ACTA-Infografik: Werden und Vergehen?

ACTA, das umstrittene Anti-Piraterieabkommen, wurde bereits von vielen EU-Staaten unterzeichnet. Bevor es in Kraft treten kann, ist die Zustimmung des EU-Parlaments nötig. Unsere Infografik erklärt den komplizierten Verhandlungs- und Ratifikationsprozess. Eine Zeitleiste zeigt die wichtigsten Etappen der vergangenen Jahre.
Die EU-Kommission will ACTA an den Europäischen Gerichtshof verweisen, um zu prüfen, ob der Vertrag EU-Recht verletzt. Der britische Sozialdemokrat David Martin, der als Berichterstatter die ACTA-Debatte im Handelsausschuss des EU-Parlaments leitet, will ebenfalls den EU-Gerichtshof anrufen. Doch anstatt sich der Anfrage der EU-Kommission anzuschließen, fordert Martin eine eigenständige Anfrage des EU-Parlaments. Da die Richter sich nicht allgemein zu ACTA äußern, sondern immer unter Bezug auf eine spezifische Fragestellung, könnte die Formulierung der Fragen die Entscheidung der Richter für oder gegen ACTA beeinflussen. Nachdem nun Dörte kürzlich ein Video von Explainity postete und wir beide in den Wochen seit Ende Januar immer wieder Videos und Infos zu ACTA veröffentlichten, soll diesmal eine Infografik des Europäischen Parlaments zeigen, wie der Umsetzungsprozess begann und wie er womöglich am Ende torpediert werden könnte.

 

DRM schützt vorm Benutzen

Digital Rights Management (DRM) wird von digitalen Content-Anbietern noch immer gerne als Schutz gegen Piraterie angewendet. Dies stellen drei Ökonomen der Rice und der Duke Universität in Frage. Mit ihrer Spieletheorieforschung zeigen Sie einmal auf, dass die Beschränkungen durch DRM illegale Handlungen sogar provozieren können. In vielen Fällen ist es durch die technischen Beschränkungen schon illegal, soetwas wie das Erstellen einer Backup-Kopie heruntergeladener Musik zu erstellen. Wenn dazu noch Nachteile in der Nutzung entstehen, z.B. bei der Installation und dem Spielerlebnis von Games, kann dies die Konsumenten direkt in die Piraterie treiben.

Das besagte Paper trägt den Titel “Music Downloads and the Flip Side of Digital Rights Management Protection“. Darin kommen die drei Wissenschaftler zur Erkenntnis, dass unter gewissen Bedingen der Verzicht auf DRM-Restriktionen sogar zu einer Zunahme des Verkaufs legaler Downloads führen kann. Dies geht aber mit der Abnahme von Verkäufen der traditionellen CDs, aber auch der Piraterie einher. Damit widerspricht der Einsatz von DRM dem eigentlichen Ziel, Piraterie zu verhindern.

Nach einem auf der Spieltheorie beruhenden Test und den daran anschließenden Berechnungen, kommen die drei Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass durch die Einführung DRM-freier Musik ein stärkerer Wettbewerb zwischen traditionellen Formaten und legalen Downloads entstehe und dies zum Sinken der Preise der CD und später der Downloads führen würde. Die sinkenden Downloadpreise würden wiederum einige “Verbraucher” dazu bringen, vom Diebstahl abzurücken und Downloads legal zu erwerben, womit die Piraterie sinken würde. Aber ein gleiches Ergebnis würde sich ergeben, wenn Downloads mit DRM keine Nachteile gegenüber den DRM-freien hätten.

Die Vorteile für die Käufer überwiegen. Käufer traditineller CDs kaufen billiger, Konsumenten legaler Downloads erhalten die bessere Qualität der DRM-Freien Alben und jene, die Musik stehlen kommen einfacher an ihre Musik, wenn diese generell DRM-frei ist. Letzteres ist sicherlich kein Argument für die Hersteller und Verkäufer, aber zeigt, dass alle Konsumenten des Musikmarktes davon profitieren.

Im Bereich der Musik setzen die große Labels wie EMI, Universal, Warner und auch Apple inzwischen auf DRM-freie Musik (mal abgesehen von forensischen DRM-Maßnahmen wie digitalen Wasserzeichen). Andere Anbieter digitaler Inhalte sind noch nicht bereit, ihre Konsumenten darin zu unterstützen, auf gestohlene Inhalte zu verzichten.

Widerwillig beginnt die Spieleindustrie unter bestimmten Bedingungen auf zu restriktive DRM-Maßnahmen zu verzichten und dem Beispiel der Musikindustrie zu folgen. Z.B. hat EA das Installationslimit für das Spiel “Spore” angehoben, denn gerade viele Gamer sehen in DRM ein großes Problem. Dank DRM wird es immer schwieriger, sich einfach nur hinzusetzen und zu spielen.

“Game publishers of all stripes are getting greedy, and putting out games that are rushed, buggy, deliberately incomplete, and addled by bone-headed DRM schemes that serve mainly to frustrate legit players.”

Dem Paper der drei Wissenschaftler zufolge ermutigen die sehr starken Beschränkungen durch DRM im Originalspiel von Spore tausende Spieler geradezu, sich eine illegale Kopie zu besorgen.

Durch DRM kann der legale Kauf eines Produkts sehr schnell zu einer Selbstbestrafung werden, denn der Kaufende gibt noch Geld dafür aus, dass er sein Produkt nur eingeschränkt nutzen kann. Hätte er dieses illegal irgendwo herunter geladen, ginge er zwar ein kalkulierbares Risiko ein, erwischt und bestraft zu werden, aber dies ist für eine vollständig nutzbare Version nur ein geringer Preis. Diese Studie hat viele interessante Aspekte, die auch im Verlagswesen einige Punkte zum Nachdenken bieten, wenn es um den Schutz der Inhalte geht. Manche Entscheidungen der Verlage gegen DRM wirken halbherzig.

Quellen:
Removal of restrictions can decrease music piracy, Presseerklärung, Rice University
Lasar, Mathew: A game we all win: Dumping DRM can increase sales while reducing piracy, ars technica

Ökonomische und kulturelle Effekte des File Sharing

Die niederländische Studie “Ups and downs – Economic and cultural effects of file sharing on music, film and games”:engl: gibt die Ergebnisse des gemeinsamen Projects der wissenschaftlichen Forschungsinstitute TNO, SEO und des Institutes für Informationsrecht der Universität von Amsterdam wider. Auftraggeber war das Niederländische Ministerien für Wirtschaft, Justiz und Bildung, Kultur und Wissenschaft.
Die empirische Untersuchung basiert auf einer repräsentativen Umfrage bei 1500 Internetnutzern in den Niederlanden.

Diese Studie macht deutlich, dass ökonomische und kulturelle Effekte nicht nur kurzfristig zu betrachten sind. Das Ergebnis der Wissenschaftler, die das File Sharing primär unter Copyright-Aspekten betrachtet haben, wird nicht allen Verfechtern von Urheberrechten gefallen.

The research shows that the economic implications of file sharing for welfare in the Netherlands are strongly positive in the short and long terms. File sharing provides consumers with access to a broad range of cultural products, which typically raises welfare. Conversely, the practice is believed to result in a decline in sales of CDs, DVDs and games. Seite 3

So stehen 200 Millionen Euro “Wohlfahrtsgewinne” einem geschätzten Gewinn von 100 Millionen Euro der Musikindustrie gegenüber. Die Vorwürfe der Musikindustrie sind wohl jetzt eindeutig entlarvt als “aus der Luft gegriffen”. Eher versuchte man damit Zeit zu gewinnen, um eine verfehlte Firmenpolitik zu verschleiern.

The industry’s defensive strategy has not succeeded in stemming the swelling tide of music sharing and has failed to come up with an early answer to today’s new digital reality. Seite 5

Auch in Zukunft werden die Musikfirmen nicht mehr allein mit dem Verkauf von Musik überleben können. Neue Geschäftsmodelle sind hier in Entwicklung.

In der Filmindustrie sind konstante Einnahmen zu verzeichnen. Kino-Besuche und DVD-Verkäufe nehmen zu, aber andere Marktbereiche wie der DVD-Verleih nehmen ab. File Sharing ist hier weniger zu verzeichnen, da viele einen Film einmal ansehen.

Auch bei Games sind keine negativen Effekte des File Sharing zu verzeichnen. Hier ist noch ein großes Wachstum zu verzeichnen.

The specific platform-restricted hardware-software-content marriage makes the official game release so attractive – compared with a music CD – that this industry might well be able to better prevent or sidestep the file sharing that besets the music business. The hardware-software-content combine also gives large producers and distributors in the industry more scope to ensure profitable operations. Seite 5

Die Einbrüche der Musikindustrie liegen vielleicht auch darin begründet, dass ein Großteil der Jugendlichen ihr Geld, das sie nur einmal verteilen können, lieber in Filme und Games investieren.

Eine deutliche Erkenntnis ist:

Yet we now know that the music industry’s initial defensive strategy of legal measures and DRM protection has not succeeded in stemming the swelling tide of music sharing and that the industry has failed to come up with an early answer to today’s new digital reality. And so it has seen other players, such as Apple, claim key market positions in marketing and delivering digital music files. Seite 116

Die Autoren wenden sich gegen eine Verschärfung des Urheberrechtes. Die rechtliche Situation in den Niederlanden stellt sich anders als in Deutschland dar:

Downloading copyrighted content from file-sharing networks, websites and other sources for one’s own use is permitted by law in the Netherlands. Games – being computer programs – are an exception as they enjoy wider protection. Seite 117

Derzeitige Entwicklungen in Europa, den Endnutzer zu kriminalisieren, kritisieren sie stark. Gerade Rolle von Zwischenakteuren wie Internetprovider, Serviceanbieter, die bei P2P-Vorgängen zwangsweise beteiligt sind, werden in der europäischen Debatte immer stärker diskutiert. Sie sollen herangezogen werden, um sowohl diejenigen ausfindig zu machen, die unauthorisierte Inhalte anbieten, als auch um dann entsprechende Maßnahmen gegen diese zu ergreifen.

Die Autoren sehen hier bereits ausreichende Möglichkeiten im Gesetz verankert, um gegen entsprechende Urheberrechtsverletzungen vorzugehen.

The law provides right holders with a range of enforcement measures, in particular with respect to unauthorised uploading on a commercial and large scale – preferably in line with, or after new business models have been developed, thus creating real alternatives. In the case of civil enforcement against large-scale uploaders, right holders and other parties in the distribution chain could join forces. This should not, however, be undertaken at the expense of the basic principles of justice such as proportionality, legal certainty and the protection of fundamental rights and procedural justice. Criminal enforcement should serve only as an ultimate remedy – which is in keeping with current government policy in the Netherlands. S. 117 – 118

Ihre Forderungen sind unter anderem:
Innovation in the music industry – Die Musikindustrie sollte neue Geschäftsmodelle entwickeln und differenziertere Vertriebsmöglichkeiten bereitstellen.

A strategy that focuses solely on law suits and DRM is not the best response, in particular as it remains to be seen whether a fully authorised, paid-for downloading market would generate sufficient revenues to revive the music industry. Seite 121

Don’t ‘criminalise’ individual end users – educate them
File Sharing und P2P-Networks sind Innovationsmotoren gewesen. Es wäre dumm, Nutzer zu kriminalisieren, nur weil die Inhalte aus einer illegalen Quelle kommen oder sie auf Grundlage von Peert-to-Peer weitergegeben werden.

said, the provision of information and education is still
vital, if only because research has shown that there is still much uncertainty among both users and suppliers about what is – and is not – permitted. We also saw that many consumers are ill-informed about the techniques used and unaware of the fact that they are often downloading and uploading at the same time. A better awareness of what is and is not lawful is also important in relation to the acceptance of new business models.
There is a role to play here for government – and for the industry itself. Seite 122-123

Enforcement – Bevor es zu einer zwanghaften Durchsetzung von Rechten oder der Verschärfung von Gesetzen kommt, muss die Industrie in Vorleistung gehen und passende Alternativen zum Filesharing anbieten. Außerdem reichen die vorhandenen Gesetze aus.

Criminal enforcement should serve only as an ultimate remedy – which is in keeping with current government policy in the Netherlands. S. 123

Monitoring and research
Die Autoren sehen einen weiterhin bestehenden Bedarf an Beobachtung und Forschung. Zukünftig werden nicht nur die Musik-, Film- und Spieleindustrie vom Feilsharing betroffen sein, sondern auch TV-Sender und E-Books.

Die Studie bezieht sich zwar in vielen Punkten auf den spezifisch niederländischen Rechtsbereich, aber grundlegende Erkenntnisse lassen sich sicherlich auch für Deutschland verallgemeinern.

Quellen:
Huygen, Annelies et al.: Ups and downs : Economic and cultural effects of file sharing on music, film and games:engl: des IVIR
Keller, Paul: Ups and Downs: File-Sharing ist gut für die Ökonomie via Netzpolitik.de

Neue Schutzdauer beschlossen

Schaffen Tote neue Werke? Diese Frage haben sich die Verantwortlichen nicht gestell und haben der Forderung nach 95 Jahren Schutzfrist nachgegeben. Der Vorstoß der EU wurde damit begründet, dass Musiker genauso gut geschützt sein sollen wie Autoren.

In der Presseerklärung:engl: des Rechtsausschusses des EU-Parlaments heißt es:

Copyright term for music recordings must be extended from 50 years to 95 years, says legislation approved on Thursday by the Legal Affairs Committee.

Increasing the term of copyright protection would ensure that performers and producers continue to receive royalties for 95 years from the first publication or performance of their song, according to a Commission proposal backed by the committee.

Die Empfehlung des Rechtsaussschusses gehen noch weiter:

The committee also asked the Commission to launch an impact assessment of the situation in the European audiovisual sector by January 2010, with a view to deciding whether a similar copyright extension would benefit the audiovisual world.

Zwar soll diese Regelung in drei Jahren nach Inkrafttreten und dann alle vier Jahre daraufhin überprüft werden, ob sie eine Verbesserung der Lage der Künstler bewirkt, aber auf den Schaden, den sie im allgemeinen der Kunstszene zufügt, wird dabei wohl nicht geachtet.
Wie soll Kreativität und Vielfalt im Vordergrund stehen, wenn dahinter ein Wust an Rechten steht, die kaum noch zu überblicken sind?

Matthias Spielkamp meint dazu:

Da darf man gespannt sein, mit welchen windigen Studien die Kommission dann auftrumpfen wird. Wahrscheinlich werden auch die, sollten sie negativ ausfallen, wieder ignoriert oder, wenn sie positiv ausfallen, unter Verschluss gehalten, damit sie nicht unabhängig überprüft werden können. Anschließend können sich dann Politiker auf Diskussionsveranstaltungen darüber auslassen, wie schlimm es doch ist, dass die “Menschen draußen im Lande so politikverdrossen” sind. Und täglich grüßt das Murmeltier?

Quelle:
De Girolamo, Federico: Music copyright to be extended to 95 years:engl: , Presseerklärung, Europäisches Paralment
Spielkamp, Matthias: Rechtsausschuss des Europaparlaments spricht sich für Verlängerung der Schutzdauer auf Musikwerke aus via Immateriblog.de

Auch das Fernsehen macht Fehler

Ich schau ganz gerne die Sendung “neues”, die ganz gerne auf Themen eingeht, die auch hier im Blog besprochen werden. Im Beitrag :video: (ca. 30 min) vom 17.08.2008 ging es neben dem Weltempfänger 2.0 auch mal wieder um Musik und DRM:video: (2.26 min) . Hier wird erklärt, was passiert, wenn Musikshops wie Sony Connect (März 2008), Yahoo (30.09.2008, Entschädigung) und MSN (2011) ihre DRM-Server abschalten. Wichtig ist, die Dateien nicht “ohne ausdrückliche Gestattung und Hilfestellung” zu kopieren. Damit begeht man nämlich eine Ordnungswidrigkeit. Der Experte Alexander Setzer-Rubruck empfiehlt, sollten deutsche Musikshops ihre DRM-Server abschalten, sollten die Kunden darauf achten, dass sie eine Umformatierungsmöglichkeit der Songs erhalten und eine Lizenzbestätigung darüber, dass sie die Songs legal erworben haben. Ihr erster Gang sollte sie daher zu den Verbraucherschützern führen.
Die Kommentatorin geht weit darüber hinaus und meint:

“Der Trend geht zu DRM-freier Musik. Unser Rat ist es, sich nur noch rechtefreie Musik [Hervorhebung d.d.Verf.] auf den Computer zu laden.”

:ruhig:
Ich fürchte, das sieht die Musikindustrie und die Rechtsanwaltschaft etwas anders. Es sind immer Rechte mit der Musik verbunden. Allerdings ausschlaggebend sind die Lizenzregelungen, die für das Musikstück gelten. Das bedeutet für den Lizenznehmer von Online-Musik: Auch für DRM-freie Musik gelten die Regelungen des Urheberrechts und des Lizenzvertrages.
Dieser gravierende Fehler ist jedoch nicht im Artikel zum Beitrag zu finden.

GEMA und das Filesharing

Die GEMA:x: ist aktiv in den Kampf gegen das Filesharing mittels Sharehosting gezogen. Sie geht juristisch gegen die so genannten Spreader vor.
Spreader sind Sharhoster, die Speicherplatz für Unternehmen und Privatpersonen anbieten, wobei die Dateien dabei über einen speziellen Link heruntergeladen oder gelöscht werden können. Die juristische Auseinandersetzung dient der Klärung, welche Prüf- und Kontrollpflichten der Anbieter hat.

Spreader potenzieren nun nach Ansicht der Verwertungsgesellschaft die Gefahr des Verstoßes gegen Urheberrechte. Mit dem “neuen Phänomen im Bereich der illegalen Nutzung von geschützten Inhalten im Internet” werde die Verbreitung etwa von Musikinhalten über eine Reihe von Sharehostern noch einfacher.

Ein erstes Ziel der GEMA war die Seite Xirror.com:x: , gegen die die Musikverwertungsgesellschaft nach eigenen Angaben:x: im Juni einen Sieg vor Gericht erkämpft hat. Die Plattform selbst teilte mit, dass sie nach mehrfachen Abmahnungen, auf die man mit dem Entfernen der beanstandeten Werke reagiert hat, habe man sich “unter anderem aus wirtschaftlichen Gründen” entschieden, den Dienst ganz einzustellen.

Erst danach habe die GEMA eine einstweilige Verfügung auf Basis eines sehr allgemein gehaltenen, auch an Mitbewerber gesandten Schreibens mit Dringlichkeit beantragt und rasch vom Landgericht Düsseldorf bewilligt bekommen.

Die hinter Xirror stehende magdeburger Betreiberfirma toFOUR GmbH:x: möchte nicht in Berufung gehen, obwohl man mittels technischer Verfahren, z.B. dem Abgleich von Prüfsummen, versucht hatte, eine illegale Verbreitung geschützter Werke zu unterbinden. Von den knapp drei Millionen Dateien, die über Xirror verteilt worden sind, sei anhand von Missbrauchsmeldungen ablesbar, dass weniger als ein Prozent “Raubkopien” darunter gewesen sind.

Eine weitere Firma, gegen die die GEMA seit über eineinhalb Jahren gerichtlich fohrgeht ist
RapidShare:x: . Nach dem für sich verbuchten Erfolg vor dem Kadi gegen Xirror will die GEMA nun weitere Spreader gerichtlich bekämpfen, so etwa Shareonall, Hubupload oder die Plattform Datenschleuder1.
Die GEMA und ihr Vorstandsvorsitzender Harald Heker machen deutlich, dass sie den Musikmarkt im Internet und die Angebot der einzelnen Dienste aufmerksam beobachtet, um den

“Urhebern durch den Abschluss von Lizenzvereinbarungen eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Musik zu sichern” […]. “Verwehren Dienstbetreiber sich jedoch gegen eine Lizenzierung, gehen wir frühzeitig gegen solche neuen illegalen Phänomene vor, um deren Etablierung im Markt zu verhindern.”

Das klingt zumindest so, als ob man eingesehen hat, dass es wenig nützt, die kleinen Leute zu ärgern und zu verklagen und dass man – wenn man P2P als Übel auffasst – es wenigstens an der infrastrukturellen Wurzel erfassen will. :ei:

Quelle:
Krempl, Stefan: GEMA geht gegen “Spreader” vor [Update]:x: via heise online

  1. Dabei handelt es sich nicht um das gleichnamige offizielle Magazin des Chaos Computer Clubs:x: (CCC). []

Vorstoß zur Schutzfristverlängerung für Musik

EU-Binnenmarktskommissar Charlie McCreevy startet einen Vorstoß zur Schutzfristverlängerung für Musik. Derzeit sind Musiktitel in Europa 50 Jahre lang durch das Urheberrecht geschützt, in Amerika hingegen dauert die Frist 95 Jahre. Als Grund nennt er:

“Ich kenne keinen überzeugenden Grund, warum ein Komponist für sein gesamtes Leben und 70 Jahre darüber hinaus geschützt sein soll, während ein Sänger oder Musiker nur 50 Jahre Schutz genießen sollte – ein Zeitraum, der nicht einmal seine Lebensdauer erfasst”

Die IFPI fordert bereits seit längerer Zeit eine Erhöhung der Schutzfristen.
Die Musikindustrie begrüsst diesen Vorstoss. Laut dem Vorsitzenden der Musikindustrie würden die Künstler und Labels dadurch im Vergleich zu den Urhebern gleichberechtigter behandelt und auch die Wettbewerbsfähigkeit zu anderen Ländern würde verstärkt. Sollte sich dieser Vorschlag durchsetzen – er soll der europäischen Kommission noch vor der Sommerpause in konkretisierter Form vorgelegt werden – wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die Filmschaffenden eine Fristverlängerung möchten und dann wieder die Urheber.

Der Vorschlag würde keinerlei negative Auswirkungen auf Verbraucherpreise haben, beteuert McCreevy. Der Preis für Tonträger, die nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind, sei nicht zwangsläufig niedriger […] als jener der geschützten Tonträger, hätten Untersuchungen ergeben.

Wer’s glaubt…

Quellen:
EU-Kommissar will Urheberrechtsschutz für Musiker verlängern via heise online
Deutsche Musikindustrie begrüßt Vorstoß zur Schutzfristenverlängerung via heise online
Musikindustrie begrüßt EU-Vorstoß zu Schutzfristenverlängerung via Bundesverband Musikindustrie

Urheberrecht: Jagd auf Minderjährige

Wer urheberrechtlich geschützte Inhalte aus dem Internet lädt und verkauft, muss mit harten Strafen rechnen. Immer mehr Fälle von Filesharing werden vor Gericht gebracht und betroffen sind dabei vor allem junge Leute. Die Musikindustrie macht dabei nicht mal mehr halt vor Minderjährigen. Und die Kosten für einen Urheberrechtsverstoß summieren sich schnell auf einige tausend Euro.

Minderjährige haften für Urheberrechtsverstöße im Internet, wie eine erst kürzlich veröffentlichte Entscheidung des OLG Hamburg vom 13. September 2006 ergeben hat. In diesem Fall war eine 15-Jährige, die über eine Online-Tauschbörse Bilder der Sängerin Jeanette Biedermann heruntergeladen und diese via Ebay verkauft hatte, vom Rechteinhaber der Bilder kostenpflichtig abgemahnt worden. Es entspreche “allgemeiner Kenntnis – auch einer 15-Jährigen -, dass über fremde Rechtsgüter nur dann verfügt werden darf, wenn einem hierzu die Erlaubnis erteilt worden ist”, entschieden die Richter.

Eine ähnliche Entscheidung hat es bis jetzt noch nicht gegeben. Notwendig für einen Urheberrechtsverstoß ist kein schuldhaftes Handeln, sondern die Feststellung des Verstoßes, ausgenommen bei Schadensersatzforderungen, wo ein schuldhaftes Handeln nachgewiesen werden muss. Das Mädchen habe mit dem Verkauf der Bilder bei Ebay einen erheblichen Verstoß gegen das Urheberrecht begangen, der nun geahndet wurde. MitGerichts- und Anwaltskosten dürfte das Verfahren das Mädchen 3000,- Euro gekostet haben.

Hier eröffnet sich natürlich ein lukrativer Markt für Anwälte.

Obwohl Urteile wie das oben genannte unter den Jugendlichen die Runde machen, habe sich das Bewusstsein, beim Download urheberrechts-geschützter Inhalte Unrecht zu begehen, noch nicht durchgesetzt. Spezielle Kanzleien – auch in Deutschland – haben sich allerdings längst auf das Aufspüren von Urheberrechtsverstößen spezialisiert. Zum Teil bedienen sie sich dabei der Unterstützung von IT-Experten, die etwa die Identität möglicher Straftäter enthüllen können. Die Anwälte machen dabei Streitwerte im fünf- bis sechsstelligen Euro-Bereich geltend, aus denen sich die Gebühren für die Kanzleien berechnen. […]Ohne die Einschaltung eines Gerichts seien pro Abmahnung so Einnahmen von über 2.000 Euro möglich.

Wer schützt an dieser Stelle eigentlich unbedarfte Jugendliche vor den Anwalthaien? Ist es bei Jugendlichen in diesem Bereich nicht häufig schon mit einer Emahnung von einer offiziellen Seite getan? Es nützt nichts, diese jungen Leute für ihr Leben lang zu verunsichern. Wichtiger ist frühzeitiges Beibringen von Informationskompetenz. Neben einer sicheren Handhabung der Technik, des Netzes und deren Möglichkeiten, werden sie für erlaubte und unerlaubte Handlungen frühzeitig sensibilisiert. Erst dann kann man trotz der aktuellen Diskussion davon ausgehen, dass so viel Wissen zum allgemeinen Kenntnisstand auch einer 15jährigen gehört. Beim momentanen Stand der Regelung wird hier eher den Abmahnern Haus und Hof geöffnet. Verängstigte Jugendliche werden eine weitere Auseinandersetzung mit dem richtigen Umgang mit Medien vermeiden und das kann keiner wollen.

Quelle:
Brien, Jörn: Urheberrecht: Musikindustrie droht Minderjährigen mit hohen Geldstrafen auf medienhandbuch.de

Zusammenfassung Copyright Summit – Imageprobleme beim Urheberrecht

Eines wurde bereits zu Beginn des Gipfels hervorgehoben: Auf das Urheberrecht kann aus der Sicht von Industrie und Gesellschaft nicht verzichtet werden. Daher muss der Respekt für die Urheberrechte wieder gestärkt werden.
John LoFrumento mit seiner US-Verwertungsgesellschaft ASCAP (American Society of Composers, Authors and Publishers) hat dazu unter anderem eine PR-Kampagne für Schulen in den USA entwickelt.

In dieser soll Schülern beispielsweise klar gemacht werden, dass ihre Eltern in Handschellen abgeführt werden, wenn sie illegale Downloads vornehmen. Die ASCAP hat dazu eine Comic-Reihe entwickelt. Unter dem Titel: “Pirate Comics Presents … Donny the Downloader” erlebt der Held allerlei Negatives, wenn er das Urheberrechte missachtet.

Manuel Medina Ortega (MdEP) konstatierte, dass die Leute die Musik akzeptierten, nicht aber die damit verbundenen Einschränkungen zum Urheberrechtsschutz. Er hebt hervor, dass sich der Konsument meist im Zwangskorsett der Wirtschaft befände. Auch Emma Pike, Vertreterin der British Music Rights, konstatierte ein aktuelles Imageproblem des Urheberrechts.

Grundsätzlich sei das Urheberrecht nicht per se der falsche Ansatz, vielmehr ist es eine Frage, wie mit Lizenzen umgegangen wird. Insbesondere sieht sie dabei für Web-2.0-Anwendungen wie YouTube oder MySpace eine große Herausforderung.

Ein Ansatz, um die Akzeptanz des Urheberrechtes zu stärken, sei eine stärkere Einbindung der Nutzer in die aktuelle Diskussion, die inzwischen gleichzeitig Produzenten sind.
Gerade weil die Konsumenten sehr stark abhängig sind von den Konzernen, muss auch der Verbrauchschutz eine prominente Rolle übernehmen.
Cornelia Kutterer, Vertreterin der Europäischen Verbraucher-Organisation BEUC, forderte die Vertreter der Verwertungsgesellschaften auf, die Nutzung von P2P-Tauschbörsen nicht per se zu dämonisieren und forderte eine offene Debatte. Eine Kriminalisierung ist eindeutig die falsche Antwort auf die komplexen Herausforderungen, denen sich die Akteure im Urheberrecht gegenüber sehen.

Kulturflatrate und Generallizenz könnten neue Modelle der Verwertungsgesellschaften notwendig machen.
Ben Verwaayen (British Telecom) sieht die Kulturflatrate als eine von vielen Modellen möglich. Auch die Einführung einer Generallizenz oder auch Globallizenz wird für möglich gehalten. André LeBel, Vertreter der kanadischen Verwertungsgesellschaft SOCAN (Society of Composers, Authors and Music Publishers of Canada) hob hervor, dass die Anwendung eines kollektiven Rechtesystems zur finanziellen Abgeltung der Künstler in den vergangenen 100 Jahren erfolgreich gewesen ist und setzt dabei auf eine kooperative Zusammenarbeit zwischen Musikindustrie, Verwertungsgesellschaften, Künstlern und Verbrauchern.

In diesem Zusammenhang forderte Eduardo Bautista, Vertreter der spanischen Verwertungsgesellschaft SGAE (Sociedad General de Autores y Editores), ebenfalls ein kollektives Rechtemanagement. Bei diesem sollen die Endnutzer im Vordergrund stehen. Harald Heker, Chef der deutschen GEMA, brachte es dabei wie folgt auf den Punkt: “Wir müssen einen gemeinsamen Weg des Reagierens finden, um das musikalische Repertoire der Welt verfügbar zu machen.”

Den gesamten Gipfel über wurde klar, dass Veränderungen bei den Verwertungsgesellschaften in der neuen digitalen Welt notwendig sind. Uneinig ist man jedoch bei der Frage, wie eine solche Veränderung gestaltet sein soll. Angefangen bei der freien Wahl der Verwertungsgesellschaft in der Zukunft, ohne es dabei zu einem zu starken Konkurrenzgerangel kommen zu lassen.

David Ferguson, Sprecher der ESCA (European Composer and Songwriter Alliance), verlangte nochmal ausdrücklich, dass Verwertungsgesellschaften in der Zukunft sich auf die Gründe ihrer Entstehung zurückbesinnen müssen: die Nutzung des verfügbaren Materials garantieren. Nationale Verwertungsgesellschaften sollten deswegen auch in Zukunft über das nationale Repertoire verfügen.

Quelle:
Philipp, Otto: Copyright Summit – Zukunft der Verwertungsgesellschaften via golem.de

95 Jahre Schutzfrist gefordert

Die IFPI fordert in Europa 95 Jahre Schutzfrist für das geistige Eigentum. Bisher werden durch das Urheberrecht und internationale Verträge immerhin noch stolze 50 Jahre Schutzfrist für Tonaufnahmen eingeräumt.

An einem Treffen diese Woche traf die Bundeskanzlerin mit der IFPI zusammen, um über die veränderten Rahmenbedingungen «der Musikindustrie als eine der tragenden Säulen der Kreativwirtschaft» zu sprechen, wie in der Medienmitteilung auf der Website der deutschen IFPI zu lesen ist.

Bei dem Treffen ging es um den Schutz der Interessen der Tonträgerhersteller (vermutlich weniger um die der Künstler) vor “Piraten”. Entsprechend wurden Forderungen nach Einschränkungen bei der Privatkopie laut.

eispielsweise sollen nach der IFPI die Internet-Service-Provider dazu verpflichtet werden, den Service-Vertrag mit Kunden, die Urheberrecht verletzende Inhalte online stellen, zu kündigen.

Okay, man kan verstehen, dass lebende Künstler (z.B. Udo Jürgens, Paul McCartney) ein Problem darin sehen, wenn ihre frühen Stücke nach einer über 50jährigen Bühnenkarriere plötzlich gemeinfrei werden. Hier kann man eine Verlängerung der Schutzfrist auf Lebenszeit akzeptieren, aber 95 Jahre ist heftig. Und wie gehen Künstler wie Johannes Heesters damit um, die nun schon von diesen Problemen eingeholt worden sind?
Eine interessante Entdeckung hat Lawrence Lessig in seinem Blog:engl: festgehalten:

As reported yesterday, there was an ad in the FT listing 4,000 musicians who supported retrospective term extension. If you read the list, you’ll see that at least some of these artists are apparently dead (e.g. Lonnie Donegan, died 4th November 2002; Freddie Garrity, died 20th May 2006). I take it the ability of these dead authors to sign a petition asking for their copyright terms to be extended can only mean that even after death, term extension continues to inspire.

I’m not yet sure how. But I guess I should be a good sport about it, and just confess I was wrong. For if artists can sign petitions after they’ve died, then why can’t they produce new recordings fifty years ago?

Kritiker werfen der IFPI und den Fordernden sogar einen Vertragsbruch mit der Öffentlichkeit vor. Den Künstlern und Firmen waren die Regeln und Bedingungen bereits vorher bekannt. Zudem haben sich diese auch noch in ihrem Sinne verbessert. Und zu glauben, dass die Künstler nach diesen 50 Jahren leer ausgingen, ist auch nicht der Fall. Für jedes Leermedium werden pauschale Abgaben an die VG Ton fällig und daraus würden die Künstler anteilig bezahlt, auch nach Ablauf der Schutzfristen.

Quellen:
IFPI fordert 95 Jahre Schutzfrist in der EU auf Digitale Allemende
Gehring, Robert A.: Musikindustrie drängt Bundeskanzlerin zu Urheberrechtsverschärfung via iRights.info
Michalk, Stefan: Bundeskanzlerin trifft Vertreter der internationalen Musikindustrie Bundeskanzlerin trifft Vertreter der internationalen Musikindustrie via IFPI.de

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