Was kommt nach PDF?
In der akademischen Welt bestehen E-Books in der Regel aus PDF-Dateien. Der Vorteil dieser Dateien ist, dass man sie genauso gut zitieren kann wie das gedruckte Pendant. Leicht lassen sich außerdem Nutzungsbeschränkungen integrieren, z.B. Kopier- und Druckverbote. Nachteilig wirkt sich dieses Format jedoch auf die Nutzung auf anderen Lesegeräten aus. Schon auf einem Tablet wird es schwierig, so ein Dokument vernünftig zu lesen. Daher wird nicht umsonst häufig gesagt und manchmal sogar schriftlich festgehalten, das diese PDFs keine E-Books, sondern eben einfach nur Textdokumente sind.
Was ist jedoch die Alternative? Wird es jemals soweit kommen, dass wissenschaftliche Literatur das “goldene Gefängnis” des PDFs überwindet?
Eine Leseempfehlung dazu:
Lambert Heller, Ronald The and Sönke Bartling: Dynamic Publication Formats and Collaborative Authoring, In: S. Bartling and S. Friesike (eds.), Opening Science: The Evolving Guide on How the Internet is Changing Research, Collaboration and Scholarly (2014), DOI: 10.1007/978-3-319-00026-8_13 (Open Access)
Quelle:
Meadows, Alice: The Evolution of Digital Publishing and its Formats, The Scholary Kitchen
Aufmerksam geworden über:
Abram, Stephen, The Evolution of Digital Publishing and its Formats, Stephen’s Lighthouse
“Nachteilig wirkt sich dieses Format jedoch auf die Nutzung auf anderen Lesegeräten aus”. Nur auf “anderen” (ich nehme an, mit dem “nicht anderen” ist ein Desktop-PC mit Bildschirm oder ein Laptop gemeint)? Nein, selbst dort sind PDFs nicht vernünftig lesbar (wenigstens keine, die das Standardformat DIN A4 oder ähnliche Hochkant-Formate nachbilden). Das Format gehört schleunigst auf den Müllhaufen der Mediengeschichte.
Stimmt, ich hab mich da nicht deutlich genug ausgedrückt. Das “nachteilig” war wirklich auf die “neuen” Lesegeräte, z.B. Tablets oder noch schlimmer E-Book-Reader, bezogen. Und dass eine Lesbarkeit auf kleinen Bildschirmen von Desktop-PCs und Bildschirmen auch nicht gut ist, ist auch ein Fakt. Aber dort kann man noch von lesbar sprechen, weil meist die Vergrößerung nicht dazu führt, dass man nach unten und nach rechts skrollen muss, zumindest bei den meisten Standard-Größen. Auf meinem Netbook möchte ich manche PDFs auch nicht lesen.
PDFs müssen abgelöst werden, aber dafür müssen sich auch bestimmte Verhaltensweisen ändern, z.B. wenn es um Zitierweisen geht. Bisher müssen Wissenschaftler sich nicht umgewöhnen, wenn es um die seitenweise Zitierung geht. Ein Naturwissenschaftler hat extreme Schwierigkeiten, sich in die Zitierweise von Juristen hineinzuversetzen, wenn man da mal an das Zitieren nach Paragrafen und Randnummern denkt. Ich fürchte, sofern es keine bequemen Lösungen für die genaue Angabe des Zitats gibt, wird das PDF noch lange nicht ausgedient haben.
Klaus Graf fragte in seinem Posting zum Beitrag:
Meine Antwort darauf:
Als “goldenes Gefängnis” habe ich die PDFs bezeichnet, weil sie andere Bequemlichkeiten bieten, dann wenn es bei der Zitierung um feste Seitenzahlen geht (Juristen haben sich davon bereits gelöst, mit Randnummern oder einfach der Tatsache, dass in den HTML-Texten eingeblendet wird, auf welcher Seite eines sonst gedruckten Zeitschriftenartikels man sich bereits befindet). Teils punktet PDF auch immer noch bei der Darstellung von Formeln und Grafiken. Dass sich dies technisch bereits sehr gut anders lösen lässt, verblasst hinter der einfachen Integration in den derzeitigen Schreibprozess, wo sich ein PDF per Knopfdruck schnell und einfach generieren lässt. Viel Bequemlichkeit, die die wissenschaftliche Literatur in das Gefängnis PDF sperrt. Und sicherlich lassen sich dafür noch ettliche weitere Gründe finden.
Vielen Dank für den freundlichen Hinweis auf meinen Artikel in dem Buch “Opening Science”! Ergänzend möchte ich, da thematisch genau passend, auf die HTML-Version des ganzen Buches hinweisen: http://book.openingscience.org
Das Interessante daran ist, dass wir den gesamten Text des Buches in die Markup-Sprache Pandoc umgewandelt und auf der Versionsverwaltungs-Plattform Github hosten. Wir wollen damit herausfinden, wie man den Umgang mit einem solche Werk flexibler gestalten kann. Die Pandoc-Version auf Github lässt sich von den Autoren sehr leicht aktualisieren und ergänzen. Alle Änderungen sind in der HTML-Ausgabe sofort sichtbar, wobei Github dafür sorgt, dass die alte Version des Textes im Hintegrund erhalten bleibt. Leser können auf der Plattform ebenso leicht Ergänzungsvorschlge machen, wenn sie möchten direkt im Browser. Zudem lässt sich der Text von Pandoc auch sehr leicht in Formate wie EPUB ausgeben.
Mögliche Probleme dieses Ansatzes könnten sein, dass wir uns von der (proprietären) Plattform Github abhängig machen, was sich ein wenig dadurch relativiert, dass das zugrunde liegende Git es sehr einfach macht, auf anderen Maschinen synchrone Kopien zu halten. Gravierender ist wohl, dass Github als Zielgruppe vor allem Techies anspricht. Eine optimale Umgebung für Autoren, die “einfach nur schreiben” wollen ist das jedenfalls noch nicht.
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