DRM-frei und direkt – Zu viel Mut für Rowlings Pottermore?
J. K. Rowling scheint vertrauen in die Zukunft des E-Books gefasst zu haben. Letzte Woche kündigte sie mit “Pottermore” ihren eigenen Weg ins E-Book-Geschäft an.
Möglich wird der Alleingang von Frau Rowling, da sie noch die Rechte an der digitalen Vermarktung besitzt.
Her former publishers at Bloomsbury did not own the digital rights to the Potter books and the move to sell directly through her own website has put bookshops on the back foot.
Rowling setzt im Gegensatz zu vielen Verlagen auf den Direktverkauf und verzichtet auf DRM. Gerade letzteres ist sehr mutig, bedenkt man, dass Harry Potter inzwischen eine riesige Marke ist ist, mit der sehr viel verbunden ist. Rowling setzt wohl beim Direktverkauf darauf, dass ihre Leser ihren Namen kennen, nicht jedoch den des jeweiligen Verlages. Bei der Loslösung Rowlings von Verlagen geht sie noch einen Schritt weiter. The Guardian berichtet, dass sie ihren langjährigen Vertrag mit ihrem Agenten Christopher Little gekündigt hat. Für einen Erfolg dieses Direktverkaufes spricht auch, dass durch cleveres Marketing im Vorfeld, die Autorin aus Harry Potter mehr als nur eine Buchserie gemacht hat, sondern dass Harry Potter eine Erfahrung ist für jene, die Fan geworden sind und daher die Bücher konsumierten, alle Filme mitnahmen/-nehmen und natürlich auch all die Werbeartikel dazu bereits erworben haben.
Diese Macht der Marke kann Rowling nun dazu nutzen, direkte Beziehungen zu ihren Fans herzustellen. Sie benötigt als Zugpferd keinen der großen Namen im E-Book-Verkauf. Warum sollte Sie auf Einnahmen verzichten, wenn sie 100% davon erhalten kann? Warum sollte sie sich auf ein bestimmtest Format festlegen lassen, z.B. MOBI für Kindle oder EPUB für Apple/Sony oder PDF? Der Direktverkauf bietet ihr alle Möglichkeiten. Momentan klingt das Angebot so, als ob jeder, egal auf welchem Gerät er Harry Potter lesen will, bei Pottermore das passende E-Book findet. Zu bevorzugen wäre eine Lösung, die alle Formate in einem Download beinhaltet, so wie dies z.B. oreilly.com anbietet.
Der zweite kluge Schachzug in Rowlings Vorgehen ist der Verzicht auf DRM bei Pottermore-E-Books.
Here’s an important question for authors and publishers everywhere: If Harry Potter doesn’t need DRM, why does your book?! If you’ll ditch DRM you’ll be able to offer all those formats like we do on oreilly.com.
Durch den Verzicht zeigt Rowling Vertrauen in ihre zukünftigen Konsumenten und vereinfacht ihnen so die Nutzung ihrer erworbenen E-Books.
“I wanted to give something back to the fans that have followed Harry so devotedly over the years, and to bring the stories to a new generation,” she says. This isn’t necessarily hogwash: at this stage in her fantastically lucrative career, money presumably isn’t the driving force for Rowling and there’s every chance that she does love the fans who have made her so successful.
Neben dem Direktvertrieb drm-freier Inhalte wird die beobachtenden Verlage interessieren, ob Konsumenten bereit sind, für die von Rowling verkauften Inhalte zu zahlen. Zu vermuten ist, dass die Piraterie sich ihren Anteil sichern wird. Welche Preise wird Rowling verlangen, um so ein Gleichgewicht zwischen Bezahlwillen und der Möglichkeit, Dinge kostenlos zu beschaffen, zu erhalten? Wird sich aus finanzieller Sicht rächen, dass Rowling auf DRM verzichtet oder ist dies ein kluger Schachzug, durch Vertrauensvorschuss ihre Fans zum Kauf statt zum Klau zu bewegen? Sicherlich wird auch die Plattform um die E-Books herum, einen großen Beitrag für die Zahlungsbereitschaft leisten.
“The digital generation will be able to enjoy a safe, unique online reading experience built around the Harry Potter books. Pottermore will be the place where fans of any age can share, participate in, and rediscover stories.
Die Plattform Pottermore wird im Oktober online gehen. Ab 31. Juli können Interessierte über die Plattform erfahren, was sie tun können, um einen frühzeitigen Zugang zu Pottermore zu erhalten.
Quellen:
Wikert, Joe: Harry Potter and the Direct, DRM-Free Sale, Joe Wikert’s Publishing 2020 Blog
Malik, Shiv: Harry Potter author JK Rowling leaves her agent, Guardian.co.uk
Jordison, Sam: Pottermore gives away JK Rowling’s marketing genius, Guardian.co.uk
Hazard Owen: Laura: Pottermore.com Is Exclusive, Interactive Harry Potter E-Bookstore, PaidContent.org
Mehr Informationen:
Jones, Philip: Getting behind Pottermore, Futurebook 17.06.2011
Flood, Alison: JK Rowling keeps Harry Potter fans guessing over next venture, Guardian.co.uk 21.06.2011
Solon, Olivia: Book publishing finally has its ‘Radiohead moment’ — with Harry Potter, Wired.co.uk 23.06.2011
Um noch mal auf die Frage ” Zu viel Mut für Rowlings Pottermore?” in der Überschrift zurückzukommen: Verlage beschweren sich, dass ungeschützte Medien nicht gekauft werden, d.h. dass kostenlos noch immer den Verkaufsangeboten der Verlage vorgezogen wird. Kann daher dieses in sich geschlossene Angebot (nicht DRM-geschlossen, sondern rundum durchdacht) einen Pilotcharakter für die Verlage erhalten oder sind hier zu viele Besonderheiten, die auf andere Bücher nicht übertragen werden können? Oder zeigt sich, dass die Leser noch nicht bereit sind, sich von der viel beschriebenen “Freibiermentalität” des Internets zu lösen? Das gilt es abzuwarten.
Ich hoffe die Verlage nehmen den Mut als Vorbild! Ohne DRM machen E-Books sicher mehr Spaß. Für mich ist die Tatsache, dass ich E-Books nicht an Freunde ausleihen kann ein ziemlich großer Minus.
Dass Rowling die eBooks kostenlos anbietet, wusste ich noch gar nicht, danke für die Info. Ich fand es schon überraschend, dass es bis jetzt noch keine eBooks von Harry Potter gab..
Davon, dass die Bücher kostenlos sind, ist nicht die Rede. Die Frage ist nur, ob es letztendlich genugt Leute gibt, die ganz legal diese E-Books erwerben werden, da Frau Rowling auf einen DRM-Schutz verzichten will. Ganz glaube ich dieser Meldung noch nicht. Sie wird wohl letzendlich auf eine psychologische Abschreckung setzen, digitale Wasserzeichen. Aber das wird sich garantiert noch zeigen. Jetzige Aussagen dazu sind reine Spekulation.
Dass Frau Rowling jetzt die Bücher als E-Books herausbringt, hat sicherlich Gründe in einem erneut zu erwartenden Aufkochen des Hypes um Harry Potter, wenn der letzte Teil der Verfilmung nun in den Kinos anläuft. Ihr Markenrezept beruht darauf, ihren “Jüngern” immer etwas zu geben, worauf es sich zu warten lohnt. Jetzt nach dem letzten Film sind es die E-Books und die drumherum aufgebaute Erlebnisplattform Pottermore, die ihre Fans bei der Stange halten sollen.
Ich finde es gut, dass Rowling auf DRM verzichtet. Die Fans werden auf jeden Fall das Original kaufen wollen, andere auch, das kommt eben auf den Preis an. Bei CDs ist es doch das gleiche: Ich möchte eine schöne CD mit liebevoll gestaltetem Cover in meinem Regal stehen haben, herausholen können und anhören. Deswegen bin ich auch bereit, dafür einen gewissen Preis zu bezahlen. Das ist was ganz anderes, als die gezogene mp3 im Computer anzuklicken, mit schlechtem, verpixeltem Cover und wer weiß was noch.
Bei eBooks ist das genau das gleiche. Das hat nichts mit Freibiermentalität zu tun. Ich denke, die meisten User sind bereit, für Qualität zu bezahlen und die Arbeit, die man mit dem Produkt/Text hatte, zu honorieren.
Bei allem was ich tue, überlege ich schon sehr genau, wozu ich etwas benötige. Folge ich nur einer momentanen Laune, dann kaufe ich mir die Musik meist als MP3. Merke ich, der Künstler, die Künstlerin gefällt mir besser, wird es auch schon mal die viel teurere CD. Bei Büchern wünschte ich mir, es wäre ebenfalls möglich so zu unterscheiden. Schnell, einmal und weg als kostengünstiges E-Book, immer wieder als Buch, ggf. sogar als Hardcover. Bei wissenschaftlichen Texten ist das Ganze noch an andere Dinge gekoppelt, wie Ausdruckbarkeit, Annotierbarkeit etc. Bei allem geht es weniger um die Haptik und aber mehr um den fehlenden Platz im Regal. Leider gibt es bei E-Books aus meiner Sicht für meine Leseinteressen belletristischer Art noch keine oder wenn dann zu teure Angebote.
Die DRM-Freiheit der Harry-Potter-E-Books wird sicherlich als eine Art Testballon von allen anderen Verlagen argwönisch beobachtet. Ich bin gespannt, ob wirklich alle Fans so denken, dass sie für ihr Lieblingsbuch auch wirklich in digitaler Form Geld ausgeben wollen. Genug gescannter Mist schwimmt da ja bereits kostenlos im Netz.
Ich habe mich mal auf Pottermore “frühregistriert”, befinde mich aber (wie vermutlich die anderen früh “Erwählten” auch) noch in einer Art Warteschleife. Sobald ich mich richtig anmelden kann, werd ich hier berichten, was es dort so zu entdecken gibt. 🙂