Urheberrecht: Jagd auf Minderjährige

Wer urheberrechtlich geschützte Inhalte aus dem Internet lädt und verkauft, muss mit harten Strafen rechnen. Immer mehr Fälle von Filesharing werden vor Gericht gebracht und betroffen sind dabei vor allem junge Leute. Die Musikindustrie macht dabei nicht mal mehr halt vor Minderjährigen. Und die Kosten für einen Urheberrechtsverstoß summieren sich schnell auf einige tausend Euro.

Minderjährige haften für Urheberrechtsverstöße im Internet, wie eine erst kürzlich veröffentlichte Entscheidung des OLG Hamburg vom 13. September 2006 ergeben hat. In diesem Fall war eine 15-Jährige, die über eine Online-Tauschbörse Bilder der Sängerin Jeanette Biedermann heruntergeladen und diese via Ebay verkauft hatte, vom Rechteinhaber der Bilder kostenpflichtig abgemahnt worden. Es entspreche „allgemeiner Kenntnis – auch einer 15-Jährigen -, dass über fremde Rechtsgüter nur dann verfügt werden darf, wenn einem hierzu die Erlaubnis erteilt worden ist“, entschieden die Richter.

Eine ähnliche Entscheidung hat es bis jetzt noch nicht gegeben. Notwendig für einen Urheberrechtsverstoß ist kein schuldhaftes Handeln, sondern die Feststellung des Verstoßes, ausgenommen bei Schadensersatzforderungen, wo ein schuldhaftes Handeln nachgewiesen werden muss. Das Mädchen habe mit dem Verkauf der Bilder bei Ebay einen erheblichen Verstoß gegen das Urheberrecht begangen, der nun geahndet wurde. MitGerichts- und Anwaltskosten dürfte das Verfahren das Mädchen 3000,- Euro gekostet haben.

Hier eröffnet sich natürlich ein lukrativer Markt für Anwälte.

Obwohl Urteile wie das oben genannte unter den Jugendlichen die Runde machen, habe sich das Bewusstsein, beim Download urheberrechts-geschützter Inhalte Unrecht zu begehen, noch nicht durchgesetzt. Spezielle Kanzleien – auch in Deutschland – haben sich allerdings längst auf das Aufspüren von Urheberrechtsverstößen spezialisiert. Zum Teil bedienen sie sich dabei der Unterstützung von IT-Experten, die etwa die Identität möglicher Straftäter enthüllen können. Die Anwälte machen dabei Streitwerte im fünf- bis sechsstelligen Euro-Bereich geltend, aus denen sich die Gebühren für die Kanzleien berechnen. […]Ohne die Einschaltung eines Gerichts seien pro Abmahnung so Einnahmen von über 2.000 Euro möglich.

Wer schützt an dieser Stelle eigentlich unbedarfte Jugendliche vor den Anwalthaien? Ist es bei Jugendlichen in diesem Bereich nicht häufig schon mit einer Emahnung von einer offiziellen Seite getan? Es nützt nichts, diese jungen Leute für ihr Leben lang zu verunsichern. Wichtiger ist frühzeitiges Beibringen von Informationskompetenz. Neben einer sicheren Handhabung der Technik, des Netzes und deren Möglichkeiten, werden sie für erlaubte und unerlaubte Handlungen frühzeitig sensibilisiert. Erst dann kann man trotz der aktuellen Diskussion davon ausgehen, dass so viel Wissen zum allgemeinen Kenntnisstand auch einer 15jährigen gehört. Beim momentanen Stand der Regelung wird hier eher den Abmahnern Haus und Hof geöffnet. Verängstigte Jugendliche werden eine weitere Auseinandersetzung mit dem richtigen Umgang mit Medien vermeiden und das kann keiner wollen.

Quelle:
Brien, Jörn: Urheberrecht: Musikindustrie droht Minderjährigen mit hohen Geldstrafen auf medienhandbuch.de