Eröffnung der Weimarer EDOC-Tage 2011

Es herrscht gespannte Ruhe, erste Bilder flimmern beeindruckend auf der großen Leinwand im Audimax im Gebäude der Universitätsbibliothek Weimar. Der Saal hat sich jetzt doch langsam gefüllt und so langsam geht es los mit den Weimarer EDOC-Tagen zum Thema „Alles digital? – E-Books in Studium und Lehre“.

Prof. Dr. Matthias Maier stimmt die Teilnehmer mit drei Thesen auf die Inhalte der Konferenz ein.

These 1: Technologien verändern unsere Welt.
These 2: Es geht nicht allein um Apparate und Technik.
These 3: Es kann spannend werden mit heißen und eventuell hitzigen Debatten in Weimar.

These 1: Technologien verändern unsere Welt.

Computer sind heute auf unserem Schreibtisch zu finden, Handys begleiten uns im Alltag und schaffen somit eine ständige Erreichbarkeit, die heute normal für uns ist. Die Technologien beeinflussen nicht nur unsere Art zu recherchieren, sondern beeinflussen auch unsere Art zu studieren, zu lernen und zu lehren. Als Beispiele dafür führte Maier die Entwicklung des Buchdrucks, des Zettelkasten von Luhmanns, Google & Co an, aber auch das Bücherrad und das Mikrofiche-Lesegerät, die alle ihre Zeit hatten.

Anhand des Bücherrades machte er deutlich, wie dies damals das erste sequentielle Lesen von Folianten erlaubte.

Bücherrad

Bücherrad

Das Bücherrad hat die Art zu lesen und auch wissenschaftlich zu arbeiten beeinflusst. So wurde erst eine Vorauswahl an Werken getroffen und dann wurde in dieser Auswahl weiter selektiert. Der Apparat legte auch die Haltung, Rezeption und Arbeit desjenigen fest, der in diesem Apparat saß. So wurde das Lesen und Schreiben a) durch die Vorauswahl und b) durch die Zahl der rezepierten Bücher nachhaltig beeinflusst.

Das Bücherrad hat sich nicht durchgesetzt, aber bereits die Idee von Multimediasystem ist darin enthalten, denn auch heutige Systeme greifen die Idee, verschiedene Medien zu nutzen, immer wieder auf.

Für das Scheitern des Bücherrades gibt es sicherlich verschiedene Gründe, seien es zu hohe Kosten bei der Anschaffung, eine umständliche Benutzung, keine Produktion durch fehlende Anreize? Dies bringt uns zu These Nr. 2:

These 2: Es geht nicht allein um Apparate und Technik.

Wichtig sind verschiedene Faktoren, wie diese Techniken einsetzbar und verwendbar sind. Damit nimmt die Technik nicht nur Einfluss auf die kulturelle Praxis der Wissensgewinnung und -vermittlung, sondern ist auch deren Einfluss und deren Akzeptanz unterworfen. Daneben spielen aber auch soziale (es ist modern, ein iPad zu besitzen und ich bin damit ein Vorreiter) und ökonomische Faktoren (Geld für die Anschaffung) eine Rolle. Auch das Design ist ein ausschlaggebender Faktor.

Es gibt zahlreiche Faktoren, die notwendig sind, damit ein neues Angebot erfolgreich ist.

  • Mit welchen Apparaten, Techniken und Dingen haben wir zu tun?
  • Welche Performanz haben diese Geräte?
  • Wie steht es mit der Akzeptanz und kulturellen Praxis?
  • Welche Funktionen und Standards gibt es für E-Books und wie beeinflussen die die Arbeit damit?
  • Bleibt das Buch ein Buch bei E-Books oder gibt es (sinnvolle) Erweiterungen?
  • Ist das E-Books ein Substitut des Buches oder wie stellt sich das Verhältnis vom Buch zum E-Book dar?
  • Welche neuen Akteure wird es geben? Welche Alten verlieren ihren Einfluss?
  • Welche neuen Geschäftsmodelle, welche neuen Akteursnetzwerke werden entstehen und wer hat schließlich die „Macht“?
  • Wie gestalten sich die Kostenverhältnisse?
  • Welche Rechte und welchen Nutzen haben Ersteller, Nutzer usw.? Dies ist vor allem eine Frage der Zahlungs- und Herstellungsbereitschaft.
  • Welche Aufgaben werden Bibliotheken zukünftig haben?

Dies sind jede Menge Fragen. Heute gibt es bereits verschiedene Erfahrungen, aber noch keine fertigen Vorstellungen. Daher müssen diese vielen Fragen erst noch beantwortet werden. Maier betont, dass das Ziel der Veranstaltung ein offener Austausch sei und er hob den experimentellen Werkstattcharakter hervor. Womit er seinen Beitrag mit der 3. These schloss:

These 3: Es kann spannend werden mit heißen und eventuell hitzigen Debatten in Weimar.


Als zweiter Gastgeber der EDOC-Tage begrüßte Dr. Frank Simon-Ritz als Direktor der Universitätsbibliothek seine Gäste. Er sprach darüber, dass die Veranstaltung aus der Zusammenarbeit von Studierenden und Professuren des Lehrstuhls für Medienmanagement mit der Universitätsbibliothek entstanden ist. Mit dem Projekt „EDOC – Meine Bibliothek. Überall.“ Wollte man ein reflexives und aktives Begleiten der Veränderungen ermöglichen, gerade in den Zeiten einer „digitalen Datenflut“, mit der sich auch eine kleine Universitätsbibliothek wie die der Bauhaus-Universität auseinandersetzen muss. Simon-Ritz sieht durch die Kürzung des Sachmitteletats der Bibliothek um 23 % den Trend hin zu elektronischen Medien beschleunigt. Daran hängen aber auch weitere Fragen, z.B. Welche Vorzüge haben elektronische Dokumente aus der Sicht der Nutzer?

Damit leitete er die Worte zu einer am 27.05. gestarteten Kampagne ein, die dazu anregen soll, sich mit elektronischen Dokumenten auseinander zu setzen. Elektronische Dokumente sind: genial. leicht. beliebt.

Sie sind genial durch die Volltext- statt Schlagwortsuche.
Sie sind Leichtgewichte, weil man sie überall, d.h. ortsunabhängig nutzen kann.
Sie sind beliebt bei Nachtschwärmen durch die Möglichkeit sie 24 Stunden, sieben Tage der Woche zugänglich zu haben.

Doch es ist gar nicht so einfach, digitale Dokumente zu finden, die häufig nur über verteilte Recherchemittel, z.B. OPAC, DBIS, EZB zu finden sind. Das sind zu viele Einstiegsportale, die außer den Bibliothekaren kaum einer noch versteht. Bibliotheken stehen daher vor der schwierigen Aufgabe, diese Zugänge zu bündeln, z.B. testet die UB der Bauhaus-Universität derzeit EBSCO Discovery und TouchPoint, um eine übergeordnete Recherche in einem Portal zu ermöglichen.

Ist derzeit wirklich „Alles Digital? – E-Books in Studium und Lehre“?