Aus aktuellem Anlass: Die Bibliotheken des Jahres 2010 der Niederlande

Auf den Titel der Bibliothek des Jahres 2010 freuten sich in den Niederlanden vor kurzem die MitarbeiterInnen und BürgerInnen Almeres. Am 9. und 10. Dezember fand die Verleihung in Maastricht statt. Den Preis teilt sich die Stadtbibliothek Almere mit der Stadtbibliothek in Wassenaar.

Weitere Preise gewannen die Bibliotheken in folgenden Städten:

  • – Veghel, 4 ½ Sterne,
  • – Ulft, 4 Sterne
  • – Dokkum und Venlo, 3 ½ Sterne
  • – Haren, Holten und Weesp mit 3 Sternen
  • – Amersfoort-Vathorst, Odoorn und Gravenpolder, 2 ½ Sterne

Anässlich der Verleihung der Bibliothekspreise betonte die Jury die gesellschaftliche Bedeutung der öffentlichen Bibliotheken, zumal diese unter dem Druck der Sparpolitik und schrumpfender Budgets zu leiden haben. In der Jury waren unter anderem der Politiker Felix Rottenberg und die Autorin Nelleke Noordervliet vertreten. Wie ich Anfang diesen Jahres bereits erläutert habe, wird aus jeder niederländischen Provinz eine preiswürdige Bibliothek ernannt. Danach werden unabhängige Mystery-Shopper unangemeldet zu verschiedenen Zeiten in die Bibliotheken geschickt, um folgende Kriterien zu testen und zu überprüfen:

  • den Bau
  • das Design
  • die Ausleihe
  • die Service-und Kundenorientierung

Daraus wurde ein Bericht erstellt, der an die Jury gesendet wurde.

Herzlichen Glückwunsch an die Gewinner!

Bibliothek des Jahres 2009 der Niederlande: das Library Concept Center in Delft

Am 18. Dezember 2009 wurde dem innovativen  Library Concept Center in Delft der Titel De Beste Bibliotheek van Nederland 2009 verliehen. Im Rahmen einer Preisverleihung, die in Utrecht stattfand,  hielt Frank Huysmans die Laudatio.

Besonders spannend und attraktiv empfand ich im Rahmen meines Besuchs Anfang November 2009 den Jugend- (Dok jeugd), den Musik-  (Dok muziek) und Filmbereich (Dok film), sowie die Caféteria. Auf der Webseite Flickr finden sich seit Baubeginn 2005 fast 7.000 Fotos über die Aktivitäten der Bibliothek, die weit über normale  Leseveranstaltungen hinausgehen und die unterschiedlichsten Zielgruppen erreichen.  Darüber hinaus gibt es noch ein Kunstzentrum (Dok kunst), zu dem auch eine Arthothek gehört. Es finden regelmäßig Wechselausstellungen statt. Übrigens arbeiten dort Künstler und keine KunstbibliothekarInnen, die für die Ausleihe, Beratung, den Bestandsaufbau und die Konzeption von Ausstellungen zuständig sind. Außerdem  verfügt die Bibliothek neben dem zentralen Standort im Herzen von Delft noch über zwei weitere Einrichtungen: das DOK Tanthof und das DOK Vorhoof. Obwohl das Gebäude des DOK Library Concept Centers erst seit 2007 existiert, gewann es seitdem jährlich Preise.  Auf der niederländischen Version der Webseite heißt es Op naar de modernste bibliotheek ter wereld! – auf zur modernsten Bibliothek der Welt! Der Slogan der Bibliothek lautet de wereld te leen – im Sinne von “man kann sich dort die Welt ausleihen”. Einen Blick auf die Webseite kann ich nur empfehlen, denn sie bietet eine große Vielfalt an Informationen und Dienstleistungen, wie ich sie bisher selten fand. Im Folgenden werden die Bibliotheken tabellarisch angezeigt, welche die Plätz zwei bis zehn belegten:

1. Delft 8.3
2. Amsterdam 8.2
2. Stadskanaal 8.2
4. Lelystad 8.1
5. Heerhugowaard 8.0
6. Hoogeveen 7.9
6. Zeeuwse Servicebus 7.9
8. Middelburg 7.5
8. Zwolle-Zuid 7.5
10. Heerlen 7.4
11. Den Bosch
7.3
12. Doorn 7.2
13. Barneveld 7.1
14. Franeker 7.0

Die folgenden drei Bereiche wurden evaluiert: 1. das Gebäude und die Einrichtung, 2. das Angebot (digitale und “analoge” Bestände), 3. der Service und die Kundenorientierung. Ausgewiesene und qualifizierte Mystery-Shopper besuchten und begutachteten die nominierten Bibliotheken. Hierzu wurde anschließend ein fundierter Bericht verfasst. Bis ins Finale wurde je Provinz, eine Bibliothek ausgewählt. Insgesamt schafften es 14 Bibliotheken in die Endausscheidung.

Das DOK Library Concept Center ist keine Durchschnittsbibliothek – im Gegenteil. Laut Jaap Van De Geer und Erik Boekesteijn sind 80 % der Einwohner Delfts Mitglieder der Bibliothek , die somit die meistgenutzte öffentliche Einrichtung der Stadt ist. Was die Bibliothek weiterhin auszeichnet sind technologische Innovationen, die sicherlich auch durch Kooperation mit der ortsansäßigen Technische Universität entwickelt werden, auf welche ich in einem anderen Blogeintrag über Innovationen in den Bibliotheken der Niederlande eingehen werde.  Sie ist mit Sicherheit eine der modernsten und innovativsten Bibliotheken in Europa, ja vielleicht sogar weltweit. Im Jahre 2008 erhielt sie den Preis als die innovativste Bibliothek der Niederlande, den 2009 die Openbare Bibliotheek in Amsterdam erhielt. Weiterlesen

Ein paar Fragen zur Bibliothek 2.0

Seit etwas mehr als einem Jahr gibt es neben dem Web 2.0 auch die Bibliothek 2.0. Hat diese Bewegung etwas geändert oder war es eine Blase, die langsam an heißer Luft verliert?

Ich bin kein Freund dieser Bezeichnungen X.0, weil wir keine neue Versionen aus dem Hut zaubern, sondern nur Verbesserungen schaffen können. Und da gehe ich mit vielen Ideen von Library und Web 2.0 konform. Social networking, begeistern von Nutzern durch Mitmachangebote, mehr Kommunikation für die, die mit der Technik umgehen können, Bibliothek nicht mehr nur im Haus sondern wirklich im Netz. Aber sind die Bibliotheken dort wirklich angekommen? Wo sind die kleinen Stadt- und Dorfbibliotheken? Wo sind die Schul- und Krankenhausbibliotheken mit ihren Nutzern? An welcher Stelle haben sie ihren Platz in der Bibliothek 2.0 gefunden?

Das demokratische Konzept einer Mitmachbibliothek ist nur oberflächlich, erreicht es doch nur Nutzer, die eben sowieso im Netz unterwegs sind, Kommunenmitglieder des Web 2.0, die überzeugte Anhänger dieser Technik sind. An welcher Stelle gibt es Bemühungen, die Bibliothek 2.0 aus dem Netz in die reale Welt zu tragen, anstatt die Welt in eine zweite oder dritte Realität wie Second Life zu stürzen?

Wenn Bibliothek 2.0 etwas geschafft hat, dann war es, Fragen zu wecken, Ideen und das Gespräch zu fördern. Von der neuen Version einer Bibliothek sind wir meiner Meinung nach noch weit entfernt, aber die Ziele werden formuliert, Konzepte entwickelt und erprobt. Die Bibliothek selbst darf darüber aber nicht zum Stolperstein für diejenigen werden, die eben nicht technikversiert sind, ob als Bibliothekar oder als Nutzer.

Ein paar andere Gedanken:
We Asked for 2.0 Libraries and We Got 2.0 Librarians:engl: The Other Librarian

"Living Library" – Überlebensstrategie?!

Es ist im letzten Jahrzehnt viel über die Bedeutung von Bibliotheken gesprochen worden. Wie wichtig sind Bibliotheken im Zeitalter von Internet, Web 2.0 und Google? Immer wieder werden Stimmen laut, die in Bibliotheken nicht mehr sehen, als Relikte aus einer vergangenen Zeit.
Vermutlich werden viele denken:

Well, the old library of the past, is in fact, on its way to becoming not so relevant. In today’s world, a library must evolve or go the way of the dinosaur.

Die Living Library ist anders, neuer, jünger. Sie ist nichts nur für altmodische, bücherlesende Leute. Sie kennt alle Bedürfnisse und Wünsche ihrer emsigen Nutzerschaft. Die Bibliothek versteht sich als lebendiger, atmender, integrierter Teil einer lokalen Gemeinschaft und bietet lebensverbessernde, erschwingbare Programme, die nirgends sonst zu finden sind. Eine Living Library bietet Kurse, Veranstaltungen, Kunstausstellungen, mietbare Konferenzräume für lokale Organisationen, Computerlabore, Vorlesungen für Kinder, Lernräume, eine große Buchsammlung, DVDs, CDs, E-Books und viele andere Qualitätsangebote – vielleicht auch ein Café und eine Chill-out-Ecke.

Die Living Library ist ein Platz, an denen sich Menschen begegnen und Ideen austauschen können, Hausaufgaben erledigt oder die eigenen Online-Geschäfte kontrolliert werden können. Die Bibliothek ist ein Platz, wo das Personal weiß, was in der Welt passiert und Informationen dazu zusammenstellt. Die Bibliothekare wissen, wie man aktuelle Informationen anbietet zu den gerade stattfindenden Ereignissen. Sie helfen ihren Nutzern, tiefgehendere Informationen zu finden. Das wichtigste dabei ist, eine Living Library ist auch ein Platz, an dem es zuverlässige Informationen mit persönlicher Auskunft gibt.

Wie lebendig und lebensnah ist Ihre Bibliothek? Geht sie zum Nutzer oder wartet sie, bis der Nutzer sich zu ihr verirrt? Welchen Service bieten Sie, der den Nutzer erreicht? Wie motivieren Sie Mitarbeiter und Nutzer, um die Bibliothek als solches auch zu leben? Gehört die Living Library zur Library 2.0 oder ist Library 2.0 nur ein Teil von ihr? Lebt Ihre Bibliotheken in der realen und in der virtuellen Welt? Eigentlich bedarf es da nur einer Frage. Erreicht Ihre Bibliothek alle Nutzer, die sie erreichen will, von jung bis alt, von lesefaul bis lesehungrig?

Quelle:
Christine Ford Guidry What is a living library?:engl: in Straus Newspapers

Der Direktor einer Library 2.0

Nun, jede Bibliothek benötigt einen Direktor, so wohl auch die Bibliothek 2.0.
Tasha Saecker vom Blog Sites and Soundbytes:engl: entwirft die Vision eines Library Director 2.0:engl: .

Unverzichtbar sind dabei:

  • Less hierarchy more flexibility
  • Trust staff – no micromanagement
  • Transparency
  • Involve all levels of staff in conversation
  • Explain decisions fully and honestly
  • Create a structure that supports quick decision making and implementation
  • Train staff and encourage them to learn and share knowledge
  • Allow play time with technology
  • LISTEN LISTEN LISTEN
  • Offer structures for feedback; staff blogs, department forums, etc.


It all comes around to the same place – equality, openness, honesty, trust and communication. That is what I think Library Director 2.0 is all about. We must do it with our staff before we can even think of doing it with our patrons. But once our staff is being treated this way, it will be so natural for them to approach patrons with a 2.0 spirit.

Dies sollte in vielen Punkten jedoch bereits auf “Bibliotheksdirektoren 1.0” zutreffen, oder?

Quelle: Saecker, Tasha: Library Director 2.0:engl: auf Sites and Soundbytes