Nichtnutzer in Bibliotheken – Studie von DBV und Stiftung Lesen

Der DBV hatte diese Studie bereits im Vorfeld groß angekündigt und das ist wohl allein das Thema an sich schon wert.

Studie: Ursachen und Gründe zur Nichtnutzung von Bibliotheken in Deutschland : Repräsentative Telefonbefragung von 1.301 Personen im Alter von 14 bis 75 Jahren, Deutscher Bibliotheksverband e.V. und Institut für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen, 2012 (PDF, 890 KB).

Große Überraschungen hielt die Studie meiner Meinung nach nicht bereit, aber zumindest hat man die Gründe einer Nichtnutzungs erstmals gezielt erfragt und nun schwarz auf weiß stehen. Berechtigt ist die Kritik, die Karsten Schuldt in seinem Blog übt, denn bei allem, was die Studie herausfindet, scheint es mehr um “Marketingdenken statt Problembewusstsein” zu gehen. Ein wissenschaftliches Vorgehen ist nicht zu erkennen bzw. nicht dokumentiert worden.

Schuldt, Karsten: Marketingdenken statt Problembewusstsein? : eine kurze Polemik zur „Nichtnutzungsstudie“ des dbv, Bibliotheken als Bildungseinrichtungen

Recht schnell entsteht hier der Eindruck, dass die erhobenen Daten in bunte Bilder verpackt worden sind, die wiederum notdürftig und überschnell interpretiert werden. Dabei ist das Ergebnis ganz offensichtlich bereits im Vorfeld feststehend, wie die zum Teil oberflächlich hingeworfenenen, Allgemeinplätzen gleichenden Handlungsempfehlungen für Öffentliche Bibliotheken zeigen:
Als wichtig wird dabei erachtet, dass unter anderem eine Prägung im Kindesalter, in der Bibliotheken eben nicht als staubtrocken und weltfremd, streng und klischeebehaftet erlebt werden sollte und auch Eltern eine wichtige Rolle als Bibliotheksbesucher vorleben. Im späteren Altern sind dann innovative und digitale Angebote und auch eher ganz banale Dinge wie Öffnungszeiten ausschlagsgebende Kriterien für eine (Nicht-)Nutzung. Dabei ist die Zeit der Bibliothek als Insel ist vorbei. Mehr denn je spielt eine Vernetzung in alle Richtungen eine wichtige Rolle für die Wahrnehmung der Bibliothek als Bereicherung der Freizeit und im Rahmen des lebenslangen Lernens.

Hm, an einigen Stellen kann man sich hier bereits an die Werbeplätze der “21 guten Gründe für Bibliotheken” erinnert fühlen, ganz nach dem Motto: Hier nun die Gründe, warum unsere Marketingkampagne notwendig ist.

Mehr Informationen

[To Read] #1 ‘2012

Bild: Antje Schröter, Pixelio.de

Alte “Bekannte” haben mal wieder eine Studie zur Piraterie bei Büchern verfasst und verwenden dabei wieder unreflektiert althergebrachte branchentypische Formulierungen wie Piraterie und Endverbraucher, um so Stimmung zu machen. Ich persönlich verstehe nicht, warum man nicht neutralere Begriffe wie “Urheberrechtsverletzung in geschäftlichen Ausmaß” und “Endnutzer” verwenden kann. Schließlich geht es genau um diese Themen dabei, denn Information kann nicht verbraucht, sondern nur genutzt werden und da ist selbst der “Endnutzer” schon ein wenig absurd, schließlich verwendet er Informationen gerade im wissenschaftlichen Bereich, um daraus neue Erkenntnisse zu gewinnen und diese als neue Information anzubieten.

Manuel Bonik und Dr. Andreas Schaale : Piraterie im Bereich der Fachbuchverlage: Ein Blick auf die „schlimmste“ Seite des Internets, PDF (455 KB), 3 S. (26.04.2012)

Die kurze Studie beschäftigt sich mit Fragen der Buch-Piraterie bei STM-Verlagen (Science Technology Medicine). Sie gibt, gegliedert nach Verlagen, einen Überblick, wie viele Bücher (unterschiedliche Titel) mindestens als illegale Kopien im Internet verfügbar sind.

(Gutenberg 3.0, abuse-search.com)

Studie gefunden über:
Aktuelle Studie zu Fachbuchpiraterie, Buecher.at (Hauptverband des Östereicherischen Buchhandels)

Im Zusammenhang mit der auf dem Plan3t.info laufenden Diskussion “Discovery Systeme und was kann in ihnen gefunden werden” (zur Diskussion siehe die Kommentare), finde ich diese seit dem 19.04.2012 vorliegende Bachelor-Arbeit sehr interessant.

Krebs, Matthias: Die known-item search in Bibliothekskatalogen – Nutzerverhalten, Probleme, Lösungsmöglichkeiten, Hochschule der Medien, Stuttgart

Bei dieser Bachelor-Arbeit wird im Gegensatz zur besser untersuchten thematischen Suche erstmals recht umfangreich das Nutzerverhalten bei einer known-item search, der Suche nach einem bekannten Objekt, im Bibliothekskatalog betrachtet. Dazu wurden Logfiles aus dem Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz und Logfiles aus der UB Heidelberg ausgewertet. Parallel dazu wurde ein Fragebogen verwendet, um die Daten der Logfiles mit praxisbezogenen Aussagen vergleichen zu können.

Untersucht werden Eingaben, Durchführung und Ergebnisse bei Recherchen mittels Titel, Verfasser, ISBN, Signatur und Kombinationen von Suchfeldern in der erweiterten Suche. Zudem wird der Einsatz von Booleschen Operatoren und Trunkierungen näher beleuchtet.

Ziel der Arbeit ist es, Verbesserungsvorschläge für die “know item search” in Bibliothekskatalogen zu machen.

Dass hier noch sehr viel Arbeit notwendig ist, zeigen auch die fünf Thesen von Frau Prof. Heidrun Wiesenmüller in “Zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Bibliotheksdaten und Bibliothekskataloge” in den aktuellen VDB-Mitteilungen.

Grundlage für erfolgreich Katalogsuchen sind Metadaten. In diesem Zusammenhang sei auch auf den Beitrag von Oliver Flimm hingewiesen: Mehr aus den Daten in Katalogen herausholen, OpenBibBlog, 17.04.2012

Provokativ ist der Titel der Titel des 61. Kölner Arbeitspapier zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft:

Dietrich, Barabara; Großardt, Ulrike; Rütjes, Kristin; Wittmann, Kersti: Evaluation und Qualitätskontrolle bibliothekarischer Auskunft oder: „Bitte recherchieren Sie selbst im Google“.

Der vorliegende Bericht ist das Ergebnis einer Projektarbeit von Studierenden am Institut für Informationswissenschaft der Fachhochschule Köln im Studiengang Bibliothekswesen.
Im Rahmen der von Herrn Prof. Dr. Hermann Rösch angebotenen Projektlehrveranstaltung „Evaluation und Qualitätskontrolle bibliothekarischer Auskunft“ untersuchten sieben Studierende während des Sommersemesters 2011 die bibliothekarische Auskunft anhand eines zu diesem Zwecke erstellten Kriterienkatalogs.

Beim Überfliegen der Arbeit fiel mir allerdings auf, dass bei der Bewertung zwar sehr detailliert wichtige Punkte der Auskunft beachtet wurden, dass aber natürlich ein Blick hinter die Kulissen nicht gewagt wurde. Wie werden Auskunfts- und Informationsdienste organisiert, als eine Aufgabe im offenen oder im geschlossenen Bereich? Welche technischen Einschränkungen bietet die Chatsoftware oder die andere technische Ausstattung? Wer ist mit der Auskunft beauftragt, jemand der studiert hat oder jemand, der “nur” eine Ausbildung genossen hat und eher reine Informationsfragen beantworten kann. Auch gewisse, dem Auskunftsmedium immanente Einschränkungen wurden aus meiner Sicht nicht umfassend genug beachtet. So werden per Chat eintreffende Fragen manchmal als “ad hoc”-Anfragen gesehen, die keine langfristigen, schwierig zu tippenden Antworten erwarten lassen kann, die man in einer mündlichen Beratung vor Ort besser lösen könnte. Auch E-Mail-Anfragen zielen auf eine Antwort hin, die möglichst ohne große Rückfragen schnell beantwortet werden sollte. Natürlich ist hier ein Verweis auf ein Beratungsgespräch mit der entsprechenden “Fachfrau” und einem Hinweis darauf, dass dort eine umfassendere Antwort möglich ist, immer sinnvoll.

Dennoch bietet die Studie viele Ansatzpunkte, die Bibliotheken zur Verbesserung ihrer Servicequalität bei der Auskunft aufgreifen müssen. Schon daher ist die Studie für Praktiker ein Lesemuss.

 


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