VG Wort und das Internet

Happy Anniversary VG Wort, 50 Jahre sind kein Pappenstil. Die Feier am Mittwochabend war eine Dusche warmer Grußworte.

Um die Bedeutung seiner Verwertungsgesellschaft hervorzuheben, betonte VG WORT-Vorstand Ferdinand Melichar in seinen Ausführungen unter anderem
ihr kulturelles und soziales Engagementdurch das Autorenversorgungswerk, den Sozialfonds, den Beihilfefonds für wissenschaftliche Autoren und den Förderungsfonds Wissenschaft.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries lobte in ihrem Grußwort die „beispiellose Erfolgsgeschichte“ der Verwertungsgesellschaft bei der Wahrnehmung des Urheberrechts. „Damit Autoren von ihren eigenen Worten leben können, brauchen sie auch genug Brot. Dafür sorgt die VG Wort“, deklarierte die SPD-Politikerin bei dem unter dem Motto „Geist und Recht und Geld“ stehenden Festakt.

Melichiar warnte deshalb, die VG Wort dürfte dabei keinesfalls zum reinen Inkasso-Unternehmen degradiert werden, denn durch

„[…] ihre vielfältigen Versorgungsleistungen sichert die VG WORT Autoren und Verlagen ein zusätzliches Einkommen, das für manche sogar Existenz sichernd ist. Sie ist ein Garant für kulturelle Vielfalt und eine lebendige Autoren- und Verlagsszene in Deutschland“

Heribert Prantl, Leiter des Ressort Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung, sieht die VG Wort für die gefährliche Fahrt ins „Mare Horribilis“ in Form der „Kommunikationswelt des 21. Jahrhunderts“ gerüstet. Die gefährlichste Klippe für die Arbeit der VG Wort sieht er dabei im Internet, an dem er in seiner Festrede kaum ein gutes Wort ließ.

„Es gibt einen alltäglichen Web-2.0-Narzissmus“, schimpfte Prantl. Das Internet sei zu einem „Entblößungsmedium“ auch der jungen, gehobenen Mittelschichten verkommen. „Aus Orwell wird Orwellness, aus Datenaskese ist eine Datenekstase geworden.“ Das Netz sei eine „Selbstverschleuderungsmaschine“, in der die Nutzer ihre Persönlichkeitsrechte „verschenken“. […] Habe das Urheberrecht früher eine „Mauer aus Paragraphen“ gebildet, welche die geistige Leistung der Kreativen geschützt habe, regiere nun „die globale Enteignungsmaschinerie Internet“ mit ihren „Tauschbörsen als Umsatzplätzen digitaler Piraterieware“ und ein „wieder eingeführter Kommunismus“. Die Masse der Urheber schaue so „mit dem Ofenrohr ins Gebirge“, während es bisher nur den „Befriedigern sexueller Bedürfnisse gelungen“ sei, einen Obolus zu kassieren.

Diese Schwarzmalerei ist unerträglich. Beweihräucherung in dieser Form hilft nicht, das Bild der VG Wort als Inkasso-Büro zu verändern. Im Gegenteil, bei solchen Tiraden wirkt die VG Wort als innovationfeindlich und realitätsfremd. Es nützt wenig, alten Zeiten hinterher zu trauern. Hier müssen neue Formen und zukunftsweisende Abrechnungsvarianten entwickelt werden, die dem Phänomen des massiven Anstiegs von Urheberzahlen gerecht werden. Nicht jeder, der im Internet auch kreativ unterwegs ist, ist gleich ein Verbrecher, der andere beraubt.

Quellen:
Krempl, Stefan: Die VG Wort im Kampf gegen die „Enteignungsmaschinerie Internet“:x: via heise online
50 Jahre VG WORT: Festredner betonen die Bedeutung der Verwertungsgesellschaften im digitalen Zeitalter:x: :pdf: Presseerklärung der VG Wort