Aus aktuellem Anlass: die Öffentlichen Bibliotheken in Sacramento erhielten ihre eigene Facebookfanseite

Die Öffentlichen Bibliotheken in Sacramento erhielten kürzlich ein positives mediales Echo in einer lokalen Nachrichtensendung, da sie nun über eine eigene Fanseite auf Facebook verfügen. Eigentlich ist es nicht ungewöhnlich im anglo-amerikanischen Raum, dass eine Bibliothek über eine eigene Facebookseite verfügt. Dieser Fernsehbeitrag macht meines Erachtens auf eindrucksvolle Weise deutlich, wie in den Medien – zwar sachlich und wertneutral – aber zeitgemäß und aktuell über Bibliotheken berichtet wird. Diese Art des Storytelling, wie sie Individuen hinsichtlich ihrer Erwerbsbiografie heute zu beherrschen haben, ist auch ein zunehmend wichtiger Faktor in der Außenwahrnehmung von Bibliotheken geworden, wobei Storytelling als Inhalt in Seminaren an Bibliotheksfachhochschulen wohl (noch)  zu selten vorkommt. Die aus der Wirtschaft und Politik stammende und dort erfolgreich angewandte Disziplin wäre für die Bibliothekswelt ein aufmerksamkeitssteigerndes Element im Wettstreit mit anderen Kulturinstitutionen und könnte eine höhere Wertschätzung bei öffentlichen Unterhaltsträgern zur Folge haben. Auf die Bibliotheken übertragen würde das 2006 vom Pew Center veröffentlichte Zitat folgendermaßen lauten:

Es reicht nicht mehr einfach nur die Bibliothek als klassische Kulturinstitution zu vertreten. Sie muss zu ihrer eigenen Story werden.

Egal wieviele Fans die Bibliothek letztlich in der Onlinewelt gewinnt, die Geschichte, dass sie damit neue NutzerInnen erreicht werden ist oftmals entscheidender. Ähnliches merkte auch Doug Stevens an, laut dem es einfacher ist ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verkaufen, indem man eine Erfolgsgeschichte erzählt, statt das Produkt und seine Vorzüge zu beschreiben.  Eine derart positive und kundenorientierte telemediale Berichterstattung, die weniger als zwei Minuten dauert und sich noch dem Thema Facebook und NutzerInnenorientierung widmet, ist mir aus dem europäischen Raum kaum bekannt. Bernsee merkte bereits 2006 in ihrer Masterarbeit folgende Tatsache an, die weiterhin nichts an Aktualität eingebüßt hat:

Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen Bibliotheken in der kollektiven Wahrnehmung als wertvolle und zukunftstiftende Einrichtungen empfunden werden (Beispiel: USA), traut man ihnen in Deutschland von Seiten der Politik nicht viel zu.

Im deutschsprachigen Raum scheint es eher die Ausnahme zu sein, dass sich Bibliotheken – ob wissenschaftlich oder öffentlich – ohne Umschweife und einem langen Nachdenken über die “Nachteile” –  eine FB-Seite zulegen. In Frankreich, den Niederlanden, aber auch in anderen europäischen Ländern gibt es durchaus eine größere Zahl an Bibliotheken, die sich dem Thema offensiv annimmt und nicht “nur” Bedenken anmeldet. Meinen Beobachtungen und Einschätzungen zufolge gibt es in den ebengenannten Ländern weitaus mehr Bibliotheken, die das Web 2.0 aktiv als Instrument der Kommunikation der Marke Bibliothek nutzen.  Dabei machte der diesjährige Vortrag von Frau Prof. Dr. Schade auf dem BID-Kongreß in Leipzig doch deutlich wie wichtig die Markenkommunikation für Öffentliche Bibliotheken ist. Ein nicht zu unterschätzendes Potential liegt in den MitarbeiterInnen selbst, denen es bei Bekanntheit der Marke und dem Glauben an diese gelingen kann, die Interaktion mit dem Kunden positiv aufzuladen. An dieser Stelle sei auf das von ihr erwähnte Zitat von Christian Hasiewicz verwiesen:

„Eben dieses – der Politik ein positives Bild davon zu vermitteln, wofür Bibliotheken heutezutage stehen und was sie leisten können – ist dem bibliothekarischen Berufsstand in Deutschland bisher nicht gelungen.“

Wären nicht Facebook und andere Medien ideale Vermittler dafür den Menschen und vor allem einer zunehmend userorientierten Generation ein zeitgemäßeres Bild der Bibliothek zu vermitteln bzw. dieses in Interaktion mit dieser zu gestalten?

“Le Labo BnF” in der Bibliothèque François Mitterrand: Ein zeitgemäßer Ort für neue Technologien und Nutzer

Vor fast genau einem Monat, am 2. Juni hat die Nationalbibliothek Frankreichs (BnF), die Bibliothèque François Mitterrand das sogenannte “Labo BnF” eröffnet.  Die Zeitung “Le Figaro” betonte, dass die zur Eröffnung 1996 vergebene Einschätzung über die Bibliothèque François Mitterrand nun Wirklichkeit wird, dass es sich bei der BnF mit dem “Labo” um eine neue Art von Bibliothek handelt:  “N’avait-on pas dit, à l’époque de sa construction, qu’elle serait une bibliothèque «d’un genre nouveau»?”  Zu diesem Zeitpunkt war man sich vielleicht noch nicht der Außmaße und der zukünftigen (möglichen) Rolle der Bibliothek  bewußt. Spätestens jetzt wird klar, dass es sich bei der Funktion des damals (1996)  neuen Baus der Bibliothek, um eine neue und zusätzliche Aufgabe handelt, den Menschen die Befürchtungen und Ängste vor den neuen Technologien zu nehmen. Letzteres betont der Direktor Bruno Racine in vielen Stellungnahmen.  “Labo BnF” erstreckt sich auf einer Fläche von 120 m² und ist jeden Montag von 14-19 Uhr, Dienstag bis Samstag von 10-19 Uhr und an den Sonntagen von 13-19 Uhr geöffnet. Im Gegensatz zur kostenpflichtigen und aktiven Nutzung der Nationalbibliothek, ist dieser Bereich für alle Besucher frei zugänglich, unabhängig davon, ob jemand über einen Ausweis verfügt oder nicht. Dieser neugeschaffene Raum ist das erste öffentliche “Experimentierlabor“, dass den NutzerInnen ermöglicht die neuen Technologien des Lesens (E-Books), des Schreibens (z.B. elektronische Tinte) und des Web 2.0 näher zu bringen. Den Besuchern wird auf die “userorientierte” Weise ein anderer Zugang zum Bestand der Bibliothek gewährt. Gibt es denn vergleichbare deutschsprachige Bibliotheken, die ähnliche Dienstleistungen zum Ausprobieren anbieten und Räume hierfür zur Verfügung stellen?

Die BesucherInnen werden im Eingangsbereich des “Labo BnF” auf einen riesengroßen Multitouch-Bildschirm stoßen, wo der Zugang auf tausende digitalisierte Bestandsdaten möglich ist. Diese “Auswahlmauer” stammt aus den USA und ermöglicht eine Übertragung der Daten auf Terminals oder auf elektronische Lesegeräte und ist das erste Gerät seiner Art, das jemals in Europa installiert wurde.  Die “Mauer” mag im Betrachter Assoziationen mit  dem Film Minority Report von Spielberg wecken. Es ist möglich mit einem Stift auf digitalem Papier zu schreiben. Der Bildschirm verfügt über ein Augmented-Reality-System, wo die Öffentlichkeit zum Beispiel 3D-Modelle eines Theaters sehen kann. Darüber hinaus gibt es noch einen digitalen Koran von der Größe einer Streichholzschachtel und viele andere Technologien. Das “Labo BnF” verfügt auch über einen Twitteraccount und über ein Blog. Weitere Hightlights sind das sogenannte “Storytelling”, das iPad und der Einbeziehung der Kognitionswissenschaften in Form von Robotern. Diese wurden vom Institut des Systèmes Intelligents et de Robotique (ISIR) entwickelt und  vor allem dafür verwendet nicht-frankophonen Besuchern und Menschen mit Behinderung beim Zugang zu den neuen Technologien behilflich zu sein. Zur Vermittlung der Technologien finden auch Konferenzen und themenbezogene Workshops statt. Weiterlesen

Warum scheitert man im Web 2.0?

Warum scheitert man im Web 2.0?

1: Dabei sein, weil alle dabei sind!
Social Media kostet Zeit, bedarf einer klaren Vorstellung was geht und was nicht. Daher sollten Ziele definiert sein.
Warum nehmen wir am Social Web teil?
Wie viele Leser wollen wir erreichen?
Wieviel Zeit nehmen wir uns dafür?
Wann stimmt für uns das Ergebnis und wann nicht?

In Bibliotheken scheinen einige sich für das Mitmachen beim Web2.0 nur aus dem Grund zu entscheiden, weil Bibliothek sowieso auch dort ist. Sicherlich sollte man seinen Nutzern zeigen, dass man auch an dieser Stelle uptodate ist, aber das funktioniert auch nur mit entsprechenden Inhalten.

2: Jeder darf alles!
Je mehr mitmachen, desto geringer ist der Zeitaufwand für jeden anderen. Doch je mehr mitmachen, desto deutlicher sollten Zuständigkeiten (thematisch, organisatorisch) und Themen gelärt sein.
Wer schreibt worüber? (Themen)
Gibt es eine redaktionelle Kontrolle? (Endfreischaltung, Kommentare)
Wer betreut welche Plattform? (Blog, Facebook, Twitter)
Welcher Stil sollte gewählt werden? (Du, Sie aber persönlich, Sie)
Was ist das Hauptziel dieser Aktivität? (Was wollen wir als Bibliothek im Web 2.0 erreichen?)

Sicherlich sollte man die Nutzung von Web2.0-Angeboten in Bibliotheken nicht zu sehr formalisieren, aber Empfehlungen sind hilfreich und können vor Fehlern bewahren. Dazu müssen sich alle Beteiligten über die thematischen, organisatorischen und formalen Regeln einig sein.

3: Zögern
Social Media ziehen Massen an, d.h. ein Großteil unserer Nutzer befindet sich bereits im Web 2.0.
Erfahrungen mit Web 2.0 kann man nur durch Aktivitäten sammeln. Viele Bibliotheken wagen bereits erste Schritte im Social Web. (Bspw.: Bibliotheken mit Weblogs, bei Facebook oder Twitter).

Engagierte Nutzer von Web2.0-Angeboten neigen dazu, Gott und die Welt bereits dort zu vermuten. Es ist nur ein kleiner Teil, die Web2.0-Angebote aktiv nutzen und viele Möglichkeiten ausschöpfen. Zögern ist sicherlich nicht der richtige Weg. Nur wenn Bibliotheken das Potential des Web2.0 erkennen und für besser und einfacher Services für ihre Kunden nutzen, können Sie ihre Nutzer dauerhafter an sie binden. Einfachere Benutzbarkeit z.B. von Katalogen kann Nutzer auch wieder in die Bibliotheken ziehen.

4: Werbung
Social Media ist kostenlos oder vergleichsweise billig, um dort unsere Bibliothek positiv zu präsentieren. Web 2.0-Angebote könnten so leicht Flyer oder Informationsbroschüren ersetzen.
–> Social Media ist ein zusätzliches Instrument, Informationen zu plazieren. Viele Angebote dienen aber auch einer schnellen, hürdenfreieren Kommunikation mit unseren Nutzern.

Bibliotheken können über Social-Media-Angebote Nutzer erreichen, die sie sonst nicht erreichen würden. Die Gruppe der netzaffinen jungen Leute erhalten so die Möglichkeit, die Bibliothek zu entdecken. Sich jedoch Wunderdinge davon zu versprechen, wäre falsch.

5: Zu komplizierter Workflow
Zu viele Regeln und zu viele Sicherheiten hemmt. Es schreckt interessierte Kollegen ab, sich an den Social-Media-Angeboten der Bibliothek zu beteiligen. Langwierige, schlecht beschriebene und organisierte Freigabeprozesse und zu komplexe Workflows lassen solche Angebote scheitern. Vorteile wie Schnelligkeit und Spontanität können so nicht genutzt werden, zählen aber zu den wichtigsten Zutaten. Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitern, dass sie im Sinne der Bibliothek schreiben, geben Sie ihnen ggf. “Social-Media”- Richtlinien vor.

6: Unterschätzung des Aufwands
Social Media erledigt sich nicht von selbst, sondern muss jeden Tag neu gelebt werden. Daher ist es wichtig, sich genaue Gedanken zu machen, wie man das Ganze angeht. Je mehr Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Bereichen der Bibliothek gewonnen werden können, etwas Zeit in der Woche dafür zu opfern, desto interessanter wird das Angebot, desto mehr “Nachrichten” gibt es, desto besser wird das Angebot auch wahrgenommen.

7: Rechtsproblematiken im Web
Urheberrechte sind ein großes Problem im Netz. Schnell kann es hier zu Streitigkeiten geben. Klären Sie daher in regelmäßigen Abständen Ihre Autoren auf, was erlaubt ist. Eigens erstellte Bilder, Audio-Dateien und Videos, die das Angebot der Social Media aufpeppen stellen in den meisten Fällen kein Problem da. Sollte auf externe Angebote zurückgegriffen werden, z.B. Fotos von Flickr oder Videos, so sollten Sie auf freie Lizenzen zurückgreifen. Um ganz sicher zu gehen, sollte darauf geachtet werden, dass eine kommerzielle Nutzung erlaubt ist.

8: Gleich juristisch werden…
Wenn Probleme auftauchen – jemand schreibt überkritisch über die Bibliothek, verdreht Tatsachen – nicht sofort mit dem Rechtsanwalt drohen. Die Web2.0-Gemeinde unterstützt fast automatisch den scheinbar “Schwächeren” und das wäre in diesem Fall nicht die Bibliothek. Nehmen Sie Kontakt auf oder schreiben Sie Ihre eigene Sicht der Dinge.

9: Monologisieren
Durch die einfache Nutzbarkeit gestaltet sich eine Kommunikation auf elektronischem Wege wesentlich einfacher. Ein-Weg-Angebote werden daher schnell abgelehnt, da unsere Nutzer im Web 2.0 zumindest die Möglichkeit haben möchten, mit uns in Interaktion zu treten. Es ist ein Geben und Nehmen. Ein unverkennbarer Vorteil ist: Bibliotheken können so auf schnellem Wege erfahren, wo Schwächen oder Stärken bestehen, und in einacher Weise darauf reagieren.

10: Themenwahl und Ton
Weltbewegende oder hypertolle Neuigkeiten gibt es nicht so oft im Bereich von Bibliotheken. Darauf warten unsere Nutzer nicht. Sie möchten, wenn Sie den Angeboten der Bibliothek im Web 2.0 folgen über “Aktuelles” auf dem Laufenden gehalten werden. Wählen Sie dabei einen Stil, der nicht anbiedernd ist, d.h. seriös klingt, aber auch nicht zu distanziert wirkt. Autoren sollten auch keine Angst haben, als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Ihr persönlicher Stil ist der größte Vorteil, der Bibliotheken im Social Web erfolgreich sein lässt.

11: Fehlende Transparenz
Gehen Sie offen mit Kritik um. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, sondern sehen Sie es als Chance, den Service Ihrer Bibliothek zu verbessern. Sie werden mit der Zeit feststellen, dass Sie so auch Lob erhalten. Schönen Sie nichts und seien Sie ehrlich in dem Rahmen, der Ihnen gegeben wurde. Zeigen Sie sich gesprächsbereit. Viele Probleme entspringen häufig Missverständnissen.

12: Zu hohe Erwartungen
Im Social Web baut man eine Community auf. Man ist ein Teil des Ganzen. Sie sollten Zeit einplanen. Stellen Sie sich realistische Ziele und machen Sie sich klar, dass der Aufbau einer “Community” (regelmäßige Leserschaft) wie auch im normalen Leben nicht von heute auf morgen funktioniert. Ein realistisches Ziel – je nach Benutzerzahlen – könnte sein, nach Ablauf eines Jahres 100 bis 150 regelmäßige Leser zu haben. Dies bedeutet für uns, dass wir Geduld haben und kontinuierlich arbeiten müssen. Nur weil Ihre Bibliothek soundsoviel Tausend Nutzer hat, heißt das nicht, dass Sie alle davon erreichen. Bringen Sie Geduld mit und kümmern sie sich mit gleicher Sorgfalt und Menschlichkeit um die wenigen Nutzer am Anfang wie um die hinzukommenden.

13: Angst vor Fehlern
Niemand macht gerne Fehler, gerade wenn diese in der Öffentlichkeit passieren, aber die Angst davor sorgt dafür, dass man es ganz sein lässt oder mit angezogener Handbremse fährt. Wenn Sie Fehler machen, dann sollte offen damit umgegangen werden. Fehler können im Web 2.0 verziehen werden. Stehen Sie also dazu. Auch Sie lernen ständig dazu.

Wir lassen uns davon abhalten, Dinge auszuprobieren. Dabei ist das Web2.0 mit seinem “perpetual beta”-Zustand dem sogar zuträglich und kann helfen, Hemmschwellen bei der Nutzung von Bibliotheken abzubauen. Wir als Bibliothekare können größere Gesprächsbereitschaft zeigen und auch ein wenig menschlicher und weniger unfehlbar wirken.

Erarbeitet auf Grundlage von:
Pitz, Bernd : Web 2.0: Die größten Fehler der Unternehmen im Mitmachnetz, that’s publishing, 04.04.2010

Letzter Tag Bibliothekskongress 2010

Es war ein aufregender Bibliothekartag. Bin ich bei meinem ersten Bibliothekskongress in Leipzig vor drei Jahren und meinen ersten Bibliothekartagen in Dresden und Mannheim noch ziemlich unerkannt durch das Fachpublikum getingelt (trotz eines eigenen Vortrages damals zum Thema DRM), war es diesmal anders. Man könnte fast sagen, diesmal ging die Post ab. Manchesmal bin ich zu einem Vortrag so spät gekommen, dass es nur noch Stehplätze gab, weil ich jemanden zum Unterhalten getroffen habe, den ich lange nicht gesehen habe oder angesprochen wurde, weil mich jemand kennenlernen wollte. Da machen sich wohl mittlerweile auch meine Web2.0-Aktivitäten – oder besser gesagt das Social Networking bemerkbar.

Montag war ich ja noch mehr beschäftigt, mich in Leipzig zurecht zu finden und umzuschauen und wow, jetzt sind wir schon am letzten Tag angekommen. Momentan sitze ich im Zug und versuche ein wenig meine Gedanken zu sammeln. Viel ist in den letzten Tagen passiert. Das neuerworbene Wissen muss sich erstmal setzen und ein wenig ruhen, um bei gegebener Zeit zur Anwendung zu kommen.

Es gab vieles interessantes und auch einiges, was eher enttäuschte. So erstmal ein erster Eindruck.
Super war es, die Leute aus der Bibliotwitter-Bloggos-Facebooker-Sphäre mal live und in Farbe zu sehen und kennenzulernen. Dazu hat heute auch das kleine Treffen am Mittag gezählt. Es war mal wieder überraschend, dass wenn so ein Haufen Gleichgesinnter aufeinander trifft, wie die Bälle und Ideen wie Pingpong-Bälle hinundherwandern. Man mochte da heute an manchen Stellen nicht nur zwei Ohren gehabt haben sondern am besten für jeden der Anwesenden eines. Ich bin jetzt gleich noch eine Spur gespannter, was das Bibcamp3 in Hannover angeht.
Diese Social Networker zogen sich auch durch den ganzen Kongress wie ein roter Faden. Immer wieder waren sie sichtbar auf Twitter, bei der Zukunftswerkstatt, bei Gesprächen auf dem Gang. Leider waren sie weniger sichtbar dort, wo “ernste” Vorträge gehalten wurden. Sie waren nicht vertreten, wenn es um die Vermittlung von Informationskompetenz ging, sie waren nicht vertreten mit aktuellen Themen wie Microformats und ähnlichen beim elektronischen Publizieren… Sie verteilten sich in den Gängen und auf den Vorträgen der Zukunftswerkstatt. Aus der Community waren immer wieder Klagen zu hören, dass innovative Dinge keinen Eingang in das reguläre Programm des Kongresses gefunden haben. Hier ist zu hoffen, dass im nächsten Jahr beim 100. Bibliothekarstag (gendergerecht BibliothekarInnentag) diesem Neuen, unbekannten Raum gegeben wird, sowohl in Form von Raum als auch in Form von Zeit. Neugier kann nur durch Sichtbarkeit erreicht werden, aber eine Umsetzung und ein Einzug in die Gedanken und das Wesen von Bibliotheksarbeit geht nur, wenn auch Ruhe in die Gespräche gebracht werden kann…

Ein zweiter Schwerpunkt meiner Fahrt war der Bereich Benutzung, den Nutzer zu erreichen. Hier gab es vieles Interessantes. Neben dem Vortrag von Dr. Thomas Stöber zum Thema Literaturverwaltung hat mich besonders beeindruckt die Informationen zu den Suchräumen als Beitrag zur Vermittlung von Informationkompetenz. Ich hoffe, dass ich meine Notizen dazu bald als Blogbeitrag fertig bekomme. Literaturverwaltung wurde dann auch weiteres Thema bei einem Treffen mit Herrn Stöber, Matti Stöhr, Frau Josenhans und Martin de la Iglesia. Dort wurde ausgelotet, inwieweit Kooperationspotentiale in diesem Bereich umgesetzt werden können. Passend im Anschluss war dann die Firmenvorstellung von Citavi in der Version 3.0 – auch da wird es im Blog noch einen entsprechenden Beitrag geben. Abgerundet wurde dieser Schwerpunkt mit Mattis Vortrag im Rahmen der Zukunftwerkstatt, wo er seine Ideen und theoretischen Ansätze seines Magisterarbeitsthemas vorstellte.

Jetzt sitze ich ziemlich müde im Zug, habe erstmal nur alles aufgeschrieben, wie es mir in den Sinn gekommen ist. Es werden noch eine ganze Reihe von Einträgen folgen, die sich auf Vorträge des Kongresses beziehen werden.

Zitat unkommentiert

[Zitat] Unkommentiert – 2005

Google doesn’t try to force things to happen their way. They try to figure out what’s going to happen, and arrange to be standing there when it does. That’s the way to approach technology — and as business includes an ever larger technological component, the right way to do business.

Paul Graham: “Web 2.0.” November, 2005.

[Studie] Internetbasierte Kooperationen im Social Web

Die Kulturpädagogin Christiane Schulzki-Haddouti hat eine umfangreiche Studie zum Social Web vorgelegt. Die Journalistin begutachtete dafür mehr als 1000 Anwendungen Andwendungsfällt und interviewte 47 Experten.
Diese Studie “Kooperative Technologien in Arbeit, Ausbildung und Zivilgesellschaft” (BY-NC-SA) konnte sieben Faktoren ermitteln, die für den Efolg und die Akzeptanz eines Social-Web-Angebots notwendig sind. Dazu zählen flexible Strukturen, kontextorientierte Regeln, die Untersützung von partizipativen Identitäten, soziale Umgangsformen aller Beteiligten oder auch das Feedback.
Frau Schulzki-Haddouti entwarf zudem Szenarien für

  • Wissensmanagement in Unternehmen (mit Fallbeispielen, z.B. für IBM, Coremedia)
  • Forschergruppen (mit Fallbeispielen, z.B. für das MPI für Wissenschaftsgeschichte)
  • Berufliche Bildung (mit Fallbeispielen, für Das Produktions-Lern-System (PLS), Daimler AG und Business Learning, Siemens AG)
  • Nichtstaatliche Organisationen (NGO) (mit Fallbeispielen, z.B. Ehrenamtportal Greenpeace, Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung)

Das klingt nach jeder Menge Lesestoff für die nächste Zeit.
Diese umfangreiche Studie ist eine Analyse für die Innovations- und Technikanalyse (ITA) im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts am Fachbereich Media der Hochschule Darmstadt.

Quelle:
Studie über internetbasierende Zusammenarbeit via heise online

Einfach lesen…

Manchmal muss man nicht mehr fragen, wer geniale Projekte fördert. Immer wieder taucht da der Name Tim O’Reilly auf, der sich auch für freie Software starkmacht. Im Februar rief er in einem Forbes-Kommentar Amazon dazu auf, bei der Entwicklung des Kindles auf bestehende, offene Standards zu setzen. Um hier selbst etwas zu tun, unterstützt er mit seinem Verlag das offene epub-Format. Dazu hostet sein Unternehmen das “Bookworm Projekt”

Bookworm erlaubt es Lesern ePub Bücher zu Ihrer Online Bibliothek hinzuzufügen und diese in ihrem Webbrowser oder auf ihrem mobilen Gerät zu lesen. Falls Sie ein mobiles Gerät besitzen, das ePub unterstützt (wie z.B. den Sony Reader oder iRex iLiad), können Sie Ihre Bücher in ihren E-Reader herunterladen. Bookworm ist speziell für die Benutzung mit dem iPhone optimiert und kann direkt in Stanza exportieren.

Bookworm wurde von einer O’Reilly-Autorin entwickelt und ist auch unter bookworm.simplicissimus.it gespiegelt zugänglich. Die Software Bookworm ist eine freie Software unter der BSD Lizenz und kann von der Tools Seite von Threepress kostenfrei heruntergeladen werden.

Johannes Haupt von Lesen.net kommt in seinem Test zu dem Ergebnis:

Das vielen eReader-Nutzern zu aufgeblähte und schwerfällige Desktop-Tool Adobe Digital Editions kann Bookworm aber wohl nur in den wenigsten Fällen komplett ersetzen.

Die Software Bookworm zielt auf eine Förderung der Verbreitung des ePub Formates und hat deshalb auch keine dahingehenden Pläne, proprietäre Formate wie *.mobi oder *.azw zu unterstützen, und genauso Formate mit eingeschränkter Flexibiltät, wie z.B. *.pdf.
Zu DRM vertritt man außerdem eine eindeutige Meinung:

DRM (Digital Rights Management) hat sich als schädlich für die technologische Weiterentwicklung erwiesen, unterbindet nicht wirklich illegales Kopieren und stellt eine nicht tolerierbare Benutzereinschränkung dar.

Daher wird Bookworm DRM-geschützte E-Books, zu deren Nutzung man eine spezielle Software benötigt, nicht unterstützen. Ziel ist es, Herausgeber weg von einem Digital Rights Enforcment hin zu einem wirklichen weichem DRM zu bewegen. Zu weichen DRM-Maßnahmen gehören die sogenannten forensischen Rechtssicherungen, wie beispielsweise Wasserzeichen mit dem Namen des Käufers innerhalb einer Datei. Davon profitieren dann sicherlich nicht nur die Nutzer (höhere Interoperarbilität bei den Geräten, bessere Nutzungsmöglichkeiten usw.), sondern auch die Verleger, die ihre Kunden nicht vergraulen.

Quellen:
Haupt, Johannes: Bookworm: (Freie) epub-eBooks online lesen auf lesen.net
Über Bookworm via O’Reilly Labs
Daly, Liza: Bookworm and O’Reilly Labs O’Reilly Labs, 10.02.2009


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Twitter als Eliteschmiede

Der Internet-Kritiker Keen, bekannt geworden durch sein Buch “Die Stunde der Stümper” zeigt sich im Spiegel-Online-Interview mit Michael Soukup geläutert.

Keen verweigert sich dem Netz nicht. Er ist selbst bei Twitter unterwegs, geht aber auch auf sehr ironische Art mit dem Internet um. So warnte Keen in seinem Buch vor einer “Diktatur der Affen” und sprach immer wieder von der “Verdummung durch Web 2.0”. Er steht dazu, ein Polemiker zu sein, der mit seiner Art von Humor Dinge und Probleme beschreibt. Dass dies missverständlich sein kann, zeigten die erbosten Reaktionen von Bloggern auf sein Buch. Dieses richtete sich gegen die enthusiastische Begeisterung bezüglich Web 2.0. Ein akademisch gehaltenes Buch wäre kaum aufgefallen und hätte keine Reichweite bekommen. Keen geht es nach eigener Aussage nicht darum, sich damit zu profilieren. Er wollte einfach nur das unendliche Geltungsbedürfnis und die neuen Fakten des Lebens aufzeigen. Es gibt eine neue Realität, die vielen nicht gefällt und die man dennoch akzeptieren muss.

Viele Leute wollen nicht bei Web 2.0 mitmachen, weil es sie nervt. Aber sie haben keine andere Wahl. Idealismus wird durch Selbstmarketing ersetzt. Künstler, Journalisten, Musiker und Autoren der alten Schule haben keine Chance mehr. Wer überleben will, muss permanent an seinem Internet-Image feilen, seine eigene Ich-Tag aufbauen.

Der Kritiker sieht im Microbloggingdienst Twitter ist ein gutes Beispiel für diese Behauptung, denn bei Twitter ist seiner Meinung nach eine neue Elite im Begriff zu entstehen. Dabei beginnt eine Hierarchie zwischen Talent und Publikum das Amateurhafte wieder zu verdrängen. Hilft Twitter das Web 2.0 zu professionalisieren?

Keen selbst sieht in seinem Blogger- und Twitterleben keinen Widerspruch zu seinen polemischen Äußerungen.

Ich bin talentiert und ein guter Verkäufer. Das Web ist für mich ein wichtiges Marketingmittel. Aber ich verkaufe wenigstens das Internet nicht als die große Demokratisierung.

In seinem Buch kritisierte er schwerpunktmäßig die angebliche Kommerzialisierung des Internets, die aber nur in den seltensten Fällen wirklich als erfolgreich zu bezeichnen ist. Wer besitzt schon Google, wohl das einzige Unternehmen, das in der Gratiskultur des Netzes, Milliarden verdient. Aber Google verdient dieses Geld durch die Verwendung freier Inhalte. Es syndiziert diese Inhalte und blendet Werbung ein, mit der das Unternehmen Milliardenumsätze generiert.

Bei Twitter zeigt sich Keens Meinung nach, dass vor allem bisherige Medienstars die meisten Follower, d.h. Leser haben. Allerdings heißt es für diese, dass sie auch ihre menschliche Seite mit ins Gewicht werfen müssen, denn das ist ein Teil der Twitterkultur.

Keen sieht im Microblogging Twitter eine Trendwende, die einen Bedeutungsverlust der Blogosphäre nach sich gezogen hat. Grund dafür ist, dass gerade die neuen Dienste die alte Hierarchie der Experten stützt. Spätestens hier muss ich beim Lesen des Interviews schlucken. Keen spricht im Zusammenhang dieser Wende von einem Web 3.0. Das Buzz-Word wird in anderen Fachkreisen nämlich mit einer weitgehenden Automatisierung des Webs, dem Semantic Web verwendet. Automatisiert werden sollen in diesem Zusammenhang die Erkennung von Bedeutungszusammenhängen von Inhalten.

Auch finde ich es ingesamt schwierig, von einer zunehmenden Bedeutung von Experten zu sprechen. Hier verkennt man die Veränderungen des Web 2.0, des Social Webs bzw. Mitmachwebs. Die vorherigen Experten des Web 1.0 waren diejenigen, die in der Lage waren, Websiten zu gestalten, Daten auf Server zu laden und ggf. die technische Seite des Computers oder Internets zu beherrschen. Auf diese Form des Expertentums reagierten die Anwendungen des Web 2.0, das jetzt jedem ermöglichte, Teil des Internets zu werden, ohne programmieren können zu müssen. Aber auch im Web 2.0 setzten sich jene durch, die sich qualitativ als Experte in einem Bereich von den anderen absetzten. Microbloggingdienste wie Twitter beschleunient diese Entwicklung nur.

Keen steht der Entwicklung in vielen Teilen weiterhin kritisch gegenüber. Eine Professionalisierung des Internets in dieser Form sieht er als positive Entwicklung an, bemerkt jedoch dazu:

Während wir als Teil der Medienelite verstehen, wie das Internet tickt, sind die meisten Menschen dem Web 2.0 schutzlos ausgeliefert. Ihnen fehlt die gesunde Portion an Misstrauen. Denn Blogs zerstören zunehmend die professionelle Informationsvermittlung. Da niemand redaktionell eingreift und Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt prüft, verbreiten sich Fehler und Lügen im Web wie Bakterien. Wir wissen, dass auf Wikipedia vieles nicht stimmt, unseren Kindern ist das aber nicht bewusst.

Zurecht äüßert der Spiegeljournalist Soukup, dass hierin aber auch die Gefahr der Verklärung der alten Medien zu sehen sei: So wurden 2007 bei einem Vergleich von Wikipedia mit der Encyclopädia Britannica nur geringe Qualitätsunterschiede festgestellt und der Online-Brockhaus schnitt sogar schlechter als die Freie Enzyclopädie ab. Keen erkennt das eigentliche Problem in der fehlenden redaktionellen Gewichtung. Ausschlaggebend für die Länge und Genauigkeit eines Wikipediaartikels sind eher ein (Massen)Interesse als die Bedeutung eines Themas.
Keen erkennt an, dass sich aus Blogs professionelle Online-Magazine entwickeln können, z.B. TechCrunch. Hier wurden ehemals amateurhafte durch professionelle Strukturen ersetzt.

Keen relativiert in diesem Interview mehr und mehr seine eigenen Aussagen, auch wenn er 80 – 90 Prozent seiner Prognosen als eingetroffen bezeichnet. In seinem nächsten Buch will er die sozialen Netzwerke jedoch differenzierter betrachten. Eine entsprechende Aufmerksamkeit dürfte ihm nach dem ersten Rundumschlag sicher sein.

Quelle
“Bei Twitter entsteht eine neue Elite”, Andrew Keen im Interview mit Michael Soukup, via Spiegel online

Umfrage: Blogs zur Unterstützung von Seminaren

Hier ein Hinweis auf eine Umfrage von Ralf Appelt auf LOVE it or CHANGE it . com :
11 Fragen zur Gestaltung von Seminarblogs

Kostet 5 Minuten Zeit…

Hintergrund:

Bedingt durch das vergangene Semester und den Einsatz eines Blogs als zentrale Online-Plattform zur Begleitung eines Seminars stellt sich mir in Vorbereitung auf das kommende Semester folgende Frage:

Wie sieht ein optimales Seminarblog aus?

Um nicht nur meine Erfahrungen im Umgang mit Blogs als Seminarplattform nutzbar zu machen starte ich hiermit eine kleine Umfrage (11 Fragen) die dazu beitragen sollen dem Ergebnis auf die Spur zu kommen. Ich würde mich sehr über zahrleiche Beteiligung und Verlinkung freuen. Im Gegenzug werden die Umfrageteilnehmer (auf Wunsch) über die Ergebnisse informiert, ausserdem werde ich die Ergebnisse selbstverständlich an dieser Stelle veröffentlichen.

Kooperation oder Kontrolle?

Diese Frage stellen sich Alexey Maslov, Adam Mikeal und John Leggett in Bezug auf Digitale Bibliotheken. Sie sehen die Digitalen Bibliotheken abgekoppelt vom Web 2.0 – Geschehen.

The Web 2.0 trend has placed a renewed emphasis on interoperability and cooperation between systems and people. The digital libraries community is familiar with interoperability through technologies like OAI-PMH, but is disconnected from the general Web 2.0 community. This disconnect prevents the digital library from taking advantage of the rich network of data, services and interfaces offered by that community. This paper presents a case study of a collection within the Texas A&M Repository that was improved by adopting the principles of cooperation embodied by the term Web 2.0.

Gestellt wird sich der Frage, welche Vorteile kooperative und zentralistische Ansätze bieten können und in welcher Form die Inhaltssyndikation für eine digitale Bibliothek sinnvoll ist.

Der zwölfseitig Artikel erschien in der Ausgabe des Journal of Digital Information, Vol 10, No 1 (2009).
Maslov, Alexey et al.: Cooperation or Control? Web 2.0 and the Digital Library:engl:

Aufmerksam geworden über:
Baker, Gavin: Web 2.0 vs. digital libraries:engl: via Peter Subers Open Access News


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