Panzerung oder Mückennetz – Die DRM-Gretchenfrage von Matthias Ulmer

Die Ankündigung von libreka! in Zukunft auch hartes DRM anbieten zu können, hat wieder einmal die üblichen Milchtöpfe zum Überschäumen gebracht. Warum nur?

Warum sollten sich die Nutzer, die Leser, diejenigen, die damit arbeiten, nicht darüber aufregen? Warum sollen Menschen, die über ihren Tellerrand hinausschauen und gesehen haben, wie DRM gescheitert ist, nicht mit dem Kopf schütteln? Warum soll man nicht nach dem Geld fragen, dass da zum Fenster hinausgepulvert wird?

Ganz nüchtern betrachtet ist es doch ein Vorteil, wenn es bei DRM ein “mit” und ein “ohne” gibt. Dass also der, der “mit” DRM sein möchte “mit” sein kann, und der, der “ohne” sein möchte, “ohne”.

Das ist sicherlich von Vorteil für die Mutigen, die es wagen, sich ohne harte Panzerung den Mücken stellen. Die Panzerung wirkt ja oft abschreckend und ein Fliegengitter, z.B. in Form von forensischem DRM (personalisierte Wasserzeichen), hat auch einen schützenden Effekt. Es ist nur manchmal komfortabler. Eine Rüstung ist schwer, teuer und unflexibel. So ein Netzt stört wesentlich weniger, wenn das Ganze mal aus der Mode gekommen ist.
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Causa Darmstadt geht in die zweite Runde

Heute ist es “amtlich” geworden: Der Urheberrechtsprozess zwischen der Technischen Universität Darmstadt (TU) und dem Ulmer Verlag über das Recht der Bibliotheken, eigene Bestände zu digitalisieren und ihren Nutzern an elektronischen Leseplätzen in den Räumen der Bibliothek anzubieten, wird die Gerichte ein weiteres mal beschäftigen. Der Eugen Ulmer Verlag ist in Berufung gegangen. Er möchte verhindern, dass der TU Darmstadt und somit allen Bibliotheken generell eine Digitalisierung erlaubt wird.

In der ersten Instanz Mai 2009 wurde das 2008 neu geschaffene Recht der Bibliotheken auf digitale Kopie (§ 52b UrhG, Bibliotheksschranke) im Wesentlichen bestätigt. Dagegen wehrt sich die Verlagsseite weiterhin. Man scheint trotz Gesprächsangeboten der TU Darmstadt und des DBV keine gemeinsame Lösung des Konflikts finden zu wollen. Ein bereits vereinbarter Gesprächstermin wurde kurzfristig abgesagt. Ganz offensichtlich ziehen Verlag und Börsenverein eine gerichtliche Entscheidung einer friedlichen Lösung vor.

Die TU Darmstadt schätzt in ihrer Presseerklärung die Situation wie folgt ein:

Ein Teil der Verlagswelt, zu deren Sprecher sich der Ulmer-Verlag und der Deutsche Börsenverein machen, stellt sich damit einer generellen Entwicklung entgegen, die von den großen, international tätigen Verlagen auch in Deutschland längst erfolgreich in eigene Geschäftsmodelle umgesetzt worden ist.

Wenn der Dialog versagt, wird es kostspielig und man streitet sich vor Gerichten. Der Ulmer-Verlag schadet sich selbst, wenn er sich darauf einlässt. Es ist ja nicht so, dass die Bibliothek den Anspruch der Verlage auf eine angemessene Vergütung abstreitet, denn diese ist schließlich im Fall der elektronischen Leseplätze in Bibliotheken klar geregelt. Doch steht die Bibliothek auch in der Bringpflicht gegenüber ihren Studenten und Forschern, denn Wissenschaft benötigt einen möglichst schnellen und komfortablen Zugriff auf die von ihr benötigten Informationen.

Konkurrenzfähige Wissenschaft hängt von einem schnellen und freien Meinungsaustausch aber auch pluraler Vielfalt ab. Diese Vielfahlt bezieht sich auch auf die Existenz einer vielgestaltigen und nicht nur durch einzelne Großverlage dominierten Verlagswelt. Hierfür ist es wichtig, dass Verlage, Bibliotheken und Universitäten nicht gegeneinander arbeiten.

Hohe Barrieren für die elektronische Mediennutzungen schaden beiden: den Verlagen und der Wissenschaft.

Die TU Darmstadt wird sich stellvertretend für alle Bibliotheken und ihren Nutzern in Deutschland der rechtlichen Auseinandersetzung stellen. Dieses Urteil wird in Bezug auf die Auslegung des § 52b UrhG erheblich zur Rechtssicherheit beitragen und eine vom Gesetzgeber gewollte und in der wissenschaftlichen Arbeit längst selbstverständlich gewordene Nutzung digitaler Medien ermöglichen.

Es war klar, dass nach der Kritik am Urteil des LG Frankfurts in Sachen Ulmer vs. ULB Darmstadt dieses nicht unangefochten bleiben würde. Kritik kam sowohl von Seiten des Börsenvereins als auch des DBV. Etliche Blogs (Auswahl: Thomas Mike Peters, LG Frankfurt a. M. zur Reichweite des Bibliothekenprivilegs, Telemedicus; Dr. Eric Steinhauer, Darmstadt-Urteil zu § 52b UrhG ist online sowie USB-Stick und elektronischer Leseplatz, Bibliotheksrecht.de; BC Kaemper, Die Entscheidung des LG Frankfurts in Sachen Ulmer vs. ULB Darmstadt (Elektronische Leseplätze) liegt vor, Archivalia) haben sich zurecht teilweise kritisch damit auseinander gesetzt und besonders die Auslegung des § 53 UrhG bemängelt. Kopien erlaubt, aber warum dann nur analoge Kopien auf Papier? Schließlich macht das Gesetz an der Stelle keine explizite Unterscheidung.

Eric Steinhauer meinte heute bei Twitter dazu:

Ulmer will offenbar seine Niederlage in der nächsten Instanz vertiefen. […] Möglich, dass dann auch USB-Stick Verbot fällt.

Quellen
Feuck, Jörg: Urheberrechtsstreit zwischen der TU Darmstadt und dem Ulmer Verlag geht in die Berufung via idw
Darmstadt. Urheberrechtsstreit zwischen TU und Ulmer Verlag geht in Berufung via Echo Online

Was machen Buchcover in einem Katalog?

Momentan werden Bibliothekskataloge – auf neudeutsch – gepimpt. Meine Fage ist dabei immer: Wozu benötigt man eigentlich diese Buchcoveranzeigen in wissenschaftlich ausgerichteten Bibliotheken?

Im belletristischen, populärwissenschaftlichen Bereich sind die Buchcover ja wirklich oft ein Hingucker. Sollen sie dies sein, um den Verkauf anzukurbeln? Sollen sie einem erzählen, was einem im Buch erwartet, Phantasien wecken und dem Leser vorgauckeln, dass ganz viel Tolles in dem Buch steht? Dienen die Cover im Katalog der gleichen Aufgabe? Aufmerksamkeit wecken, verlocken, das Buch anzusehen, es zuentleihen, es zu lesen?

Seth Godin gesteht dem Cover genau diese eine wichtige Aufgabe zu. Das Cover soll anzeigen, dass das Buch wichtig ist und viel Inhalt hat.

It’s […] because if the book has maximum impact, then word of mouth is created, and word of mouth is what sells your product, not the cover.

Taktisch gesehen verkauft das Cover macht neugierig auf den Verlagstext auf dem Buchrücken. Die Infos auf dem Buchrücken sorgen dann dafür, dass das Buch in den Warenkorb wandert und verkauft wird.

If those steps end up selling a book that the purchaser doesn’t like, game over. So you have to be consistent all the way through and end up creating a conversation after the purchase.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie ein Cover diese Aufgaben bewältigen kann:

  • Ironie – signalisiert Wichtigkeit
  • Sichtbarkeit quer durch den Raum – wird bei vielen gesehen und macht neugierig, zu wissen, was es damit auf sich hat.
  • Ausgeklügelt – vermittelt die Vorstellung, dass der Inhalt des Buches Ihre Zeit wert ist.
  • Originell – denn warum sollten Sie ein Buch lesen, dass Sie schon kennen?
  • Clever
  • Lustig
  • Typisch – sollte das Genre wiederspiegeln oder wie ein anderes Buch, dass Ihnen gefiel, aussehen – typisch, aber nicht langweilig.

Kann diese Aufgabe über Cover im Katalog übernommen werden? Meisten kann man allerhöchstens erahnen, wie das Buch in Wirklichkeit aussehen könnte. Bei wissenshaftlichen Büchern sind die Cover manchmal nicht mal besonders hübsch und recht einfallslos, da sie nichht mehr zwecken dienen, als die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Serie anzuzeigen. Hm – bin ratlos… :naja:

Quelle:
Godin, Seth: The purpose of a book cover via Seth Godin’s Blog

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