Faszination Social Networks

Weshalb bloggt, twittert Mensch und ist beim social networking dabei?
Cem Basman, ein türkisch-schwedischer Unternehmer aus Hamburg hat für sich sein Motto gefunden. Er betreibt sein Blog Srechblase und dort kann man es lesen:

Vogel fliegt. Fisch schwimmt. Ich blogge.

Sein Motto zeigt, wie weit Normalität die Selbstdarstellung im Internet geworden ist. Schüler und Studenten sind fast vollständig in sozialen Netzwerden zu finden und auch immer mehr Deutsche treten Networks wie Wer-kennt-wen, Facebook oder StudiVZ bei. Sie alle haben ein Profil im Netz und präsentieren sich mit Bildern, kurzen Texten, Blogartikeln oder Links. Wichtige Teile des gesellschaftlichen Lebens findet jetzt im Internet statt. Es wird viel Zeit dort investiert, die dann anderen Medienformen entzogen wird, z.B. der Lektüre von Zeitungen.

Besonders deutlich spiegelt sich dies im Sozialleben wider. Zu den sechs meistgenutzten Online-Medienangeboten in Deutschland zählen inzwischen fünf Social Networks. Was macht ihre Faszination aus.

Ist es ein flächiges Aufbranden des Narzissmus vor allem der jüngeren Generation? Ist es übertriebene Selbstliebe oder der Wunsch nach Persönlichkeitsbildung? Die Unterscheidung zwischen Internet und realer Welt ist für die meisten jungen Menschen nicht nachvollziehbar, zu sehr ist das Netz inzwischen Teil ihres realen Lebens.

Die Gesellschaft wandelt sich zunehmend zu einer digitalen Gesellschaft – Fahrkarten, Nachrichten, Steuererklärung – alles kann man bereits digital erledigen. Warum sollten auch soziale Kontakte nicht zunehmend über das Netz befriedigt werden? Entwicklungen von Konzepten zum Übertragen auch nonverbaler Kommunikationsfaktoren sind gar nicht so neu.

Eines der ersten Zeichen […] war die Entwicklung des Smileys als schriftliches Symbol einer ironisch gemeinten Bemerkung. Verständlich, denn ein hingeworfenes „Ja, klar“ kann je nach Betonung und Gesichtsausdruck auch das genaue Gegenteil bedeuten.

Die Webciety, d.h. Internetgesellschaft, benötigt inzwischn aber weitaus differenzierte Darstellungsmöglichkeiten als die Smileys. Schneller und aktueller müssen die verschiedenen Stimmungen der Persönlichkeit dargestellt werden und das Netz entwickelt entsprechende Tools.
Das Design des eigenen Blogs und Profils entspricht dem Modebewusstsein bei der Kleidung und sendet eben entsprechende soziale Signale, die gelernt werden müssen. Microblogs wie Twitter oder Statusmeldungen in Social Networks oder bei Skype entsprechen Mimik und Gestik, so Sasha Lobo, Autor des Beitrags im Tagesspiegel.

Sachliche Kommunikation, wo der andere nicht auch etwas von sich und seiner Persönlichkeit preisgibt, wirkt befremdlich und stört die Kommunikation. Auch Bilder sind hilfreich. Mensch will sich ein auch im Netz ein Bild vom anderen machen und so machen Bilder die virtuelle Welt ein wenig realer und schafft so eine Bindungsmöglichkeit.

Die Vielzahl der verschiedenen digitalen Schichten und Geschichten, die man jeden Tag aufs Neue im Netz hinterlässt, stellen unseren digitalen Teil der Persönlichkeit dar. Weil Persönlichkeit dort ausgedrückt werden möchte, wo Gesellschaft stattfindet.

Die Darstellung im Netz hat in dem Sinne wenig mit Narzissmus zu tun, sondern es geht um die Befriedigung eines der ältesten sozialen Bedürfnisse. Es ist die Frage, wohin gehört man in der Gesellschaft und die Social Networks helfen bei der Beantwortung dieser Frage in der digitalen Gesellschaft.

Warum jedoch haben so viele Menschen nicht nur eine einzelne, persönliche Homepage, sondern sind mit wechselnder Intensität in den vielen verschiedenen Netzwerken und Diensten zu finden? Sicherlich ist das zum Teil der verteilten Struktur des Internets gefunden. War es vor drei vier Jahren gut und hipp, sich in Foren und Chats darzustellen, tut man es heute bei Facebook oder StudiVZ. Die Treffpunkte ändern sich wie die Mode und alte Treffpunkte können schlechter erreichbar werden oder sogar ganz aus dem Netz verschwinden. Lobo sieht es aber als wahrscheinlicher an, dass das Social Net sich dem sich ständig neu erfindenen Menschen anpasst.

Das Social Network zieht immer mehr Menschen wohl auch deshalb in den Bann, weil sie hier mehr und mehr in einem größeren Radius Leute entdecken können, die die gleichen Interessen wie sie haben. Das Interesse an Austausch und sozialer Bestätigung können sie im Netz einfacher erhalten als im realen Leben. Das Netz spiegelt mehr denn je die gesamte Bandbreite menschlicher Gesellschaft wider und schafft es zunehmend, soziale Bedürfnisse seiner Nutzer erfolgreich zu befriedigen. Mehr denn je ist es ein großes Netzwerk von Menschen für Menschen und zieht somit Menschen in seinen Bann.

Quelle:
Lobo, Sascha: Weshalb meine Schuhgröße im Netz steht via Tagesspiegel.de
Warum sich Menschen im Netz präsentieren via Text&Blog

Opfer ihres Medienkonsums

Ich bin gerade dabei meine Feeds aufzuräumen und stolpere da hin und wieder über interessante Artikel, die bereits älter sind, aber die an ihrer aktuellen Aussage nichts verloren haben.

Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) soll belegen, dass Medienkonsum von Jugendlichen deren schulische Leistungen beeinträchtigt. Dazu vergleicht die KFN seine Forschungsergebnisse mit der PISA-Studie und kommt zum Ergebniss, dass die PISA-Verlierer aufgrund ihrer Mediennutzung schlechtere Schulleistungen erbringen.

Das KFN sieht deutliche Parallelen zu den Ergebnissen der drei PISA-Studien, bei denen im Vergleich bestimmter Schülergruppen erhebliche Leistungsunterschiede festgestellt wurden. Schwächer abgeschnitten haben Schüler mit Migrationshintergrund im Vergleich zu deutschen, Schüler aus sozial schwachen Familien im Vergleich zu Kindern und Jugendlichen aus Mittelstandsfamilien und der Norden im Vergleich zum Süden.

Das Forschungsinstitut erklärt anhan ihrer Daten diese Unterschiede durch unterschiedlichen Medienkonsum innerhalb dieser Gruppen. Bereits als Viertklässler ständen in den Kinderzimmern der vier PISA-Verlierergruppen Fernseher, Spielkonsole und Computer.

Die Zahlen:

PISA-Verlierer PISA-Gewinner
Im Besitz von Spielekonsolen:
Jungen 38 % Mädchen 16 %
Mit Migrationshintergrund 44 % deutsche Kinder 22 %
Eltern, beide mit Hauptschulabschluss 43 % Eltern, mind. ein Elternteil ist Akademiker 11 %
Im Besitz von Fernsehegeräten im Kinderzimmer:
Norddeutschland 42 % Süddeutschland 27%
10-Jährige mit Migrationshintergrund 52 % 10-jährige deutsche Kinder 32 %
Elternhaus bildungsfern 57 % Elternhaus bildungsnah 16 %

In Folge dieser Ausstattungsunterschiede bei Mediengeräten würden die PISA-Verlierer schon als 10-Jährige und später als 15-Jährige einen weit höheren und auch inhaltlich problematischeren Medienkonsum aufweisen als ihre bei PISA besser abschneidenden Vergleichsgruppen.

Diese Zahlen gewann das KFN bei Querschnittsbefragungen von 5.500 Viertklässlern und 17.000 Neuntklässlern. Die Aussagen des KFN stützen sich außerdem auf eine seit 2005 laufende Panel-Untersuchung von 1.000 Berliner Kindern. Dort werden in einem Experiment die Auswirkungen unterschiedlicher Freizeitbeschäftigungen auf die Konzentrationsleistung untersucht. Das KFN kommt zum Schluss:

Je mehr Zeit Schülerinnen und Schüler mit Medienkonsum verbringen und je brutaler dessen Inhalte sind, desto schlechter fallen die Schulnoten aus.

Die Lösung des Problems sieht das KFN darin, dass die Eltern darüber aufgeklärt werden, wie negativ sich extensiver Medienkonsum auf die Schulleistungen ihrer Kinder auswirkt. Außerdem muß ihrer Meinung nach das Medienrecht angepasst und verstärkt die Computer- und Mediensucht untersucht und erforscht werden.
Nicht beantwortet wird vom KFN die Frage, ob der hohe Medienkonsum nicht auch eine Folge der sozialen Situation sein könnte. Die klare Botschaft des KFN lautet:

“Bildschirmgeräte gehören nicht ins Kinderzimmer.”

Nun, was auch nicht angesprochen wird, ist die Tatsache, dass Medienkonsum eine Erziehungssache ist. Wenn bereits Eltern nicht kompetent mit Medien umgehen, wie sollen es dann die Kinder schaffen? Ein richtiger Umgang mit Medien muss erlernt werden.

Quellen:
Studie: PISA-Verlierer durch zu viel Medienkonsum, golem.de vom 15.02.2008
Pfeiffer, Christian et al.: Die PISA-Verlierer – Opfer ihres Medienkonsums, KFN, 2007