Eine E-Book-Ecke in der Bibliothek – eine gute Idee?
Der Vorschlag richtet sich an Öffentliche Bibliotheken. Mary Minow, Bibliothekarin aus den USA und Autorin des LibraryLaw Blogs, schlägt vor, in der Bibliothek eine Ecke mit E-Book-Readern einzurichten. Diese sollten mit Bestsellern bestückt sein und kostenlos von Verlagen oder Händlern für die Nutzung in der Bibliothek zur Verfügung gestellt werden.
Ihrer Meinung nach läge der Vorteil für die Händler/Verleger darin, dass viele Leser E-Reader und ihre E-Book-Formate ausprobieren können. Da es ziemlich schwer ist, so ein Buch in einer Sitzung zu lesen, werden wohl viele Bibliotheksbesucher zu E-Book-Konsumenten. Außerdem würde das Image der Händler/Verleger verbessert, da sie als großzügige Spender der Öffentlichkeit bekannt werden.
Damit würde die Bibliothek zur Werbefläche von Verlagen und E-Book-Händlern. Wäre das wirklich wünschenswert für die Bibliothek? Was wäre der Vorteil für die Bibliotheken? Die Bibliotheksnutzer können natürlich E-Books und E-Reader ausprobieren. Sie können die aktuellsten Bestseller in einer angenehmen Umgebung lesen. Leser, die sich den Kauf von E-Books und Lesegeräten nicht leisten können, melden sich deshalb in der Bibliothek an, wo sie ohne Einschränkungen das Buch in der Bibliothek lesen können, beispielsweise nur eingeschränkt durch die Öffnungszeiten der Einrichtung.
Brian Herzog äußert sich sehr kritisch zu der Idee. Jedes E-Book-Modell, welches nicht auch eine Möglichkeit für Bibliotheken beinhaltet, E-Books zu verleihen, so dass Leser sie in Ruhe genießen können. Und wenn dies nicht nach den Regeln der Bibliothek möglich ist, so ist das sicherlich nicht gut für Bibliotheken und Bibliotheksnutzer.
Er hat recht, wenn er sagt:
I think libraries should be a complete resource in and of themselves, with patrons getting materials from us that they can use in a way that fits their needs.
Aber genau das scheint mit Angeboten wie den UTB-Studi-e-Books oder den E-Book/-Readern einer E-Book-Ecke in Bibliotheken passieren. Bibliotheken werden zu einem Show-Room, in dem Anbieter ihre Produkte glänzend präsentieren, um dann den Nutzern der Bibliothek damit Geld aus der Tasche zu ziehen. Das hat nichts mehr mit der Aufgabe der Bibliotheken zu tun, den Bürgern eines Landes Zugang zu Informationen zu gewähren. Wo ist da der Mehrwert für Bibliotheksnutzer, wenn sie einzig dazu dienen, den Menschen die Möglichkeit zu bieten, Geräte/Hardware auzuprobieren?
I do see the value in letting people try out devices before they buy, but libraries aren’t about devices (be it an ereader, printed book, DVD, whatever) – we’re about the information those devices contain (as an analogy, we don’t loan out Blu-ray players to let patrons test them to see if it’s worth buying).
Wichtiger ist, dass solange der Markt um die E-Books sioch noch nicht gefestigt hat, Bibliotheken um Modelle kämpfen, die auch Raum für die Aufgaben der Bibliotheken lassen, ihren Lesern Informationen zu liefern und ihre Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen.
In dem Sinne, Bibliotheken als Erfüller alter Geschäftsmodelle einzusetzen, in dem sie als Werbefläche für Verkaufsmodelle herhalten sollen, sind die E-Book-Ecken meiner Meinung keine gute Idee. Was diese Ecken sicherlich nicht schaffen werden, ist es, neue Leser in die Bibliothek zu locken, die auf Grund zu enger Öffnungszeiten bisher nicht gekommen sind oder eben deshalb fernbleiben, weil sie nicht lesen. Wenn es darum geht, technikaffine Menschen anzulocken, fürchte ich, reichen E-Reader nicht aus, weil diese Menschen so ein Gerät unter technischen Gesichtspunkten anschauen und dann kaufen. Sie kommen deshalb vielleicht nur ein einziges Mal in die Bibliothek, um sich über die Geräte zu informieren und dann sind sie wieder weg. Hier greift das Modell zu kurz. Für sie würde die Bibliothek nur Sinn machen, wenn sie die Inhalte kostenlos liefern könnte.
Quelle:
Minow, Mary: Ebook corner in library – good model, LiberaryLaw Blog
Bibliotheken zu Showrooms für eBook-Reader verkommen zu lassen, ist sicherlich keine gute Idee. Dass die Zukunft digital ist, daran besteht kein Zweifel. Aber ich denke, dass man speziell in Deutschland noch 5-10 Jahre Zeit hat, um an neuen Konzepten zu feilen.
Diesen Artikel mit Präsentation zur Zukunft der Bibliotheken finde ich sehr interessant
http://librarianinblack.net/librarianinblack/2010/08/future.html
Die Zukunft ist digital, aber dass Bibliotheken Zeit haben, noch 5 – 10 Jahre zu warten, um an Konzepten zu pfeilen, sehe ich nicht so. Se müssen jetzt Ideen entwickeln, um nicht wieder hinterher zu hinken. Außerdem sind auch in dieser wunderbaren Präsentation Punkte angesprochen worden, über die wir als BibliothekarInnen heute sprechen müssen miteinander und mit den Verlagen, gerade wenn es um die Gestaltung von Rechten und virtuellen Räumen geht. Das hat keine Zeit mehr. Da werden die Weichen heute bereits gelegt durch Formate und Rechte im digitalen Raum und in der Gesetzgebung. Sicherlich haben wir keine Glaskugel, aber Vorausdenken schadet nie, um gewappnet zu sein und auf Entwicklungen Einfluss nehmen zu können, bevor sie in die falsche Richtung laufen. Das IST zu aktzeptieren wie mit der Onleihe, halte ich für den falschen Weg.