Aus aktuellem Anlass: Die Schließung der Bibliothekszweigstelle Bottrop-Boy wurde vor kurzem beschlossen
Vor wenigen Monaten berichtete Dörte ja bereits in ihrem Blogeintrag „Gelebte Integration in Bottrop bedroht“ über die im Sterben „liegende“ „Lebendige Bibliothek“ in Bottrop-Boy, die nun im Januar 2012 im Rahmen der Haushaltskonsolidierung getötet werden soll. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Einsparung zweier hauptamtlich Beschäftigter. Momentan arbeiten in dieser Bibliothek schon neun ehrenamtliche Kräfte. Leider sind Kultureinrichtungen, welche die Funktion soziokultureller Zentren erfüllen besonders in den Regionen Deutschlands vom Aussterben bedroht, die durch eine Strukturschwäche und Deindustrialisierung gekennzeichnet sind. Die Unerklärlichkeit solcher politischer Entscheidungen lassen die Vorzüge einer solchen Einrichtung völlig unberücksichtigt:
„In Laufe der Zeit hat sich ein funktionierendes soziokulturelles Projekt entwickelt, das neben den klassischen Aufgaben einer Bibliothek die Integrationsarbeit in den Vordergrund rückt. Die Bibliothek bietet die Möglichkeit, dass sich Deutsche und Migrantenkinder austauschen, gemeinsam miteinander spielen, lesen, singen und basteln. Es sind wundervolle Kooperationen mit Schulen und Kindergärten entstanden. Damit kommt der Bibliothek im Bereich der Integration und Bildung eine besonders große Bedeutung für den Stadtteil Boy zu. Die Bibliothek stellt auch einen wichtigen Anlaufpunkt für die Bewohner des benachbarten Seniorenheims dar. Die Schließung der Bibliothek würde also das sich über Jahre selbst entwickelte funktionierende Konzept und die Arbeit insbesondere auch der neun ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen zerstören. Angesichts der bestehenden Integrations- und Bildungsproblematik ist es unerklärlich ein über Jahre gewachsenes funktionierendes Konzept einfach aufzugeben!.“
Der folgende eindrucksvolle Fernsehbeitrag des WDR vom 26.04.2011 konnte daran ebensowenig ändern, wie 1.700 Unterschriften. Für viele PolitikerInnen zählen eingeschriebene aktive LeserInnen mehr als Menschen, die den Ort der Bibliothek zur Kommunikation und zum gemeinsamen Miteinander nutzen. Es war für die politischen VertreterInnen ein großes Argument, dass die Bibliothek „nur“ noch 310 eingeschriebene LeserInnen hat, statt wie im letzten Jahr 410 aktive LeserInnen.
Ein am 18.06.2011 durchgeführter Flashmob in der Bottroper Innenstadt um „5 vor 12″ konnte zwar den Unmut vieler Bürger nochmals deutliche Aufmerksamket verschaffen, aber am Ende hieß es mithilfe von SPD und CDU-Stimmen „Ja zur Zweigstellen-Schließung„, wodurch nun 35.000 € jährlich eingespart werden können.
Doch welche Folgewirkungen dies haben könnte, habe ich bereits am 16. Januar diesen Jahres in Form von Fragen formuliert:
„Wie groß ist eigentlich der finanziell schwer zu bezifferende Schaden, der durch die gezielten “Bibliothekstötungen” zustande kommt? Oder wie stehen Bürger einer Kommune heute da, deren Bibliothek vor 10 Jahren oder mehr geschlossen wurde? Hatte die Schließung keinerlei Konsequenzen für ihr Wohlbefinden oder traf sie diese sehr hart, da die Nutzung der Angebote der Bibliothek Teil ihrer Freizeit waren oder gab es Alternativlösungen? Was passierte mit den arbeitslos gewordenen BibliothekarInnen und den bibliotheksarm gewordenen EinwohnerInnen, für welche die Bibliothek ein Informations- und Kommunikationssort war?“