[Zitat] Unkommentiert – 1914-1997

Out of the closets and into the museums, libraries, architectural monuments, concert halls, bookstores, recording studios and film studios of the world. Everything belongs to the inspired and dedicated thief…. Words, colors, light, sounds, stone, wood, bronze belong to the living artist. They belong to anyone who can use them. Loot the Louvre! A bas l’originalité, the sterile and assertive ego that imprisons us as it creates. Vive le vol-pure, shameless, total. We are not responsible. Steal anything in sight. William S. Burroughs

Bezahl, was du liest und keine Seite mehr

Beim Kauf von Büchern hieß es bis jetzt: “Bezahl erst – lies später”.Das Bezahlverfahren des Startup Totalboox klingt daher interessant für jeden, der öfter mal Bücher kauft, die er dann nicht zuende liest, weil sie nerven, schlecht übersetzt oder letztendlich doch uninteressant sind. Warum also nicht einfach nur das bezahlen, was man letzlich tatsächlich gelesen hat? Wenn ich eben nur 20 von vierhundert Seiten lese und dann das Buch weglege, muss ich auch nur 5% des Kaufpreises zahlen. Habe ich das Buch ausgelesen, dann ist der vollständige Kaufpreis fällig. Totalboox wirbt damit, dass man jezt sagen kann “Lies erst – zahl später”.

Wie funktioniert das System?
Man “stellt” sich das gewünschte Buch in sein Regal und zahlt erstmal gar nichts. Wenn ich dann anfange zu lesen, wird der Preis anhand der gelesenen Seiten abgerechnet. Gelöst wird die Bezahlung über ein Guthaben, das ich sozusagen langsam “ablesen” kann. Was passiert allerding, Wenn ich ein Buch mehrfach lesen möchte? Muss ich dann mehrfach für das Buch bezahlen? Zum Glück nicht, denn wenn man hundert Prozent gelesen und somit den vollen Kaufpreis bezahlt hat, gehört einem das Buch sozusagen.

Welche Vorteile und Nachteile verspricht dieses System dem Leser?

  • Ich bezahle nur das, was ich lese.
  • Die Einstiegshürde sinkt: Ich kann lesen, ohne gleich das komplette Buch kaufen zu müssen.
  • Da Risiko und Kosten gering sind, kann ich auch unbekannte Autoren entdecken und “ausprobieren”.
  • Leseproben entfallen, oder besser gesagt, mit jedem Lesefortschritt vervollständigt sich die Leseprobe zum kopletten Buch.
  • Ich kann das Buch weitergeben oder per Social Media weiterempfehlen und meine Freunde mit einem Totalboox-Account können ebenfalls sofort loslesen.
  • Ob ich allerdings möchte, dass alles mitprotokolliert wird, weiß ich nicht.
  • Unklar ist das Format der Bücher und ob ich ein Buch, das ich gekauft habe schließlich auch aus der App heraus auf ein anderes Lesegerät übertragen kann.
  • Negativ ist auch, dass ich immer mal wieder Online sein muss, um abzurechnen und dass letztlich auch mein Leseverhalten mitprotokolliert wird.

Wie sieht die Situation für den Autor/Verlag aus?

  • Der Autor/Verlag kann genau abrechnen. Totalboxx behauptet, er würde somit auch mehr verdienen.
  • Durch die geringen Hürden ist Totalboox auch ein hervorragendes Marketinginstrument, zumal neben den persönlichen Empfehlungen, der auswertbaren Lesegewohnheiten somit auch personalisierte Leseempfehlungen (Neueinnahmen) möglich sind.
  • Durch Statistik kann der Autor unter Umständen Rückschlüsse ziehen. Wenn viele Leser an einer Stelle das Buch abbrechen, stimmt vielleicht etwas mit dem Spannungsbogen nicht.
  • Noch kann ich mich nicht selber anmelden.
  • Die Social-Media-Anbindung erlaubt nicht nur eine Werbung durch den Nutzern, sondern bietet auch Autoren und Verlagen bessere Chancen zur Interaktion mit den Lesern.
  • Es gibt jedoch noch kein plattformübergreifendes Angebot, sondern momentan kann man die Bücher nur über Android-fähige Geräte lesen.

Noch ein paar Fragen
Ich schmule gerne beim lesen. Wenn ich mir den Schluss anzeigen lasse, habe ich dann den vollen Preis zu zahlen? Die App registriert allerdings nur die umgeblätterten Seiten, d.h. ich kann jederzeit überall starten. Jedoch wie sieht es dann aus, wenn ich zwischen den Seiten ständig hin und her wechsle, wie man dies beispielsweise bei wissenschaftlichen Texten häufig macht, um Dinge zu vergleichen? Muss ich dann mehr zahlen bis der Kaufpreis vollständig bezahlt ist?

Lesen kann man die Bücher von Totalboox über eine Android-App, die im Google-Play-Store erhältlich ist. Wie erfolgt die Abrechnung aber bei klassischen E-Book-Readern, die ich beim Lesen von E-Books bevorzuge? Da könnte ich ja das Buch runterladen, offline lesen und gleich wieder löschen. Erst danach erneut online gehen und dadurch nix bezahlen oder gibt es dann eine Cookie-Variate? Offensichtlich ist das aber im Angebot von Totalboox gar nicht vorgesehen. Ach ja, der Anbieter wirbt bei Autoren und Verlegern sogar damit, dass Raubkopien in dieser Umgebung nicht möglich seien. Das wage ich ein wenig zu bezweifeln.

Es wird abzuwarten sein, wie sich dieses Modell durchsetzt. Es hat auf den ersten Blick einige Vorteile, die gerade die Leute ansprechen wird, die sowieso gut vernetzt sind, viel online lesen und häufig Bücher nicht komplett brauchen. Verleger und Autoren können ihre Angebote besser auf den Kunden ausrichten Aber auch die Nachteile sind nicht unerheblich, wenn ich da einfach mal nur Stichworte wie Datenschutz und Plattformunabhängigkeit nennen darf. Ausgereift und bis ins letzte Detail durchdacht wirkt das Modell/Produkt auf mich noch nicht.

Quellen:
Total Boox (gesamte Homepage)
Albanese, Andrew: Total Boox Hopes to Change How We Buy E-books, Publisher Weekly
Matting, Matthias: Neues eBook-Preismodell: Zahlen nach Lesefortschritt, Selfpublisherbibel.de

Eine kleine Glosse: Prohibition bei E-Books

Derzeit habe ich das Gefühl, wenn es um E-Books geht und entsprechende Angebote seitens der Verlage für Endnutzer und Bibliotheken, kann man fast von einer Prohibition sprechen. Süchtigmachend sind Bücher ja schon an sich und der E-Book-Leser ist besonders süchtig, denn bei entsprechenden Angeboten liest er wesentlich mehr. Was bleibt also über, als die zunehmende Zahl süchtiger E-Book-Leser vor den schädlichen Einflüssen des Buches zu beschützen?

Andererseits führt das wie bei der alkoholischen Prohibition dazu, dass böse Piraten sich erheben und zu Schmugglern werden, die dann nicht zu fassen sind.. Sie Schmuggeln den verbotenen Stoff zu verschiedenen Quellen, von wo aus der “wissende” Leser sein Suchtmittel beschaffen kann. Und wie während der Prohibition erleben wird, dass Verbote nur dazu führen, dass der geneigte Süchtige sich seinen Stoff aus illegalen Quellen beschafft und auch nicht immer weiß, welches Viehzeug (Würmer, Viren, Trojaner) er sich da auf sein Gerät einschleppt. Auch ist die Qualität nicht immer die beste, aber zum Teil besser, als die durch Digital Rights Enforcement (hartes DRM) beschädigten Dateien.

Schauen wir uns mal an, welche Varianten es gibt, um Nutzer in die Illegalität zu treiben:

  1. Gar kein E-Book-Angebot machen, weil die Bücher könnten ja geklaut werden. – Damit bringt man findige Köpfe dazu, die interessanten Bücher einzuscannen, OCR-Software darüber laufen zu lassen und dieses dann als E-Book illegal anzubieten. Ergebnis: Buch und Einnahmen weg, potentielle E-Book-Leser und Kunden weg, alle unzufrieden, weil die Qualität schlecht ist und es keinen finanzielle Einnahmen für den Verlag gibt.

  2. Das E-Book kommt erst zeitversetzt. – Der geneigte Leser wird sich nicht E-Book und P-Buch zulegen. Er wird ggf. auf das E-Book warten, das dann vergessen, weil es andere interessante Angebote gibt, die er ja auch noch lesen könnte. Kann er nicht warten, will das Buch aber lesen, dann nutzt er Bücher der Variante 1. Ergebnis: Einnahmen weg, Nutzer verärgert und Buch und Einnahmen weg, potentielle E-Book-Leser und Kunden weg, alle unzufrieden, weil die Qualität schlecht ist und es keinen finanzielle Einnahmen für den Verlag gibt.

  3. DRE schützt das Buch bis zur Unnutzbarkeit. – Das DRE wird durch IT-Kundige beseitigt und das Buch landet auf illegalen Download-Börsen. Der geneigte Leser kauft einmal ein solches geschütztes Buch, sieht, die Qualität ist schlechter als die, die er aus illegalen Quellen bekommt. Ergebnis: Die meisten beschaffen sich die “befreiten” Bücher in besserer Qualität von illegalen Plattformen mit dem Risiko, das Lesegerät zu infizieren oder mehrere Anläufe (Zeit) zu benötigen, um ein Buch guter Qualität zu erhalten. – Ergebnis: Leser, potentieller Kunde beschafft sich so ein Buch nur einmal. Weitere Bücher bezieht er dann wieder illegal. Der zahlwillige Kunde wird mit schlechter Qualität verärgert, zumal das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt. Der Verlag generiert geringe Einnahmen.

Zu ähnlichen Ergebnissen wie in dieser StudieStudie zu den Filesharern der Musik, gelangt auch J.K. Rowling. Sie berichtet

[… ], dass ein attraktives, legales Angebot Piraterie eindämmen kann, als sie die „Harry-Potter“-Bände in digitaler Version zur Verfügung stellte: Die Entscheidung, auf DRM zu verzichten (zu Gunsten eines digitalen Wasserzeichens), habe die Piraterie nicht beflügelt, sondern reduziert, so die Erfahrung der „Pottermore“-Betreiber. Unmittelbar nach dem Start des E-Book-Programms sei das illegale Angebot zwar größer geworden, doch die Community habe die Raubkopien abgelehnt (hier mehr).

Liebe Verlage, nur mal so ganz nebenbei:
Viele Ihrer Kunden haben ein Urheberrechtsbewusstsein. Sie möchten einen angemessenen Preis für die Schöpfung der von Ihnen vertriebenen Werke von Autoren zahlen. Dies wird sicherlich sichtbar in dem Projekt “The Humble eBook Bundle”, wo Nutzer E-Books erwerben, ganz nach dem Motto: “Pay what you want. Support charity. Read.” Also, bitte gebt uns die Möglichkeit, legal, zu fairen Preisen Bücher als E-Books zu erwerben oder kostenfrei über eine Bibliothek zu beziehen. Die Bibliotheken selbst sind ja bereit, entsprechend für die Subskription von E-Books zu bezahlen (siehe die steigenden Zahlen teilnehmender Bibliotheken bei der Onleihe) bzw. Tantiemen dafür zu entrichten.

Warum also verwehrt ihr mir und anderen, die legal an E-Books kommen wollen diese Möglichkeit bzw. kriminalisiert uns im Vornherein, indem ihr uns unterstellt, wir werden die Bösen sein, die E-Books ungehindert ins Netz schleusen wollen?

Die Prohibition ist gescheitert und das wird auch bei den E-Books passieren. Es ist noch kein DRM-System aufgebaut worden, dass nicht geknackt wurde. Die Musikindustrie zeigt, dass man mit dem psychologischen Schutz, aber Dateien guter Qualität zu angemessenen Preisen, seine Kundschaft halten kann. Ich persönlich war froh, als ich aus sicherer Quelle ohne großen Aufwand meinen Stoff beschaffen konnte. Und dafür bin ich wie viele andere bereit, etwas zu zahlen. Nutzt dieses Potential, liebe Verlage. Es ist da, aber Ihre Leser haben eine klare Vorstellung davon, was sie akzeptieren und was nicht.

ACTA-Infografik: Werden und Vergehen?

ACTA, das umstrittene Anti-Piraterieabkommen, wurde bereits von vielen EU-Staaten unterzeichnet. Bevor es in Kraft treten kann, ist die Zustimmung des EU-Parlaments nötig. Unsere Infografik erklärt den komplizierten Verhandlungs- und Ratifikationsprozess. Eine Zeitleiste zeigt die wichtigsten Etappen der vergangenen Jahre.
Die EU-Kommission will ACTA an den Europäischen Gerichtshof verweisen, um zu prüfen, ob der Vertrag EU-Recht verletzt. Der britische Sozialdemokrat David Martin, der als Berichterstatter die ACTA-Debatte im Handelsausschuss des EU-Parlaments leitet, will ebenfalls den EU-Gerichtshof anrufen. Doch anstatt sich der Anfrage der EU-Kommission anzuschließen, fordert Martin eine eigenständige Anfrage des EU-Parlaments. Da die Richter sich nicht allgemein zu ACTA äußern, sondern immer unter Bezug auf eine spezifische Fragestellung, könnte die Formulierung der Fragen die Entscheidung der Richter für oder gegen ACTA beeinflussen. Nachdem nun Dörte kürzlich ein Video von Explainity postete und wir beide in den Wochen seit Ende Januar immer wieder Videos und Infos zu ACTA veröffentlichten, soll diesmal eine Infografik des Europäischen Parlaments zeigen, wie der Umsetzungsprozess begann und wie er womöglich am Ende torpediert werden könnte.

 

ACTA – einfach erklärt

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) ist vom Tisch, ach nein, ACTA wird geprüft – ACTA wird reloaded. Irgendwie überschlagen sich die Meldungen.

Ich geb zu, so ganz klar war mir bisher das Problem ACTA auch noch nicht. Ich hab hier zwar bereits darauf hingewiesen und auch Wolfgang hat einen Beitrag verfasst, aber dieses Video von Explainity fasst die mit ACTA verbundenen Probleme nochmal verständlich zusammen.

Sag “Nein” zu ACTA

ACTA steht für “Anti-Counterfeiting Trade Agreement” und ergänzt und erweitert das TRIPS-Abkommen. Umgangssprachlich wird auch immer wieder von ACTA als “Anti-Piraterie-Abkommen” gesprochen. Und wie Wolfgang bereits in seinem Bericht gezeigt hat, hat es dieses Abkommen in sich und betrifft auch die Arbeit von Bibliotheken.

Der Digitale Gesellschaft e.V. ruft auf, “Nein” zu ACTA zu sagen und dieses Vorhaben zu stoppen. Auch Anonymos News machen deutlich, dass etwas getan werden muss, um den Politikern zu zeigen, dass ihre Arbeit auch die Wünsche und die Meinung der Allgemeinheit beachten muss, nicht nur die großer, machtvoller Lobbyisten und Wirtschaftsunternehmen.

Hier ein Film von TheAnoninfos in einer Deutschen Synchronisation von Bruno Kamm: Anonymous – Was ist ACTA? – #StopACTA