Meine persönliche Rückschau auf den BID-Kongress 2013 (Teil 1)

Von allen vier Bibliothekartagen, die ich bisher in Deutschland besuchte, war dies durchaus einer der facettenreichsten und intensivsten Kongresse. Es waren vor allem die interdisziplinär angehauchten Vorträge und Präsentationen, für welche ich mich besonders interesssierte. Zunächst einmal sei erwähnt, dass ich am Montag, den 11.03. erst am frühen Nachmittag auf dem Messegelände eintraf und nicht von Anfang an dem im Folgenden beschrieben Vortrag teilnehmen konnte.

Laut dem Demenzforscher und Soziologen Reimer Gronemeyer ist Demenz keine Krankheit. Er kritisiert die Ausgrenzung von Menschen mit Demenz, wie z.B. in den Niederlanden das “Demenzdorf” Hogeweye, in dem eine künstliche Realität für Menschen mit Demenz aufgebaut wurde, die abseits vom Rest der Bevölkerung leben. Das erinnert an die am 13.10.2010 angesprochenen sogenannten retirement villages, in denen Senioren fernab vom Rest der Bevölkerung abgeschottet leben.

Niemand kann sagen: Damit haben wir nicht gerechnet oder das haben wir nicht gewusst”. Heike von Lützau-Hohlbein

Es sollte mehr für Menschen mit Demenz getan werden, um ihnen “ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, so die Vorsitzende der deutschen Alzheimergesellschaft, Heike von Lützau-Hohlbein. Wer selbst schon Mitglieder in der Familie hat(te), die an Demenz erkrankt sind, wird leichter Verständnis und Empathie aufbringen dieses Thema zukünftig auch für die eigene Arbeit stärker in den Vordergrund zu rücken. Der erste Vortrag setzte an der an der Schnittstelle des Bibliothekswesens zur Geragogik, die auch als Gerontagogik oder Alterpädagogik bezeichnet wird, an. Zukünftig wird dies wohl ein Teilgebiet werden, das mindestens dieselbe Aufmerksamkeit erfahren dürfte wie die Kinder- und Jugendarbeit in Bibliotheken. So hielt Frau Susanne Brandt zusammen mit Herrn Oke Simons einen Vortrag zum Thema “Demenz als Thema für Bibliotheken? Überlegungen und praktische Beispiele für die Bedeutung von Erfahrungswissen und kultureller Teilhabe im Dialog der Generationen“. Darin wurden bereits vorhandene bibliothekarische Angebote, die das Leben von Menschen mit Demenz in besonderer Weise berücksichtigen vorgestellt, die es teilweise schon in Schleswig-Holstein gibt. Dabei wurden konkrete Bausteine angesprochen, die eine Umsetzung erleichtern. Es handelt sich unter anderem um sogenannte Medienboxen, die für den Aufbau einen zentralen Medienangebots genutzt werden können. Des Weiteren steht die Biografiearbeit im Vordergrund, indem z.B. Kamishibai-Fotoserien und Bilder zu vertrauten Märchen und Geschichten erstellt werden. In Schleswig-Holstein gibt es ein sogenanntes Kompetenzzentrum Demenz, über das pädagogische Materialien bezogen werden können.

In Deutschland leben derzeit etwa 1,4 Millionen Menschen, die an Demenz erkrankt sind, ab 2050 könnte sich diese Zahl verdoppelt haben. Die Referenten plädierten dafür nicht den Defizitansatz zu wählen, sondern durch Sensibilität und Wertschätzung wahrzunehmen, über welches sinnlich und emotionales Erfahrungswissen Demenzpatienten verfügen. An dieser Stelle wäre es interessant gewesen Bibliothekare und/oder Bibliothekarinnen gehabt zu haben, die konkret mit dieser Gruppe vor Ort arbeiten oder auch Altenpfleger/-innen oder Gerontologieforscher, die durch ihre Wissen und ihre Expertise zusätzlich wertvolle Tipps und Anregungen gegeben hätten. Leider waren die meisten Referenten auf dem “Bibliothekartag” zumeist Fachreferenten, Diplom-Bibliothekar(e)/-innen oder entsprachen den gängigen bibliotheksnahen Berufen. Es wäre nicht nur für das Thema Demenz zum Vortrag von Brandt & Simons interessant gewesen einen echten Anthropogogiker auf dem Bibliothekartag zu Gast zu haben. Bei der Anthropogogik handelt es sich um die Wissenschaft, welche genau beschreibt, als was sich viele Bibliotheken verstehen: als Orte des Lebenslangen Lernens. Dabei handelt es sich auch noch um einen genderneutralen Begriff, der die Teilbereiche Pädagogik, Andragogik (Erwachsenenbildung) und Geragogik miteinander vereint. Das Ehepaar Brändle definiert das Begriffskonzept wie folgt:

 “Die Anthropogogik erforscht, was beim Lernprozess förderlich ist und was hinderlich. Welche Methoden das Lernen unterstützen. Wie das Lernen Freude macht. Wie Blockaden vermieden werden können, oder überwunden, wenn sie schon aufgebaut wurden. Wie Menschen leichter, schneller und nachhaltig lernen. Ziel ist es, den Prozess des Lernens in allen Bereichen und Altersstufen respektvoll und empathisch nach „state of the art“ zu unterstützen.”

Inwiefern werden Studenten und Auszubildende in den Bibliotheks- und Informationsberufen auf diese wichtigen Tätigkeiten vorbereitet, um Lernprozesse richtig  begleiten zu lernen und Lerner_innen mit den geeigneten Methoden zu unterstützen? Natürlich findet im Lernort Bibliothek selbstgesteuertes Lernen statt, aber sind ein großer Teil Bibliothekare und Bibliothekarinnen hierzulande dazu wirklich in der Lage unterschiedliche Generationen (-Zielgruppen) leichter, schneller und nachhaltiger beim Lernen zu unterstützen?

In einem weiteren Vortrag stellte Miriam Schriefers vor, mit welchen EU-Projekten sich Netzwerke aufbauen lassen und wie Interkulturelle Kompetenzen von Mitarbeiter/-innen gefördert werden können. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift BuB finden sich auf den Seiten 170 bis 172 ähnliche Inhalte zum Thema, welche Schriefers vorstellte. Sie warb für länderübergreifende Partnerschaften, die den EU-weiten informations- und Erfahrungsaustausch vor. In einigen Projeken ging es darum, durch innovative und kreative Ideen entwickeln, um Menschen am Rande besser in die Gesellschaft zu integrieren. Dabei geht es darum, mithilfe von Projekten und des Austauschs “neue” Zielgruppen wie Bildungsbenachteiligte, Migranten, Flüchtlinge und Senioren zu gewinnen und zu lernen diesen z.B. mehr digitale Kompetenzen zu vermitteln. Bibliothekare und Bibliothekarinnen haben die Möglichkeit im Rahmen von Hospitationen, Besuche von Fachkonferenzen und länderübergreifenden Treffen Programme zum Lebenslangen Lernen, (GRUNDTVIG-) Lernpartnerschaften, Assistenzen und Weiterbildungsprogrammen, Fördergelder der EU nach erfolgreichen Projektanträgen zu erhalten.

 

Das neue Werbe-Video der Churer Informationswissenschaft

Vor fast genau einem Jahr, am 11.03.2012 postete Dörte bereits ein Werbevideo der HTW Chur. Seit 1. März 2013 gibt es nun das neue Imagevideo der Informationswissenschaft-Studiengänge der HTW Chur. Feedback und Meinungen sind ausdrücklich hierzu erwünscht.

Zivilgesellschaftliches Engagement in Bibliotheken

oder

Was macht eigentlich die Frage des Ehrenamtes

von Schleiwies, Gerald

Die seit Juli 2012 unter der Leitung der Frankfurter Stadtbüchereidirektorin Dr. Sabine Homilius neu eingerichtete dbv/vdb Managementkommission lud am 18./19.1.2013 nach Berlin. Der gut gewählte Titel „Bibliotheken und Zivilgesellschaft. Freiwilligenarbeit in Bibliotheken – vom Experiment zur Routine?“ brachte leider nur ein gutes Dutzend Teilnehmer ins Auditorium des Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum. Da jedoch auch viele Referenten lebhaft über die zwei Tage mitdiskutierten kann ich trotzdem über eine gelungene Veranstaltung sprechen.

Das lag auch an der sehr guten Auswahl an Referatsthemen, die zum großen Teil schon auf der dazugehörigen Veranstaltungsseite einsehbar sind.

Das zivilgesellschaftliche Engagement bzw. Ehrenamt in Bibliotheken ist sehr viel weiter verbreitet als es die statistischen Zahlen der Jahresberichte vermuten lassen. Die Fragen in der Einladung waren daher vielfältig:

Wie weit darf die Integration gehen? Welche Ansprüche stellen „Ehrenamtler“? Wie ‚hegt und pflegt’ man das ehrenamtliche Engagement? Was ist mit den bibliothekarischen Kerntätigkeiten, die eine Fachausbildung erfordern? Sind Freiwillige aus den Öffentlichen Bibliotheken nicht mehr wegzudenken? Erweist sich die Integration des bürgerschaftlichen Engagements in Bibliotheken als nützliche Brücke in die Zivilgesellschaft? Welche Rechtssicherheit brauchen Engagementwillige? Welche Rechtssicherheit brauchen die engagierenden Bibliotheken?

Der dbv hatte sich zum 100. Bibliothekartag in Berlin in einer mehrfach tagenden „AG Ehrenamt“ zu einem gemeinschaftlichen Positionspapier der Verbände getroffen und dieses Papier dort vorgestellt: Bibliotheken und Bürgerschaftliches Engagement: Eine Standortbestimmung

Vorausgegangen war eine Umfrage, die Dr. Rainer Sprengel für den dbv evaluierte. Zudem wurde ein vbnw Handbuch zur Freiwilligenarbeit die neue Grundlage zu einer dbv Anleitung, die jedoch auf den Seiten des dbv nicht so einfach zu finden ist: http://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/DBV/themen/ehrenamt/B%C3%BCrgerschaftliches_Engagment_in_Bibliotheken_Handbuch_2011.pdf

Soweit alles klar? Es gibt also umfassendes Material für einen positiven Umgang mit dem zivilgesellschaftlichen Engagement und darüber hinaus viel erfolgreiches Best Practices Material. Auf dieser Fortbildung durfte die HöB, die schulbibliothekarische Arbeitsstelle der Stadtbücherei Frankfurt oder die Veranstaltungsarbeit der Stadtbibliothek Rheine glänzen. (Vorträge siehe Link zur Auswahl)

Bei der AG Ehrenamt gab es jedoch einen Wermutstropfen; der BIB hat zwar die ganze Zeit an dem Papier in meiner Person mitgearbeitet, es wurde letztendlich vom Vorstand jedoch nicht unterstützt und kurzfristig wurde über die Geschäftsstelle ein eigener Entwurf präsentiert.

Und so durfte auch die aktuelle Vorsitzende Kirsten Marschall sich auf der Tagung äußern. Es wurde noch einmal betont, dass bibliothekarische Kerntätigkeiten nur von hauptamtlichem Personal wahrgenommen werden sollen. Aber genau das ist das Problem des BIB Standpunktes: Was sind denn heute die Kernpunkte z.B. einer öffentlichen Bibliothek? Leseförderung? Gerade hier ist das Ehrenamt hochgradig aktiv. Ausleihe, Lektorat, Katalogisierung? Bei den katholischen Bibliotheken organisieren Ehrenamtler zu 90% die zumeist kleinen Einrichtungen nach einer guten Ausbildung ganz allein. Weder Öffnungszeiten sind dadurch gefährdet noch die Auswahl an Medien ist zu bemängeln.

Wer in andere Bereiche des „bürgerschaftlichen Engagements“ blickt bekommt weitere Definitionsprobleme. Wodurch unterscheide sich denn die Arbeit einer freiwilligen und einer Berufsfeuerwehr. Von der Bahnhofsmission über das THW bis zum Rettungsdienst werden viel lebenswichtigere Bereiche ehrenamtlich versorgt als die Öffnungszeiten einer Bibliothek.

Daher ist auch der Metablick der Referate von Dr. Mechthild Scholl und Bielefelds Stadtbibliotheksdirektor Harald Pilzer sehr wertvoll. Viele ehemals ehrenamtliche Tätigkeiten haben sich im Laufe der Geschichte ganz selbstverständlich zur Hauptamtlichkeit gewandelt. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen ist eine leichte Rückwärtsdrehung daher nichts Ungewöhnliches.
Die Stadtbibliothek Bielefeld unterhält vier ihrer acht Zweigstellen nur noch aufgrund ehrenamtlichen Engagements. Man hat dort aus der Not eine Tugend gemacht, denn geplant zwar diese Situation nicht.

Eines zeigt sich in allen Bereichen ganz klar. Ohne Hauptamt funktioniert kaum ein Ehrenamt. Die Anleitung und Qualifizierung des Ehrenamtes ist daher eine klare Kernkompetenz und Aufgabe des Hauptamtes. Da gibt es in Deutschland jedoch kaum eine Struktur, mit Ausnahme des kirchlichen Bibliothekswesens.

Nicht nur mein Fazit der zwei Tage ist, dass das Ehrenamt weiterhin als Agendum der Verbände gehandelt werden muss. Noch schöner wäre es dann auch, man wäre sich verbandübergreifend über die Kernfragen zum Ehrenamt einig, dann kann man auch verbindlich über die Aufgaben und Werte von Bibliotheken sprechen und die Angst vor dem Ehrenamt abbauen. Denn bisher geben die Kollegen gute Noten, die bereits Ehrenamtler haben; die Anderen sehen Ehrenamt skeptisch ohne jedoch damit zu tun zu haben (Quelle: Sprengel – Ehrenamtspapier des dbv). Das Konfliktpotential wird sich auch auf lange Sicht nicht beseitigen lassen, denn die grundpolitische Ein- und Fragestellungen schwingen bereits bei der grundsätzlichen Nennung des Themas mit, die jetzige Situation ist auf lange Sicht bibliothekspolitisch ungesund.

Über den Autor
Gerald Schleiwies ist stellvertr. Fachdienstleiter der Stadtbibliothek Salzgitter und Fachgebietsleiter Lektorat und Bestandsaufbau. Für eine zeitlang arbeitete er in der BIB Kommission für Bibliothekspolitik, die zwischenzeitlich aufgelöst wurde und ist in bibliothekarischen Belangen zur Zeit ehrenamtlich nicht aktiv.

Kontakt:
Mail: gerald.schleiwies(at)stadt.salzgitter.de
Twitter @biblioreader
Xing: Account vorhanden
Homepage: http://Schleiwies.net

Das Handbuch “bischu” zur Zusammenarbeit von Bibliotheken und Schulen ist online

Das Handbuch “bischu” zur Zusammenarbeit von Schule und Bibliothek steht seit dem 6. Dezember 2012 online zur Verfügung. Auch wenn es dabei um ein Online-Handbuch geht, das in der Schweiz entwickelt wurde und von der Bildungsdirektion des Kantons Zürich herausgegeben wurde, halte ich es durchaus für eine wertvolle Anregung und Ideenbörse, wie Schulen und Bibliotheken gemeinsam Lese-, Medien- und Informationskompetenz fördern können. Es enthält wertvolle Materialien

Das Handbuchprojekt geht auf eine 2010 lancierte Initiative der Bildungsdirektion des Kantons Zürichzurück, um vorhandenes Wissen zu bündeln und Schulen und Bibliotheken zugänglich zu machen. Es stand den Entwicklern des Buchs eine Fachgruppe von Schulleitern, Lehrenden und BibliothekarInnen zur Verfügung, die deren Verwirklichung wissenschaftlich begleiteten. Die Hauptautorin des Online-Handbuchs ist Kathrin Amrein, die Bibliothekspädagogin und Grundschullehrerin ist und am Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien das Projekt „Literale Förderprojekte für Kindergarten und Primarschule“ leitet.

Der Aufbau und das Inhalte mit denen sich das Handbuch auseinandersetzt besteht aus konkrete Ideen zur Zusammenarbeit von Schule und Bibliothek. Darüber hinaus gibt es ein großes Kapitel zum Thema Pädagogik, das unter anderem die Kapitel “Mehr als Bibliothek”, Spiele und Games oder Sprachvielfalt enthält.

Hilfreich sind beispielsweise Angebote, welche die Hörfähigkeit schulen. Auch kommentierte Links zu Informationskompetenz, Lesen, Schreiben und Sprachenvielfalt stehen im Online-Handbuch zur Verfügung. Ein Kapitel widmet sich der Partizipation in der Bibliothek, dessen Ziel ist es, Kinder und Jugendliche in die Bibliotheksarbeit einzubinden.

Es bleibt zu hoffen, dass das Online-Handbuch bischu auch in Deutschland und anderswo intenstiv genutzt wird.

Weiterlesen

Aufruf zur Online-Abstimmung zur Förderung der Each One Teach One Bibliothek in Berlin bis 2.12.

“Verlauf und Ergebnisse dieser Auseinandersetzung führten dazu, dass sich der Begriff “Schwarze Deutsche” bis in die Gegenwart hinein für einen großen Teil der Öffentlichkeit als Oxymoron darstellt. Obwohl seit dem 15. Jahrhundert eine schwarze Minderheit in Deutschland lebt, groß genug zu einem “Studienobjekt” der ersten deutschen Rasseforscher zu werden, ist sie nie zu einen akzeptierten oder auch nur wahrgenommenen Teil der Bevölkerung geworden.” Fatima El-Tayeb in ihrem Buch “Schwarze Deutsche: Der Diskurs um Rasse und Nationale Identität (1890-1933)” aus dem Jahr 2001

Bis 2. Dezember besteht noch die Möglichkeit per Online-Abstimmung für eines von vier sozialen Projekten abzustimmen. Finanziert werden  diese über soziale Initiativen und Projekte in Stadtvierteln/Kiezen über den Verkauf der “sozialen” Biermarke Quartiermeister, die es mittlerweile auch in München und Frankfurt gibt. Quartiermeister als Marke, die sich sozialen Aufgaben widmet, wurde auch schon von der Robert-Bosch-Stiftung für ihr zukunftsweisendes Engagement ausgezeichnet. Weitere Projekte, die zur Abstimmung stehen sind das Rroma Aether Klub Theater (eine neue Eingangstür wird benötigt), das Protestcamp am Kottbuser Tor und das JugendtheaterBüro der Initiative Grenzen-Los e.V..

Dem 2012 in Berlin gegründeten Verein Each One Teach One (EOTO) e. V. geht es darum deutschsprachige Literatur und andere Medien von Menschen afrikanischer Herkunft für (Weiter-) Bildungszwecke bereitzustellen. Für diese finanzielle Förderung kann auch über die Webseite von Quartiermeister abgestimmt werden. Bereits seit längerem gab es Überlegungen eine seit den 1990er Jahren existierende Archivsammlung Schwarzer Literatur einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Initiative stammt von Vera Heyer, die sich schon in den 1970er Jahren auf literarische Spurensuche in Antiquariaten und Buchhandlungen begab, um vor allem Bücher von Schwarzen Menschen aus Deutschland und anderen Länderen aufzuspüren. Das Archiv und der Blog beabsichtigen “neue Stimmen aus der Welt der Schwarzen Medien vorstellen und Lust und Freude an Themen rund um Literatur wecken und am Leben erhalten”, wie es auf der Webseite heißt. Die Zielsetzung der Bibliothek wird auf der Webseite folgendermaßen beschrieben:

“Die Each One Teach One Bibliothek will bekannte und neue Stimmen der Schwarzen Diaspora und des afrikanischen Kontinents vorzustellen und den Einsatz der Materialien (durch den Fokus auf deutschsprachige Literatur und deutschsprachige Übersetzungen) im schulischen Kontext zu fördern. Klassenzimmer in Deutschland sind einer der offensichtlichsten Indikatoren dafür, dass die Gesellschaft vielfältiger und heterogener wird. Hinsichtlich dieser zunehmenden Diversity, müssen Lehr- und Lernmaterialien in einer Weise aufbereitet werden, die es Kindern und Jugendlichen ermöglicht, sich darin widergespiegelt zu sehen.”

Dies soll damit erreicht werden, dass SchülerInnen AutorInnen, bekannte Menschen afrikanischer Herkunft kennen lernen, die entweder WissenschaftlerInnen, ErfinderInnen, politische Persönlichkeiten oder KünstlerInnen sind, welche durch Ihr gesellschaftliches Engagement positive Beiträge leisteten. Es soll das oftmals klischeehafte Bild, das an vielen deutschen Schulen vorherrscht, in ein anderes und differentierteres Licht rücken. Der Verein möchte mit seiner Arbeit erreichen, dass Schwarze Menschen nicht andauernd in einer aus dem Schulunterricht bekannten “Opferrolle” dargestellt werden. Weiterhin wird auf der Webseite des Vereins deutlich gemacht, dass an Schulen kein Wandel stattfindet, wenn es darum geht SchülerInnen Wissen und Literatur bezüglich der heute existierenden Schwarzen Bevölkerung in Deutschland zu vermitteln. Dass es Schwarze Menschen in diesem Land seit Jahrhunderten gibt, wird kaum im Schulunterricht behandelt.

Hierzu bietet EOTO e.V. ziel- und themengerecht ergänzende Literatur und pädagogische Materialien an mit dem Ziel zum kritischeren Nachdenken zu Themen aus Vergangenheit und der Jetztzeit anzuregen, was dadurch ganzheitlicher verwirklichbar ist.

Seit Juli 2012 ist EOTO e.V gemeinnützig. Derzeit wird der Einzug in einem Raum im Haus der Demokratie und Menschenrechte durchgeführt. Demnächst sollen ca. 1.500 vorhandene Bücher gesichtet und katalogisiert werden. Ab 2013 soll eine finanzielle Grundlage den Umzug in eigene Räume möglich machen, wo dann eine öffentlich zugängliche Bibliothek  errichtet werden soll.

Eine sukzessive Erweiterung des Buchbestands wird weiter angestrebt. Ein Black History Month, wie er an vielen öffentlichen Bibliotheken in den USA und Großbritannien gefeiert wird, sollt auch dort Teil eines breiten Veranstaltungsspektrums sein, um auch Jugendliche für dieses Thema zu interessieren und zu sensibilisieren. In Form von  Workshops zu Schwarzer Literatur können Jugendliche die Geschichte und Gegenwart der afrikanischen Diaspora kennen lernen und erfahren. Es soll in Ihnen Lust und Neugier wecken zu schreiben und die für sie geeigneten Ausdtucksformen zu ergründen wie z.B. SpokenWord, Film/künstlerische Darstellung/Performance/, Bildsprache/Photographie oder Musik in Form von HipHop.

Die Vereinsmitglieder sind innerhalb der Berliner und Deutschland weiten aktiven Schwarzen Community vernetzt und werden dieses Netzwerk nutzen, um den Verein und seine Aktivitäten bekannt zu machen und unsere Aktivitäten vor allem der jüngeren Generation vorzustellen.

Neben der jungen Generation, die für diese Thematik angesprochen werden soll, ist es aber auch geplant ältere Menschen miteinzubeziehen, um einen intergenerationalen und interkultureller Austausch möglich zu machen. Das Voneinander lernen sollte hierbei im Vordergrund stehen.

Mit der Förderung durch Quartiermeister, aber auch durch Spenden sollen bald folgende Vorhaben finanziert werden:

“Erweiterung des existierenden Buchbestandes um neue (v.a. nach 1995 erschienene) deutschsprachige Schwarze Literatur verschiedener Genres (Roman, Lyrik, Kurzgeschichten, Kinder- und Jugendliteratur). Die Finanzierung des Büroraummiete (2 Monate), der vom Verein Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) e.V. im Haus der Demokratie und Menschenrechte zu Verfügung gestellt wird. Der Verein hat eine private Spende erhalten, durch die 4 Monate der Miete (von Dezember 2012-März 2013 jeweils 200 Euro monatlich) finanziert werden können. Für die Katalogisierung und Erfassung der Bücher sowie die organisatorische Vorbereitung der Bibliothekseinrichtung benötigt der Verein nach eigener Einschätzung der vorhandenen Ressourcen 6 Monate. Durch eine Ergänzungsfinanzierung der Miete (April und Mai 2013, jeweils 200 Euro) könnte der Verein den erforderlichen (Zeit)Raum finanzieren, um die Vorbereitungsarbeit für die Bibliothek bis Juni 2013 abzuschließen.”

Eigentlich wäre diese Thematik ebenso für öffentliche Stadtteilbibliotheken geeignet, um die immer noch vorhandenen Schwierigkeiten der sogennanten “weißen Mehrheitsgesellschaft” (nach Hornscheidt/Agwu) (selbstbenannte) nichtweiße Identitäten anzuerkennen, auf die Agenda zu bringen. Leider gibt es hierzulande bislang (kaum)Stadtbibliotheken, welche beispielsweise einen Black History Month mit in ihr Veranstaltungsprogramm bisher aufnahmen. Diese Form von Bibliotheken, welche noch am Rande des deutschen Bibliothekswesens stehen, weil 1.) noch neu, 2.) noch unbekannt oder 3.) noch nicht Mitglied z.B. bei BiB (oder anderen Verbänden) müsste in Zukunft auf Bibliothekartagen und Ähnlichem mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung zuteil werden. Was könn(t)en ganz “normale” Stadtteilbibliotheken beispielsweise von  Each One Teach One e.V. und dessen Bibliothek lernen?

Weiterlesen

Zwei Videos zum Crowdfunding des “Hundred Story House” im Cobble Hill Park in Brooklyn

Die Schwarmfinanzierung für alle, die ein risikoloses Abenteuer nicht scheuen. Warum nicht einmal die ausgetretenen Pfade verlassen? Spaß haben und Nervenkitzel statt Verbissenheit und überstrapazierte Geduld bei Projektanträgen. Was ist dieses Crowdfunding? Im übergeordneten Sinne: Fundraising. Der Nutzen: Projekte ins Laufen bringen, sie bestenfalls zu finanzieren, mindestens jedoch neu zu bewerten. Und die Crowd, die (virtuelle) Gemeinschaft, aktivieren, binden, nutzen. Was ist das Prinzip hinter Crowdfunding, wie funktioniert es, was ist das Wesentliche daran? Was passiert mit dem Geld, wo kommt es her und wie erfolgreich ist Crowdfunding? Beispiele zeigen: ja, es funktioniert. Anwendungsbereiche gibt es unter bestimmten Kriterien auch in Bibliotheken. Warum also nutzen unsere Bibliotheken Crowdfunding nicht?Ilona Munique

Ilona Munique hatte vor wenigen Tagen das Thema Crowdfunding für Bibliotheken auf die Agenda gebracht und hierzu einen Artikel in der Februarausgabe 2013 in der Zeitschrift Bibliotheksforum Bayern angekündigt. Hierzu bietet sie sogar Seminare und Kurzvorträge an. Wenn Crowdfunding mittlerweile so erfolgreich in den USA mit Kickstarter und vielen anderen mit Bibliotheksprojekt funktioniert, die eher einen ungewöhnlichen und nicht öffentlich finanzierten Charakter haben, dann wäre es doch einen Versuch wert ein Wagnis einzugehen, dass am Ende durchaus erfolgsversprechend ein kann. Warum sollte es nicht auch hierzulande mit Bibliotheksprojekten wie Bücherschränken, Büchereien für Asylbewerber oder einem lokalen eigenen Projekt Ingeborg in der eigenen Stadt klappen?

Brooklyn ist ein Stadtbezirk von New York City, in dem viele Büchernarren und -liebhaber leben. Wer die Straßen an bestimmten Wohnviertel entlanggeht, wird ein informelles und anonymes Buchverleih- und Teilsystem bemerken.Es gibt haufenweise Stapel von Taschenbüchern und Bücher im Hardcoverformat, die auf Bürgersteigen or Treppenstiegen herumliegen und für jeden Passanten verfügbar sind, der nach einem guten Roman oder einem Kochbuch aus dem Jahr 1972 sucht. Diese Tradition ist der Tatsache zu verdanken, dass viele Wohnungen, Zimmer und Appartments nur begrenzten Platz bieten. Zudem spricht es dafür, dass die Menschen dort das geschriebene Wort äußerst wertschätzen, wie an zahlreichen Buchläden, Öffentlichen Bibliotheken und Cafés zu erkennen ist, da diese verhältnismäßig viele Möglichkeiten bieten mit Büchern in Berrührung zu kommen. Nun haben sich im Digitalzeitalter die Formate verändert und elektronische Lesegeräte sind auf dem Vormarsch, was das Kommunikationsverhalten und die Erfahrungen verändern, wie wir das geschriebene Wort erfahren.

“The Hundred Story House” soll ein interaktive Kunst im öffentlichen Raum sein. Es bietet darin Platz für hunderte von Büchern, die von den Anwohnern ausgeliehen werden können. Mittlerweile wurde das Projekt mit ca. 13.500 $ via Kickstarter co-finanziert. Das Prinzip lautet “take-a-book – leave-a-book”. Ziel ist es das Buch als physisches Objekt zu feiern und die Freude daran zu vermitteln, was die Vorzüge des Haptischen ausmachen.

Weiterlesen

“Libraries: A Digital Bridge”: Ein Imagevideo über die Bedeutung von Internetzugängen in öffentlichen Bibliotheken

Einer von drei US-Amerikanern hat keinen Internetzugang. In Deutschland wurde letzte Woche der (N)Onliner Atlas 2012 vorgestellt. Hierzulande sind etwa 75,6 % der Bevölkerung “Onliner”, wohingegen in anderen Industriestaaten der Anteil der “Onliner” in der Bevölkerung 90 % beträgt. Etwa 15 Millionen Deutsche nutzen das Internet nicht. In vielen öffentlichen Bibliotheken gibt es Beschränkungen der Internetnutzung: Es bedarf eines Bibliotheksausweises, der wiederum Geld kostet und/oder es wird eine Studengebühr von z.B. 1 € erhoben. Die “Bill & Melinda Gates Foundation” fördert den Ausbau eines kostenfreien Zugangs zum Internet in Bibliotheken. Es kommen zahlreiche Menschen zu Wort, die oftmals zu den Vorzügen und zum Nutzen des Internets äußern.

MOOC, OPCO – E-Learning anders? [Update 01.05.2012]

Einigen Twitter-Menschen und Bloglesern dürfte ein Hash-Tag seit dem 16.04.2012 häufiger begegnen, nämlich #opco12. Dahinter versteckt sich der OpenCourse 2012, eine Online-Weiterbildungsmöglichkeit, die dabei die Trends des Horizon-Reports genauer unter die Lupe nimmt und schaut, inwieweit diese für den E-Learning-Bereich nutzbar sind.

Beim OPCO12 geht es in den ersten beiden Wochen um das Thema “Mobile Apps” – eine Anwendungsorientierte Sicht. Dazu fand letzte Woche eine Online-Vorlesung statt, die sich jederzeit nachholen lässt, da sie aufgezeichnet wurde.

Der OpenCourse ist ein MOOC, d.h. ein Massive Open Online Course.
Monika E. König fasst diese Veranstaltungen wie folgt zusammen:

  • MOOC => Massive Open Online Course
  • kostet nix, frei zugänglich, online
  • Angebot des Veranstalters: Oberthema, Ablaufplan/Taktung, Inhaltsinput (Online Ressourcen), (teilw.) “technische Infrastruktur”
  • Aufgabe der Teilnehmer: Beziehungsaufbau, Weiterverarbeitung des Inputs und dadurch Generierung und Mitaufbau eines sozialen Lernraumes (Inhalte & Beziehung) oder frei nach Downes & Siemens bezogen auf das Tun: ORIENTIEREN -> ORDNEN -> BEITRAGEN -> TEILEN.

Wer es genauer wissen will, dieses Erklärvideo zeigt, was man unter einem “MOOC” versteht:

Für Bibliotheken könnte dies eine neue Form der Informationskompetenzvermittlung ermöglichen. So ließen sich entsprechende Kurse dezentral durch Experten gestalten und begleiten. Angereichert würden diese dann durch die selbst erarbeiteten Beiträge.

Die Beiteiligung am OPCO12 wird bspw. Studierenden im Bereich Softskills in der Informatik für das Modul Bachelor/Master-Studierende und des Lehramts im Bereich Medienkompetenz durch Universität Frankfurt anerkannt und mit ECTS-Punkten bedacht.

Diese Kurse erlauben ein vernetztes Lernen, ein Zusammenfinden von Experten und Laien, einen einfachen Austausch über die gestellten Themen. In einer Art und Weise kann man dabei wohl eine Online-Variante des “Open Space Learnings” sehen, welches durch einen lockeren Lernverband im Netz ermöglicht wird. In eigener Zeiteinteilung werden durch die Lernenden je nach eigener Lernattitüde in einem festgesteckten Zeitraum die Lernziele erarbeitet. Für die Kursleiter bedeutet dies beim Aufwand: einen gewissenen technischen Rahmen zu schaffen, z.B. für Live-Events und einen theoretischen Vorbau zu schaffen (Lese- und Informationsempfehlungen), der sich jedoch im Rahmen hält. Dazu kommt das regelmäßige Screening der Ergebnisse (Blogartikel, Infografiken, Videos etc.). Für die meisten Dinge (zentrale Informations- und Verwaltungsplattform, Veröffentlichung von Ergebnissen) können die Angebote des Social Web (Blog, Twitter, Videoplattformen, Etherpads, Audioboo usw.) hervorragend auch gemeinsam genutzt werden.

Der Gewinn könnte jedoch jeden der Beteiligten überraschen. So wäre das Ergebnis für die Lernenden, dass sie positiv darin bestätigt werden, beim Aneignen von Wissen. Es gibt einen gewissen Zeitdruck, der widerum einen guten Rahmen für die Aneignung von Neuem bildet. Dabei besteht immer die Möglichkeit, sich eigene Lernschwerpunkte zu schaffen. Die Veranstalter gewinnen ebenfalls ein Mehr an positiver Bestätigung, Verbesserung des eigenen Wissens, neue Perspektiven und ggf. wunderbare neue Vermittlungsmittel, die sie bei anders gearteten Weiterbildungskursen und Lehrveranstaltungen nutzen können.

[Update 01.05.2012]
In diesem Video erklärt Dave Cormier, was von den Lernenden erwartet wird und wie sich “normales” Lernen vom Lernen in einem MOOC unterscheidet:

Quellen:

1 2 3