Die Wahl zwischen Pest und Cholera
Man kann es so drastisch ausdrücken, wenn egal, wie man sich entscheidet, die Stadt und ihre Bürger einfach nur verliert. In Köthen muss sich von der Bibliothek oder ihrem Tierpark verabschieden. So zumindest sieht es der Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander. Warum? Mitte Februar diesen Jahres wurde der Haushalt der Stadt nicht durch die Kommunalaufsicht des Landkreises genehmigt. Noch härter traf die Stadt die Forderung, den Haushalt bis 2019 auszugleichen, d.h. es müssen Einsparungen in Höhe von 17,5 Millionen Euro erreicht weden. Die von der Verwaltung erarbeiteten Ideen bedeuten bittere Einschnitte.
Es gibt drei Ideen, unter den man wählen kann
- Die Stadt Köthen schließt den Tierpark.
- Köthen schließt die Bibliothek.
- Die Stadt streicht den Betriebskostenzuschuss für die Sportvereine ab dem Jahr 2012 vollständig.
Die dritte Idee ist so gut wie nicht umsetzbar, da die Vereine kaum in der Lage sind, die Sportstätten komplett selbst zu tragen oder die Sportstätten komplett geschlossen würden. Dies würde außerdem Mehrkosten für die Stadt bedeuten, da Fördermittelrückzahlungen in einer ziemlichen Höhe drohen.
Die erste Idee würde den Verlust von acht Arbeitsplätzen bedeuten. Die Entlastung der Stadt wäre jedoch spürbar. Allein im Jahr 2011 hat die Stadt etwas mehr als 500.000 Euro für den Tierpark veranschlagt. Dem gegenüber ständen Einnahmen von 30.000 Euro. Die Bibliothek hat geplante Ausgaben von 350.000 Euro. Sie soll von der Stadt mit 322.000 Euro bezuschusst werden.
Wonach möchte man diese Entscheidung treffen? Sportstätten fördern heißt, etwas für die Gesundheit der Einwohner zu tun. Das Wohl der Vereine wird an der Übernahme oder Unterstützung bei den Betriebskosten hängen. Die Bibliothek ist einerseits eine Forderung des Bibliotheksgesetzes, andererseits gewährleistet die Stadt hier ihren Bürgern den freien Zugang zur Information. Noch immer ist die Bibliothek der einzige Ort, wo Menschen hingehen können, ohne dass sie gezwungen werden, Dinge gegen Geld zu konsumieren. Selbst wenn sie sich die Jahresgebühr nicht leisten können, dürften sie sich in dem Gebäude aufhalten und die Medien nutzen, ohne dafür zu zahlen. Auch für die persönliche und berufliche Weiterbildung ist die Bibliothek nicht verzichtbar. Der Tierpark bringt Städtern, ob jung oder alt, die Fauna näher. Frische Luft wird hier mit Erholung und Ausgleich verbunden.
Ein Treffpunkt für Menschen sind alle drei Orte. Was wird das auschlaggebende Argument für eine Entscheidung sein? Die Bibliothek kann für ihr Überleben vielleicht Argumente in der Broschüre „21 gute Gründe für Bibliotheken“ finden.
Bitter ist diese Entscheidung auch daher für die Stadt, weil Köthen in den letzten neun Jahren (2003 – 2011) bereits 22 Millionen Euro eingespart oder durch Mehreinnahmen erwirtschaftet hat. Damit hat man das eigentliche Ziel in dieser Zeit um 1,8 Millionen Euro übertroffen. Doch das hat nicht gereicht.
Um Personalabbau wird die Stadt nicht herumkommen. Und der wird über die mit der Schließung von Tierpark oder Bibliothek einhergehenden betriebsbedingten Kündigungen hinausgehen.
Bis 2019 müssen in der Kernverwaltung 36,5 von 136,5 Stellen eingespart werden. Bei altersbedingten Ausscheiden der Mitarbeiter werden die Stellen nicht neu besetzt. Das wird zu erdeutlichen Leistungseinschränkungen führen. Doch auf der anderen Seiten werden Kosten steigen, so z.B. die Benutzungsgebühren in Kindergärten und Horten, eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern, eine Mittelreduzierung für Städtepartnerschaften und eine Kürzung der Betriebskostenzuschüsse u.a.
Wo nun gekürzt wird, steht jedoch nicht fest. Heuten werden die Konsolidierungspläne in einer Personalversammlung vorgestellt. Die Entscheidung wird dann durch den Stadtrat getroffen. Den Forderung des Innenministeriums und des Landesverwaltungsamtes wird die Stadt sich jedoch nicht dauerhaft entziehen lassen.
Bei allen Einsparungsdiskussionen fragen ich mich, ob denn nicht auch Diskussionen geführt werden, welche Unterstützung gegeben und Anreize geschaffen werden könnten, um neue Einnahmequellen zu schaffen oder aufzutun? Gibt es auch eine Diskussion in diese Runde oder setzt man darauf, sich als Stadt kaputt zu sparen?
Quelle:
Bartl, Matthias: 601&openMenu=1121028317508&calledPageId=1121028317508&listid=1121028317477″>Vor dem Schlachten der heiligen Kühe, Mitteldeutsche Zeitung