Des Forschers Heiligabend oder: Deadline 24th December
Gerhard Frank
Frohes Fest
Es ist schon still im Institut,
sogar das Telefax jetzt ruht.
In sanftem Licht bei schwachem Scheine
stehen die Terminals alleine.
Schneeflocken fallen leis‘ und sacht‘,
weil das der Bildschirmschoner macht,
ganz lautlos über’n Monitor.
Kein Druckerschnarren dringt an’s Ohr,
nur die Standby-Diode brennt
und flackert leicht. Es ist Advent.
Da schließt der Forscher ohne Eil‘
g’rad‘ noch sein letztes Backupfile.
Und als er legt die Akten hin,
geht ihm so manches durch den Sinn.
Er denkt an die Vergangenheit:
„Von wegen gute alte Zeit!
Manch‘ Stund‘ hat man mit Zeug verbracht,
das heut‘ der Rechner ruck-zuck macht.“
Er denkt mit mitleidsvoller Mine
an Blaupapier und Schreibmaschine
und an das Warten auf die Post –
wochenlang von West nach Ost.
Heut‘ mit dem Fax, da geht das fix,
und E-Mail erst: null-komma-nix,
schon sind die Daten über’n Bus.
So kommt er zu dem festen Schluß:
„Heut‘ hat man’s besser, keine Frage!“
Und jetzt geht’s in die Feiertage.
Er hatte sich fest vorgenommen,
nicht allzu spät nach Haus zu kommen.
Heiligabend muß vor allen Dingen
ihm Ruhe und Erholung bringen.
Doch als er sich zum Heimgeh’n wandt‘,
fällt ihm sein Schlüssel aus der Hand.
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