[Infografik] Facebook-Science: Warum liken, teilen und kommentieren wir eigentlich?


Quellen: t3n und AGBeat

Jüdische Manuskripte aus Afghanistan aufgetaucht

Vor kurzem berichteten unter anderem Huffington Post und Al Arabiya über die Entdeckung von mittelalterlichen jüdischen Texten (“Afghan Genizah“), die aus Afghanistan stammen und etwa 1.000 Jahre alt sind. Sie wurden im Norden des Landes entdeckt, einem Gebiet, das heute von den Taliban beherrscht wird. Ähnlich wie bei den Schriftrollen von Qumran, waren es abermals Hirten, die vor eineinhalb Jahren Manuskripte in einer Höhle in der Provinz Samangan entdeckten. Dabei handelt es sich um etwa 150 Pergamente wie etwa religiösen Kommentaren, privaten Briefen und rechtlichen und finanziellen Dokumente. Einer der Verfasser dieser Texte ist Rabbi Sa’adia ben Yosef Gaon (892-942), der als  Begründer der jüdisch-arabischen Literatur gilt. Diese wertvollen Funde wurden nun von der Nationalbibliothek in Jerusalem auf dem internationalen Antiquitätenmarkt von Käufern in London und Israel erworben.

Laut dem Religionswissenschaftler Shamul Shaked sind diese Funde unter anderen in den Sprachen in Judäo-Arabisch und Judäo-Persisch verfasst. Sie sind der erste physische Beweis der mittelalterlichen jüdischen Gemeinden in Zentralasien.

Vorstellung des Bukarester Leseförderungsprojekts "Lecturi Urbane", das sich rumänienweit verbreitete

Du öffnest ein Buch, das Buch öffnet dich.“

Chinesisches Sprichwort

Im letzten Jahr hatte Dörte ja bereits mit ihrem Blogeintrag “Die Auflösung der Bibliothek als fester Ort” gewisse Entwicklungen näher dargelegt, wie sie die Hamburger Bücherhallen (Seite 29) in Kooperation mit der EKZ vorantreiben: Die Entwicklung von Containerbibliotheken

Nachdem Miriam Hölscher & Corinna Sepke 2010 den B.I.T.-Innovationspreis für ihre Masterarbeit “Moving Libraries: Mobile Bibliothekskonzepte als Antwort auf die Herausforderungen der modernen Informationsgesellschaft” diese Art von Bibliotheken einem breiteren Publikum bekannt gemacht hatten, wurde vermutlich deutlich, wie sich Bibliotheken bereits verändert haben, was vielen Bücher- und Bibliotheksfreunden vielleicht bis zu dieser erfolgreichen Masterarbeit  entgangen sein durfte.

An dieser Stelle soll eine Aktion vorgestellt werden, die Ähnlichkeit mit Bibliometro hat, aber bibliotheksunabhängig agiert: “Lecturi Urbane”

Ehrenamtliche HelferInnen folgen in regelmäßigen Abständen den Aufrufen, die auf der Webseite www.civika.ro angekündigt werden und treffen sich an einer bestimmten U-Bahnstation in Bukarest. Dort erhalten sie von den jeweiligen ProjektleiterInnen eine Tasche mit Büchern und gehen damit in die nächstbeste U-Bahn. Alex Sterescu schrieb 2010 sehr anschaulich wie die Fahrgäste in der U-Bahn durch die ehrenamtlichen HelferInnen auf das Projekt aufmerksam gemacht werden:

“Hier wird mit taktischem Geschick die Aufmerksamkeit der Fahrgäste geweckt: Einige der Teilnehmer kramen einfach ein Buch hervor und beginnen zu lesen, während die restlichen Volontäre den überraschten Metro-Reisenden ausgewählte Bücher schenken.”

Bei den Büchern handelt es sich zumeist um bereits gebrauchte Bücher. Mittlerweile konnten Sponsoren hinzugewonnen werden, die neue Bücher finanzierten. Die Bücherverschenkungsaktion, welche von der Bürgerinitiative CIVIKA ausging, zeigt, dass viele Menschen in den U-Bahnen Bukarests nicht unbedingt alle gerne lesen wollen, da sie gerade von der Arbeit heimkommen und erst einmal keine Lust auf Literatur haben. Menschen zum Lesen an öffentlichen Orten zu ermutigen ist das Ziel dieses Projekts.

Der Ideengeber Adrian Ciubotaru beschrieb die Reaktionen gegenüber der Kulturzeitschrift Dilemateca wie folgte:

“Es gab Fälle, in denen Menschen unsere Bücher mit der Begründung ablehnten, sie hätten bei der Arbeit die ganze Zeit auf ihren PC-Schirm gestarrt und davon Augenschmerzen bekommen. Die meisten waren allerdings erstaunt, dass eine Handvoll Jugendliche in der U-Bahn Bücher verschenkt. Und die große Mehrheit reagierte mit Bewunderung auf unsere Aktion, ich bin sehr zufrieden, dass uns die Leute ermutigt haben, die urbanen Lektüren fortzusetzen.”

Lecturi Urbani” mit Ciubotaru als Mastermind dieser inzwischen landesweiten Leseförderungsprojekts will eines Tages eine eine mobile „Underground-Bibliothek” einrichten. Im Gegensatz zu Bibliometro sollen sich die Bücherregale in den U-Bahnwägen befinden, die es den Fahrgästen erlaubt kostenlos Bücher “auszuleihen”. Nach aktuelleren Quellen hat sich diese Form der Leseförderung mittlerweile auch auf andere Städte und Plätze Rumäniens ausgedehnt. Auf Facebook sind mittlerweile 21 rumänische Städte, die über eine Fanseite von “Lecturi Urbane” verfügen, verzeichnet. Der Webauftritt macht sogar auf 31 Städte innerhalb Rumäniens aufmerksam, die sich ans “Lecturi Urbane” mit dem oben angefügten Logo beteiligen. Außerdem ist “Lecturi Urbane” auch auf Open Air Musikveranstaltungen präsent. Mittlerweile hat sich das Projekt aufs Land ausgedehnt und heißt dort: “Lecturi rurale

Alex Sterescu machte in einem Artikel aus dem Jahr 2010 deutlich, das insbesondere nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Lesekultur in Rumänien vernachlässigt wurde. Einer Studie zufolge lesen 30 % der RumänInnen überhaupt nicht, weiter 30 % lesen nur 1-3 Bücher im Jahr. Weiterlesen

Sind bessere Suchwerkzeuge ein Ersatz für die Vermittlung von Informationskompetenz?

Hallo Anne,

da der Kommentar zu deinem Beitrag Bessere Tools statt IK-Veranstaltungen? etwas länger ausfällt und vielleicht auch an einigen Stellen daran vorbeiläuft, habe ich daraus ein eigenes Blogposting gemacht. 🙂

Bbessere Suchtools und Suchräume sind aus meiner Sicht nur ergänzend zu sehen. Wir können Suchräume noch so durchdenken, noch so ausdifferenzieren oder vereinfachen, informativ ergänzen oder ganz auf die puristische Information zuschneiden, aber das Recherchieren an sich stellt schon eine ganze Reihe Ansprüche an unsere Nutzer und die können wir ihnen nicht abnehmen, nur vermitteln oder aktiv (aufbereitet und vorausschauend) vorleben.

Ich stelle mal die These auf: Je einfacher wir es unseren Nutzern mit dem recherchieren machen, desto dümmer stellen sie sich an. Hat man zu Altavista-Zeiten nicht nur Altavista sondern auch Yahoo, DMOZ usw. für die Recherche genutzt, so will man heute nach einer Google-Recherche nur ungern noch woanders suchen, weil einem die Trefferflut überwältigt. Ohne nachträgliches oder vorausschauendes Einschränken nutze ich beispielsweise Google gar nicht mehr. Nutzer (ich seh hier mal einen Haufen familiäre Beispiele) muss man häufig erst drauf stoßen, obwohl Google hierzu vielfältige Möglichkeiten anbieten. Und Google ist ja in vielen Dingen ein Vorbild.

Natürlich ist es gut, Informationen gebündelt über eine Plattform abrufen zu können, aber Metasuchmaschinen benötigen standardisierte Indices und Metadaten, um verlustfrei alle Informationen zugänglich machen zu können.

  • Punkt 1: Standards gibt es nur wenige und die werden nicht einheitlich und stringent angewandt.
  • Punkt 2: Nicht alle erfassten oder enthaltenen Informationen lassen sich bereits heutzutage über reine Volltextsuchen abbilden.
  • Punkt 3: Nicht alle Datenanbieter möchten über eine Metasuche durchsuchbar gemacht werden.

Eine Suchoberfläche ohne Informationsoberfläche für alle von der Bibliothek zur Verfügung gestellten und empfohlenen Suchtools wird es trotz rasantem technologischem Fortschritt in absehbarer Zukunft nicht geben. Dem gegenüber stehen auch immer die finanziellen Interessen von Verlagen und Rechteinhabern, die ihr Wissen monopolisieren wollen. Firmen wie EBSCO bieten neuerdings auch mit seinem Discovery-Service eine All-in-One-Lösung an. Primo von Ex Libris wird bereits in einigen Bibliotheken erprobt.

Auch die erwähnten “kostenlosen” Lösungen wie eine Umsetzung über VuFind (Hamburg Harburg), bei E-Lib Bremen oder die LSE des KOBV (ALBERT) sind nicht wirklich kostenfrei, da hier viel Programmieraufwand und eigener Gehirnschmalz hineingesteckt werden muss, um für die lokale Installation des Katalogs und die lokal abonnierten Datenbanken, Zeitschriften etc. wirklich verwendbar zu sein. Diese Manpower haben gerade kleinere Bibliotheken nicht. Und während der Entwicklungsarbeit können die IK-Vermittlungsstunden auch nicht eingespart werden. Eine dauerhafte Pflege und Weiterentwicklung muss ebenfalls sichergestellt sein, sollte man so ein Projekt über (eine) Projektstellen abwickeln. Hier kommt auf Dauer auch die Technikkompetenz der MitarbeiterInnen der Bibliotheken zu tragen, denen die Nutzer in vielen Dingen etwas vormachen können. Ich wage hier mal die These, dass Bibliothekare in Zukunft mit einer breiten Menge an technischen Geräten und Techniken umgehen werden müssen, aber der Nutzer jederzeit sich auf wenige technische Geräte spezialisieren wird. Auch hier wartet eine Herausforderung, bei der wir mit unseren Suchräumen auf Grenzen stoßen werden, denn was auf dem Smartphone möglich ist, ist wesentlich weniger als auf einem Tablet-PC und das wiederum weniger als auf einem Notebook. Auch andere Arbeitstechniken werden sich dort entwickeln. Annes Vorschlag, ein entsprechendes Zusatz-Zertifikat für IT-bibliothekarische Kernkompetenzen kann hier eine Dringlichkeit deutlich machen. Wer weiß, wie etwas funktioniert und warum es so und nicht anders arbeitet, kann Strategien entwickeln, nicht nur für eine Verbesserung der Suchumgebung, sondern auch für die Vermittlung.

Steht immer noch die Frage im Raum: Können wir unseren Nutzern das Mitdenken erleichtern oder sollten wir das überhaupt? Diese Frage höre ich immer mal wieder von Kollegen. Originalthese: “Zu einfach sollten wir es unseren Nutzern auch nicht machen.” Wenn ich dann sehe, dass diese schon bei der Frage scheitern, ob es sich um ein Buch handelt oder eine Zeitschrift und warum sie einen Zeitschriftenartikel überhaupt benötigen, denke ich, kommen wir an die Grenzen des technisch möglichen. Wir wissen aus der (beruflichen Erfahrung), wie viel eine sorgfältige Suchvorbereitung bei einer Recherche ausmacht. Einfachere Suchräume machen es uns vielleicht möglich, dies nun auch zu vermitteln. IK-Veranstaltungen sind ein Einstieg in die Vermittlung von Recherchekompetenz (oder Schulung der Rechercheintelligenz?). E-Learning-Angebote sind sicherlich ein gutes zusätzliches Mittel, werden aber nie den direkten Austausch ersetzen können, weil eben jeder Nutzer anders lernt und anders fragt, sowie Dinge anders rezepiert.

Ich glaube, sie sind jedoch nur als Anschub zu verstehen. Die eigentliche Vermittlung fängt in der täglichen Arbeit an, wenn wir sehen, dass unsere Nutzer am PC trotz einfachster Suchräume nicht ihre Treffer finden. Jede Anfrage, die vorne bei uns in der Auskunft ankommt, nehme ich bei unseren Studierenden und häufig auch bei unseren externen Nutzern als Anlass, Hilfe zur Selbsthilfe zu vermitteln. Ein einmal eingeworfenes “Man könnte auch mit einem anderen Begriff suchen oder das und das machen…” bewirkt häufig mehr als zwei Stunden IK-Schulung, selbst nach neusten Methoden. Hier stehen wir als Problemlöser, sowohl für den Nutzer als auch für unsere Aufgabe, Informationskompetenz zu vermitteln.

Wilde Bücher in Hamburg

Auf Hamburgs Straßen rollen fast so viele Bücher wie die Bücherhalle von Rahlstedt (40.174) oder Barmbek (42.445) täglich in rund 100 Bussen durch die Stadt. Bereits seit einem halben Jahr (wir berichteten im April an dieser Stelle darüber), können die Hamburger sich kostenlos an einem Bücherregal im Bus bedienen, während der Fahrt in den Büchern schmökern oder sie mit nach Hause nehmen. Genauso besteht die Möglichkeit, an dieser Stelle eigene, ausgelesene Bücher in die Stadtwildnis zu entlassen.

Die freilaufenden Bücher stammen aus den STILBRUCH-Filialen in Altona und Wandsbek, aber auch ausgewilderte Bücher von Fahrgästen haben ihren Weg in die Regale gefunden. Gerne ist STILBRUCH auch bereit, Bücher zum Auswildern entgegen zu nehmen. Sie können in den beiden oben genannten Filialen oder auch in den Bussen abgegeben werden. Warum nicht die Sommersause des Gebrauchtwarenkaufhauses in Wandsbek am 28. August dafür nutzen, Gutes tun und das dann auch noch feiern?

Quelle:
40.000 Bücher von STILBRUCH, Pressemitteilung der Stadtreinigung Hamburg


So viel zum spassigen und interessanten Anlass. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Beitrag aus einer Pressemitteilung entstanden ist, die wir als Kommentar erhalten, aber nicht freigeschaltet haben. Nun möchten wir aber keine unpersönlichen Pressemitteilungen mit Schwerpunkt auf Sommersausen bei uns im Blog veröffentlichen. Auch ist nicht immer Zeit, diese Texte blogfreundlich zu formulieren und umzugestalten. Die Autoren von Bibliothekarisch.de haben sich daher entschieden, die Regeln für Kommentare zu änderen. Danach werden zukünftig Presseerklärungen, die als Kommentare re-postet werden, wie dies in diesem Fall hier versucht worden ist, nicht freigeschaltet. Wir sehen uns nicht als ein Verteilerkanal für Inhalte, die 1 : 1 an anderer Stelle genauso gelesen werden können.

Wieviel Nebenbei braucht ein E-Book?

Das Buch ist ein Buch und bietet Informationen. Das E-Book ist ein elektronisches Buch und es bietet Informationen. Das ist momentan der Stand des E-Books, oder? Es ist meist genauso schwarz-weiß wie ein normales Buch, zumal wenn es für die bestehenden E-Book-Reader konzipiert wurde und für wissenschaftliche Belange oder Kinder kein buntes Material hinzugefügt werden musste.

Okay, dann kann ich auch das normale Buch kaufen, wenn ich auf eine Suchfunktion nicht angewiesen bin, oder?

In ihrem Kommentar stellt Börsenblatt-Redakteurin Sandra Schüssel zum E-Book-Roman nun folgende Behauptung auf:

“Multimediales Zusatzmaterial wird ein Grund sein, sich einen Roman als E-Book zuzulegen.”

Tatsächlich? Werden wir eine weitere Unterteilung der Bücher finden vom Trabbi bis zum Ferrari? Wird die Entwicklung so verlaufen, Ausgabenvielfalt statt Themenvielfalt? Momentan übertragen die meisten Verlage ihre Bücher doch eins zu eins ins Digitale und noch wird darüber gestritten, ob man das überhaupt tun sollte. Genau diesen Eindruck gewinne ich immer wieder bei den Diskussionen Print versus Elektronisch, besonders wenn es um die Argumente rund ums Urheberrecht geht.

Frau Schüssel sieht nun einige Verlage, die mittlerweile anders an die E-Book-Produktion herangehen und in das Zentrum ihrer Betrachtungen die Frage stellen, was einen echten Mehrwert für den Nutzer bietet. Hier an dieser Stelle verlässt sie dann jedoch ihre Argumentation für den Roman und wechselt eher in den Bereich der wissenschafts- und lernbezogenen Bücher, für die ein vorlesender Fremdsprachentrainer, ein interaktives Quiz bestimmt tolle Ergänzungen sind. Doch wie will man solche Mehrwerte bei Romanen schaffen? Ist das Zögern der Belletristikverlage nicht auch nur ein Zeichen für eine gewisse Ideenlosigkeit? Wie wäre es mit einem längeren Trailer für ein “Buch zum Film”, dreidimensionale Karten für Fantasy-Reiseromane und tolle Darstellungen der Charaktere?
Eine Frage hat die Verlage natürlich auch beschäftigt?

Braucht man Videos, wenn der Text doch das “Kino im Kopf” in Betrieb setzt?

An dieser Stelle muss man sein Zielpublikum genauer definieren als früher: Leser, die lieber Filme schauen würden, als den Roman zu lesen; Leser, die einen geschichtlichen Hintergrund genauer beleuchtet wissen möchten; Leser, die interaktiv den Erzählstrang beeinflussen wollen… Für einen Teil der Leser kann also ein Video, also Zusatzmaterial ein Grund sein, sich den Roman elektronisch zuzulegen. Ein gedrucktes Buch kann hier sicherlich nicht mithalten. Auf dieses Publikum zielen wohl die großen Verlage wie Bastei Lübbe und Rowohlt. Vorbilder sind wie immer in den USA zu finden, wo bereits heute angereicherte E-Books zu einem teureren Preis verkauft werden als Hardcover-Romane. Ich finde diese Idee unbefriedigend. Einfach nur etwas dazu packen kann jeder. Ich pack meine Texte auch online. Würde ich sie nicht mit Links versehen, mit Filmen verknüpfen, sie über viele Kanäle verteilen, könnte ich mich auch mit Freunden zusammensetzen und darüber diskutieren (was hier im Blog schriftlich ja jederzeit möglich ist) oder in meinem Kämmerchen auf ein Stück Papier schreiben… E-Books sollten das digitale Medium nutzen, Passagen vielleicht mit der passenden Musik untermalen, interaktive Erzählstränge ermöglichen, Methoden der Spieleführung einsetzen, Buchillustrationen mit animierten Szenen zeigen oder eine Wahl zwischen verschiedenen Buchversionen anbieten. Warum nicht die erste Ausgabe von Alice im Wunderland digital lesen oder eine mit modernen Bildern? Und bunte Schrift bei den Unterhaltungen …

An Ideen mangelt es vielleicht doch nicht, aber wohl wie in vielen Bibliotheken am geschulten Personal, welches das Know hat, neue Dinge zu gestalten, an Menschen, die bevorstehende Veränderungen anmahnen und darauf dringen, sie auch umzusetzen. Die Verleger müssen sich Experten suchen, wo sie diese vielleicht nichtmal vermuten. Sie benötigen Könner, die sich gleichermaßen mit Text, Video und Audio auskennen. Um bei der Autoanalogie zu bleiben:

Ein Kutschenbauer hatte andere Qualifikationen als ein Kfz-Mechaniker.

Quelle:
Schüssel, Sandra: Multimediale E-Books: Mehrwert bringt Umsatz, Börsenblatt.net

“Libreka! ungeschminkt” bringt die Branchenplattform in die Diskussion

Das Schreiben “Libreka! ungeschminkt” wurde anonym veröffentlicht und erschien zu einem Zeitpunkt, bei dem sich die Buchbranche und vor allem die schöne heile E-Book-Welt sich von der glänzendsten Seite zeigen wollten. Genau zur Zeit der Frankfurter Buchmesse verbreitete es sich wie ein Lauffeuer. Dieses Schreiben wurde vom Verleger-Ausschuss in der heutigen Sitzung im Frankfurter Buchhändlerhaus zum Anlass genommen, intensiv über die Branchenplattform libreka! zu diskutieren.

Wohl erwartungs gemäß ist, dass MVB-Geschäftsführer Ronald Schild die Meinung vertritt, libreka! weise Erfolge vor und man hätte inzwischen auch bei den Endkunden einen größeren Bekanntheitsgrad erreicht. Ich kann mir hierbei irgendwie nicht den Gedanken verkneifen, dass schlechte Publicity immer noch besser als keine Publicity ist und so die Etablierung eines Markennamen unterstütz. Lobbyfrontmann Matthias Ulmer (stellv. Vorsitzender des VA; Ulmer Verlag) kam natürlich beim Jonglieren der Zahlen bezüglich des Soll- und Ist-Standes des Projekts – wie kaum anders zu vermuten – zum Ergebnis, dass libreka! im Marktvergleich ziemlich gut dastehe. Die Frage dabei ist immer, mit wem man sich vergleicht.

Eine kritischere Stimme scheint hier Karl-Peter Winters (Vorsitzender des VA; Verlag Dr. Otto Schmidt) erhoben zu haben, der die Skepsis der eigenen Branche gegenüber libreka! beunruhigend findet. Man sei dem ursprünglichen Ziel, die beste Volltextsuche zu schaffen, bisher nicht gerecht worden. Nun vermutlich liegt das auch daran, dass kommerzielle Verlustängste dem doch erheblich entgegen standen. Statt Neugier zu wecken, kann man wohl sagen, hat es die Plattform geschafft, viele ihrer potentiellen Wiederholungstäter bei deren ersten Besuch dauerhaft abzuschrecken. Hinter den Kulissen scheint es eine mangelhafte Kommunikation zu geben und das wirkt sich eben auch auf den Service aus.

Die Qualität der Basisfunktionen von libreka! müsse verbessert, mit den Verlagen müsse stärker als bisher kommuniziert werden, so Winters. Der VA-Vorsitzende traf damit die Stimmung vieler Sitzungsteilnehmer.

Derzeit scheitert libreka! wohl auch ein der “vernünftige(n) Erwartungshaltung”, für die Ronald Schild plädierte. Dass die “Erwartungshaltung” vielleicht zu hoch war mit den vollmundigen Ankündigen, ist nicht zu verdenken. Google und Google Books ist durch (Todes- oder Über-)Mut zu einer entsprechenden Bekanntheit gelangt, da kann man sich denken, dass man mit der Zögerlichkeit deutscher Verlage nicht gleichen Erfolg in so kurzer Zeit erreichen kann. Gewiss ist die personelle und finanzielle Ausstattung der MVB nicht mit Google oder Amazon vergleichbar, aber eigene Wege zu beschreiten ist immer risikoreich. War man denn eigentlich dazu bereit, ein wirkliches Risiko auf sich zu nehmen oder hat man sich hier nicht im eigenen Elan durch zögerliche Bedenken selbst ausgebremst? Dieser Kritikpunkt ist sicherlich ehrlich, wirkt aber wie ein verzweifelter Verteidigungsschlag nach der eigenen positiven Bewertung seines Produkts:

Außerdem würden der MVB häufig digitale Versionen von Titeln geliefert, die mit erheblichem Aufwand nachbearbeitet werden müssten, um auf libreka! als E-Book verkauft werden zu können.

Die Kritik von Vittorio E. Klostermann (Vittorio Klostermann Verlag), Albrecht Hauff (Thieme) und Hans Freiwald (CW Niemeyer Buchverlage) wird hoffentlich ernst genommen, denn sonst kann man das Projekt libreka! als gescheitert abhakten. Sie stellten fest, dass zwischen der öffentlichen Wahrnehmung der Plattform und der Selbsteinschätzung des Verbands Welten liegen. Hierzu ist es wichtig, dem jetzt intensiv gegenzusteuern, um zu verhindern, dass Verlage das zu sinken drohende Schiff verlassen.

Bernd Weidmann (Die Werkstatt) plädierte dafür, das anonyme Papier nicht als bloße Schmähschrift abzutun und sich in die Situation der Kritiker zu versetzen.

Eine sachliche Bewertung der vorhandenen Unzulänglichkeiten bei libreka! wird schwer werden, zumal jetzt mehr und mehr Emotionen mitschwingen. Die Defizite in der Kommunikation abzustellen und die Missstimmung in der Branche besser wahrzunehmen ist einer der wichtigsten Ansatzpunkte. Zudem sollte auf die Wahrnehmung der Kunden und der Konkurrenz (wenn man Bibliothekare dazu zählen möchte) frühzeitiger geachtet werden. Bereits 2007 wurde da an den Angeboten von libreka! nicht unbedingt ein gutes Haar gelassen.

Kommentar zu:
Diskussion um libreka! via Börsenblatt.net

Der Börsenverein will es einfach

Kann der Börsenverein und Libreka mit ihrer neuen E-Book-Offensive eigentlich beim Kunden punkten? Sind die neuen Geschäftsmodelle für den Leser geeignet? Börsenblatt-Redakteur Michael Roesler-Graichen beleuchtet den Start des E-Books in Deutschland.

Umständliche Downloadprozeduren könnten jedenfalls die Kunden abschrecken.

Schon dieser Satz an sich ist ein Allgemeinplatz für mehr oder weniger geübte Internetnutzer. Das Internet verlangt einfache und schnelle Strukturen. Die Breitbandangebote machen aus uns mehr denn je ungeduldige Kunden. Sekundenschnell soll es gehen und mit wenigen Mausklicks. Das “könnte” verkennt die Situation. “Umständliche Downloadprozeduren schrecken jedenfalls Kunden ab”, müsste die Erkenntnis sein und diese hätte man mit ein wenig Internet- und Menschenkenntnis im Vorfeld wissen können oder sogar müssen.

Man kann sich mit technischen Innovationen schwer tun und auch scheitern, aber so neu ist ja diese Innovation nicht mehr. In Amerika zeigt ein Händler wie Amazon, wie man es gut macht. Auf ein Scheitern zu setzen, heißt auch, dass man ganz auf dieses Projekt hätte verzichten sollen oder sich zumindest hätte Zeit lassen sollen.

Die Frage, wie schnell sich E-Books dank der neuen E-Book-Lesegeräte verbreiten, hängt von verschiedenen Faktoren ab, die hier im Blog bereits mehrfach diskutiert worden sind (z.B. hier, hier und hier). Sicherlich sind in dieser zweiten Offensive die Chancen höher, aber gerade Unklarheiten in Bezug auf Formate und Digitalem Rechtemanagements und auch das verschwindend geringe Angebot deutscher E-Books-Titel sind deutliche Hindernisse für den Erfolg des E-Books. Sicherlich kann man hier auf den Erfolg des Kindle-Reader von Amazon schauen, der aber doch mehr als eine viertel Million Titel als Rückenstärkung hat. Hier hört ein Vergleich der Märkte auf. Nur auf die positive Resonanz des Sony Readers zu hoffen, ist gefährlich. Wenn der leere Reader nicht mit Büchern gefüllt werden kann, weil sie zu teuer sind, sich schlecht herunterladen und auf den Reader spielen lassen, lässt so einem Luftgebilde schnell die heiße Luft entweichen. Optimismus ist nötig, aber er muss auch gut unterfüttert werden.

Kopfzerbrechen werden in den nächsten Monaten das Rechtemanagement und die Titeldistribution machen: Beide Prozesse verhindern wegen ihrer Umständlichkeit, dass das Geschäft mit E-Books im großen Maßstab in Gang kommen kann.

Auf eine iTunes-Lösung (=Kindle-Lösung) zu hoffen, ist keine Lösung des Problems, um auf Dauer den E-Book-Hype am Laufen zu halten.

Bleibt es bei den angebotenen Geschäftsmodellen, wird die Versuchung, sich illegal zu bedienen, übermächtig werden.

Eine offene Lösung mit einem sogenannten »weichem« Kopierschutz via digitalem Wasserzeichen oder Fingerprints ist hier sicherlich eine vielversprechendere Lösung, die mit guten Preisen, einer einfachen und kompfortablen Bedienung der Downloadportale und E-Book-Reader-Software untermauert werden muss. Auch sollte man die diversen weitergehenden Nutzungsfunktionalitäten gedruckter Bücher nicht aus dem Blick verlieren. Nicht alle lesen Romane.

Quelle:
Roesler-Graichen, Michael: Der Kunde will einfache Prozesse via Börsenblatt.net


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Zitat unkommentiert

[Zitat] Kommentiert – 2008

Eines der schwierigsten Probleme bei der Suche nach Fachinformation liegt in der Bewältigung der Informationsflut, die vor allem durch das Internet entstanden ist.

Quelle: Gorski, Martin, Informationskompetenz im Spannungsfeld zwischen Schule und Universität – Beobachtungen zum Informations- und Suchverhalten in der gymnasialen Oberstufe und im Studium, In: Bibliotheksdienst, 42 (2008) 7, S. 740

Gorski bezieht sich dabei auf Boekhorst, P. te, Kays, M., Poll, R.: Nutzeranalyse des Systems der überregionalen Literatur- und Informationsversorgung – Teil I: Informationsverhalten und Informationsbedarf der Wissenschaft, Münster 2003. (in der Schnelle nicht beschaffbar, da nicht online 😉 )

Schade ist, dass er dabei nicht bedenkt, dass an dieser Stelle das Internet weder die Ursache für die Informationsüberflutung ist noch der Auslöser. Im Gegenteil, ohne das Internet wäre die Flut der Information noch weniger zu beherrschen. Ein Problem, dass durch das Internet verstärkt wird und eine höhere Anforderung an Informationskompetenz stellt, ist die Tatsache, dass mehr und mehr Redundanzen durch verteilte Speicherung der Daten entsteht, die sich im Gegenteil zu gedruckten Materialien häufig nicht mehr der Ursprungsquelle zuordnen lassen. Ein verstärkendes Element sind hier die Open Access-Bewegung (natürlich mit starken Einschränkungen) und entsprechende “freie” Lizenzen. Dies ist ketzerisch gemeint, aber mit eine Ursache dafür, dass durch die Versionierung von Dateien, Artikeln, etc. nicht mehr nachvollziehbar ist, welches die letzte, gültige Version ist. Wer nur die Version Beta 3.0 findet, weil die Final Version als Post-Print dann doch einen etwas anderen Titel erhalten hat (vielleicht die einzige Änderung im Vergleich zu Beta 3.0), wird sich daher auf Beta 3.0 beziehen und freut sich, die Datei gefunden zu haben.
Was das Internet auch zur Informationsflut beiträgt nur einmal in Stichworten:

  • kostengünstige Publikationsplattform
  • kaum Peer-Review
  • mit Web 2.0 einfache Bedienbarkeit für die Publikation
  • “Plagiatismus” und wenig Kontrolle

Allerdings kann man das Internet nicht als den Grund für die Informationsflut bezeichnen. Steigende Spezialisierung in den einzelnen Fachgebieten erforderten zunehmen weitere Zeitschriftenjournale und Konkurrenzjournale. Hinzu kamen immer bessere, billigere und einfachere Druckkonditionen, die zu mehr gedrucktem Material führte. Bereits vor dem Internet war es für den einzelnen Wissenschaftler doch kaum noch möglich, alle relevanten Texte zu seinem kompletten Themengebiet zu kennen, übergreifende Informationen schon gar nicht. Der Kollaps, der dadurch drohte, wurde durch das Internet und seine sich immer mehr verbessernden Suchtools nur hinausgezögert.