Verfemte Bücher auf dem Weg in die UB Augsburg

Ordnung muss sein. Aus der etwas chaotischen Sammlung von Georg Salzmann wird jetzt eine Bibliothek, Bücher, die fein säuberlich im Regal stehen werden. Ein Zuhause finden seine 12.000 Bände in der Teilbibliothek Geisteswissenschaften (TG) der Universitätsbibliothek Augsburg. Auszeichnen tut die umfassende Sammlung, dass nahezu alle Werke in der Erstausgabe vorliegen. Für 410.000 Euro wechstelte die umfassendste Privatsammlung der von Nationalssozialisten verfemten Bücher den Besitzer. Georg Salzmann, Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch und der Augsburger Uni-Vizepräsident Alois Loidl unterschrieben gestern endlich den Kaufvertrag.

“Was lange währt, wird endlich gut”, sagte Salzmann mit Tränen in den Augen. Zehn Jahre lang suchte der hochbetagte Mann nach einem würdigen Ort für seine Sammlung, die sich in seinem Lochhamer Einfamilienhaus bis unter die Decke stapelt. “Ich hatte gegen so viel Ignoranz und Desinteresse anzukämpfen, dass ich den Kram oft hinwerfen wollte”, rekapitulierte er und freute sich nun umso mehr, dass es nicht gelingen werde, “dieses Kulturgut aus dem Gedächtnis der Deutschen zu tilgen”.

In sechs Wochen beginnt die Reise der Bücher von Lochham nach Augsburg und wird dann neben den umfangreichen Sammlungen von Thomas Mann und Bertolt Brecht stehen. Viel Arbeit bedeutet das für die Unibibliothek, da Salzmanns Sammlung noch katalogisiert und inventarisiert werden muss. Ziel ist es, die Werke ab September über das Internet für Professoren und Studenten abrufbar zu machen.

Die Bücher sollen für etliche geplante Forschungsprojekte und kommentierte Neuauflagen zur Verfügung stehen. Schwerpunktmäßig soll die Sammlung für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden – damit, wie Ulrich Hohoff, Chef der Universitätsbibliothek sagte, “die Barbarei der Bücherverbrennung nicht in Vergessenheit gerät”. Die TG, die außer Sonntags täglich bis 24 Uhr geöffnet ist, wird regelmäßig Ausstellungen zu diesen Büchern gestalten und 8000 Werke werden in einer Präsenzbibliothek ständig zugänglich sein.

Ausschlaggebend für den Zuschlag an die Universität Augsburg war das durchdachte Konzept, betonte Minister Heubisch. Neben Augsburg bezeugten in den vergangenen Jahren unter anderem auch München und Nürnberg, wo die NS-Dokumentationszentren stehen, Interesse an der Sammlung. Kostengründe ließen beide Städte die Sammlung ablehen. Aber auch sie werden künftig trotzdem von der Sammlung profitieren. Duplikate sollen ihnen als dauerhafte Leihgaben zur Verfügung stehen.

Für den Ankauf der Sammlung legten die Augsburger Universität, das Wissenschaftsministerium und private Sponsoren zusammen. Einen Zuschuss gab die Augsburger Papier-Dynastie Haindl. Die meisten privaten Mittel sammelte jedoch der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner durch Buch-Patenschaften; auch er schien gestern erlöst von einer “Sisyphusaufgabe” zu sein.

Quelle:
Burtscheidt, Christine, Erstausgaben für Augsburg : Sammlung verfemter Bücher bereichert die Uni-Bibliothek via sueddeutsche.de

2 Kommentare

  • Dörte Böhner

    Hier noch die ausführliche Presseerklärung der Universitätsbibliothek zum Salzmann-Deal:

    “Bibliothek der verbrannten Bücher” mit großer Zukunft an der Universität Augsburg Universität Augsburg

    Solange kritische Bücher verboten sind, ist es ratsam, erlaubte Bücher besonders kritisch zu lesen.

    Werner Braun, (1951 – 2006), deutscher Aphoristiker, (Quelle)

  • Pingback: links for 2009-07-27 : Bibliothekarisch.de