Europeana – Inhalte werden gebraucht
Die erste Lektion, die ich gelernt habe, als es 2000 darum ging, meine erste Homepage zu gestalten, war: Bring Inhalte auf deine Seite. Wenn du nix zu sagen hast, dann lass es. Niemand interessiert sich für deine Lebensgeschichte und deine liebe Katze, wenn du nicht Inhalte auf deiner Seite hast. Deshalb war es für mich auch wenig verwunderlich, dass die Europeana ziemlich erfolglos geblieben ist. Schon der Start lief ja alles andere als reibungslos, aber zumindest blieb der Name in der Erinnerung. Doch als dann alles lief, fehlten Inhalte, die von Otto-Normalbürger in einer digitalen Bibliothek schon mal so erwartet werden – Volltexte, Bilder, Tondateien und eher weniger irgendwelche Nachweise.
Derzeit enthält die Europeana 4,6 Millionen digitalisierte Werke, darunter Bücher, Zeitungen, Filme und Fernsehsendungen, aber auch Gemälde, Fotos und Karten sowie Musik, auf die jedoch nicht von jedem Land aus zugegriffen werden kann. Bis Ende des Jahres sollen 10 Millionen Werke sein und 2015 erwartet man eine Bibliothek mit 15 Millionen digitalen Medien. Doch bis dahin ist noch viel zu tun.
Auf einer gestrigen Sitzung wurde zum Auffüllen der Bibliothek mit Inhalten gefordert, dass alle beteiligten Länder und Institutionen enger zusammenarbeiten. Im Bericht der deutschen Europaabgeordneten Helga Trüpel (Grüne/EFA), der einstimmig vom Kulturausschuss des Europäischen Parlaments angenommen wurde, wird gefordert, dass die Mitgliedstaaten dem Portal unter Wahrung des Urheberrechts mehr Bücher, Karten, Filmausschnitte und Photos zur Verfügung zu stellen. Inhalte zu speichern und zugänglich zu machen, dürfte sich schwierig gestalten, denn momentan werden in vielen Ländern die Urheberrechte verschärft, Schutzfristen verlängert und digitale Kopien und der Zugang dazu erheblich erschwert.
Zurück zur inhaltlichen Komponente: In der Europeana, die als Gegenentwurf zu Google Books gesehen wird, soll Europas kulturelles und wissenschaftliches Erbe allen kostenlos im Internet zugänglich gemacht werden. Die Zahlen zeichnen jedoch ein düsteres Bild. So kann man über das Portal nur 5% aller digitalen Bücher erreichen.
Auffällig ist auch die unterschiedliche Beteiligung der einzelnen Teilnehmer. Von diesen 5% Büchern stammen 47% aus Frankreich, 16% aus Deutschland und je 8% aus Großbritannien und den Niederlanden.
Aus rechtlichen Gründen darf das Portal keine vergriffenen Bücher (90% der Inhalte nationaler Bibliotheken) oder „verwaiste Werke“, deren Autoren nicht ermittelt werden können (10-20% nationaler Sammlungen), beinhalten.
Hier bedarf es großer Anstrengungen seitens der Regierungen und Kultureinrichtungen. Außerdem sollte man beim Einstellen von Inhalten auf die Seite den Zugang nicht auf das Staatsgebiet eines Landes beschränken. Auch forderten die Abgordneten, dass mehr Audio- und Videomaterial online gestellt werden. Vorrang dabei sollten solche Werke haben, die leicht Schaden nehmen.
Die großen Anstrengungen sind besonders notwendig, um kein Wissensgefälle zwischen Europa und Nicht-EU-Mitgliedern und vor allem im Vergleich zu den USA entsteht. Auch Wettbewerbsnachteile müssten vermieden werden. Es wurde deutlich gemacht, dass die Europeana hauptsächlich für Bildungs- und Forschungszwecke dienen soll.
Urheberrechte und das geistige Eigentum sollen beachtet werden. Ein rechtlicher Ausweg könnte eine erweiterte kollektive Verwertung darstellen, um so einen Zugang zu urheberrechtlich geschütztem Material zu ermöglichen.
Durch eine Finanzierungs- und Werbekampagne („Join Europeana“) soll hier Vertrauen in die digitale Bibliothek geschaffen und eine Finanzierung gesichert werden. Der Erfolg der Europeana hängt maßgeblich auch von der Finanzierung ab. Hier müssen die Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten und eine Basis schaffen, mit der die Europeana auch gegenüber Google bestehen kann. Google Books schafft derzeit ein Register für Buchrechte, in dem Autoren und Herausgeber Werke registrieren und an institutionellen Abonnenten oder Buchverkäufen mitverdienen können sollen. Rechtlich steht dies jedoch momentan auf wackeligen Füßen.
Das Europäische Parlament warnt in seinem Bericht, dass die Verbreitung von Wissen im Internet nicht allein in den Händen privatrechtlicher kommerzieller Unternehmen liegen dürfe.
Eine Finanzierung über Werbung, wie dies bei Google Books der Fall ist, wird ebenfalls abgelehnt. Man will mit öffentlichen Mitteln und nicht mit Werbung ein Gegengewicht zum amerikanischen Angebot setzen, um „unser europäisches Gesellschaftsmodell und unsere kulturelle Vielfalt“ zu verteidigen, so Trüpel.
Bereits im letzten Jahr deutete Viviane Reding, damals für Informationsgesellschaft und Medien verantwortlich, an, dass man in Europa umdenken müsse und man an einer eigenen Form eines Buchregisters arbeite. Auch eine Zusammenarbeit zwischen Google, nationalen Bibliotheken und Europeana dachte sie an, um so eine Monopolbildung zu verhindern.
Die Europaabgeordneten unterstützten gestern die Absicht der Kommission, ein einfaches, kosteneffizientes Rechteverwertungssystemzu schaffen. Sie forderten die EU-Exekutive zudem dazu auf, einen Gesetzentwurf über Digitalisierung, Erhalt und Verbreitung verwaister Werke zu entwickeln sowie eine einzige europäische Datenbank einzurichten.
Der Europäische Verlegerverband (FEP) teilte mit, dass man an einem Netzwerk von Datenbanken über vergriffene und verwaiste Werke arbeite.
Dieses Projekt heißt ARROW und soll helfen, die Klärung von Rechten zu vereinfachen. Nutzen können diese Datenbank Bibliotheken und sogar Google.
Über den Bericht der Europaabgeordneten Helga Trüpel soll im April im Plenum abgestimmt werden.
Mehr dazu:
Bericht
Empfehlungen
Quellen:
Digitale Bibliothek Europeana: EU-Parlamentarier für besseren Zugang zum europäischen Kulturerbe auf den Seiten des Europäischen Parlaments
Online-Bibliothek der EU braucht „mehr und bessere“ Inhalte auf EurActiv
Pluta, Werner: Europaparlament: Schneller digitalisieren für die Europeana