Tschüss Elsevier – so nicht mit uns [Update 28.03.2014]

Logo Elsevier

Logo Elsevier (vektorisiert von Gaspard) [Public domain], via Wikimedia Commons


Elsevier erwartete 2013 einen Nettogewinn von 698 Millionen Euro – im Vorjahr waren es 673 Millionen Euro. Diese Gewinne sind nicht zuletzt durch eine erhebliche Verteuerung der Leistungen des Wissenschaftsverlages Elsevier zustande gekommen.

Elsevier verteuerte die Zeitschriften in den letzten Jahren erheblich. Die Universität Konstanz sieht zum sich immer weiter verschlechternden Kosten-Nutzen-Verhältnis – zu Ungunsten der Universität – und der geringen Verhandlungsbereitschaft dieses riesigen Fachverlages als Ausweg nur noch den Abbruch der Lizenzverhandlungen. Dies teilte die Universität heute in einer Presseerklärung mit. Mit etwa 3.400 Euro Durchschnittspreis im Jahr (pro an der Universität Konstanz lizensiertem Titel, erg. am 27.03.2014) sind die Kosten dreimal höher als beim nächstteuersten großen Verlag. Daher geht die Universität nun einen schweren, aber umso wichtigeren Schritt weiter:

„Die Universität Konstanz kann und will bei dieser aggressiven Preispolitik nicht länger mithalten und wird ein solches Vorgehen nicht unterstützen. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, den Lizenzvertrag mit Elsevier durch alternative Beschaffungswege zu ersetzen“, so Ulrich Rüdiger(, Rektor der Universität Konstanz, Anm. d. Verf.) (…).

Nun muss sich zeigen, ob andere Universitäten sich diesem Schritt anschließen und inwiefern es beim Verlag Wirkung zeigt, wenn nach und nach so sichere Einnahmen wegbrechen. Auf der anderen Seite steht die Frage, wieviele Zeitschriftenbezieher von Elsevier wegfallen können, bevor eine Literaturversorgung z.B. mit der Fernleihe nicht mehr möglich ist. Aber da ist wohl an manchen Stellen noch Luft nach oben, bei der sich deutsche Universitäten positionieren können und so u.U. ihre eigene Open Access-Strategie vorantreiben sollten.

Einen ersten Paukenschlag in Deutschland in Bezug auf Elsevier gab es bereits 2012. Am 2. Mai teilte die Technische Universität München in einem Satz mit:

Aufgrund unzumutbarer Kosten und Bezugsbedingungen hat das Direktorium des Zentrums Mathematik beschlossen, alle abonnierten Elsevier-Zeitschriften ab 2013 abzubestellen.

In diesem Jahr riefen namenhafte WissenschaftlerInnen mit “The Cost of Knowledge” zu einem Boykott des Verlages auf. Ulrich Herb beschäftigt sich in scinoptica Blog mit Elsevier & der akademische Frühling und analysierte unter anderem die ernüchternden Ergebnisse der Umfrage des ZBW – Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft, welches Wirtschaftswissenschaftler/innen aus ganz Deutschland zu ihrer Position zum Elsevier-Boykott und ihrer Einstellung zur Open-Access-Bewegung befragt hatte. Ein nüchternes Ergebnis, wenn es um Open Access als Alternative geht, zieht auch Andreas Loos ein Jahr nach dem Boykott-Aufruf in den Mitteilungen des Mathematiker Verbandes.

[Update 26.03.2014]

[Update 27.03.2014]

  • Schmundt, Hilmar: Großverlag Elsevier: Universität Konstanz kündigt wichtige Abos, Spiegel Online
    Hier wird es nochmal deutlich, wie sich die Bibliothek die Zukunft vorstellt und dass es nicht darum geht, Verlage abzuschaffen:

    Was bedeutet die Eskalation an der Uni Konstanz, sind Studierende und Forscher nun abgeschnitten vom Zugang zu wichtigen Zeitschriften? Nein, man habe zwar die Lizenzverträge für 99 Elsevier-Zeitschriften gekündigt, sagt die Bibliotheksleiterin Hätscher. Doch selbstverständlich können unsere Forscher auch in Zukunft auf die Elsevier-Artikel zugreifen, aber auf anderem Wege als bislang. Zum Beispiel per Fernleihe oder über die Einzelbezahlung pro Artikel.”
    “Universitäten haben nicht den Wunsch, die Verlage abzuschaffen”, sagt Petra Hätscher: “Aber der wissenschaftliche Publikationsmarkt ist im Umbruch. Es gibt schon viele Überlegungen zu neuen Veröffentlichungsmodellen.”

  • Burchard, Amory: Teure Wissenschaftsverlage Uni Konstanz trennt sich von Elsevier, Tagesspiegel
    Dort heißt es zur Reaktion von Elsevier:

    Elsevier weist die Vorwürfe zurück. “Andere Verlage haben seit 2000 deutlich höhere Preissteigerungen als Elsevier vorgenommen”, sagte die Vizepräsidentin von Elsevier Deutschland, Angelika Lex, vor einem Jahr im Tagesspiegel-Interview. Und gerade in der Mathematik habe der Verlag “die Preise einiger Journale gesenkt”. Die hohen Preise erklärten sich aus dem “Prozess der Qualitätsprüfung”, dem Elsevier die eingereichten Artikel vor der Publikation unterziehe, und aus Investitionen in digitale Neuentwicklungen.

  • Universität Konstanz übt scharfe Kritik an Elsevier-Preispolitik : „Teurer als die Wissenschaft erlaubt“, Buchreport.de

[Update 28.03.2014]

  • Vogel, Gretchen: German University Tells Elsevier ‘No Deal’, Science/AAAS, 27.03.2014

    The breakdown doesn’t mean that University of Konstanz researchers will completely lose access to the journals, officials say. The university has access to journal archives through the end of 2013, Wandt says, and if researchers want to read articles from 2014, they will be able to access them through interlibrary loan or purchase them on a pay-per-view basis. The university library will cover any associated fees, she says, which administrators expect to be less expensive than the license agreement.
    If Elsevier approaches the university with a new offer, they would consider it, Wandt (Julia Wandt, the university’s head of communications and marketing, Anm.d.Verf.) says, but for now “the matter is settled.”

Gelesen in Biblioblogs (11. KW ’14) – Vertretung Lesewolke

Wir bei Bibliothekarisch.de haben vertretungsweise für diese und die nächsten drei Wochen die “Blogschau” von Liane Haenschs Lesewolke übernommen. Auch dieses Mal sammeln und werten wir bibliothekarisch Interessantes gemeinschaftlich aus.

 
Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg möchte demnächst 76 neue Schließfächer aufstellen [Korrektur]. Um es ihren NutzerInnen einfacher zu machen, sich zu merken, wo sie ihre Sachen eingeschlossen haben, sollen die einzelnen Fächer nach Wissenschaftlern benannt werden. Zu diesem Zweck werden wie 2012 die NutzerInnen im Blog um Namensvorschläge gebeten. Die Mitmachaktion war schon damals sehr erfolgreich und is auch heutet mit viel Spaß verbunden. Jeder kann mitmachen. Vielleicht findet sich am Ende auch Ihr Vorschlag an einer der Schließfachtüren wieder. Vorschläge können bis zum 30.04. in den Blogkommentaren oder per E-Mail eingereicht werden. [DB.]

 

Spritz, die App zum schnellen lesen, gibt es als OpenSpritz für den Browser. Diese Erweiterung soll helfen, Texte in sehr kurzer Zeit zu lesen. Wird die Anwendung aktiviert, werden im oberen Bereich des Browsers, auf den man schauen soll, einzelne Worte eingeblendet. Diese sind in der Mitte rot, um so ein Ausweichen des Blickes zu vermeiden. Die Geschwindigkeit kann selbst gesteuert werden und liegt zwischen 250 und 1000 Wörtern pro Minute. Menschen, die 150 bis 200 Wörter pro Minute lesen, gelten schon als Schnellleser (weitere Infos: Golem.de).
Ein erster “Nachahmer” ist auch schon aufgetaucht. Squirt, das Prinzip entspricht dem von Spritz. [SH.]

CoScience – Hinter diesem kryptischen Kürzel versteckt sich ein Handbuch zum gemeinsamen Forschen und Publizieren in einer Netzwelt. «CoScience – Gemeinsam forschen und publizieren mit dem Netz» wurde im Rahmen des Open Science Lab der TIB Hannover ausprobiert, wie man mit wenigen Leuten innerhalb einer Woche ein Fachbuch schreiben kann. Die Methode dazu heißt Book Sprint und wurde auf der gerade ausgelaufenen CeBIT in Hannover vorgestellt. (Via: Text&Blog, TIB Blog) Mareike König und Lambert Heller haben in ihren Blogbeiträgen erste Impressionen und erste “Lessons learned” zusammengestellt. [DB.]

Wie zitiere ich richtig? Das ist eine schwere Frage und gerade in Bezug auf Quellen in den Social Media für manche noch schwerer. Hilfreich ist hier der Text von Heike Baller “Wie zitiere ich korrekt aus Social Media?” auf den Seiten von PR-Doktor.de. Ein Blick auf die Beiträge von Klaus Graf, “Wie zitiere ich … Online-Quellen?” vom 26.03.2011 und “Googles Zeitungsarchiv und Grafs Rasiermesser für Links” vom 23.02.2014 auf Archivalia, stellt eine gute Ergänzung zu diesem Thema dar. [DB.]

In Zeit-Online wird ein neues Projekt namens thesius vorgestellt. Ergeiziges Ziel ist die Verzeichnung alle Doktorabreiten seit 1960 in Deutschland. Man mag denken, dass diese alle bereits von der DNB erfasst sind (Pflichtexemplar!), dem scheint aber nicht so zu sein. Der Artikel zum nachlesen: Zeit-Online, 12. März 2014 Sinn und Zweck ist es, zukünftigen Doktoranden die Arbeit zu erleichtern. Vor allem sollen sie so einfach nachschauen können, ob zu ihrem Thema bereits geforscht wurde. [SH.]

Besser Bier verschenken als Bücher – das forderte ein Werbespot der größten kolumbianischen Brauerei (spanisch), der nach heftigen Protesten nun nicht mehr ausgestrahlt wird. [LR.]
POKER – LIBRO from periodismoCEPER on Vimeo.

“Lehre, die Wikipedia ignoriert oder gar verbietet, ist schlechte Lehre”, lautet Anton Tantners These in seinem Impulsreferat zum Thema “Wikipedia in der universitären Lehre” (via Archivalia). [CK.]

Für alle, die von “Selfies”, d.h. den mit den Smartphones geschossenen Selbstporträts, genug haben, können auf einen neuen Trend aufspringen und mal im Bücherregal (der Bibliothek oder ihrem eigenen) stöbern, ob sie da das passende Buch für ein “Corpus Libris” finden. Dabei wird ein Buch mit einem Körperteil (Kopf, Rumpf, Bein etc.) so gehalten, dass man es mit seinem eigenen Körper ergänzt. Inspirierend sind da die Bilder auf Corpus Libris, wo man sehen kann, mit welcher Meisterschaft man “BOOKS WITH BODIES” kombinieren kann. Alternativ kann man auch ein “Shelfie” posten, d.h. ein Bild vom eigenen Bücherregal, einen Trend, den das VÖBBLOG bereits Samstag vor einer Woche vorgestellt hat. [DB.]

Richard Stallman über Leser, Freiheit und Bücher

Open Access Explained!

Was ist Open Access? Nick Shockey und Jonathan Eisen nehmen Sie mit auf eine Reise durch Welt des Open Access Publizierens und erklären, was es damit auf sich hat.

Zum Siegeszug des Open Access

Das Märchen vom Apfelkönig oder wie sich Open Access seinen Weg bahnt

Dieser Film ist anlässlich der Open Access Week 2012 im Rahmen des Projekts “Publizieren nach den Kriterien von Open Access” am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt- Universität zu Berlin entstanden.

Dieses Werk bzw. Inhalt steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz.

Ist die DRM-Diskussion in Bibliotheken angekommen?

Digital Rights Management (DRM) für E-Books ist ja schon etwas länger in der Diskussion. Auch Standards zum Erwerb von E-Books gibt es schon etwas länger. Doch wie eindeutig positionieren sich diese zu DRM?

Welche bibliothekarischen Standards für den Erwerb von E-Books gibt es überhaupt, die das Thema DRM thematisieren? Mir sind derzeit nur zwei bekannt.
Es gibt einerseits die E-Book-Standards der AG E-Books der Bayerischen Bibliotheken, eine Seite die seit dem 22. Januar 2007 besteht.
Dort widmet man dem Thema DRM genau einen Satz:

Technische Vorkehrungen dürfen nicht die volle Ausschöpfung der urheberrechtlich zulässigen Möglichkeiten einschränken (vgl. auch oben Nutzungsfunktionalitäten).

Die einzigen betroffenen Nutzungsfunktionalitäten, die dann dort aufgezählt werden, sind:

Datendownload für Nutzer: bevorzugt komplett; falls nicht erreichbar mind. kapitelweise1

Ggf. müsste dann eine Nutzung nach § 52a UrhG hinzugezogen werden, wenn es um die Verwendbarkeit für E-Learning-Angebote geht.

Für weitere zulässige Möglickeiten müsste man an der Stelle also in das Urheberrechtsgesetz zu seinen Schranken schauen: Zitieren für privaten und wissenschaftlichen Gebrauch, Anfertigen von Privatkopien, Anfertigen von Kopien für den wissenschaftlichen und lehrenden Gebrauch,… Eine Handlungsempfehlung, wie mit DRM aber ansich umzugehen ist, wird durch diese Standards nicht wirklich gegeben. Wann sind DRM-geschützte Dokumente nicht mehr erwerbenswert? Wie sieht die grundsätzliche Empfehlung aus?

Anders sieht das bei den Standards der AGMB aus, auf die auch hier im Blog bereits eingegangen wurde.

Kritisch sieht man elektronische Lehrbücher, welche durch proprietäre/flash-basierte Anzeigeprogramme massiv in ihrer Nutzung eingeschränkt werden.

Behinderungen durch DRM-Mechanismen werden von der AGMB gleichermaßen sehr kritisch gesehen und für Campuslizenzen von Lehrbüchern prinzipiell abgelehnt. Die AGMB empfiehlt ihren Mitgliedern mit allem Nachdruck, bei Verträgen auf den Kauf/Lizenzierung von DRM-freien Medien zu bestehen.

Wie sieht jedoch die Realität häufig aus? Sie sieht genauso aus, wie bei überteuerten Zeitschriftenpreisen. Es gibt einen Druck, diese Medien anzuschaffen und daher werden sie angeschafft, ohne über die Konsequenzen für die Nutzer nachzudenken. Die Tatsache, das DRM für Bibliotheken gerade im wissenschaftlichen Bereich nicht funktioniert, wird dabei nicht beachtet.

Dr. Klaus Junkes-Kirchen schreibt auf Inetbib:

Die einschlägigen Nutzerbefragungen (Freiburg, Frankfurt) belegen, dass DRM-freie PDF-Dateien (Kapitel oder auf Buchebene) die präferierte Form des Zugriffs darstellen.
Demzufolge dürften Bibliotheken auch in keine anderen Formate investieren.

Bitte legen Sie sich dabei nicht auf das PDF-Format fest. Wir werden in kürzester Zeit erleben, dass Studierende, Forschende sich nicht mehr auf dieses Format festlegen wollen, wenn es ums Lesen geht. Durch die zunehmende Zahl mobiler Endgeräte werden wir hier auch andere Formate gefordert sehen, die erstmal ein Lesen und annotieren erlauben. Vermutlich wird es als Zwischenlösung dann eine Synchronisation mit dem PDF-Dokument geben, um eine seitengenau Zitierung zu erlauben. Dauerhaft werden sich jedoch wohl Lösungen durchsetzen, die eine Lesbarkeit auf einem (mobilen) E-Reader (E-Book-Reader, Tablett, Smartphone etc.) erlauben und eine Zitierung durch Seiteneinblendungen im Text, Absatzzählungen (Randnummern) erlauben. Ähnliches lässt sich als Lösung z.B. bereits bei den Kommentaren und Loseblattsammlungen der Juristen in gedruckter Form beobachten oder bei Zeitschriftenartikeln bei Beck-Online.

Junkes-Kirchen stellt als nächstes fest, dass das Gegenteil in den Bibliotheken der Fall ist, weil die Nutzernachfrage nach bestimmten Titeln oder Fachgebieten keine andere Wahl ließe. Man übernähme da alles, wass die Verlage anböten, ob flash-basiert, in Java-Umgebungen, mit hartem DRM (Digital Rights Enforcement)2 oder für bestimmte Betriebssysteme/Browser zugelassene Dateien.

Liebe Bibliotheken, Junkes-Kirchen hat recht, wenn er fordert:

Hier durch Kaufenthaltung eine Veränderung der Angebotssituation herbeiführen, geht nur über eine konzertierte Aktion. Solange aber von den Verlagen, Bibliothekslieferanten und auch über Konsortien, E-Book-Angebote verbreitet und von den Bibliotheken angenommen werden, die den gewünschten Standards nicht entsprechen, ist das ein vergebliches Bemühen.

Nun möchte man bei solchen Diskussionen meinen, dass es nur noch Verlage im wissenschaftlichen Bereich gibt, die ihre Dokumente mit hartem DRM schützen. Das ist nicht der Fall und damit nicht nur die großen wie Springer, Wiley, Elsevier genannt werden, hier eine kleine Aufzählung der Verlage, die E-Books anbieten (nicht nur in Paketen, sondern auch als Einzeltitelauswahl, welche nicht auf hartes DRM setzen:

  • Oldenbourg
  • De Gruyter
  • Campus-Verlag

Mehr sind mir da leider auf Anhieb nicht eingefallen, aber Ergänzungen sind herzlich Willkommen.

Als Problem jedoch bleibt bestehen, dass man diesen Anbietern gerne einen “Wettbewerbsvorteil” einräumen möchte, aber zu große Pakete, zu viel “Mindestabnahmen”, zu hohe Preise an vielen Stellen machen es auch gerade kleinen Bibliotheken schwer, hier für ihre Einrichtung passend elektronische Bücher zu kaufen.

Fazit:
Platte Standards und bloße Handlungsempfehlungen werden uns nicht in die Lage versetzen, den Verlagen den Einsatz von “DRM” abzugewöhnen. Es bedarf eines konzertierten Vorgehens aller betroffener Einrichtungen (Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Bibliotheken), sowie Rückendeckung und verstärkten Empfehlungen zum Boykott auch seitens gewichtiger Gremien, z.B. der DFG (allein die Empfehlung zu Open Access ist an dieser Stelle nicht ausreichend), der Hochschulrektorenkonferenz, der bibliothekarischen Verbände etc. Auf Seite der Bibliotheken braucht es den Mut zu sagen, wir können aus dem und dem Grund nur das gedruckte Exemplar anschaffen, aber ihr Bedarf ist registriert und wird mit unseren Forderungen an den entsprechenden Verlag bzw. Aggregator weitergeleitet.

Und noch etwas: Bitte werfen Sie diese Forderungen nicht mit den Forderungen für Öffentliche Bibliotheken zusammen. Sicherlich lassen sich viele Forderungen auch für diese übernehmen, jedoch ist die Situation für diese Bibliotheken eine andere als die für Wissenschaftliche Bibliotheken.

Und zu meiner Frage in der Überschrift: Ist die DRM-Diskussion in den Bibliotheken angekommen? Da gibt es von mir ein fast klares Nein. Sicherlich ist das Problem DRM vorhanden, aber es wird darüber nicht diskutiert. Es werden keine Gespräche geführt und es werden Ausreden gefunden, um nichts tun zu müssen. Der Nutzer hat Vorrang, der Zugang zur Information ist wichtiger als die Benutzbarkeit des Inhalts. Allein da, wo zu wenig Geld vorhanden ist, ist DRM bereits heute ein Ausschlusskriterium.

  1. In der ausformulierten Form von Schäffler heißt es dann dazu: “Die Empfehlungen zur Downloadfunktion hängen eng mit der Frage nach dem eingesetzten Digital Rights Management zusammen. Technische Vorkehrungen der Verlage gegen missbräuchliche Nutzung sind nicht grundsätzlich in Frage zu stellen, dürfen aber gleichzeitig nicht die volle Ausschöpfung der urheberrechtlich zulässigen Möglichkeiten einschränken.” – Schäffler, Hildegard: Qualitätsanforderungen für E-Books-Standards aus bibliothekarischer Sicht: eine Checkliste – In: Giebenhain, Sabine; Mundt, Sebastian (Hrsg., 2007): Vier Jahre E-Books … und kein bisschen weise?, Stuttgart: Hochschulverlag, S. 47-54. []
  2. Man unterscheidet verschiedene Formen des DRM. Es gibt das harte DRM oder auch Digital Rights Enformcement (DRE), welches die Nutzungsmöglichkeiten und E-Book-Funktionalitäten nach Wunsch des Rechteinhabers einschränkt. Weiches DRM hingegen wird oft auch forensisches DRM genannt. Hier wird in die Datei beispielsweise ein Wasserzeichen eingebracht – sichtbar oder unsichtbar -, welches nachträglich erlaubt, festzustellen, wer eine Urheberrechtsverletzung begangen hat. Die Nutzungsfunktionalitäten werden dabei nicht eingeschränkt. []

Ein Vortrag von Studenten der Gerrit Rietveld Academie anläßlich der Konferenz "The Unbound Book": "The Absolute Library"

In der Zeit vom 19.-21. Mai diesen Jahres fand die Konferenz “The Unbound Book: A Conference on Reading and Publishing in the Digital Age” in Amsterdam und Den Haag statt. Die folgende Einführung von Geert Lovink gibt einen ersten Vorgeschmack auf die Konferenz, die wie ein moderner “Bibliothekartag der Zukunft” (mit dem Schwerpunkt Buch) im Zusammenspiel mit anderen Wissensgebieten wie u.a. den Sozial-, Medien- und Informationswissenschaften und der Verlags-, als auch der Designindustrie auf mich wirkte, obwohl ich nicht “live” dabei war.

Session 2: The Unbound Book, introduction by Geert Lovink from network cultures on Vimeo.

Der folgende Vortrag “The Absolute Library” setzt sich mit einem Zukunftsmodell für Bibliotheken und der Verlagsindustrie auseinander. Die Er- und Ausarbeitung der Präsentation stammt von den Studentinnen Laura Pappa, Marine Delgado und Clara Dutilleul. Sie studieren an der Gerrit Rietveld Academie. Dort werden Studiengänge wie u.a. Design, Grafisches Entwerfen und Schriftgestaltung angeboten. Das von den Studenten erarbeitete Konzept wirft sicherlich Fragen auf. Doch aufgrund der Originalität ihres Konzepts und soll an dieser Stelle ihr kurzer Vortrag vorgestellt werden..

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Zitat unkommentiert

[Zitat] Unkommentiert – 1999

Arnoud deKemp
(Bereichsleiter für Marketing, Sales und Corporate Development im wissenschaftlichen Springer-Verlag)

‘Solange wir noch in der gedruckten Welt leben und solange die Buchstaben noch das Wort führen, ist das Printmodell das Hauptmodell. Wir ermöglichen kostenlos den parallelen Zugang zu der elektronischen Version – das ist nicht kostenlos für uns, aber wir stellen es nicht in Rechnung – und erzielen damit eine enorme Wertschöpfung innerhalb des Abonnements. Dazu gibt es dann auch noch multimediale Supplemente, Audio-Files, Videosequenzen, Labormanuale, Computer-Simulationen oder das Farbdia zu der Schwarzweiß-Abbildung im Text.’


Martin Grötschel
(currently professor of mathematics at Technische Universität Berlin, Institut für Mathematik, Vice President of Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin, and Chair of the DFG Research Center Matheon “Mathematics for key technologies”:engl: .)

‘Die eigentliche Frage ist, wer, was, wann, wie und wo im wissenschaftlichen Publikationswesen leistet, wer wie viel Geld wofür erhält, und wie viel Geld zur Verfügung steht. Wenn die anderen Akteure in ihren Positionen verharren und keine rechten Ideen hervorbringen, wie es weitergehen soll, werden die Wissenschaftler den Übergang zum elektronischen Publizieren in die Hand nehmen müssen.’

Quelle:
Sietmann, Richard : Zirkelspiele : Die wissenschaftliche Literaturversorgung steckt weltweit in der Krise, In: c’t 20/99, S. 216

Bundesrat gegen Open Access

Der Bundesrat hat sich in seiner heutigen Plenarsitzung für Zurückhaltung gegenüber freien Publikationsmodellen in der Wissenschaft ausgesprochen. Es wurde einfach die Empfehlung des Ausschusses des Gremiums unverändert abgesegnet.

Das Aktionsbündnis “Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft” hatte den Bundesrat am gestrigen Donnerstag noch aufgefordert, weiterhin die wissenschaftliche Informationsversorgung als öffentliche Aufgabe anzusehen und nicht der Verlagswirtschaft zu überlassen. Gemäß dem Open-Access-Prinzip solle die Nutzung wissenschaftlichen Wissens für alle frei beziehungsweise kostenlos sein.

Grund für diese sehr konservative Haltung ist die Tatsache, das OA dieser Ansatz “in einem Spannungsfeld mit dem Schutz des geistigen Eigentums” stehe und die Verwertungsrechte der Verlage gefährden könne. Sehr problematisch finde ich die Vorstellung, die durch die Länderchefs in Bezug auf die Finanzierung von Wissenschaft vertreten wird.

Die von der Kommission in Aussicht gestellte Ko-Finanzierung von Forschungsinfrastrukturen werfe auch die Frage auf, “inwieweit die wissenschaftliche Informationsversorgung eine öffentliche Aufgabe ist”.
Das Aktionsbündnis hatte die Länderpolitiker darauf hingewiesen, dass sich die freie Nutzung wissenschaftlichen Wissens nicht mit dem Urheberrecht beiße. Nur die Übertragung der Rechte an die private Verwertung solle eingeschränkt werden. Auch sei die Annahme falsch, dass die Qualitätssicherung wissenschaftlicher Publikationen überwiegend von Verlagen wahrgenommen werde. Wissenschaftliche Kreativität und Motivation hänge in der Wissenschaft auch nicht von der materiellen Entlohnung ab.

Kostenlos ist Open Access nicht zu verwirklichen, aber es wäre volkswirtschaftlich von größerem Nutzen. Von den hohen Einnahmen der großen, ausländischen Wissenschaftsverlage hat Deutschland nichts.

Quelle:
Bundesrat für umfassendere Volkszählung und gegen Open Access via heise online

Die Kurzsichtigkeit in diesem Fall war ja bereits nach den Entwicklungen beim Urheberrecht vorauszusehen. Hier hat die Verwertungsindustrie ihre Lobbyarbeit wieder “gut positioniert”. Der volkswirtschaftliche Schaden ist nur eine potentielle Größe, die momentan nicht fassbar und daher nicht berechenbar ist. Den Schaden bezahlen vermutlich erst nachfolgende (Wissenschaftler-)Generationen. Mögliche Verluste bei den Verlagen sind genauso hypothetisch wie die hohen, vermeintlichen Verlustsummen bei den Vertretern der Unterhaltungsindustrie, werden momentaner aber ernster genommen, als die Zukunft der Wissenschaft mit ihren potentiellen Gewinnen.

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