Aus aktuellem Anlass: Ein Bibliothekssketch zum Weltlachtag aus der Serie Harald & Eddi

Die Idee zum Weltlachtag kommt aus der Yoga-Lachbewegung. Um Punkt 14 Uhr darf für 3 Minuten gelacht werden. Im folgenden Sketch aus dem Jahr 1988 geht es um Aufmerksamkeit und Ordnung in der Bücherei.

Zum Internationalen Tag gegen Lärm: “How Quiet Should Libraries Be?”

“Wo Bücher sind, herrscht meist papierne Stille. Vor den Lesesälen der Bibliotheken mahnt ein Schild zur Ruhe, vor der Schrift verstummt die Rede, wenn wir le-sen, schweigt der Mund.” Tilla Schnickmann

Am heutigen „Tag gegen Lärm – dem International Noise Awareness Day“ möchte ich fünf aktuellere Beispiele aus Bibliotheken und deren Forschung zitieren, in denen das Thema Lärm eine Rolle spielt(e). 2010 wurde hier bereits zu diesem Internationalen Tag gegen Lärm ein Blogpost verfasst, der sich auch mit den Klischees der “Shushing Librarians” auseinandersetzte.

Bayerische Staatsbibliothek

Viel Lärm um nichts, oder was war da im März los, in München? Auch in der Bayerischen Staatsbibliothek gab es am 1. März 2013 einen öffentlichkeitswirksamen “Flitzer-Vorfall”. Die Konsequenzen war unter anderem die Verstärkung des Sicherheitspersonals.

Die Bibliothekarin Calypso Nash wurde vor kurzem von der Oxford University entlassen, weil sie Lärm in ihrer Bibliothek zuließ und den derzeit weltbekanntesten Tanz nicht verhinderte. Vergeblich setzten sich ihre Studenten dafür ein, dass die Bibliothekar Calypso Nash wieder eingestellt werden sollte. Es handelte sich um den im Internet weltweit verbreiteten Harlem ShakeIn Australien wurden deshalb auch schon Arbeiter einer Goldmine entlassen, da sie den Harlem Shake unterirdisch durchführten und hierzu ein Video bei YouTube einstellten.

Laut der Studie “Library Services in the Digital Age” des Pew Research Center vom Januar 2013, in der 2.252 US-Amerikaner befragt wurden, ergab dass die sich die Nutzer und Nutzerinnen vier wichtige Angebote in Bibliotheken wünschen: BibliothekarInnen, die dabei helfen Informationen zu finden, Bücher ausleihen zu können, einen freien Zugang zu Computern und zum Internet und an vierter Stelle folgte der Wunsch nach ruhigen Lernorten für Kinder und Erwachsene ebenso. Laura Miller, die Autorin des Artikels “Bring back Shushing Librarians” macht deutlich, dass Bibliotheken insbesondere für Menschen, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen an ruhigen Orten zu wohnen und Ruhe zu finden, einen Ort bieten, der ihnen dies ermöglicht.

I can see why someone who works in a hushed library might prefer to see it become as lively as a cafe, street corner, park bench or the Apple Store, but we already have those places to go to when we want to sit and visit or to congregate around a screen. Where will we go when we need some peace?For rich people, that’s not a problem. They live in spacious homes, glide along in hermetically sealed cars, book weekends in restful spas, dine in restaurants where the nearest table is 6 feet away. Quiet is one of the sweetest luxuries they’re able to afford. But most rich people don’t use libraries. For the rest of us, refuge from this cacophonous world is getting harder and harder to come by. Let’s hope librarians are listening to all the patrons asking them not to take it away.”

Lucia Hacker aus Deutschland hat sich 2011 in ihrer Masterarbeit “Lärmort” Bibliothek? : Der Lern- und Kommunikationsort Bibliothek im Spannungsfeld unterschiedlicher Nutzerbedürfnisse am Beispiel der Universitätsbibliothek Erfurt” eingehend dieser Frage vom Lärmort Bibliothek gewidmet und hierzu eine spannende Arbeit abgeliefert. Ihre These lautete, dass jede Bibliothek, insbesondere solche Einrichtungen, welche von der sogenannten “Generation Blogogna” frequentiert werden, über sogenannte Geräuschhabitate verfügen. Dabei zitierte sie Steffen Wawra vom Deutschen Bibliotheksverband, der diese als lebendige Lernorte und Orte der Kommunikation bezeichnet. Das mag sicherlich stimmen, aber es könnte in bestimmten Fällen auch eine euphemistische Beschreibung sein. Herausforderungen liegen nun für Bibliotheken darin, eine möglichst breite Vielfalt an Nutzerbedürnissen nachzukommen. Hacker entwickelte mithilfe von Soundkarten eine “Kartographie des Lärms”. Die Geräuschhabitate sind sich durch den Bibliotheksbau, die Bibliotheksnutzer und das Bibliotheksmanagement zu begründen. Die Autorin der Masterarbeit führte eine telnehmende Beobachtung und eine Online-Nutzerbefragung durch. Ergebnisse hierzu wurden auf den eben beschriebenen “Soundkarten” sichtbar gemacht. Dadurch wurde es möglich für die Erfurter Universitätsbibliothek im Speziellen die Zonen herauszufiltern, in denen es ratsam ist, Ruhebereiche einzurichten.

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Die geschätzte Kollegin vom festgezurrten Haupthaar : Geschlecht (k)eine Frage in Bibliotheken? von Danilo Vetter

In dem Dokumentarfilm von Danilo Vetter werden mögliche Fragestellungen der Geschlechterforschung an die Informations- und Bibliothekswissenschaft aufgezeigt und die Bibliothek als ein Ort gekennzeichnet, an dem auf vielfältige Weise Geschlecht ver- bzw. behandelt und konstruiert wird. Der Film gibt vier Expertinnen Raum, aus unterschiedlichen Blickwinkeln der Frage nachzugehen, welche Rolle Geschlecht in Bibliotheken spielen kann bzw. welche Bedeutung Geschlecht für die Berufsgruppe der Bibliothekar_innen hat. Helga Lüdtke zeigt aus einer historischen Perspektive die Entwicklung des bibliothekarischen Berufs zu einem Frauenberuf auf und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Ort Bibliothek und den bibliothekarischen Beruf insgesamt. Margit Hauser stellt dar, warum die Einrichtung feministischer Bibliotheken und Archive in den 1970er Jahren notwendig war und welche Rolle diese Einrichtungen in unserer Zeit spielen. Monika Bargmann setzt sich mit Vergeschlechtlichungen von Bibliothekar_innen und Stereotypen von Bibliothekar_innen in Filmen und Büchern auseinander. Elisabeth Wiesbaum berichtet von praktischen Erfahrungen, die bei der Implementierung und Umsetzung von Gender Mainstreaming in einer Öffentlichen Bibliothek in Berlin gewonnen werden konnten.

“Die Bibliothek und ihre Vorurteile” von Bookaholica

Im folgenden Video kommt vermutlich eine Fachangestellte für Medien und Information aus Berlin zu Wort, die sich offensiv mit den viel bekannten und immer wieder häufig geäußerten Vorurteilen gegenüber Bibliotheken und deren Mitarbeiter auseinandersetzt. Für uns als Bibliothekare sind diese Vorurteile allseits bekannt, aber es gibt genügend Menschen, die noch so denken und an die dieses Video gerichtet ist. Bookaholica, wie sie sich nennt, macht das sehr sympathisch, humorvoll und anschaulich, dass auch der letzte Nichtleser und Ahnungslose dieses Video gerne ansieht und ein wenig zum Nachdenken angeregt wird.  “Lachen BibliothekarInnen?”, so lautete Ende 2010 ein Titel im Blog, in dem auch auf das Berufsbild und den hierzu weit verbreiteten Klischees ausführlich eingegangen wurde, wie z.B. bei der WG-Suche oder im Kontakt mit Menschen in Kneipen und in der Öffentlichkeit im Allgemeinen.

Aufruf zur Online-Abstimmung zur Förderung der Each One Teach One Bibliothek in Berlin bis 2.12.

“Verlauf und Ergebnisse dieser Auseinandersetzung führten dazu, dass sich der Begriff “Schwarze Deutsche” bis in die Gegenwart hinein für einen großen Teil der Öffentlichkeit als Oxymoron darstellt. Obwohl seit dem 15. Jahrhundert eine schwarze Minderheit in Deutschland lebt, groß genug zu einem “Studienobjekt” der ersten deutschen Rasseforscher zu werden, ist sie nie zu einen akzeptierten oder auch nur wahrgenommenen Teil der Bevölkerung geworden.” Fatima El-Tayeb in ihrem Buch “Schwarze Deutsche: Der Diskurs um Rasse und Nationale Identität (1890-1933)” aus dem Jahr 2001

Bis 2. Dezember besteht noch die Möglichkeit per Online-Abstimmung für eines von vier sozialen Projekten abzustimmen. Finanziert werden  diese über soziale Initiativen und Projekte in Stadtvierteln/Kiezen über den Verkauf der “sozialen” Biermarke Quartiermeister, die es mittlerweile auch in München und Frankfurt gibt. Quartiermeister als Marke, die sich sozialen Aufgaben widmet, wurde auch schon von der Robert-Bosch-Stiftung für ihr zukunftsweisendes Engagement ausgezeichnet. Weitere Projekte, die zur Abstimmung stehen sind das Rroma Aether Klub Theater (eine neue Eingangstür wird benötigt), das Protestcamp am Kottbuser Tor und das JugendtheaterBüro der Initiative Grenzen-Los e.V..

Dem 2012 in Berlin gegründeten Verein Each One Teach One (EOTO) e. V. geht es darum deutschsprachige Literatur und andere Medien von Menschen afrikanischer Herkunft für (Weiter-) Bildungszwecke bereitzustellen. Für diese finanzielle Förderung kann auch über die Webseite von Quartiermeister abgestimmt werden. Bereits seit längerem gab es Überlegungen eine seit den 1990er Jahren existierende Archivsammlung Schwarzer Literatur einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Initiative stammt von Vera Heyer, die sich schon in den 1970er Jahren auf literarische Spurensuche in Antiquariaten und Buchhandlungen begab, um vor allem Bücher von Schwarzen Menschen aus Deutschland und anderen Länderen aufzuspüren. Das Archiv und der Blog beabsichtigen “neue Stimmen aus der Welt der Schwarzen Medien vorstellen und Lust und Freude an Themen rund um Literatur wecken und am Leben erhalten”, wie es auf der Webseite heißt. Die Zielsetzung der Bibliothek wird auf der Webseite folgendermaßen beschrieben:

“Die Each One Teach One Bibliothek will bekannte und neue Stimmen der Schwarzen Diaspora und des afrikanischen Kontinents vorzustellen und den Einsatz der Materialien (durch den Fokus auf deutschsprachige Literatur und deutschsprachige Übersetzungen) im schulischen Kontext zu fördern. Klassenzimmer in Deutschland sind einer der offensichtlichsten Indikatoren dafür, dass die Gesellschaft vielfältiger und heterogener wird. Hinsichtlich dieser zunehmenden Diversity, müssen Lehr- und Lernmaterialien in einer Weise aufbereitet werden, die es Kindern und Jugendlichen ermöglicht, sich darin widergespiegelt zu sehen.”

Dies soll damit erreicht werden, dass SchülerInnen AutorInnen, bekannte Menschen afrikanischer Herkunft kennen lernen, die entweder WissenschaftlerInnen, ErfinderInnen, politische Persönlichkeiten oder KünstlerInnen sind, welche durch Ihr gesellschaftliches Engagement positive Beiträge leisteten. Es soll das oftmals klischeehafte Bild, das an vielen deutschen Schulen vorherrscht, in ein anderes und differentierteres Licht rücken. Der Verein möchte mit seiner Arbeit erreichen, dass Schwarze Menschen nicht andauernd in einer aus dem Schulunterricht bekannten “Opferrolle” dargestellt werden. Weiterhin wird auf der Webseite des Vereins deutlich gemacht, dass an Schulen kein Wandel stattfindet, wenn es darum geht SchülerInnen Wissen und Literatur bezüglich der heute existierenden Schwarzen Bevölkerung in Deutschland zu vermitteln. Dass es Schwarze Menschen in diesem Land seit Jahrhunderten gibt, wird kaum im Schulunterricht behandelt.

Hierzu bietet EOTO e.V. ziel- und themengerecht ergänzende Literatur und pädagogische Materialien an mit dem Ziel zum kritischeren Nachdenken zu Themen aus Vergangenheit und der Jetztzeit anzuregen, was dadurch ganzheitlicher verwirklichbar ist.

Seit Juli 2012 ist EOTO e.V gemeinnützig. Derzeit wird der Einzug in einem Raum im Haus der Demokratie und Menschenrechte durchgeführt. Demnächst sollen ca. 1.500 vorhandene Bücher gesichtet und katalogisiert werden. Ab 2013 soll eine finanzielle Grundlage den Umzug in eigene Räume möglich machen, wo dann eine öffentlich zugängliche Bibliothek  errichtet werden soll.

Eine sukzessive Erweiterung des Buchbestands wird weiter angestrebt. Ein Black History Month, wie er an vielen öffentlichen Bibliotheken in den USA und Großbritannien gefeiert wird, sollt auch dort Teil eines breiten Veranstaltungsspektrums sein, um auch Jugendliche für dieses Thema zu interessieren und zu sensibilisieren. In Form von  Workshops zu Schwarzer Literatur können Jugendliche die Geschichte und Gegenwart der afrikanischen Diaspora kennen lernen und erfahren. Es soll in Ihnen Lust und Neugier wecken zu schreiben und die für sie geeigneten Ausdtucksformen zu ergründen wie z.B. SpokenWord, Film/künstlerische Darstellung/Performance/, Bildsprache/Photographie oder Musik in Form von HipHop.

Die Vereinsmitglieder sind innerhalb der Berliner und Deutschland weiten aktiven Schwarzen Community vernetzt und werden dieses Netzwerk nutzen, um den Verein und seine Aktivitäten bekannt zu machen und unsere Aktivitäten vor allem der jüngeren Generation vorzustellen.

Neben der jungen Generation, die für diese Thematik angesprochen werden soll, ist es aber auch geplant ältere Menschen miteinzubeziehen, um einen intergenerationalen und interkultureller Austausch möglich zu machen. Das Voneinander lernen sollte hierbei im Vordergrund stehen.

Mit der Förderung durch Quartiermeister, aber auch durch Spenden sollen bald folgende Vorhaben finanziert werden:

“Erweiterung des existierenden Buchbestandes um neue (v.a. nach 1995 erschienene) deutschsprachige Schwarze Literatur verschiedener Genres (Roman, Lyrik, Kurzgeschichten, Kinder- und Jugendliteratur). Die Finanzierung des Büroraummiete (2 Monate), der vom Verein Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) e.V. im Haus der Demokratie und Menschenrechte zu Verfügung gestellt wird. Der Verein hat eine private Spende erhalten, durch die 4 Monate der Miete (von Dezember 2012-März 2013 jeweils 200 Euro monatlich) finanziert werden können. Für die Katalogisierung und Erfassung der Bücher sowie die organisatorische Vorbereitung der Bibliothekseinrichtung benötigt der Verein nach eigener Einschätzung der vorhandenen Ressourcen 6 Monate. Durch eine Ergänzungsfinanzierung der Miete (April und Mai 2013, jeweils 200 Euro) könnte der Verein den erforderlichen (Zeit)Raum finanzieren, um die Vorbereitungsarbeit für die Bibliothek bis Juni 2013 abzuschließen.”

Eigentlich wäre diese Thematik ebenso für öffentliche Stadtteilbibliotheken geeignet, um die immer noch vorhandenen Schwierigkeiten der sogennanten “weißen Mehrheitsgesellschaft” (nach Hornscheidt/Agwu) (selbstbenannte) nichtweiße Identitäten anzuerkennen, auf die Agenda zu bringen. Leider gibt es hierzulande bislang (kaum)Stadtbibliotheken, welche beispielsweise einen Black History Month mit in ihr Veranstaltungsprogramm bisher aufnahmen. Diese Form von Bibliotheken, welche noch am Rande des deutschen Bibliothekswesens stehen, weil 1.) noch neu, 2.) noch unbekannt oder 3.) noch nicht Mitglied z.B. bei BiB (oder anderen Verbänden) müsste in Zukunft auf Bibliothekartagen und Ähnlichem mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung zuteil werden. Was könn(t)en ganz “normale” Stadtteilbibliotheken beispielsweise von  Each One Teach One e.V. und dessen Bibliothek lernen?

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BibliothekarInnen in Bilderbüchern

Eine beeindruckende Präsentation hat LIS-Studentin Kelly Allen zusammgestellt. (14. April 2011)

An exploration of librarians in picture books and whether or not the “librarian stereotype” is upheld or challenged by their depictions.

Aufmerksam geworden über:
Abram, Stephen: Librarians in Picture Books, Stephen’s Lighthouse

Hintergründe zum aktuellen “Call for Postings Berufsbild Bibliothekar/ Your Job Image”

“Vielmehr ist ein Erfolg unseres gesellschaftlichen Engagements davon abhängig, wie viele Leute es vorantreiben würden. Wenn wir unsere Inhalte (offizielle Stellungnahme, Diskussionen, Beiträge mit anderen Meinungen u.v.m.) twittern, in Facebook für alle unsere Freunde posten, in unseren Blogs erwähnen und verlinken etc., gewinnen wir an Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit. Wenn wir das zeitnah, inhaltlich relevant und mit genügend Teilnahme machen, sind wir nicht mehr von der öffentlichen Diskussion auszuschließen. So erreicht man einen großen und bedeutsamen Effekt bei minimaler Teilnahme – jede/r soll einfach „Share“ oder „Like“ klicken. Nicht nur virtuell. Letztendlich sind wir „Fleisch und Blut“ und leben in einer physischen Welt. […] Die Zeiten eines isolierten Bücherwurms, der sich von der Außenwelt in seiner Bibliothek abschottet, sind vorbei. Heute sind wir vernetzt, wir können miteinander kommunizieren, diskutieren, und vor allem – handeln. Wir sind mit der Welt besser verbunden und können Einfluss auf Entwicklungen nehmen, bevor sie uns in der Bibliothek erreichen, und somit der Gesamtgesellschaft Gutes tun und nicht nur unseren Benutzer/-innen oder unserem Gewissen. Unterm Strich: Wenn wir uns für die Gesellschaft einsetzten, setzten wir uns für Bibliotheken ein. Wenn wir im öffentlichen Bewusstsein als wahre Kämpfer für die Rechte aller Menschen wahrgenommen würden, gäbe es kein besseres Marketing.” Shaked Spier

Zum aktuellen “CfP: Projekt Berufsbild/ Your Job Image” sollte auf das Plädoyer von Shaked Spier verwiesen werden, welche es in die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Bibliotheksdienst [46. Jg. (2012), H. 3/4, S. 171-181] schaffte und eine gewisse Reflexionskompetenz und Präsenz (z.B. Internet und Web 2.0) von BibliothekarInnen oder/und Information Professionals” (über die normale berufliche Arbeit hinaus) auch im Hinblick auf die Erhöhung des (sozialen) Engagements im virtuellen, als auch  im reellen Raum forderte.

Als ich am 31. Januar im britischen Guardian den Artikel Beyond books. what it takes to be a 21st librarian las, kam ich nach einer Diskussion mit Dörte auf die Idee einen Aufruf zu starten, in dem ich nach Bibliothekar_Innen fahndete, die bereit wären an einem imagefördernden Zeitungsartikel mitzuschreiben.

Allein der Aufruf war schon die Mühe wert, da es für mich, aber auch für andere, durchaus eine Erfahrung und auch ein Lerneffekt waren, zu sehen, dass das Agenda Setting  in überregionalen Tageszeitungen von brandaktuellen News, Medienhypes (Guttenberg, Wulff und Piraten) und den Lieblingsthemen (Stichwort Boulevardisierung statt Inhalte und Aufklärung) der Meinungsmacher bestimmt ist und Artikel blitzschnell an Relevanz verlieren oder hinzugewinnen. Wäre der Piratenparteitag in einer großen Bibliothek abgehalten worden, wäre Bundespräsident Joachim Gauck mit einer Bibliothekarin (statt Journalistin) liiert oder wären Magdalena Neuner oder Lindsay Vonn neben ihrer Karriere als Sportlerinnen noch Bibliothekarinnen, würden sich durchaus mehr Chancen ergeben diesem Berufsfeld in überregionalen Tageszeitungen und vielen anderen Medien mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Würden einige der Darsteller bei GZSZ, der Lindenstraße oder “Türkisch für Anfänger” BibliothekarInnen verkörpern, wäre Bibliothekar/Bibliothekarin ein Beruf wie jeder andere (wie z.B. D.J. oder Taxifahrer) und jeder Artikel darüber hätte leichter lanciert werden können.

Mehrere Journalisten derselben Wochenzeitung vertrösteten mich letztes Jahr, da zu der Zeit Fukushima oder anderes mehr LeserInnen interessiere und dieses Thema gerade sehr brisant war. Welche Rubrik eignet sich über ein Berufsfeld zu schreiben/ zu polemisieren, das die wenigsten Menschen wirklich kennen und die wenigsten Menschen zu (angeblich) zu interessieren scheint? Nach dem Idealismus folgte die Ernüchterung. Die Journalisten schienen auch nach mehrmaligen Überzeugungsversuchen bis zum Schluss immer noch nicht so wirklich interessiert gewesen zu sein. Für die meisten schien es in ihre Zeitung nicht hineinzupassen.

Durch die Verbreitung dieses Aufrufs meldeten sich durchaus einige Interessenten und potentielle Co-AutorInnen. Bis auf einen Kontakt zu einer überregionalen Zeitung, den ich hatte, waren andere Zeitungen nicht bereit Berufsangehörige über ihren eigenen Berufsstand einen Artikel verfassen zu lassen. Nicht jeder Journalist oder Wissenschaftler (z.B. Gunther Dueck) ist mit einer Bibliothekarin verheiratet und macht sich die Mühe sorgfältig über einen vielfältiges Berufsfeld zu recherechieren.

Lee Rainie vom Pew Internet Research Center betonte ja letztes Jahr die Chancen und die Synergieeffekte für beide Berufe, die sich daraus ergeben, wenn beide mehr miteinander arbeiten und die Gemeinsamkeiten der beiden Berufswelten zusammen zu verbinden. Inwieweit wurde das, was er vorschlug in den einschlägigen Bibliotheksverbänden und in der Berufsbildung bislang rezipiert? Letztlich können einen solchen Artikel maximal 1-3 Personen verfassen. Die Schwierigkeit und das hehre Ziel war eine überregionale Zeitung zu finden. Auf lokaler Ebene pflegen Bibliothekar_Innen bereits gut Kontakte zu Journalist_Innen, welche ihnen wohlgesonnen sind und durchaus gute PR für öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken machen. Nach einem gebrochenen Versprechen, das ein Journalist auf einen Bibliotheksleiter zugeht, der sich auf meinen Aufruf meldete und eine Polemik verfassen hätte sollen, brach ich dann den Kontakt mit der Zeitung ab, da es sich der Journalist dann doch plötzlich nach einer anfänglichen Zusage anders überlegte.

Den Höhepunkt bildete schließlich ein Beitrag von DRadio Wissen Anfang Dezember 2011, der in differenzierter Weise in der Kategorie “Mein Studium” das Fach Bibliotheks- und Informationswissenschaft  dezidiert vorstellte, wobei auch Doreen, unsere Bloggerkollegin, interviewt wurde. Neben Claudia Lux kamen auch Patrick Danowski und Oliver Pohl zu Wort.

Ein weiteres Highlight kam von unserer Bloggerkollegin Stefanie Hotze: Als einzige Bibliothekarin aus dem deutschsprachigen Raum, nahm sie am Library Day in the Life-Projekt teil. In dem eingangs erwähnten Artikel “Beyond books: what it takes to be a 21st century librarian” wird das ebengenannte Projekt vorgestellt und einzelne BibliothekarInnen berichten von ihrer Arbeit.

“Books are only one aspect of what libraries and librarians are about. Librarianship is a people profession; a librarian’s job is to connect people with the information they are seeking, whatever format that may take. At their heart, all library jobs have a central purpose: to help people access and use information, for education, for work, or for pleasure. In all library roles customer service and communication skills are important. If anyone ever thought they’d become a librarian because they liked books or reading, they would be sorely disappointed if they did not also like people too. Libraries of all kinds are keen to demonstrate their value to as wide an audience as possible, and to open up access to culturally significant resources that they hold.” Emma Cragg und Katie Birkwood

Bislang gibt es weder in Fachzeitschriften noch in der Biblioblogosphäre nähere Hinweise, ob noch andere BibliothekarInnen aus Deutschland daran teilnahmen.

Letzterer Satz passt als Überleitung zum nächsten Thema. Vor wenigen Tagen bloggte Herr H.-C. Hobohm die Frage “Warum sind Information Professionals so internetavers?”

“Oder technophob, arachnophob, digiphob… jedenfalls nicht internetaffin? […] Letztlich wurde mir sogar als Begründung für die Netzverweigerung gesagt: “weil ich information professional bin.” Es handelt sich auch nicht nur um die Ablehnung eines bestimmten Konzerns wie Facebook, Google oder Microsoft, sondern meist um eine generelle Abstinenz. Interessanterweise erlebe ich auch gerade bei diesen Personen eine Art Microsoft Hörigkeit. Und das Argument, dass gerade Microsoft Daten auf dem heimischen PC sammelt kommt hier nicht an. […] Gut, es müssen ja nicht alle Digital Natives sein, aber als Informationsspezialist müsste man doch zumindest “heavy user” und “visitor” sein, wie Peter Kruse es anschaulich untersucht hat.”

Hat er recht? Oder hätte er den Zusatz “im deutschsprachigen Raum” noch anführen können? Ist es eine Generationenfrage und wird mit der allmählichen Verrentung der Baby-Boomer-BibliothekarInnen der Anteil der netzaffinen und digitalen “Information Professionals” zunehmen?

Ich weiß es nicht. Fest steht, dass im anglo-amerikanischen Raum, aber auch in Frankreich sehr viel mehr gebloggt, gefacebookt, getwittert wird und das Internet durch BibliothekarInnen genutzt wird. Was Frankreich betrifft, gibt es dort durchaus auch mir bekannte junge Abstinenzler, aber meiner Ansicht nach, gibt es ein wenig mehr DokumentarInnen und BibliothekarInnen, welche virtuell präsent sind und das auch in ihrer privaten Freizeit mitverfolgen. Vermutlich ist es vielmehr die “German Angst” und weniger die German Openness, welche diese These unterstützt. Es gibt ja immer noch die Möglichkeit Aliasnamen zu nutzen, wie es die Blogger von “Ultra Biblioteka” und auch andere tun. Niemand wird gezwungen sich mit seinem wahren Namen zu “outen”.

In diesem Sinne gibt es nun die Möglichkeit sich über Bibliothekarisch.de über das eigene Berufsbild in fünf Fragen zu äußern, so dass am Ende eine Vielfalt an beruflichen Tätigkeiten zusammenkommt. BibliothekarInnen, ob ehrenamtlich, verrentet, ehemalig oder professionell, welche Interesse haben beim CfP mitzumachen und fünf Fragen zu beantworten, sind herzlich dazu eingeladen sich bei uns zu melden.

Schicken Sie uns Ihren Beitrag und Ihr Bild oder Fragen, die Sie haben, an cfp[at]bibliothekarisch.eu oder doerte.boehner[at]bibliothekarisch.de.

Aus aktuellem Anlass: Zum Internationalen Tag der Sinti und Roma

In communities across Europe and around the world, Romani people have contributed in ways large and small to culture, music, and the arts.  This is also an occasion to commemorate the history of brave resistance against Nazi persecution. Protecting and promoting the rights of Romani people everywhere is a personal commitment of mine.  Far too often and in too many places, Roma continue to experience racial profiling, violence, segregation, and other forms of discrimination.  Individuals, organizations, and governments must establish the political, legal, and social landscape to encourage and value diversity.  I call upon European leaders to redouble their efforts to ensure that Romani people are not discriminated against in access to education, healthcare, housing and employment opportunities.” Hillary Clinton

Am 8. April 1971 versammelten sich mehrere Roma-Vertreter/innen zum Welt-Roma-Kongress in London, auf  den eine Vielzahl von politischen Forderungen zurückzuführen ist. Nach dem ebengenannten Kongress fand 1976 in Indien das Weltroma-Festival statt. Dabei handelt es sich um einen wichtigen symbolischen Akt, da  im Jahr 1000 nach Christus Angehörige der Roma aus Nordwestindien vertrieben bzw. versklavt worden sind. Durch Sprachvergleiche des Romanes (der Sprache der Roma) ist trotz dieser großen Zeitspanne die historische Herkunft aus Nordwestindien gesichert, obwohl Roma eine weitestgehend mündliche Überlieferungstradition pflegen.Dieser Tag ist zugleich Gedanktag der Porrajmos, dem nationalsozialistischen Genozid an Sinti und Roma. Am Internationalen Tag der Sinti und Roma streuen Roma in ganz Europa Blumen in Flüsse, Seen und Meere, um symbolisch die Verbundenheit mit Roma in allen Teilen der Welt zum Ausdruck zu bringen.

Jaisalmer Ayo! Gateway of the Gypsies from Melitta Tchaicovsky on Vimeo.

An dieser Stelle will ich keine historischen Rundumschläge und keine großen Ausführungen über die Geschichte der Romavölker vornehmen, da ohnehin ein Blogeintrag zu kurz wäre. Außerdem kann ich nicht ausführlicher auf Abschiebungen durch die Bundesregierung von Roma nach Ex-Jugoslawien eingehen. Tatsache ist, dass diese von Amnesty International und vielen anderen Menschrechtsorganisationen angeprangert wurden/werden. Ich will nur auf das Buch “Europa erfindet die Zigeuner” von Klaus-Michael Bogdal verweisen, das 2011 im Suhrkamp Verlag erschien. Bogdal weist in dieser spannend und anschaulich erzählten Geschichte nach, wie die Europäer zum verachteten Volk am unteren Ende der Gesellschaftsskala stets die größtmögliche Distanz suchten. Keine der unterschiedlichen Gesellschafts- und Machtordnungen, in denen sie lebten, ließ und läßt eine endgültige Ankunft in Europa zu. Ohne einen schützenden Ort sind sie seit ihrer Einwanderung vor 600 Jahren ständigen Verfolgungen und Ausgrenzungen ausgesetzt: in den Imaginationen der Kunst und in der politischen Realität.

Auch Günter Grass ist ein engagierten Fürsprecher, der mit seiner ‘Stiftung zugunsten des Romavolkes’, mit Auftritten vor dem Europarat und der Europäischen Investitionsbank Partei für diese größte Minderheit Europas ergreift. Ebenso mahnte der im letzten Jahr verstorbene Otto von Habsburg in seinem Buch “Unsere Welt ist klein geworden. Die Globalisierung der Politik” die mangelnde Anerkennung und Integration der Sinti und Roma an und verwies darauf, dass es sich um Bürger Europas handelt.

In welcher Form bieten Bibliotheken, Archive und Mediatheken einen Service für Roma und Sinti – aber auch für Bürger an, die fernab aller bekannten Klischees und Medienberichte ausgewogenere Informationen erhalten wollen? Die Hauptbücherei Wien am Urban Loritz Platz zählt vermutlich zu den wenigen öffentlichen Bibliotheken, welche einige Bücher in der Romanisprache im deutschsprachigen Raum anbietet. Viele Städte im Ruhrgebiet wie etwa Duisburg, aber auch anderswo in Berlin oder Ingolstadt verzeichnen einen Bevölkerungszuwachs durch Roma. Manche Städte ignorieren das, mit dem Verweis darauf, dass das illegale Campieren bald aufhört, da gewisse Baumassnahmen auf einem Gelände ohnehin bald beginnen und die Roma ohnehin ja nur betteln wollen. Die meisten sind EU-Bürger und wollen ein besseres Leben leben als in ihren Herkunftsländern. Rückführungen durch die französische Regierung wurden von der EU-Kommissarin Viviane Redding angeprangert. Die meisten der abgeschobenen Roma gingen danach wieder nach Frankreich zurück oder in ein anderes EU-Land. Wie kann in öffentlichen Bibliotheken ein ausgewogneres Bild über die Kultur, die Lebensweise und die Traditionen von Roma, aber von Sinti entstehen, die in Deutschland schon seit dem Mittelalter leben und die größte Roma-Gruppe stellen? Wie können Bibliotheken ihre Medien auf den Prüfstand stellen und ermitteln, ob sie nicht doch zu sehr die alten Stereotype und Klischees bedienen? In der Stadt, in der ich lebe, gibt es demnächst einen Kulturverein der Sinti. Die Menschen sind durchaus interessiert über ihr Leben, ihre Traditionen und ihre Kultur zu erzählen, die nicht so ganz den gängigen Klischees aus den Medien entsprechen. Bislang gibt es Aktionen der “Menschenbibliothek” in den Niederlanden und anderswo, bei der sich Neugierige auch Sinti und Roma “ausleihen” können. Dennoch gäbe es auch ein Riesenpotential an Storytellingprogramme und an Ideen auf andere Art und Weise die Kultur, Lebensweisen und Sprache an interessierte Menschen zu vermitteln.

Im folgenden Video kommt Romani Rose zu Wort, der über die Bedeutung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg spricht.

Germany: Documentation and Culture Centre for Roma and Sinti from Jake Bowers on Vimeo.

In Europa gibt es das “Roma Routes project“, das der EU-Bevölkerung  und auch den Volksgruppen selbst die Kultur, die Geschichte und Lebensweise von Romagruppen näher bringt. Das Projekt verfolgt folgende Ziele:

“1. Build a network of heritage organisations across Europe with interests in Roma cultural heritageDevelop a transnational network of Roma to create opportunities for understanding and exchange of ideas and knowledge of diversity and commonality of Roma cultural heritage at grass roots level

2. Provide a platform for promotion of Roma cultural heritage through a website related to activities, celebrations, festivals, and collections of heritage

3. Act as a seedbed of activities which will develop across Europe

4. Act as a catalyst for further transnational cooperation between Roma and heritage organisations and between Roma communities

5. Promote a non-confrontational means of communication between Roma and non-Roma communities

6. Lay groundwork for an application to the Council of Europe for  Roma Route of Culture and Heritage”

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