35. ASpB-Tagung 2015 1.Tag Teil 3 #aspb2015

Aufmerksame Lesende des Blogs werden festgestellt haben, dass bei Teil 2 nur die ersten beiden Vorträge enthalten waren zur Session Et es wie et es – oder noch nicht? – Legitimierung von Bibliotheken durch Evaluation, Ziel- und Nutzergruppenforschung, Statistik. Hier folgen jetzt die beiden weiteren Vorträge.

Im dritten Vortrag des Nachmittags sprach Thomas Arndt von der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich über die “Zielgruppenforschung an der Zentralbibliothek Jülich als Teil der Organisationsentwicklung”. Ziel der Befragung von 2014 war es, die Erwartungshaltung der verschiedenen Zielgruppen zu ermitteln, dazu zählt er u.a. Wissenschaftler, Doktoranden, Mitarbeiter, Vorstand, Fachöffentlichkeit. Die Nutzerbefragung ist Teil des Qualitätsmanagement und somit im Qualitätsmanagementhandbuch festgehalten. Weiteres Ziel war es, Wisen über Nutzer und Nichtnutzer erwerben und eingeführte Services bekannt machen. Das erhaltene Feedback nutzt man als Korrektiv für Veränderungen, wobei man auch Zwischenstände bei Entwicklungen damit überprüfen wollte. Im Ergebnis werden diese daraus resultierenden Umsetzungen im Qualitätsmanagementhandbuch festgeschrieben.

Basis für die Nutzerbefragung von 2014 war die Nutzerumfrage von 2007, die damals durch das Instititu für Bibliotheks- und Informationswissenschaften der Humboldt-Universität konzipiert worden. Wichtige Punkte waren die Wichtigkeit von Dienstleistungen und die Zufriedenheit der Nutzer, sowie ihre Erwartungen. Die jetzige Befragung war anlassbezogen. Sie wurde aufgeteilt in 5 Bereich, eine Benotung mit 6 Schulnoten und 3 Fluchtkategorien (z.B. kenn ich nicht, nutz ich nicht). Sie war als Online-Fragebogen 15 Tage online. Aber auch offline ist ausgedruckter Form lag der Fragebogen vor.
Im Ergebnis erhielt die Zentralbibliothek 258 vollständig ausgefüllte Fragebögen.
In Bezug neue Angebote und ihrer Wichtigkeit für die Nutzer gab es verschiedene Gründe, eine Evaluation durchzuführen:

  • Herangetragene Wünsche wurden abgelehnt. Gibt es größeren Bedarf als vermutet?
  • Wie wichtig sind die Punkte Ausruhen, Treffpunkt mit Kollegen und Gruppenarbeit für das Raumkonzept der Bibliothek?
  • Was wird gebraucht von den Angeboten, was nicht?

Durch die Umfrage sollten Bedarfe erkannt werden und in Anpassungen umgesetzt werden.
Wie sieht dies auch für die Zielgruppe Archiv aus (Vorstand, ältere Nutzer)?
Erfreut war man durch die positive Bewertung im Bezug auf den Kundenkontakt der Bibliothek. Dies ist auch wichtiger Punkt für die interne Motivation im Kollegenkreis gewesen.
Es gab auch Lernerfahrungen, insbesondere für den Bereich Onlineangebote. Hier hat sich ein strategisches Handlungsfeld eröffnet. Einiges muss verbessert werden. Im Fragebogen gab es dafür entsprechende Freitextkommentare und die Umfrage selbst wurde durch Besuche bei den Wissenschaftlern ergänzt. Im Ergebnis geht es hier um eine deutliche Produktweiterentwicklung.
In der Umsetzung: Die Ergebnisse werden im Intranet veröffentlicht. Bestehende Fragen werden in das FAQ der Bibliothek aufgenommen. Für das Publikationsportal JuSER wurden bereits einige Ergebnisse umgesetzt, so werden Suchergebnisse jetzt ohne Abstract angezeigt, beim Design wird nun der gesamte Bildschirm ausgenutzt und man arbeitet an einer besseren OpenAccess-Anbindung.
Alle Fragen beantwortet duch so eine Umfragen. Nein. Bedeutet keine Kritik etwas Positives? Wieviel Bodensatz an Unzufriedenheit gibt es?


Der vierte Vortrag kam von Kollegen der ZB MED unter dem Motto “Mach et jot – ävver nit ze off” – Zielgruppenforschung und ihre Umsetzung bei der ZB MED.
Frau Elke Roesner begann den Vortrag, der dann von Ulrike Ostrzinski und Fabian Gail weitergeführt wurde.
Hier stand man zuerst vor der Frage extern vergeben oder selbermachen. Letztlich hat man die Umfrage extern vergeben.
Grund für die Umfrage für die Zielgruppenforschung war der Ruf der Geldgeber, was gleichzusetzen ist mit einer entsprechenden Empfehlung der Leibniz-Gemeinschaft. Dabei ging es um eine systematische, überregionale, belastbare Zielgruppenanalyse, letztlich ein riesiger Auftrag. Intern sprach man hier immer von der “Marktstudie”.
Im Vorfeld gab es schon eigene Nutzerbefragungen, aber immer eher zu klassischen Fragestellungen. Man war ein wenig besorgt, ob das daraus erworbene Wissen reicht, um eine so umfangreiche Studie durchzuführen. Diese bestand aus drei Teilen.

  1. 1. Teil – Desk research: Welche Märkte und welche Zielgruppen sind für die eigene Arbeit relevant?
  2. 2. Teil: Hier sollten durch qualitative und qualitative Methoden die Arbeitsweise der Nutzer erforscht werden.
  3. 3. Teil – Gap-Analyse: Was wird vom Nutzer zudem noch benötigt?

Für die Bibliothek hieß es, diese Studie extern auszuschreiben, den Auftrag zu vergeben. Das zuständige Team traf sich wörtlich zum Jour Fix. Dort gab es auch verschiedene Herausforderungen zu klären. Schwerpunkt des Vortrages war Teil 2 der Studie.
Qualitative Forschung? Was sonst? oder Quantitative Forschung?

Quantitative Forschung Qualitative Forschung
geringe Fallzahlen große Stichproben
offene Formate online möglich
eingeschränkte Repräsentativität Anspruch auf Repräsentativität
hohe spezifische Aussagekraft geringere spezifische Aussagekraft

Festgelet werden musste vor der Befragung:
Worum geht es? = Festlegung der Themen
Wer ist zu befragen? – Die Aquise der zu Befragenden musste seitens der ZB Med erfolgen, das betraf Auswahl der zu Befragenden und Erstansprache.
Was darf nicht vergessen werden? – Hier musste ein guter Leitfaden erstellt werden.
Auswertung: Die Ergebnisse mussten dokumentiert werden im in Abhängigkeit vom zu erwartenden Ergebnis.
Begonnen wurde mit der Methode von Explorativen Interviews. Durch die externen Experten wurden offene Fragen gestellt, während die ZB MED als Beobachter dabei waren, die jedoch nicht mitdiskutiert haben. Hier ging es um offene Ergebnisse. Am Ende fanden Forkusgruppen-Interviews satt, welche moderiert und strukturiert durchgeführt wurden. Hier kam man zu präziseren Ergebnissen und kontne zudem Diskussionen der Gruppe untereinander beobachten.
In der Mitte gab es eine groß angelegte quantitative Befragung. Für die Befragung wurden Kundencluster gebildet, z.B. nach (Teil-)Märkten und Marktsegmenten mit unterschiedlichen Rollen. Hierfür wurden hohe Teilnehmerzahlen benötigt. Dafür wurde eine ausführliche Adressrecherche vorgeneommen (auf Institutsebene nicht nach Einzelpersonen). Anhand der verschiedenen Rollen musste ein Fragebogen programmiert werden mit verschiedenen Rollen, Knotenpunkten, zielgruppenspezifisch usw.).
Für die Durchführung war es wichtig, eine hohe Beteiligung zuerhalten. Dafür griff man auf die Unterstützung von Ministerien zurück, in Form von Begleitschreiben. Zudem wurden Multiplikatoren telefonisch angesprochen, um die Profitmöglichkeiten für Teilnehmer hervorzuheben. Beim Versenden der Anfragen per Mail war der Absender und Versand durch die ZB MED wichtig, um das Vertrauen der Befragten zu erhalten.
Nachdem dies alles erledigt und vorbereitet war, konnte man starten.
Ein wichtiger Teil der Arbeit zu dieser Studie machten die Absprache ZB MED und durchführende Firmen aus, da die Interviews in ganz Deutschland stattfanden. Trotz der Beteiligung von externen Dienstleistern war diese Studie sehr aufwendig.
Die Ergebnisse in Zahlen:

  • 15 Explorative Interviews
  • 6 Fokusgruppen-Interviews
  • 2.387 vollständige Fragebögen

Diese wurden dann zur Basis für die Strategieentwicklung. Die Ergebnisse wurden veröffentlicht (DOI http://dx.doi.org/10.4126/zbmed2014001).
Was wurde gelernt:

extern intern
höhere Objektivität schneller
Methodenwissen Erfahrung
Profi-“Label” Akzeptanz
Briefing Aufwand Inhaltliche Kompetenz
Hohe Kosten Kosteneinsparung
Viel Arbeitsaufwand Noch höherer Arbeitsaufwand

Sometimes you Win – Sometimes you Learn.
Man sollte ich Vorfeld beachten, dass die Auftragserklärung exakt ist. Ansonsten: Es ist gut, Befragungen durchzuführungen, aber es daf sie nicht zu oft geben, ganz nach dem Motto dieses Vortrages “Mach et jot – ävver nit ze off”.

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