Jüdische Manuskripte aus Afghanistan aufgetaucht

Vor kurzem berichteten unter anderem Huffington Post und Al Arabiya über die Entdeckung von mittelalterlichen jüdischen Texten (“Afghan Genizah“), die aus Afghanistan stammen und etwa 1.000 Jahre alt sind. Sie wurden im Norden des Landes entdeckt, einem Gebiet, das heute von den Taliban beherrscht wird. Ähnlich wie bei den Schriftrollen von Qumran, waren es abermals Hirten, die vor eineinhalb Jahren Manuskripte in einer Höhle in der Provinz Samangan entdeckten. Dabei handelt es sich um etwa 150 Pergamente wie etwa religiösen Kommentaren, privaten Briefen und rechtlichen und finanziellen Dokumente. Einer der Verfasser dieser Texte ist Rabbi Sa’adia ben Yosef Gaon (892-942), der als  Begründer der jüdisch-arabischen Literatur gilt. Diese wertvollen Funde wurden nun von der Nationalbibliothek in Jerusalem auf dem internationalen Antiquitätenmarkt von Käufern in London und Israel erworben.

Laut dem Religionswissenschaftler Shamul Shaked sind diese Funde unter anderen in den Sprachen in Judäo-Arabisch und Judäo-Persisch verfasst. Sie sind der erste physische Beweis der mittelalterlichen jüdischen Gemeinden in Zentralasien.

Säurefraß bei Büchern der Universitätsbibliothek Würzburg

Archivalia berichtete bereits am 13. Dezember 2012 über den Säurefraß  vieler wertvoller Bücher der Würzburger Universitätsbibliothek. Drei Millionen Bücher, Handschriften und Zeitungen besitzt die Universitätsbibliothek in Würzburg. Ein Viertel davon braucht dringend Hilfe. Die braune Färbung der Buchseiten verrät, dass hier der Säurefraß am Werk ist. Momentan fehlt der Etat zur Rettung des Kulturguts.
Nicht nur zur Weihnachtszeit ist es möglich die Restaurierungsarbeiten durch den Kauf von Karten im Online-Shop der Bibliothek zu unterstützen. Doch eigentlich wird wohl durch den Verkauf solcher Karten nur ein kleiner Bruchteil Bücher retten. Welche Lösungen wären nachhaltiger? Eigentlich gibt es viele Anna-Amalia-Bibliotheken in Deutschland – selbst wenn es dort “nur” im übertragenen Sinne brennt. Denn nicht nur der Säurefraß bedroht die Bücher und Handschriften, sondern auch der Faktor Zeit ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, der den Erhalt der Kulturgüter gefährdet.

Ein Imagevideo der American Library in Paris

[OT] Weichgespült, abgerundet, den sprachlichen Charme verloren…

Ich ärgere mich derzeit darüber, dass Kinderbücher derzeit regelrecht verstümmelt werden. An weichgespülte verdisneysierte amerikanische Märchenversionen hat man sich ja irgendwie schon gewöhnt, aber braucht man Kinderbuchklassiker wirklich “politisch korrekt”? Geht da nicht zu viel Charme verloren, wenn Kinder eine plattgedrückte, abgerundete Version in einer Einheitssprache zu lesen bekommen? Wo bleibt der sprachliche Lerneffekt, wenn man veraltete Begrifflichkeiten aus diesen Büchern klaut, anstatt zu erklären, was sie bedeuten, warum man sie vielleicht nicht mehr verwenden sollte und was stattdessen die bessere Variante wäre.

Jetzt vergreift man sich doch tatsächlich an Ottfried Preußlers “Die kleine Hexe” weil Begriffe wie “Negerlein” “Chinesenmädchen” und “Zigeuner” nicht mehr politisch en vogue sind und irgendjemand sich dadurch auf den Schlips getreten fühlt. Sorgen wir so nicht für eine Verarmung der Sprache und für den Verlust eines gesunden Sprachgefühls? Verlieren wir so nicht ein Stück Geschichte und Geschichtsbewusstsein, weil Änderungen in Einstellungen so verloren gehen?

Lesenswert dazu ist der Beitrag von Harald Eggebrecht in der Süddeutschen Zeitung: “Robinson Crusoes furchtbar korrekte Abenteuer

Ich weiß noch, wie sehr ich mich 2000 über die furchtbare neue Übersetzung Kreges vom “Herrn der Ringe” aufgeregt habe, wo aus Frodo nicht mehr Herr sondern ein Chef wurde und auf die Ehrenbezeugende Ansprache “Ihr” verzichtet wurde. Leider ist meine Ausgabe der Carroux-Übersetzung verloren gegangen. 🙁 Mag sein, dass diese inzwischen 40-Jahre alte Fassung nicht ganz dem Original entspricht und die neue Übersetzung eventuell näher herankommt, aber dennoch hat die alte Version meiner Meinung nach einen viel größeren Charme. Die mögliche “Fremdheit” macht meiner Meinung nach nochmal viel deutlicher, in was für einer fantastischen Welt man sich bewegt.

Ist eigentlich dies auch ein Problem für BibliothekarInnen in öffentlichen Bibliotheken, weil sie darauf achten sollten, ihre Bestände politisch korrekt zu halten? Müssen alte Versionen ausgesondert werden? Dürfen nur noch die neuen Versionen angeschafft werden? Lässt sich so eine gewachsene Kultur überhaupt noch vermitteln und erleben? Müssen demnächst dann “Anglizismen” in Kinderbücher eingebaut werden, damit sie überhaupt noch verständlich für die Kinder sind? Ist das Anpassen vielleicht nicht nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, angestoßen durch überempfindliche Erwachsene?

Ich verstehe, dass wir eine kritische Auseinandersetzung mit Begriffen benötigen, die aus heutiger Sicht nicht mehr als politisch korrekt anzusehen sind, aber dies sollte auch immer im Kontext der Entstehungszeit eines Werkes passieren. Und ist es wirklich notwendig, Bücher einem sprachlichen und politischen Wandel anzupassen oder ist es nicht besser, im Vorwort fundierte Hinweise auf die Probleme zu geben und z.B. bei Büchern, die vorgelesen werden, alternative Begrifflichkeiten anzubieten? Wir fangen ja auch nicht an, lateinische Inschriften an Gebäuden zu entfernen und in Deutsch zu übersetzen, nur weil kein Mensch sie mehr versteht. Es kommt doch auch keiner ernsthaft auf die Idee Goethe, Gerhard Hauptmann oder Walther von der Vogelweide in ein “modernes Sprachkorsett” zu zwängen, oder? Wo fängt gesunder Menschenverstand an und ab wann sind Bücher einfach als nicht mehr “verkehrstauglich” zu bezeichnen? Geht es vielleicht auch oftmals nur noch darum, “Klassiker” als “neu und besser” zu vermarkten?

Richard Stallman über Leser, Freiheit und Bücher

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