LIBREAS Ausgabe #19 erschienen

Die Herbstausgabe der LIBREAS beschäftigt sich diesmal mit dem Thema “Ethik und Zensur”:

“Es gibt keine einfachen Antworten, noch nicht einmal einfache Fragen. Das wird uns beim letzten Lesen der aktuellen Ausgabe der LIBREAS vor der Veröffentlichung noch einmal klar. Das Thema Ethik und Zensur scheint einerseits nahe am beruflichen Alltag von Bibliotheken und Informationseinrichtungen zu sein, aber gerade deshalb nicht leicht zu bearbeiten. Zudem kann gerade die Umsetzung ethischen Handelns in Bibliotheken selber nicht durch Konzeptpapiere erfasst werden. […] Zudem ist auffällig, dass einerseits Veranstaltungen zu bibliothekarischer Ethik, wie zuletzt auf dem Bibliothekartag in Berlin, großen Zulauf haben, gleichzeitig aber die eigentliche Diskussion zum Thema noch nicht wirklich zustande gekommen zu sein scheint. Insoweit kann die 19. Ausgabe der LIBREAS auch als weitere Aufforderung verstanden werden, über die ethische Fragestellungen in Bibliotheken und Informationseinrichtungen nachzudenken. Wie gesagt: Einfache Antworten gibt es nicht, aber die Hoffnung, dass wir Antworten finden können, besteht weiterhin.”

Autoren in der aktuellen Ausgabe, die sich diesmal in einen theoretischen (“Ethik und Zensur”), einen freien Teil und einen Rezensionsteil untergliedert, sind Julia Spenke (“Ethik für den Bibliotheksberuf: Zu Entwicklung und Inhalt eines bibliothekarischen Ethikkodexes in Deutschland“), Jens Boyer und Iris Reiß-Golumbeck (“Bibliothekarische Berufsethik in der Praxis“), Herrmann Rösch (“Zensur und Bibliotheken – historische Reminiszenz oder Dauerthema?”)  und Ludger Macher (“Die Korrelation von Arbeitslosenzahlen in Ratingen und Ausleihzahlen in der Stadtbibliothek Ratingen“).

Außerhalb des Schwerpunkts “Ethik und Zensur” gibt es zwei Beiträge: Wolfgang Kaiser und Karsten Schuldt: Hat die Öffentliche Bibliothek einen sozialen Auftrag und wenn ja, welchen? Ein Dialog. und ein Interview von Linda Treude mit Søren Brier zum Thema “Semiotics in Information Science”.

Der Rezensionsteil beinhaltet eine Besprechung zu Julia Bergmann und Patrick Danowski (Hg.) 2010: Handbuch Bibliothek 2.0 von Annekathrin Genest und zu Bäumler, Thomas; Bühler, Benjamin; Rieger Stefan (Hrsg.) Nicht Fisch – nicht Fleisch. Ordnungssysteme und ihre Störfälle. von Ben Kaden.

LIBREAS Ausgabe #18 erschienen

Die Frühlingsausgabe der LIBREAS beschäftigt sich diesmal mit dem Thema “Wissenschaftskommunikation und Wissensorganisation”:

Kaum eine LIBREAS-Ausgabe vermochte mit ihrem Themenschwerpunkt eine in Medien und Gesellschaft aktuell geführte Debatte so nah zu berühren, wie diese. Angesichts der kontrovers wie emotional in unzähligen Kommunikations(platt-)formen diskutierten Guttenbergischen Plagiatsaffäre bekommen die Aspekte und Fragen, welche der Call for Papers für die vorliegende Ausgabe mit dem Fokus auf Wissenschaftskommunikation und Wissensorganisation aufgeworfen hatte, eine unverhoffte Brisanz. So freuen wir uns Ihnen zahlreiche – nicht ausschließlich – bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Reflexionen zur Gegenwart und Zukunft der mehr als technologischen Unterstützung (guter) wissenschaftlicher Praxis durch von Informationsdienstleister bereitgestellten Werkzeuge präsentieren zu können.

Mit von der Partie in der aktuellen Ausgabe, die sich diesmal in einen theoretischen und einen praxisorientierten Bereich teilt, sind unter anderem Felix Sasaki u. Georg Rehm (Das mehrsprachige Europa: eine Herausforderung für die Sprachtechnologie) , Martin Fenner (Author Identifier Overview), Walther Umstätter (Wissen als Geistiges Eigentum), Thomas Meyer (Virtuelle Forschungsumgebungen in der Geschichtswissenschaft – Lösungsansätze und Perspektiven), Ben Kaden (Notizen zur Bibliothekswissenschaft. Teil 1 und 2) und Karsten Schuldt (Ergebnisrückmeldungen bei Schulleistungsvergleichsstudien. Ein Beispiel der Kommunikation wissenschaftlichen Wissens in die Öffentlichkeit).

Darüber gibt es Ankündigungen einiger Projekte, Rezensionen und einen Podcast zum Thema OPL-Arbeitskreis Berlin-Brandenburg mit Sandra Butte und Leyla Schön.

Ranganathan für Repositorien

Ed Summers, seines Zeichens Bibliotheks-Hacker und Repositorienspezialist, hat einen interessanten Beitrag in seinem Blog inkdroid über “gute” Repositorien geschrieben. Darin wendet er die Fünf Gesetze der Bibliothekswissenschaft auf Repositorien an:

1. Repositorienobjekte sind zum Benutzen da

Repositorien können zwar als so genannte Dark Archives konzipiert und betrieben werden, aber das stellt ihre Existenzberechtigung in Frage, die darin besteht, von Menschen benutzt zu werden. Was nicht benutzt wird, wird schnell unbrauchbar oder – wie Ed Summers es ausdrückt – verrottet sogar.

2. Jedem Leser / jeder Leserin sein bzw. ihr Repositorienobjekt

Repositorien müssen die unterschiedlichen Anwendungsfälle (Use Cases) einer heterogenen Nutzerschaft unterstützen, die durch die verschiedenen Blickrichtungen auf Repositorienobjekte entstehen.

3. Jedem Repositorienobjekt sein Leser

Gleiches gilt selbstverständlich auch umgekehrt: Repositorienobjekte müssen über verschiedene Wege auffindbar sein, von innen über intelligente Such- und Filterfunktionen genauso wie von außen (“Discovery happens elsewhere“). Dafür müssen sie eindeutig referenzierbar sein.

4. Die Zeit des Lesers / der Leserin sparen

Repositorien müssen vernetzbar sein, damit ihre Inhalte über verschiedene Sucheinstiege effizient und effektiv gefunden werden. Idealerweise werden sie so automatisch Teil des Recherche-Workflows der Nutzerinnen und Nutzer. Die Repositorienobjekte kommen zum Nutzer und zur Nutzerin, nicht umgekehrt.

5. Das Repositorium ist ein wachsender Organismus

Repositorien sollten immer erweiterbar sein (Skalierbarkeit) und sich neuen Entwicklungen anpassen können. Dies bedeutet, dass der Lebenszyklus der Repositorienobjekte und der Funktionen des Repositoriums weitestgehend technologieunabhängigkeit sein sollten.

Diese Betrachtung fasst die Anforderungen an (digitale) Repositorien wie ich finde präzise zusammen beziehungsweise reduziert die oft diffusen Blickrichtungen auf das Wesentliche. Ein bemerkens- und bedenkenswerter Ansatz, der durchaus Mantra-Potenzial hat.

Quellen:
Ed Summers: on “good” repositories, inkdroid, 08.03.2011
Lorcan Dempsey: Discovery happens elsewhere, orweblog, 16.09.2007
Rosemie Callewaert (@rcallewaert): Could Ranganthan his 5 Laws of Library Science serve as a touchstone for repositories? ~> http://t.co/dYCkFGl via Twitter

LIBREAS #17 ist online

Diesmal hat sich LIBREAS.Library Ideas  schwerpunktmäßig mit den bibliothekarischen und informationswissenschaftlichen (Anti-)Helden beschäftigt. Dabei lag der Fokus weniger auf schillernden Persönlichkeiten:

Vielmehr gehen wir davon aus, dass eine Wissenschaft immer von handelnden Personen gestaltet, gelenkt und mitunter auch deformiert wird. Will man sein Fach verstehen, hilft oft der Blick auf diejenigen, die dahinter stehen sowie ihre Biographien, Motivationen und Interessen. Das Sachlichkeitsdogma wissenschaftlichen Geschehens versucht dem entgegenzuwirken. Die eigene Erfahrung sagt aber: Je kleiner die Disziplin, desto abhängiger ist sie von den individuellen Neigungen, Interessen und Charakterzügen seiner Vertreter.

Zwei Beiträge widmen sich diesem biografischen Ansatz.

Thomas Hapke: Zum verborgenen Ursprung des Informationswesens in der Chemie

Die Aktivitäten des Chemikers und Nobel-Preisträgers Wilhelm Ostwald erlauben den Schluss, dass fachlich-inhaltliche Prinzipien der Chemie Eingang in Ausprägungen moderner Informationssysteme gefunden haben. Die unübersehbare Präsenz von Chemikerinnen und Chemikern in der Entwicklung der Informationswissenschaft ist ein weiterer Beleg für die Nähe der Chemie zum Informationswesen. Die mit der Bewältigung der Informationsflut verbundenen fachlichen Informationsprobleme am Beginn des 20. Jahrhunderts erforderten eine Gesamtorganisation der wissenschaftlichen Kommunikation mit Unterstützung durch technische Hilfsmittel und internationale Zusammenschlüsse. Historische Forschungen zum verborgenen Ursprung des Informationswesens in der Chemie können zusammen mit dem Hinweis auf die positivistische Einstellung solcher Informationspioniere wie Ostwald und Paul Otlet heute zu beobachtende einseitige Tendenzen in Informationswissenschaft und Informationspraxis, z.B. im Rahmen des Themas Informationskompetenz, bewusst machen.
Das heutige Informations- und Bibliothekswesen benötigt differenzierte, vielfältige Ansätze für seine theoretischen und methodischen Grundlagen.

Konstantin Baierer: Erinnerungen an Joseph Weizenbaum

An einem kalten Tag Januar 2008 sitzen wir zu viert in einer kleinen Wohnung nahe dem Berliner Alexanderplatz. Elektrogeräte in verschiedenen Stufen der Auflösung und Neuzusammensetzung bevölkern den Raum – zwei Reporter der Jüdischen Zeitung, ich und Joseph Weizenbaum am Tisch. Es bedarf einiger Zeit bis ich meine Bewunderung so weit heruntergeregelt habe, dass ich nicht mehr stupide lächelnd schweige vor einem der ganz Großen der Informatik. Er ist ein Greis geworden, Altersflecken überziehen Gesicht und Hände, die fachmännisch die Digitalkamera des Reporters betasten, der Gang ist etwas tapsig und gebeugt, aber unter den spärlichen, zusseligen, schlohweißen Haaren blitzen mal scharf, mal sanft dreinblickende, aber immer wachsame braune Augen.

Najko Jahns Artikel “Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Zeitschriftenaufsätze 2009 im Spiegel des Web of Science” beschäftigt sich mit der Messbarkeit des Heldentums der Library and Information Science und findet klare Worte:

Wer nach Spitzenfahrern fragt, verliert schnell das Vermögen und die Leistungen der Mitglieder des Peloton oder die der Abgeschlagenen im Besenwagen aus den Augen. Gerade für die verteilte und dynamische Wissensproduktion und ihrer Darstellung in der scientific community kann dies fatal sein. Allerdings scheint es, als sei die Bibliotheks- und Informationswissenschaft aus deutschsprachigen Ländern international nicht anschlussfähig. […] . Aber auch deutschsprachige Autoren finden sich in der Exploration nur vereinzelt, und wenn, kaum an prominenter Stelle.

Außerhalb des Schwerpunkts tummeln sich diesmal sehr unterschiedliche Themenbereiche, wie etwa SMeRT Librarians (Tania Alekson, Dean Gustini: Collaborative academic librarians and conducting research on social media in Canada. Introducing the Social Media Research Team (SmeRT)), Quodes (Oliver Bendel: Die Renaissance des Papiers. Codes als Elemente hybrider Publikationsformen) und urheberrechtliche Aspekte der Wissenschaftsfreiheit (Rainer Kuhlen: Verteidigen Deutscher Hochschulverband und Börsenverein wirklich Wissenschaftsfreiheit oder geht es nur um obsolete Privilegien?), aber auch Rezensionen zu Sozialen Netzen (Djordjevic) und Wissenschaftssprachen (Kaden) bis hin zu einem Podcast #15 zur IFLA New Professionals Special Interest Group (Dierk Eichel, Sebastian Wilke).

[Zitat] Kommentiert – 2006-2009

“Once patrons realize how much they depend on the library, they are more willing to support and defend it. [..] All town departments are essential services, and the library knows why we’re important, so the calculator is nice way to show town officials and the public how much of a value the library really is – especially when our patrons are trying to trim their own budgets. Libraries always face the challenge of justifying their existence to the community who pays for it. This calculator is an easy way to do that.” Brian Herzog

Dieses Zitat stammt von Brian Herzog, dem “Head of Reference” der Öffentlichen Bibliothek in Chelmsford, Massachusetts. Die “Chelmsford Library” war einer der ersten öffentlichen Bibliotheken der Welt, die über einen Bibliotheksrechners (“usage calculator”) verfügte. Dieser “usage calculator” berechnet den Wert der genutzten Medien eines jeden Benutzers/einer jeden Benutzerin.  Seit dieser Zeit ist nicht nur das Bewußtsein über den Wert der Bibliotheksdienstleistungen gestiegen, sondern seitdem wird der “usage calculator” auch von hunderten Bibliotheken und Verbänden (z.B. der New York Library Association) in den USA und in vielen anderen Ländern verwendet. Wieviele Bibliotheken bzw. NutzerInnen von Bibliotheken verwenden hierzulande den Bibliothekswert-Rechner? Die Mediothek Krefeld warb am 25. Februar diesen Jahres auf Facebook für den Bibliothekswertrechner auf der Seite des  Bibliotheksportals:

“Die Daten sind zwar Durchschnittswerte, aber es ist schon faszinierend, mal schwarz auf weiß zu sehen, wieviel Geld man als Nutzer spart, wenn man eine Bibliothek nutzt. Macht das mal…das Ergebnis ist interessant!”

CfP für Libreas – Library Ideas #17

Der Call for Papers für die nächste LIBREAS-Ausgabe mit dem schönen Thema “Helden und Heldinnen” ist zwar bereits im März im LIBREAS-Blog zeitgleich mit der aktuellen LIBREAS-Ausgabe veröffentlicht worden, doch bekanntermaßen kann es nicht schaden, solche CfPs möglichst weit zu streuen, um viele interessante und durchaus auch kontroverse Beiträge im nächsten Heft zu versammeln. Ein kurzer Auszug:

Den Hintergrund der Themenwahl bildet nicht reiner Personenkult – auch wenn so mancher Vertreter der Bibliothekswissenschaft durchaus eine tiefere Würdigung verdient hätte – sondern die Annäherung an die permanente Frage nach der Position der Bibliothekswissenschaft in der Gesellschaft und in der Wissenschaftslandschaft.

Für die nächste Ausgabe von LIBREAS, im 5. Jubiläumsjahr, suchen wir daher Beiträge, die sich mit Wegbereitern, Denkerinnen, Denkern und Persönlichkeiten beschäftigen, die für die Bibliotheks- und Informationswissenschaft essentiell sind, gern auch Personen, die es auf den zweiten oder dritten Blick sind.

Es soll also nicht nur um Beweihräucherung und Lobgesänge gehen (obwohl selbstverständlich Respekt gezollt werden kann, wem er gebührt), sondern durchaus auch um eine kritische Auseinandersetzung mit den Leistungen, Errungenschaften oder auch Denkmodellen einzelner Persönlichkeiten und deren Auswirkungen. Redaktionsschluss ist der 18. Juli.

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