterung und die Bibliothek” fest, dass der Trend in den kommenden Jahren dahin geht, dass die größte Gruppe an BibliotheksnutzerInnen in Zukunft über 60 Jahre alt sein wird. Die Zahl derjenigen, die älter als 65 sind, wird bis zum Jahr 2030 um mehr als ein Drittel zunehmen. Wie R. Kaiser & Ratzek im März diesen Jahren feststellten, gibt es noch zu wenige Angebote von Seiten der Bibliothek.  Henner Grube, der ehemalige Leiter der EKZ appellierte in seinem Vortrag “Die Zukunft der Bibliothek und die engagierten Bürger” von 2006 audrücklich dafür die Ansprache dieser Zielgruppe zu verbessern. Ausdrücke aus der Marketingsprache, die ja meist aus dem Englischen stammen sind gerade bei Jüngeren angesagt. Dagegen ist erst einmals nichts einzuwenden, aber die Eltern- bzw. Großelterngeneration denkt da sicherlich anders darüber.  Vermutlich wird dies in einigen Jahren anders sein. Ein bestes Beispiel hierfür gibt der 56 Jahre alte Bundesverkehrsminister Ramsauer ab, der unmittelbar nach der Übernahme seiner Amtsgeschäfte alle Anglizismen in seinem Ministerium verbieten ließ. Bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Senioren Ratgebers gaben mehr als vier von fünf der Ab-60-Jährigen (83,8 %) an, der Ausdruck Senioren spiegle die Lebenserfahrung älterer Menschen wider und passe daher am besten. Weit mehr als drei Viertel von ihnen (79,9 %) findet, man sollte von ihnen ganz einfach als von “älteren Menschen” sprechen. Weniger gut kommen bei den Älteren Begriffe wie “Silver Ager”, “Best Ager” oder “Happy Enders” an. Etwa ein Viertel der Ab-60-Jährigen (25,2 %) sind der Auffassung, dass derartige Bezeichnungen dem Lebensgefühl der “jung gebliebenen Alten” nicht entsprechen. Mehr als die Hälfte der Senioren (58,1 %),  spricht sich gegen eine Verwendung besonderer Begriffe für Senioren aus. Buzinkay machte deutlich, welche Art von Konzepten sich Bibliotheken bei der Zielgruppenarbeit mit Senioren widmen könnten:

  1. Freizeitgestaltung: Ein erweitertes kulturelles Angebot, welches auch die sozialen Bedürfnisse älterer Menschen befriedigt
  2. Thema “Bildung”: Bildung für Senioren
  3. Multimediale Angebote: Technik-Affinität muss auch bei dieser Gruppe gestärkt werden
  4. Leitsysteme und Navigation auf Webseiten: Barrierefreiheit ein absolutes Muss
  5. Einbindung von Senioren in die aktive Mitarbeit an Bibliotheken (Nutzen vorhandenen Wissens)

Den fünf genannten Vorschlägen kommt ein meines Erachtens ein wichtiger Aspekt hinzu: Die Intergenerationalität, Weiterlesen

"Silver Gamers" als neue Zielgruppe für Bibliotheken?

Anlass diese Überschrift als Frage zu formulieren, ist eine Sendung, die am 30.11.09 auf Deutschlandradio Kultur im Radiofeuilleton lief. In der Reihe Elektronische Welten von Claudia Hennen ging es um die sogenannten Silver Gamers und speziellen Computerspielen für diese Gruppe. Mit Silver Gamers sind Senioren bzw. die Generation 55+ gemeint, die Computerspiele nutzt. Ich bin der Auffassung, dass in gar nicht allzu langer Zeit, dieses Thema stärker auf der Agenda sein wird – gerade durch Bibliotheken, die imstande wären Synergieeffekte zu erzielen und dieses Feld nicht den Seniorenheimen und anderen “Konkurrenten” allein zu überlassen. Mit diesem Artikel bestreite ich keinesfalls, dass bisher keine Computerspiele als Angebote für alte Menschen in der Bibliotheksarbeit eingesetzt werden.  Die Büchereizentrale Schleswig-Holstein bringt bereits “Medienboxen für die Gruppenarbeit mit Senioren” in Altenheime, die dort dort auf großes Interesse der alten Menschen stoßen.  Aufgrund der demographischen Entwicklung ist das ein Wachstumsmarkt. Demnach nutzt jeder vierte Bundesbürger den PC zum Spielen. Unlängst foderten ja Mark Terkessidis und Herr Hobohm, dass BibliothekarInnen Medien, welche sie anschaffen auch selbst testen sollten (gemeint waren Computerspiele). Auf eine Entfremdung wurde am 7. Oktober hingewiesen, da oftmals die BibliothekarInnen den Bestandsaufbau outsourcen und so der direkte Bezug zu den Medien zu kurz kommt.  In diesem Zusammenhang sprach Herr Prof. Dr. Hobohm von der monokulturellen Einrichtung Bibliothek, die sich – ähnlich wie früher der Lesezeit von BibliothekarInnen – anderen Werten und Kulturen öffnen sollte. Obwohl allen klar war, dass in Zeiten knapper Kassen und knappen Personals, die Zeit hierfür meist leider fehlt, ist dennoch mehr Offenheit gefragt anstatt dem Nachhängen “alter Werte”.

Die Stadtbibliothek Straubing wurde nach dem durch die Bertelsmann-Stiftung gesponserten USA-Aufenthalt ihrer ehemaligen Leiterin Frau Kulzer deutschlandweit eine der erfolgreichsten und bekanntesten Bibliotheken für die Generation 55+ als Zielgruppe. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Handreichungen und Broschüren, die Tipps und Hinweise geben, wie Bibliothekar / Bibliothekarin mit Senioren bzw. Älteren arbeiten kann. Ebenso wurden in diesem Jahr ehrenamtliche “Medienboten” der Bücherhallen Hamburg im bundesweiten ‘Wettbewerb zum Generationendialog’ geehrt. Doch auf die Gesamtheit der Bibliotheken verteilt gibt es keine flächendeckende Versorgung dieser Gruppe wie es bei Teenagern und Kindern eher selbstverständlich ist. In allen Dokumenten, die ich durchforstet habe, finden sich keine Informationen über medienpädagogische Effekte beim Gebrauch von Computerspielen durch diese Zielgruppe und wegweisende Projekte deutscher Bibliotheken wie Sie im Radiobeitrag mit dem Seniorenheim beschrieben werden. Lediglich in einer Handreichung aus Baden-Württemberg wird das Wort Spielkonsole erwähnt. Der Ansatz scheint für mich oberflächlich betrachtet bei der Wahrnehmung dieser Zielgruppe vor allem ein defizitärer zu sein (Bücher in Großbuchstaben, Computer- und Internetkurse, Barrierefreiheit etc.), was sicherlich bei vielen Senioren und alten Menschen oftmals zutreffen mag und auch nötig ist anzubieten. Mir als Sportler ist aber schon immer wieder aufgefallen, dass es zunehmend Ältere gibt, die mehr können und oftmals einen mindestens genauso vollen Terminkalender im Rentenalter haben, der sie bis ins hohe Alter rüstig und “jung” –  im Sinne der Offenheit für Neues –  hält. Nach einem 10 km – Lauf erlebte ich letztes Jahr beispielsweise einen etwa 75-jährigen Läufer, der weinend und tieftraurig kurz vor dem Ziel aufgeben mußte, obwohl er sonst oftmals den jungen Läufern überlegen war.  Es gibt sie also, die Senioren, welche immer noch Leistungssport betreiben und sich mit dem Computer oftmals genauso auskennen, wie die Generation Y. Die Computerspielbranche fokussiert sich bei der Entwicklung ihrer Games immer mehr auf die sogenannten Silver Gamers – also die Generation 55+, die Branchenkennern zufolge eine der am stärksten wachsenden Zielgruppen sind. Das Durschnittsalter wächst weiter kontinuierlich. Weiter wurde in der Sendung erwähnt, das seit einigen Monaten Senioren in Köln im Rahmen eines Medienprojekts diverse Computer- und Videospiele testen.  Das wurde bereits kurz im Blog Nachrichten für öffentliche Bibliotheken in NRW Anfang des Jahres erwähnt. Hierzu ein Auszug aus dem Artikel, der die Lerneffekte und die sozialen Faktoren verdeutlichen soll, die beim Gebrauch von Computerspielen durch Ältere entstehen. Zudem ein Schlußkommentar, der die sich daraus ergebenden Möglichkeiten in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachtet und Literaturhinweise gibt. Weiterlesen

1 2