Cycling for Libraries – eine bibliothekarische Unkonferenz auf Rädern II

Bereits im Februar hatte ich hier im Blog auf  Cycling for Libraries: Shifting Traditions – Librarians on the Move hingewiesen. Nun läuft der  Countdown für diese erste internationale bibliothekarische Unkonferenz auf Rädern: am 28. Mai geht es für rund 100 Bibliothekar_innen aus 15 Ländern in Kopenhagen los, am 1. Juni erreichen die Radler mit Rostock ihre erste Station in Deutschland. Dort und auf den weiteren Stationen Güstrow, Waren und Fürstenberg bis Berlin wird es zahlreiche Aktionen geben, an denen sich ausdrücklich auch hiesige bibliothekarisch Interessierte beteiligen können und sollen.

So z.B. am Berlin-Seminar, dass am 6. Juni am Zuse-Institut Berlin stattfindet. Für die (kostenfreie) englischsprachige Konferenz  (Programm) und das anschließend stattfindende Social Event auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof mit BBQ und Musik (Unkostenbeitrag von 10 Euro) kann man sich noch bis 31. Mai hier :engl: anmelden.

Den Abschluss der Unkonferenz auf Rädern bildet dann eine Fahrrad-Demo am 7. Juni vom Berliner HBF zur Eröffnung des 100. Bibliothekartags im Estrell Convention Center, zu der man sich (auch nachträglich) über die Registrierung zum Bibliothekartag anmelden kann.

LIBREAS Ausgabe #18 erschienen

Die Frühlingsausgabe der LIBREAS beschäftigt sich diesmal mit dem Thema “Wissenschaftskommunikation und Wissensorganisation”:

Kaum eine LIBREAS-Ausgabe vermochte mit ihrem Themenschwerpunkt eine in Medien und Gesellschaft aktuell geführte Debatte so nah zu berühren, wie diese. Angesichts der kontrovers wie emotional in unzähligen Kommunikations(platt-)formen diskutierten Guttenbergischen Plagiatsaffäre bekommen die Aspekte und Fragen, welche der Call for Papers für die vorliegende Ausgabe mit dem Fokus auf Wissenschaftskommunikation und Wissensorganisation aufgeworfen hatte, eine unverhoffte Brisanz. So freuen wir uns Ihnen zahlreiche – nicht ausschließlich – bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Reflexionen zur Gegenwart und Zukunft der mehr als technologischen Unterstützung (guter) wissenschaftlicher Praxis durch von Informationsdienstleister bereitgestellten Werkzeuge präsentieren zu können.

Mit von der Partie in der aktuellen Ausgabe, die sich diesmal in einen theoretischen und einen praxisorientierten Bereich teilt, sind unter anderem Felix Sasaki u. Georg Rehm (Das mehrsprachige Europa: eine Herausforderung für die Sprachtechnologie) , Martin Fenner (Author Identifier Overview), Walther Umstätter (Wissen als Geistiges Eigentum), Thomas Meyer (Virtuelle Forschungsumgebungen in der Geschichtswissenschaft – Lösungsansätze und Perspektiven), Ben Kaden (Notizen zur Bibliothekswissenschaft. Teil 1 und 2) und Karsten Schuldt (Ergebnisrückmeldungen bei Schulleistungsvergleichsstudien. Ein Beispiel der Kommunikation wissenschaftlichen Wissens in die Öffentlichkeit).

Darüber gibt es Ankündigungen einiger Projekte, Rezensionen und einen Podcast zum Thema OPL-Arbeitskreis Berlin-Brandenburg mit Sandra Butte und Leyla Schön.

BibCamp 4: von Linked Open Data, ViFas und Fachkommunikation

Jetzt hab ich es also auch endlich mal zum BibCamp geschafft und muss sagen: ich bin nachhaltig beeindruckt und begeistert! Die perfekte Organisation wurde an anderer Stelle schon ausreichend gelobt, weshalb ich mich an dieser Stelle einfach nur anschließe.
Aber nun zum wirklich spannenden Teil: den Sessions (wobei natürlich die “Zwischen-Sessions” auf dem Flur mindestens genauso spannend waren 😉 )

Tag eins

Am ersten Tag war ich in zwei Sessions (“Libraries in their own cloud” und “Normdaten Semantic Web Thesauri”) , die sich im wesentlichen in einem Begriff zusammenfassen lassen: (Linked) Open Data. Die Verfügbarkeit der Daten und die Orientierung an etablierten Standards wurden als unbedingte Voraussetzungen für alle weiteren Überlegungen festgehalten und es wurde mit Blick auf die (mitunter zögerlichen) Bibliotheken angeregt, aus dem Teufelskreis “ohne offene Daten keine Anwendungen, aber ohne Anwendungen keine offenen Daten” auszubrechen.

Tag zwei

Der zweite Tag startete für mich mit der Session “Virtuelle Fachbibliotheken / Bibliotheksportale”. Die Diskutanten beschäftigten sich mit der oft geringen Nutzung der ViFas und dem Problem der “Featuritis”: der Überfrachtung mit vermeintlichen (Mehrwert)Diensten. Doch längst findet auch bei den ViFas ein Paradigmenwechsel statt: weg von zentralisierten Portallösungen, zu denen die Nutzer kommen müssen und hin zu “ViFa-Widgets”, die problemlos in andere Umgebungen integriert werden können. Auch eine stärkere Modularisierung der ViFas wäre hier hilfreich. Die Idee der ViFa als App wurde eher kritisch gesehen: besser ist eine gute mobile Webseite, die plattformunabhängig genutzt werden kann. Nicht zum ersten Mal während des BibCamps wurde auch die Nachhaltigkeit der (oft projektbasierten) bibliothekarischen Online-Dienstleistungen betont. Mehr dazu u.a. auch hier.

Nachmittags ging es dann mit der Session “Fachkommunikation im Bibl.-und Infobereich” weiter. Den Hintergrund bildeten dabei die kritische Nabelschau der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Fachkommunikation in Infobib und beyondthejournal.net auf der Grundlage verschiedener Studien zur Wahrnehmung von informationswissenschaftlichen Fachzeitschriften. Schließlich waren dort acht Kriterien aufgestellt worden, die eine zukünftige informationswissenschaftliche Fachzeitschrift erfüllen soll. Unter anderem war an dieser Stelle auch auf die Parallelwelten der Offliner einerseits und der Onliner andererseits hingewiesen worden. Diese These wurde jedoch von den Teilnehmern der Session teilweise angezweifelt und stattdessen auf unterschiedliche Ansätze der bibliothekarischen Zeitschriften und ihre Ausrichtung (Bibliothekspraktiker vs. wissenschaftliche Fachjournals) verwiesen. Gefordert wurden vor allem Open Acces und damit verbunden die Nachnutzbarkeit von Ergebnissen. Interessant war auch, dass die Forderung nach einem peer-reviewed Journal von einigen Teilnehmern als Rückschritt begriffen wurde. Einig waren sie sich aber darin, dass eine bessere Aggregation, quasi eine “Lesewolke in groß” ein zukunftsfähiges Modell sein könnte und dass dem Problem der Nicht-Anerkennung von Blogs als wissenschaftliche Informationsressourcen entschieden im Stil des “Tue Gutes und sprich darüber” entgegengewirkt werden sollte.

Die letzte Session, an der ich teilgenommen habe, behandelte das “leidige” Thema “Softwareentwicklung in Bibliotheken”, von daher fand ich es auch nicht verwunderlich, dass die Teilnehmer sich gleich zu Beginn als Selbsthilfegruppe definiert haben. Bei Softwareprojekten kollidieren besonders häufig (unpräzise) Anforderungen und technische Realität, was auf allen Seiten (Projektleitung, Entwicklung, Anwender) zu Frustration führen kann. Als möglicher Ausweg wurde u.a. eine eindeutigere Rollendefinition innerhalb der Projekte diskutiert, z.B. in Form eines Produktmanagers, der eine vermittelnde (puffernde) Position einnehmen kann. Die Diskussion war derart angeregt, dass wir glatt zu spät zur Abschlussveranstaltung kamen und dort als “Busladung” entsprechend für Erheiterung sorgten.

Ich habe sehr viel von diesen 1 1/2 Tagen mitgenommen und freue mich schon jetzt auf das nächste BibCamp (wo auch immer es stattfinden wird 😉 )

Ranganathan für Repositorien

Ed Summers, seines Zeichens Bibliotheks-Hacker und Repositorienspezialist, hat einen interessanten Beitrag in seinem Blog inkdroid über “gute” Repositorien geschrieben. Darin wendet er die Fünf Gesetze der Bibliothekswissenschaft auf Repositorien an:

1. Repositorienobjekte sind zum Benutzen da

Repositorien können zwar als so genannte Dark Archives konzipiert und betrieben werden, aber das stellt ihre Existenzberechtigung in Frage, die darin besteht, von Menschen benutzt zu werden. Was nicht benutzt wird, wird schnell unbrauchbar oder – wie Ed Summers es ausdrückt – verrottet sogar.

2. Jedem Leser / jeder Leserin sein bzw. ihr Repositorienobjekt

Repositorien müssen die unterschiedlichen Anwendungsfälle (Use Cases) einer heterogenen Nutzerschaft unterstützen, die durch die verschiedenen Blickrichtungen auf Repositorienobjekte entstehen.

3. Jedem Repositorienobjekt sein Leser

Gleiches gilt selbstverständlich auch umgekehrt: Repositorienobjekte müssen über verschiedene Wege auffindbar sein, von innen über intelligente Such- und Filterfunktionen genauso wie von außen (“Discovery happens elsewhere“). Dafür müssen sie eindeutig referenzierbar sein.

4. Die Zeit des Lesers / der Leserin sparen

Repositorien müssen vernetzbar sein, damit ihre Inhalte über verschiedene Sucheinstiege effizient und effektiv gefunden werden. Idealerweise werden sie so automatisch Teil des Recherche-Workflows der Nutzerinnen und Nutzer. Die Repositorienobjekte kommen zum Nutzer und zur Nutzerin, nicht umgekehrt.

5. Das Repositorium ist ein wachsender Organismus

Repositorien sollten immer erweiterbar sein (Skalierbarkeit) und sich neuen Entwicklungen anpassen können. Dies bedeutet, dass der Lebenszyklus der Repositorienobjekte und der Funktionen des Repositoriums weitestgehend technologieunabhängigkeit sein sollten.

Diese Betrachtung fasst die Anforderungen an (digitale) Repositorien wie ich finde präzise zusammen beziehungsweise reduziert die oft diffusen Blickrichtungen auf das Wesentliche. Ein bemerkens- und bedenkenswerter Ansatz, der durchaus Mantra-Potenzial hat.

Quellen:
Ed Summers: on “good” repositories, inkdroid, 08.03.2011
Lorcan Dempsey: Discovery happens elsewhere, orweblog, 16.09.2007
Rosemie Callewaert (@rcallewaert): Could Ranganthan his 5 Laws of Library Science serve as a touchstone for repositories? ~> http://t.co/dYCkFGl via Twitter

Cycling for Libraries – eine bibliothekarische Unkonferenz auf Rädern

Seit heute 12 Uhr kann man sich unter http://www.cyclingforlibraries.org/2011/02/15/registration-opens-on-february-22-get-ready/ für eine ungewöhnliche bibliothekarische Konferenz registrieren. Ein wenig “sattelfest” sollte man allerdings schon sein…

Worum geht es? Eine Gruppe finnischer Bibliothekare hatte die Idee, zwei ihrer Leidenschaften miteinander zu verbinden: die für Bibliotheken und die für das Fahrrad fahren. So entstand Cycling for Libraries – praktisch eine Konferenz auf Rädern, die am 28. Mai in Kopenhagen startet und pünktlich zum 100sten dt. Bibliothekartag am 7. Juni mit einer Fahrraddemo zum Estrell in Berlin und der Teilnahme an der Eröffnungsfeier am Gendarmenmarkt endet.

Während der Tour, die von einem Filmteam begleitet wird, finden viele kleinere und größere Workshops, Seminare und Veranstaltungen an den Stops der Strecke statt, z.B. an der Universität Rostock am 1.6., in Fürstenberg am 4.6. und am ZIB in Berlin am 6.6. Die Themen sind vielfältig und reichen von Open (Linked) Data über Marketing für Bibliotheken und die Bibliothek als Ort bis hin zu Anforderungen an heutige Bibliothekar_innen und der Frage, wie sich Bibliotheken verändern (müssen). Die Events sind nicht nur den Teilnehmern der Tour vorbehalten, sondern prinzipiell offen für Interessierte, denn ein (internationaler) Austausch liegt den Organisatoren besonders am Herzen.

Zu der Veranstaltung am ZIB und dem anschließenden Social Event, die vom KOBV ausgerichtet werden, werde ich hoffentlich bald mehr berichten können (im Moment bemühen wir uns um einen möglichst kultigen, “berlinischen” Ort und haben da bereits etwas Ausgefallenes im Auge…).

Mehr Informationen zu Cycling for Libraries gibt es unter www.cyclingforlibraries.org, auf Facebook und Twitter.

OPUS 4 Release veröffentlicht

Nach knapp 3 intensiven, zum Teil anstrengenden und oft diskussionsreichen Monaten ist es nun vollbracht: OPUS 4.0 steht unter http://opus4.kobv.de zum Download bereit. Dazu gibt es eine ausführliche Dokumentation, ein Screencast-Video der Installation unter Ubuntu und eine Demo-Version, um sich die neue OPUS-Version mal anschauen zu können.

Die Highlights von OPUS 4 im Überblick:

– Suchmaschinentechnologie für Suche und Browsing
– templatebasierte Veröffentlichungsformulare
– flexibel definierbare, an DNB- und DINI-Standards orientierte Dokumenttypen
– Performanzsteigerung durch Einsatz eines Caching-Layers
– einfache Verwaltung von Sammlungen (Collections)
– Bibliographiefunktion und das Modul Freischalten
– professionell gestaltetes Layout

Zum Hintergrund: OPUS ist eine Open Source-Software unter der GNU General Public License für den Betrieb von institutionellen Dokumentenservern bzw. Repositorien. OPUS steht für Online Publikationsverbund Universität Stuttgart und wurde dort Ende der 90er Jahre vom Rechenzentrum der Universitätsbibliothek entwickelt. Seitdem wird OPUS mit nationalen Partnern kooperativ weiterentwickelt. Nachdem zum Abschluss der Projektförderungsphase Anfang des Jahres keine auslieferungsfähige Version vorlag, wurde im Sommer entschieden,  OPUS 4 in Berlin vom KOBV, unterstützt vom BSZ, der Universität Stuttgart, der SULB Saarbrücken und der SLUB Dresden, fertigzustellen.

LIBREAS #17 ist online

Diesmal hat sich LIBREAS.Library Ideas  schwerpunktmäßig mit den bibliothekarischen und informationswissenschaftlichen (Anti-)Helden beschäftigt. Dabei lag der Fokus weniger auf schillernden Persönlichkeiten:

Vielmehr gehen wir davon aus, dass eine Wissenschaft immer von handelnden Personen gestaltet, gelenkt und mitunter auch deformiert wird. Will man sein Fach verstehen, hilft oft der Blick auf diejenigen, die dahinter stehen sowie ihre Biographien, Motivationen und Interessen. Das Sachlichkeitsdogma wissenschaftlichen Geschehens versucht dem entgegenzuwirken. Die eigene Erfahrung sagt aber: Je kleiner die Disziplin, desto abhängiger ist sie von den individuellen Neigungen, Interessen und Charakterzügen seiner Vertreter.

Zwei Beiträge widmen sich diesem biografischen Ansatz.

Thomas Hapke: Zum verborgenen Ursprung des Informationswesens in der Chemie

Die Aktivitäten des Chemikers und Nobel-Preisträgers Wilhelm Ostwald erlauben den Schluss, dass fachlich-inhaltliche Prinzipien der Chemie Eingang in Ausprägungen moderner Informationssysteme gefunden haben. Die unübersehbare Präsenz von Chemikerinnen und Chemikern in der Entwicklung der Informationswissenschaft ist ein weiterer Beleg für die Nähe der Chemie zum Informationswesen. Die mit der Bewältigung der Informationsflut verbundenen fachlichen Informationsprobleme am Beginn des 20. Jahrhunderts erforderten eine Gesamtorganisation der wissenschaftlichen Kommunikation mit Unterstützung durch technische Hilfsmittel und internationale Zusammenschlüsse. Historische Forschungen zum verborgenen Ursprung des Informationswesens in der Chemie können zusammen mit dem Hinweis auf die positivistische Einstellung solcher Informationspioniere wie Ostwald und Paul Otlet heute zu beobachtende einseitige Tendenzen in Informationswissenschaft und Informationspraxis, z.B. im Rahmen des Themas Informationskompetenz, bewusst machen.
Das heutige Informations- und Bibliothekswesen benötigt differenzierte, vielfältige Ansätze für seine theoretischen und methodischen Grundlagen.

Konstantin Baierer: Erinnerungen an Joseph Weizenbaum

An einem kalten Tag Januar 2008 sitzen wir zu viert in einer kleinen Wohnung nahe dem Berliner Alexanderplatz. Elektrogeräte in verschiedenen Stufen der Auflösung und Neuzusammensetzung bevölkern den Raum – zwei Reporter der Jüdischen Zeitung, ich und Joseph Weizenbaum am Tisch. Es bedarf einiger Zeit bis ich meine Bewunderung so weit heruntergeregelt habe, dass ich nicht mehr stupide lächelnd schweige vor einem der ganz Großen der Informatik. Er ist ein Greis geworden, Altersflecken überziehen Gesicht und Hände, die fachmännisch die Digitalkamera des Reporters betasten, der Gang ist etwas tapsig und gebeugt, aber unter den spärlichen, zusseligen, schlohweißen Haaren blitzen mal scharf, mal sanft dreinblickende, aber immer wachsame braune Augen.

Najko Jahns Artikel “Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Zeitschriftenaufsätze 2009 im Spiegel des Web of Science” beschäftigt sich mit der Messbarkeit des Heldentums der Library and Information Science und findet klare Worte:

Wer nach Spitzenfahrern fragt, verliert schnell das Vermögen und die Leistungen der Mitglieder des Peloton oder die der Abgeschlagenen im Besenwagen aus den Augen. Gerade für die verteilte und dynamische Wissensproduktion und ihrer Darstellung in der scientific community kann dies fatal sein. Allerdings scheint es, als sei die Bibliotheks- und Informationswissenschaft aus deutschsprachigen Ländern international nicht anschlussfähig. […] . Aber auch deutschsprachige Autoren finden sich in der Exploration nur vereinzelt, und wenn, kaum an prominenter Stelle.

Außerhalb des Schwerpunkts tummeln sich diesmal sehr unterschiedliche Themenbereiche, wie etwa SMeRT Librarians (Tania Alekson, Dean Gustini: Collaborative academic librarians and conducting research on social media in Canada. Introducing the Social Media Research Team (SmeRT)), Quodes (Oliver Bendel: Die Renaissance des Papiers. Codes als Elemente hybrider Publikationsformen) und urheberrechtliche Aspekte der Wissenschaftsfreiheit (Rainer Kuhlen: Verteidigen Deutscher Hochschulverband und Börsenverein wirklich Wissenschaftsfreiheit oder geht es nur um obsolete Privilegien?), aber auch Rezensionen zu Sozialen Netzen (Djordjevic) und Wissenschaftssprachen (Kaden) bis hin zu einem Podcast #15 zur IFLA New Professionals Special Interest Group (Dierk Eichel, Sebastian Wilke).

Kurz: RDA veröffentlicht

Ein kurzer Hinweis darauf, das die RDA (Resource Deskription & Access) gestern vom JSC veröffentlicht wurden und bis zum 31. August kostenfrei mit dem RDA: Resource Description & Access Toolkit getestet werden können (nach Registrierung).

Die RDA sollen die Anglo-American Cataloguing Rules, second edition, (AACR2) ersetzen und stellen Richtlinien für die Katalogisierung digitaler Ressourcen bereit. Die RDA bauen auf zwei konzeptionellen Modellen auf, die von der International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) entwickelt wurden: den Funktionellen Anforderungen an bibliografische Datensätze (Functional Requirements for Bibliographic Data (FRBR)) und den Funktionellen Anforderungen an Normdaten (Functional Requirements for Authority Data (FRAD)). Weitere Informationen gibt es hier und hier.

ELAG 2010 – Meeting new user expectations

An dieser Stelle ein kleiner (leider reichlich später) Bericht zur ELAG-Konferenz, an der ich vom 9.-11. Juni in der finnischen Nationalbibliothek in Helsinki teilgenommen habe. ELAG steht für European Library Automation Group und der Sinn dieser Veranstaltung ist es, die Kommunikation zwischen Bibliothekaren und Technikern / Informatikernzu verbessern. Zu diesem Zweck besteht die Konferenz nicht nur aus Vorträgen, sondern zu einem großen Teil auch aus Workshops. Ich habe an einem Workshop zu Discovery Interfaces teilgenommen, die Ergebnisse der dort gebildeten Gruppen findet man hier.

Ein Highlight waren auf jeden Fall die beiden Vorträge am Donnerstagnachmittag von Charles Lowell (Serials Solution Summon) “Working with your users to develop a modern user interface for search bzw. Building a User Interface with Feedback Loops” und Jindrich Mynarz (National Technical Library of Czech Republic) “Linked data as a library platform”.

Lowell begann seinen Vortrag damit zu schildern, was er alles nicht ist (kein Bibliothekar, kein Entscheider, …) um dann darzustellen, wo das eigentliche Problem bei der Entwicklung von Suchoberflächen liegt: an den zu langen Releasezyklen (6 Monate) zwischen Planung, Entwicklung und Freigabe der Software. Problematisch ist dieser Zeitraum laut Lowell deshalb, weil der Nutzer zunächst praktisch immer unzufrieden ist. Werden die Zyklen hingegen verkürzt, kann schneller auf Kritik und Anmerkungen der Nutzer eingegangen werden. Allerdings dürfte die von ihm vorgeschlagene Releasezykluszeit von 3 Wochen im Bibliotheksumfeld doch etwas utopisch sein. Trotzdem ist diese Methode der agilen Entwicklung der richtige Weg, wenn man bedenkt, wieviele Projekte viel zu lang im stillen Kämmerlein entwickelt und dann nach der Veröffentlichung in Grund und Boden kritisiert werden, sodass sie innerhalb kürzester Zeit im Nirwana landen.

Jindrich Mynarz stellte in seinem Vortrag ein Projekt der National Technical Library (CZ) vor, die eigenen Bibliotheksdaten in Linked Data umzuwandeln. Die Tücke dabei war vor allem die starke Kontextabhängigkeit bibliothekarischer Daten und die Unzulänglichkeiten des MARC-Formats, das ausschließlich in bibliotheksspezifischen Systemen funktioniert (By the way: das Gleiche gilt selbstverständlich auch für das MAB-Format). Mynarz’ Ansicht nach ist Linked Data hauptsächlich eine back-end Technologie, weshalb es unerlässlich ist, entsprechende Anwendungen zu bauen, die die Möglichkeiten, die aus Linked Data erwachsen, auch den Nutzern zugänglich machen. An der National Technical Library ist dafür ein erster Prototyp entstanden, der sich derzeit im Beta-Stadium befindet. Eine wichtige Grundaussage des ausführlichereren Papers war darüber hinaus, dass Bibliothekare bedenken sollten, dass es drei Kategorien von Bibliotheksdatennutzern gibt: Bibliotheksnutzer, Bibliothekare und Maschinen. Und um diese adäquat bedienen zu können, müsse es einen Wandel geben von Text zu Daten, von einem “set of records” zu einem “web of data”, von kontextabhängig zu kontextunabhängig, von einer impliziten zu einer expliziten Bedeutung, so dass die vormals rein bibliotheksspezifischen Daten umgebungsunabhängig benutzbar sind.

Insgesamt kann ich den Besuch dieser Konferenz wirklich nur jedem technisch interessierten Bibliothekar ans Herz legen, nicht nur wegen der guten, frischen Vorträge, sondern vor allem auch wegen des “get together” rund um die Konferenz herum, bei dem man sehr unkompliziert Einblicke in das Denken und Fühlen anderer Bibliothekare und Bibliothekstechniker auf internationaler Ebene bekommt.

In diesem Sinne zum Schluss der Hinweis auf die nächste ELAG-Konferenz, die nächstes Jahr vom 25.-27. Mai in Prag stattfindet zum Thema “It’s the context, stupid!” See you at ELAG2011!

P.S.: Ein paar Eindrücke von Helsinki (mit seinen wundervollen hellen Nächten im Juni) gibt es bei flickr.

FIZ Technik meldet Insolvenz an

Das Fachinformationszentrum (FIZ) Technik hat beim zuständigen Insolvenzgericht in Frankfurt die Eröffnung der Insolvenz beantragt, nachdem das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) Ende April angekündigt hatte, das FIZ über den 30. Juni 2010 hinaus nicht weiter zu fördern. Die Geschäftsführung des FIZ hofft, sich durch diese schnelle Reaktion sämtliche Sanierungsoptionen zu erhalten. Die Geschäftsführerin Ursula Deriu ist optimistisch, entsprechende Investoren zu finden.

„Wir stehen vor einer sehr schwierigen, aber lösbaren Aufgabe“, gibt sich Deriu kämpferisch und versichert, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um FIZ Technik als profitable und eigenständige Einrichtung auf Kurs zu bringen.

Die interne Strategie ziele darauf ab, spätestens 2013 kostendeckend zu arbeiten. Grundlage für dieses Ziel ist ein Konzept, das das FIZ im vergangenen Jahr mit einer Unternehmensberatung erarbeitete und das dem FIZ “ein großes Potenzial mit sehr guten Chancen auf eine wirtschaftliche Unabhängigkeit” (Pressemitteilung) bescheinigte. Dies allerdings wirft die Frage auf, warum erst auf Investorensuche gegangen wird, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist und nun nur acht Wochen Zeit dafür bleiben.

Ganz abgesehen vom konkreten Fall des FIZ bleibt abzuwarten, ob uns derartige Meldungen über den kurzfristigen Abzug von Fördergeldern in diesem Jahr nicht noch öfter begegnen werden.

Quellen:

Pressemeldung des FIZ Technik: http://www1.fiz-technik.de/images/stories/download/mitteilung_presse_31052010.pdf

Metall – Technik – Wissenschaft: http://www.metall-web.de/home/wirtschaft/news-detail/news/2/1275343200fiz-technik-beantragt-erffnung-des-insolvenzverfahrens/

ntz – News für Kommunikationsprofis:  http://www.ntz-online.de/index.php?option=content&task=view&id=9750&Itemid=2

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