Buchpiraterie in dramatischen Ausmaßen

Die Musikindustrie hat stark über illegales Kopieren geklagt, aber seit es passende, bezahlbare und nicht mehr zu restriktives DRM-geschützte Angebote gibt, ist es irgendwie ruhiger. Verlagen hingegen drohen derzeit auch unruhige Zeiten. Einer neuen Studie zufolge sind immer mehr Kopien von Büchern und Zeitschriften im Netz zu finden, wobei es sich vor allem um teure wissenschaftliche Literatur und Belletristik-Bestseller handelt. Laut einer Untersuchung zur “Ebook-Piraterie in Deutschland” gibt es immer mehr illegale Ebook-Seiten, die Interessierten gratis hunderttausende raubkopierte Büchern anbieten und die Seiten wachsen rasant. Erhältlich in “Piratenforen” sind neben teurer wissenschaftlichen Literatur und Belletristik-Bestsellern auch Hörbücher und eingescannte Zeitschriften und Zeitungen.

Hinter dem Nickname “2nicegirl” steht ein eifriger Internetfreak, der Medizinfachbücher und auch Lehrbücher, die bis zu 30 Euro kosten, einscannt und sie zum Gratisdownload ins Netz stellt. 1440 Buchtitel verschiedener Verlage hat er so bisher veröffentlicht. Hier kann man deutlich von krimineller Energie sprechen und zeigt, dass das Problem der illegalen Kopien in digitaler Form jetzt die Verlage erreicht. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass dieses Problem ein sehr Neues ist. Es wird jetzt als Rechtfertigung für die heftigen Reaktionen einer verunsicherten Branche genutzt.

Aussagekräftig ist doch schon diese Aussage:

Schon heute seien die wirtschaftlichen Schäden für Thieme zwar schwer zu beziffern, aber auf alle Fälle „sehr gravierend“.

Es ist nicht zu beziffern? Man kann also nur vermuten, wie hoch der Schaden ist und die Inidizien müssen ungefähr abschätzen lassen, wie hoch der Schaden ist, wenn man von “sehr gravierend” spricht. Doch dann könnte man dies sicherlich anders belegen, als zu sagen, “aber auf alle Fälle”.

Dass Deutschland erst am Anfang einer “Piraterie-Entwicklung” steht, leigt einerseits daran, dass technische Geräte erst seit kurzem auf dem deutschen markt zu finden sind bzw. die Tablet-PCs sich erst so langsam durchsetzen. Erst seit letztem Jahr sind diese Geräte in nennenswerter Menge im Handel und befeuern damit einen Markt, der Interesse an bezahlbaren oder kostenlosen E-Books. Wo es Nachfrage gibt, gibt es auch jemanden, der für deren Befriedigung sorgt. Studienautor Manue Bonik warnt vor einem “wirklich” dramatischen Wachstum von Internetpiraterie und fürchtet, dass viele Veralge noch gar nicht ahnen, was da auf sie zukommt.

Angebote, die digital vorliegen, wie die E-Paper-Version des Nachrichtenmagazins “Spiegel”, sind häufig schon kürzeste Zeit später auf etlichen illegalen Portalen im Internet zu finden. Interessant ist die Sprachwahl, dass dann gleich mehrere Hundertausende sich den Spiegel herunterladen.

Verlage können die Raubkopien nur eindämmen, nicht jedoch ganz erhindern. Die Methode der Urheberrechtsverletzer ist es, die Printprodukte mit recht hoher Qualität einzuscannen. Schwierig ist es jedoch, diese notorischen Rechtsbrecher aufzuspüren und haftbar zu machen. Meist kennen sich diese Menschen recht gut aus im Internet und wissen daher, wie sie sich tarnen können, d.h. ihre IP-Adressen verschleiern können.

Ein Empfehlung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ist unter anderem auf die Sensibilisierung von Jugendlichen für die Bedeutung des geistigen Eigentums. Zudem sollten Verlage ihre Produkte durch digitale Wasserzeichen „psychologisch“ schützen. Die Verlage werden aber aktiv bei der Verteidigung ihrer Medien:

Die am meisten verwandte Waffe besteht darin, Experten wie Bonik und seinen Kollegen Andreas Schaale zu beauftragen, das Internet mit Suchalgorithmen nach den illegalen Dateien zu durchsuchen – eine Sisyphusarbeit, denn die Plagiatoren arbeiten wie emsige Bienchen, in hoher Geschwindigkeit laden sie bisweilen die Titel, die an der einen Stelle vernichtet wurden, an anderer Stelle wieder hoch.

Kleine Anmerkung, wenn diese Studie von Experten für die Verfolgung von Raubkopierern geschrieben wurde, so muss man ihnen ein wirtschaftliches Eigeninteresse unterstellen, die Bedrohung durch Raubkopierer als sehr hoch einzuschätzen.

Wenn eine Raubkopie gefunden wurde, fordern die “die Spürhunde” die Betreiber der dazu gehörenden Website zur umgehenden Entfernung der Raubkopie auf und können sich in den meisten Fällen auf die Kooperation der Filehoster verlassen. Ihnen droht keine Strafe, da sie nur die Plattformen zum hoch- und herunterladen von Daten zur Verfügung stellen. Für die Inhalte sind die Nutzer selbst verantwortlich.

Von den Erfahrungen der Musikindustrie weiß man, dass nicht jeder, der ein E-Book illegal herunterlädt, dieses auch tatsächlich sonst gekauft hat. Dennoch geht es für die Verlage um sehr viel Geld, wie die Kallkulation des Hörverlages zeigt.

Mehr als 165.000 illegale Download-Angebote einer Harry-Potter-CD verzeichnete das Münchner Unternehmen innerhalb von nur einem Jahr. „Hätten nur ein Prozent der mutmaßlichen Downloader die CD rechtmäßig erworben, hätte der Handel mindestens 750.000 Euro mehr Umsatz gemacht“, rechnet Stephanie Häger aus der Lizenzabteilung des Hörverlags vor.

Die Kopierer selbst, die eine illegale Kopie erstellen, bieten diese meist kostelos an. Auch die Prämien, mit denen Websitebetrieber Raubkopierer locken, sind nicht so hoch, dass sie als Lebensgrundlage ausreichen würden. Von einem finanziellen Reibach kann also für die Kopierer keine Rede sein.

Internetspürhund Schaale vermutet,

dass es sich um gelangweilte Bibliothekare in Uni-Bibliotheken handele, sagt er. Im besten Fall verfolgten diese das Ziel, der Welt freien Zugang zu Wissen zu vermitteln.

Die möchte ich persönlich kennenlernen, wenn es sie denn gibt. Das zeigt mal wieder, welches Bild Verlage auf BibliothekarInnen haben. Kein Wunder, dass ich immer wieder das Gefühl habe, dass Verlage kein Interesse an sachlichen Gesprächen mit den Bibliotheken haben und die E-Book-Angebote für Bibliotheken mehr als nur dürftig sind. Es scheint ein großes Interesse zu bestehen, Bibliotheken als Wissensvermittler komplett auszuschließen oder sie mit E-Book-Angeboten wie von UTB zu Vertriebsplattformen umzuwandeln. Hier ist auch eine Frage nach den Verlagsmitarbeitern wohl erlaubt, die schließlich an der digitalen Quelle sitzen.

Die größte Gruppe der Kopierer ist bei internetaffinen Youngstern zu suchen, die aus Gründen der “Ehre und Anerkennung in der digitalen Welt” eine sportive Veranstaltung daraus machen, in kurzer Zeit möglichst viele Downloads ins Netz hochzuladen.

Zur Studie:
Gutenberg 3.0 – Ebook-Piraterie in Deutschland

Quellen:
Download-Piraten entern nun die Buchverlage, Welt online
Studie: Dramatische Ausmaße bei Kopien von Büchern im Internet, Standard.at

16 Kommentare

  • Marek

    Wenn ich lese, dass der Börsenverein des Deutschen Buchhandels “die Sensibilisierung von Jugendlichen für die Bedeutung des geistigen Eigentums” empfiehlt, si frage ich mich, ob das nicht genau der falsche Weg ist oder besser vielleicht: ob es nicht noch eine andere Möglichkeit, einen anderen Weg gibt. Mit anderen Worten: Warum stellt man sich in den Verlagen, aber auch bei den Autoren nicht einmal grundlegend die Frage nach dem geistigen Eigentum und seiner Bedeutung, warum klebt man hier noch immer am “Ich-habe-das-gemacht” wie eine Made am Speck. Diese ganzen dahinterliegenden Subjektvorstellungen, die mehr als nur latente Genieästhetik, all das macht es uns doch nur unendlich viel schwerer. Warum bieten die Autoren und Verlage nicht einen Teil ihrer Literatur oder alles frei kopierbar an? Und mehr noch? Warum schreiben Autoren noch immer abgeschlossene Werke? Warum keine Remixe wie in der Musik, warum keine offenen, weiterschreibbaren und zum aktiven verändern einladenden Texte? Das würde sensibilisieren – für die Sache an sich – und nicht für die nur allzu oft dahinter stehenden kommerziellen Interessen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich bin sehr wohl der Meinung, dass man die Leistung eines Autors, Musikers oder Wissenschaftlers sehr wohl schätzen sollte, aber warum versuchen wir nicht Kunst und Kultur mal anders zu denken, nein, besser, sie anders zu produzieren, zu vertreiben und zu rezipieren? Ich habe gerade einen kleinen Prosa-Band gelesen (online). Das Buch heißt “Formenverfuger / Formenverfüger” und ist – in der gedruckten Version wie in der digitaln – mit einer Creative Comons Lizenz versehen, die das Kopieren nicht nur erlaubt, sondern – unter gewissen Bedingungen – sogar erwünscht. (Das komplette Buch findet sich hier)
    http://www.archive.org/details/FormenverfugerFormenverfger.StckeAusProsa
    Überdies gibt es in dem Buch einen Prosatext, den der Autor nur begonnen hat, nach zwei Seiten aber abbricht und sich mit folgenden Worten an den Leser wendet: “Genug gelesen. Schreib’ den Text selber weiter, verändere ihn, bau ihn an anderer Stelle ein, nimm ihn auseinander und montiere ihn neu, zerstöre ihn und lass ihn lebendig werden…”
    Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

  • Phelan

    Wusste gar nicht, das ein HP-Hörbuch über 400 Euro kostet…

  • Als Autoren von Büchern und Benutzer von Bibliotheken, die wir fast lebenslang sind, liegt uns nichts ferner, als Bibliothekare als Berufsgruppe pauschal zu diskriminieren. Bei der mickrigen finanziellen und personellen Ausstattung deutscher Bibliotheken einerseits und den Anforderungen an diese andererseits weisen wir den Verdacht natürlich weit von uns, dass es sich bei Postern wie tot167 um deutsche Bibliothekare handelt.

    Aber bei unseren Analysen, speziell im Fachbuchbereich, sind uns einzelne Poster aufgefallen, die eine fünfstellige Anzahl von Büchern “veröffentlicht” haben, teilweise mehrere hundert Bücher pro Tag unter demselben Nom de guerre. Frage: Wer hat Zugang zu solch einer Menge von sehr teuren Fachbüchern unterschiedlichster Richtungen und unterschiedlichster Verlage? Wer hat Zugang zu solch professioneller Kopiertechnologie, wie sie bei der Menge und der (hohen!) Qualität der Posts sichtbar wurde? Wer anders als Bibliothekare? Allenfalls an bibliophile und philantropische Millionäre könnte man denken, die sich all die Bücher besorgen und dann von einer größeren Gruppe von bezahlten Angestellten scannen und veröffentlichen lassen – seit Jahren. Oder vielleicht Marsmenschen?

    Bonik/Schaale
    (Autoren der Studie “Gutenberg 3.0 – Ebookpiraterie in Deutschland”)

    • Dörte Böhner

      Mehrere hundert Bücher pro Tag werden hochgeladen? Bei dem Aufwand, den ich beobachtet habe in den Digitalisierungseinrichtungen von Bibliotheken, halte ich diesen Vorwurf für unhaltbar. Da muss schon eine ganze Abteilung gegen das Urheberrecht verstoßen und dies ließe sich kaum unter Verschluss halten.

      Die Menge der Digitalisierung spricht für automatisierte Digitalisierungsverfahren, wobei dies durch Bibliotheken outgesourct wird. Dafür steht, soweit ich das deutsche Bibliothekswesen kenne, nicht genügend Personal zur Verfügung.

      Direkt an der Quelle sitzen aber auch Datenbankanbieter, die Zugang zu entsprechende Materialien verschiedener Verlage besitzen. Vielleicht stecken hinter dem Synonym wie tot167 auch Mitarbeiter von Verlagen oder Druckereien. – Hier komme ich genauso in den Bereich der Spekulation wie Sie.

      Ansonsten muss ich auch Benjamin zustimmen, der zurecht anmerkt, dass sehr viele Menschen Zugang zu den Büchern der Bibliotheken haben (was ja ihre Aufgabe ist: Zugang zu Informationen zu gewähren).

      Natürlich kann ich schwarze Schafe nicht ausschließen, aber pauschalisierte Vorwürfe und Spekulationen halte ich für unseriös.

  • Benjamin

    @Bonik/Schaale: Zu diesen Mengen an E-Books hat jeder Nutzer einer Bibliothek Zugang, die die E-Books lizensiert hat, im Fall einer großen Universitätsbibliothek also mehrere 10.000 Menschen. Verglichen damit ist die Zahl der Bibliothekare in der jeweiligen Einrichtung verschwindend gering. Wissen Sie das nicht oder ignorieren Sie es, weil es sich dann leichter diffamieren lässt?

    Und “professionelle Kopiertechnologie”, die es speziell in Bibliotheken gibt – was habe ich mir darunter vorzustellen?

  • @Benjamin: Es geht nicht um den Zugang zu lizensierten Ebooks. Wir beobachten ständig, dass die von den Piraten verbreiteten Ebooks nicht einfach die von den Verlagen selbst angebotenen Ebooks sind, sondern offensichtlich eigens neu am Edelscanner hergestellt werden, mithin in Formaten (z. B. DJVU statt PDF), die der Verlag selbst nicht verwendet, und mithin Bücher, die der Verlag selbst gar nicht als Ebook anbietet.

    @Dörte Böhner: Was für Datenbankanbieter meinen Sie? – Mitarbeiter von Verlagen oder Druckereien halte ich für ausgeschlossen. Manche Piraten verfügen über ein großes Spektrum von topaktuellen Büchern unterschiedlichster Verlage und Fachrichtungen, und die Verlage ihrerseits lassen doch an sehr unterschiedlichen Orten drucken.

    Man könnte noch konstruieren, dass da seit Jahren mehrere sehr disziplinierte Studentengruppen unterschiedlichster Fachrichtungen unterwegs sind und routiniert immer sofort Zugriff auf die Neuzugänge in den Bibliotheken sowie auf (mehrere) hochwertige Scanner haben. Oder doch philantropische Millionäre?

    Zumindest die Equipment-Frage dürfte sich demnächst nochmal ganz anders stellen, wenn erstmal Konsumer-Buchscanner wie der ION Booksaver auf den Markt kommen (soll ja bald soweit sein). Dann wird wohl (auch) Ebook-Piraterie endgültig Volkssport. Ob das, jenseits der Rechte-Fragen, wünschenswert ist, sei dahingestellt – aus Qualitätsgründen. Man will ja nicht – wie heutzutage mit schlecht gerippten MP3s – von allen Seiten mit unvollständigen, krummen und vereselohrten Ebooks zugeworfen werden (beinahe hätte ich jetzt eine Bemerkung über Google Books gemacht).

    Und hier erkennen Sie bitte auch das Kompliment, das wir den Bibliothekaren (?) gemacht haben: Wer immer die Täter sind, es handelt sich offensichtlich um Buchprofis!

    Manuel Bonik

  • Sehr geehrte Damen und Herren,

    jetzt noch eine Frage: Stimmt, was ich auf
    http://www.onleihe.net/index.php?id=12
    lese, oder habe ich Halluzinationen?

    Man kann da bei x Bibliotheken Files runterladen, um sie dann – natürlich keinesfalls gerippt – “zurückzugeben”?!

    Das würde natürlich vieles erklären.

    Verdattert,

    Manuel Bonik

    • Dörte Böhner

      Sehr geehrter Herr Bonik,

      dank des bei der Onleihe eingesetzten DRM werden aus elektronischen Medien welche mit analogem Verhalten. Die Mediendateien können nach Ablauf der “Leihfrist” nicht mehr geöffnet werden und dann gilt das Medium automatisch als zurückgegeben. Das ist ein ganz legaler Service, bei dem Bibliotheken irgendwie in die Lage versetzt werden, ihren Kunden für teures Geld hochwertige digitale Medien zur Verfügung zu stellen.

      Schönen Montagmorgen

      Dörte Böhner

  • Dörte Böhner

    Hallo Herr Bonik,

    zu Ihrem anderen Kommentar: Ich habe ja gesagt, dass man bei Datenbankanbietern und Verlagsmitarbeitern genauso in das Reich der Spekulationen abdriftet wie bei Bibliothekaren und natürlich glaubt jeder, dass es in seiner Branche keine schwarzen Schafe geben kann.

    Die Kritik in meinem Beitrag richtete sich aber gerade gegen diese ausgesprochenen Spekulationen und die damit verbundene pauschalisierten Kriminalisierung einer bestimmten Berufsgruppe.

    Bei der Musik zeigte sich ja, dass es vereinzelt Studiomitarbeiter waren, die Musik vor dem Verkaufsstart in P2P-Börsen hochluden und bei Filmen waren es z.T. die Firmen, wo die Filme für die Kinos kopiert wurden.

    Das zweite ist, wenn Sie glauben, durch eine mögliche neue Technik, würde ein Volksport daraus, Bücher zu digitalisieren und illegal zum Download angeboten, dann sollte dies doch die Verlage antreiben, ein attraktives digitales Angebot anzubieten. Wenn ich Qualität preiswert (nicht zu verwechseln mit billig) zu kaufen bekomme, dann kaufe ich doch lieber, als eventuell schlechte PDF-Scans ohne OCR in mühsamer Sucherei zu besorgen.

    Ihre Argumente in Bezug auf Hardware und Zugang angeht: Studierende haben Zugang zu guten Scannern, aber um hunderte Bücher in kürzester Zeit zu scannen, steht auch immer noch ein Zeitfaktor dem ganzen gegenüber und so schnell sind die Scanner nun noch nicht. Vielleicht fehlt mir einfach die kriminelle Fantasie oder der Anreiz, so etwas zu tun.

    Ansonsten: es gibt Komplimente, auf die man gerne verzichtet, wenn dadurch nicht ein falsches Bild bei denen entsteht, mit denen man eigentlich auf Augenhöhe zusammen arbeiten möchte.

  • Dörte Böhner

    Interessant in dem gesamten Zusammenhang Piraterie sind auch die Kommentare zu Johannes Haupts Beitrag #9 Deutscher eBook-Markt, Piracy auf Lesen.net, wo auch deutlich nochmal eine Auseinandersetzung mit dem falschen Verständnis von DRM passiert, welches den Verlagen vorgauckelt, es handele sich dabei um einen sicheren Schutzmechanismus.

  • Sehr geehrte Dörte Böhner,

    unter 8. halten Sie DRM für sicher, unter 10. für nicht? Letzteres ist richtig. Es gibt im Internet massenhaft Anleitungen und Software, um DRM zu knacken. Und es reicht ja, wenn ein einziger Pirat das dann auch macht.

    Wir haben es inzwischen auch überprüft und festgestellt, dass etliche Bücher auf Piratenseiten tatsächlich aus der Quelle onleihe kommen.

    Viele andere, zumal englische nicht. Aber da ahne ich doch stark, dass es englischsprachige Pendants zu onleihe gibt. Kennen Sie welche?

    Im übrigen möchte ich nochmals betonen, dass wir keinesfalls Feinde der Bibliothekare sind. Und uns auch eher Gedanken darüber machen, wie sich Seiten wie library.nu oder avaxhome.ws oder wiredshelf.com auf die Zukunft Ihres Berufsstandes (vom Rest der Buchbranche mal ganz abgesehen) auswirken werden. Das Optimistischste, was mir dazu bislang eingefallen ist, ist die Vermutung, dass die Leute irgendwann so zugeschmissen sind mit Material, dass sie schließlich verstärkt Fachkräfte zur Beurteilung seiner Qualität brauchen.

    Freundliche Grüße,

    Manuel Bonik

    • Dörte Böhner

      Hallo,

      ich habe eine sehr dezidierte Meinung zu DRM, welches Thema in meiner Magisterarbeit war. Um es kurz zu sagen, DRM meiner Meinung nach ist alles, was in irgendeiner Form Rechte digitaler Medien händelbar macht und dazu zählen dann auch Wasserzeichen und freie Lizenzen wie CC. Wenn es um hartes DRM geht, welches irgendwelchen Kopierschutz sicherstellen soll und Rechte beschränkt, spreche ich lieber von Digital Rights Enforcement (DRE) und da haben Sie recht: DRE ist leicht zu knacken und alles andere als sicher.

      Auch die Onleihe wird hier im Blog eher kritisch betrachtet, denn sie ist ein Rückschritt. Vermutlich ist mein Sarkasmus an dieser Stelle nicht ganz zum Tragen gekommen. Ich persönlich finde es immer den falschen Weg, mit DRE (landläufig DRM genannt, begrifflich aber unpräzise) unkörperlichen Dingen Eigenschaften des körperlichen aufdrücken zu wollen. Leider hat die DiViBib-GmbH, die hinter dieser Onleine steckt, an ihrem Geschäftsmodell in den letzten 4 Jahren nichts geändert und fordert natürlich durch das harte DRM gerade zu heraus, dass sich die Hacker daran abarbeiten.

      Englischsprachige Pendants zur Onleihe sind mir in diesem Maße nicht bekannt. Das Onleihe-Angebot richtet sich an Öffentliche Bibliotheken. Vielleicht lohnt es sich da für Sie aber auch einen Blick auf Anbieter wie E-Book-Library (EBL) oder ebrary zu werfen, die zunehmend in das Angebot wissenschaftlicher Bibliotheken integriert werden und die aus dem englischsprachigen Bereich kommen. Ein weiterer DRM-E-Book-Anbieter ist z.B. Ciando. Dem gegenüber stehen die E-Book-Angebote von Springer. – Der Markt ist unübersichtlich und ich bin gerade erst dabei, mir die verschiedensten Modelle usw. anzuschauen, weiß aber für meine Bibliothek, dass stark drm-geschützte (besser gesagt dre-geschützte) Angebote für uns nicht in Frage kommen, weil wir den technischen Support (und sei es nur Beratung) gar nicht im ausreichenden Maße bewerkstelligen können und vor allem wollen.

      Im Übrigen:
      Vielleicht sollten die Verlage Bibliotheken als Service-Anbieter begreifen, die für Ihre Bücher einen Mehrwert bieten können. Doch dazu müssen Bibliotheken Zugang zu E-Materialien gewehren können, ohne dabei zu einem besseren Copyshop für Verlage zu verkommen – nicht, dass es solche Angebote nicht bereits gibt.

      Beste Grüße,
      Dörte Böhner

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