[Infografik] 5 Mythen darüber, wie Jugendliche Informations- und Kommunikationstechnologien nutzen


Quelle: Time.com

2 Kommentare

  • outroupistache

    Ist “Reading” dasselbe wie “Reading”? Was wird da gemessen? Oder haben wir hier wieder einen aggregierten Wert zu tun, der Ursache und Wirkung entkoppelt statt sie zu verbinden? Zwei Beispiele: Der verstorbene Hochschulprofessor und Bestsellerautor Dietrich Schwanitz ist im Alter von 10 Jahren mit nur rudimentären Lesekenntnissen eingeschult worden. Sein einziger mündlich-medialer Input war die Bibel, da er bei mennonitischen Bergbauern aufgewachsen ist. Trotzdem hat er als Jahrgangsbester sein Abitur im gleichen Alter wie die Mitschüler gemacht. Von den medial gepimpten Zehntklässler eines mir bekannten Gymnasiums haben es gleich mehrere geschafft, in einer dreistündigen Kurzgeschichtenanalyse zu Peter Bichsels “Der Milchmann” eine Arbeit zum Thema “Der Müllmann” abzugeben.
    Schrifltiche Texte können hierarchiehoch oder -niedrig sein, konzeptionell mündlich oder schriftlich verfasst sein, sorgfältig oder schlampig gelesen werden. Wieviel jemand in elektronischen oder gedruckten Medien liest, sagt über die Qualität dessen, was im Kopf aktiviert wird, nicht unbedingt etwas aus. Dass es das doch tue, gehört vielleicht zu den Mythen von Infografiken. Als Bibliothekare ziehen wir natürlich gerne den Schluss, dass ein quantitativ hoher medialer Input etwas mit unseren Produkten und Dienstleistungen zu tun haben könne. Diese Schlussfolgerung erspart uns auch, über Qualität kritisch nachzudenken, denn sonst würden wir vielleicht über unsere Prämissen stolpern. Ein blutiges Knie könnte man ja noch verkraften, aber wehe, wir fallen auf den Kopf…

    • Wolfgang Kaiser

      Danke für Ihren Kommentar. Die Infografik bezieht sich auf eine Studie von Common Sense Media. Sie untersuchte die Medienaktivitäten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen wie etwa dem Lesen, Radio hören, die Nutzung von sozialen Medien und von Video-Chats. Mehr als 2.600 junge Menschen wurden interviewt. Die Forscher fragten die Jugendlichen, welche Geräte sie nutzen und wie viel Zeit sie damit verbringen. Sie untersuchten auch, welche Unterschiede es beim Medienkonsum bezüglich Geschlecht, sozialer und ethnischer Herkunft gibt. Die Infografik bezieht sich auf fünf Wahrheiten und fünf Mythen hinsichtlich der Mediennutzung Jugendlicher. Was unter Lesen versteht ist, wird in dieser Grafik nicht weiter differenziert. Ich gebe ihnen Recht, das Besucherzahlen, Ausleihen und Ähnliches noch lang keine Indizien dafür sind, dass sich dabei sofort von einer Erhöhung des Bildungsniveaus innerhalb der Bevölkerung im Einzugsgebiet der Bibliothek vor Ort steigt. Ihr Gedanke der nicht ausreichenden kritischen Reflexion über Qualität teile ich ebenso. Ihre Gedanken erinnern mich ein wenig an die Reflexionen aus dem Nachfolgeroman von Robert Pirsigs “Zen oder die Kunst ein Motorrad zu warten”. Im Nachfolgeroman “Lila oder Ein Versuch über Moral” schreibt Pirsig, dass Qualität identisch mit Moral ist. Eine rein zahlenorientierte Messung von “Kunden”, Nutzungsverhalten und Ausleihverhalten in Bibliotheken hat dann somit einen unmoralischen Beigeschmack. Diese und andere Infografiken, sowie Studien, welche den Konsum und die Lesehäufigkeit analysieren, können mitnichten die Qualität der Literatur, der Lesekompetenz und der Medienkompetenz qualitativ analysieren.Vielen Dank nochmal für Ihre kritischen Reflexionen.