"Oh Metadata!"

Das folgende Video stammt von Phil Shapiro, der gleichzeitig auch darin vorkommt. Drehort des Videos ist die öffentliche Bibliothek in Takoma Park (Maryland). Die Melodie des nun folgenden Songs stammt von dem Spiritual “Oh, Happy Day”. Weitere Unterstützung erhielt Shapiro beim Singen von der Benson Family of Bethesda (Maryland). Shapiro schreibt u.a. für die Zeitschrift PC World, wo er sich mit (öffentlichen) Bibliotheken, deren Zukunft und deren MitarbeiterInnen auseinandersetzt.

Mein Traum von Bibliothek

Anfang Juli startete die UB Leipzig eine neue Vortragsreihe mit dem schönen Thema “Mein Traum von Bibliothek“.
Es geht um Visionen, wie müssen oder sollten sich die Bibliotheken entwickeln um mit dem (technischen) Fortschritt halten zu können? Kundenbindung, Medienvielfalt, die Vielfalt an Medien zu gelangen. All dies und noch viel mehr beschäftigt die Vortragenden.

Der Reigen wurde durch die wunderbare Anne Christensen, Benutzungschefin der UB Lüneburg eröffnet.

Vortragsfolien auf Prezi

Es wurde eine Vielzahl von Ideen und Anregungen geboten. Empfehlenswert zum weiter lesen auch der Blogeintrag, Gedanken die vor ab entstanden und schon im Blog zu Diskussionen führten.

Der nächste Vortrag wird aller Voraussicht nach im September statt finden. Ein lohnenswerter Ausflug nach Leipzig!

Biblioteca Albertina

Sind bessere Suchwerkzeuge ein Ersatz für die Vermittlung von Informationskompetenz?

Hallo Anne,

da der Kommentar zu deinem Beitrag Bessere Tools statt IK-Veranstaltungen? etwas länger ausfällt und vielleicht auch an einigen Stellen daran vorbeiläuft, habe ich daraus ein eigenes Blogposting gemacht. 🙂

Bbessere Suchtools und Suchräume sind aus meiner Sicht nur ergänzend zu sehen. Wir können Suchräume noch so durchdenken, noch so ausdifferenzieren oder vereinfachen, informativ ergänzen oder ganz auf die puristische Information zuschneiden, aber das Recherchieren an sich stellt schon eine ganze Reihe Ansprüche an unsere Nutzer und die können wir ihnen nicht abnehmen, nur vermitteln oder aktiv (aufbereitet und vorausschauend) vorleben.

Ich stelle mal die These auf: Je einfacher wir es unseren Nutzern mit dem recherchieren machen, desto dümmer stellen sie sich an. Hat man zu Altavista-Zeiten nicht nur Altavista sondern auch Yahoo, DMOZ usw. für die Recherche genutzt, so will man heute nach einer Google-Recherche nur ungern noch woanders suchen, weil einem die Trefferflut überwältigt. Ohne nachträgliches oder vorausschauendes Einschränken nutze ich beispielsweise Google gar nicht mehr. Nutzer (ich seh hier mal einen Haufen familiäre Beispiele) muss man häufig erst drauf stoßen, obwohl Google hierzu vielfältige Möglichkeiten anbieten. Und Google ist ja in vielen Dingen ein Vorbild.

Natürlich ist es gut, Informationen gebündelt über eine Plattform abrufen zu können, aber Metasuchmaschinen benötigen standardisierte Indices und Metadaten, um verlustfrei alle Informationen zugänglich machen zu können.

  • Punkt 1: Standards gibt es nur wenige und die werden nicht einheitlich und stringent angewandt.
  • Punkt 2: Nicht alle erfassten oder enthaltenen Informationen lassen sich bereits heutzutage über reine Volltextsuchen abbilden.
  • Punkt 3: Nicht alle Datenanbieter möchten über eine Metasuche durchsuchbar gemacht werden.

Eine Suchoberfläche ohne Informationsoberfläche für alle von der Bibliothek zur Verfügung gestellten und empfohlenen Suchtools wird es trotz rasantem technologischem Fortschritt in absehbarer Zukunft nicht geben. Dem gegenüber stehen auch immer die finanziellen Interessen von Verlagen und Rechteinhabern, die ihr Wissen monopolisieren wollen. Firmen wie EBSCO bieten neuerdings auch mit seinem Discovery-Service eine All-in-One-Lösung an. Primo von Ex Libris wird bereits in einigen Bibliotheken erprobt.

Auch die erwähnten “kostenlosen” Lösungen wie eine Umsetzung über VuFind (Hamburg Harburg), bei E-Lib Bremen oder die LSE des KOBV (ALBERT) sind nicht wirklich kostenfrei, da hier viel Programmieraufwand und eigener Gehirnschmalz hineingesteckt werden muss, um für die lokale Installation des Katalogs und die lokal abonnierten Datenbanken, Zeitschriften etc. wirklich verwendbar zu sein. Diese Manpower haben gerade kleinere Bibliotheken nicht. Und während der Entwicklungsarbeit können die IK-Vermittlungsstunden auch nicht eingespart werden. Eine dauerhafte Pflege und Weiterentwicklung muss ebenfalls sichergestellt sein, sollte man so ein Projekt über (eine) Projektstellen abwickeln. Hier kommt auf Dauer auch die Technikkompetenz der MitarbeiterInnen der Bibliotheken zu tragen, denen die Nutzer in vielen Dingen etwas vormachen können. Ich wage hier mal die These, dass Bibliothekare in Zukunft mit einer breiten Menge an technischen Geräten und Techniken umgehen werden müssen, aber der Nutzer jederzeit sich auf wenige technische Geräte spezialisieren wird. Auch hier wartet eine Herausforderung, bei der wir mit unseren Suchräumen auf Grenzen stoßen werden, denn was auf dem Smartphone möglich ist, ist wesentlich weniger als auf einem Tablet-PC und das wiederum weniger als auf einem Notebook. Auch andere Arbeitstechniken werden sich dort entwickeln. Annes Vorschlag, ein entsprechendes Zusatz-Zertifikat für IT-bibliothekarische Kernkompetenzen kann hier eine Dringlichkeit deutlich machen. Wer weiß, wie etwas funktioniert und warum es so und nicht anders arbeitet, kann Strategien entwickeln, nicht nur für eine Verbesserung der Suchumgebung, sondern auch für die Vermittlung.

Steht immer noch die Frage im Raum: Können wir unseren Nutzern das Mitdenken erleichtern oder sollten wir das überhaupt? Diese Frage höre ich immer mal wieder von Kollegen. Originalthese: “Zu einfach sollten wir es unseren Nutzern auch nicht machen.” Wenn ich dann sehe, dass diese schon bei der Frage scheitern, ob es sich um ein Buch handelt oder eine Zeitschrift und warum sie einen Zeitschriftenartikel überhaupt benötigen, denke ich, kommen wir an die Grenzen des technisch möglichen. Wir wissen aus der (beruflichen Erfahrung), wie viel eine sorgfältige Suchvorbereitung bei einer Recherche ausmacht. Einfachere Suchräume machen es uns vielleicht möglich, dies nun auch zu vermitteln. IK-Veranstaltungen sind ein Einstieg in die Vermittlung von Recherchekompetenz (oder Schulung der Rechercheintelligenz?). E-Learning-Angebote sind sicherlich ein gutes zusätzliches Mittel, werden aber nie den direkten Austausch ersetzen können, weil eben jeder Nutzer anders lernt und anders fragt, sowie Dinge anders rezepiert.

Ich glaube, sie sind jedoch nur als Anschub zu verstehen. Die eigentliche Vermittlung fängt in der täglichen Arbeit an, wenn wir sehen, dass unsere Nutzer am PC trotz einfachster Suchräume nicht ihre Treffer finden. Jede Anfrage, die vorne bei uns in der Auskunft ankommt, nehme ich bei unseren Studierenden und häufig auch bei unseren externen Nutzern als Anlass, Hilfe zur Selbsthilfe zu vermitteln. Ein einmal eingeworfenes “Man könnte auch mit einem anderen Begriff suchen oder das und das machen…” bewirkt häufig mehr als zwei Stunden IK-Schulung, selbst nach neusten Methoden. Hier stehen wir als Problemlöser, sowohl für den Nutzer als auch für unsere Aufgabe, Informationskompetenz zu vermitteln.

Medienpädagogik und Bibliothek – das Bib4 als Brücke

Dieser Beitrag versucht ausgehend von meinen Erfahrungen auf den letzten beiden Bibcamps eine Brücke zwischen Medienpädagogik und Bibliothekspraxis zu schlagen.

Präambel

Meine Barcamp-Erfahrungen beginnen auf dem Educamp 2010 in Hamburg. Dort machen Lambert Heller, Anne Christensen und Edlef Stabenau Werbung für ein bald stattfindendes Bibcamp in Hannover. Da ich mich in der Zeit gerade mit Paul Otlet beschäftige und anhand der Kommentare der in den Sessions ebenfalls anwesenden Bibliothekare bemerke, dass Pädagogen und Bibliothekare vor ähnlichen Herausforderungen und Problemlagen stehen, entscheide ich mich das in Hannover ausgerichtete Bib3 zu besuchen. Auch wenn ich übertreiben würde, wenn ich jedes Thema als „interessant“ und „für mir wichtig“ etikettiere, so finde ich doch in jedem Slot mindestens ein, meistens eher zwei Sessionsvorschläge, die mich interessieren. Auch wenn meine eigene Session zur Medienkompetenz, wegen meines Versuches, sie zeitlich stark zu komprimieren nicht allzu gut funktioniert, so sind die Erfahrungen positiv genug, dass ich mich traue, mehreren Bibliothekaren auf Twitter zu folgen. Das Gezwitscher ist überwiegend interessant,  sodass auch das Bib4 in Hamburg schnell den Weg in meinen Terminkalender findet.

Das Bib4

Ich will an dieser Stelle weniger auf die einzelnen Sessions eingehen, da diese im zur Veranstaltung gehörenden Wiki mittlerweile gut dokumentiert sind – bzw. sich auf dem Weg zu einer guten Dokumentation befinden (das sollte man von Vertretern einer Zunft, die sich auch mal als Dokumentationswissenschaft bezeichnete allerdings auch erwarten ;-)).

Generell fällt mir aber auf, dass es mehrere virulente Themenbereiche gibt, die alle so stark interessieren, dass daraus „Megasessions“ werden, die über 50 Interessenten anziehen oder mehrere Sessions vereinigen. Soweit ich das als „Außenstehender“ einschätzen kann, sind die folgenden Thematiken brandaktuell:

  1. Informationskompetenz, wobei die Fragen lauten: Was ist Informationskompetenz, wie kann ich sie vermitteln, welche Tools helfen mir dabei?
  2. Die Organisation und Sichtbarmachung des eigenen Datenbestandes. Dazu zähle ich Diskussion um Bibliothekssoftware, ihre Anbindung an das Semantic Web aber auch die Gestaltung von „Userinterfaces“.
  3. Der Themenkomplex „E-Bibliothek“, in welchem neue digitale Formate und Lizenzen sowie der Umgang mit diesen diskutiert werden.

Gemeinsame Handlungsfelder

Insbesondere der erste Themenbereich war für mich sehr interessant, was daran liegt, dass die Vermittlung von Kompetenz (oder pädagogisch korrekter formuliert: die Unterstützung beim Kompetenzerwerb) eine genuin pädagogische Tätigkeit ist. Dabei fiel mir auf, dass auch die Bibliothekare mittlerweile eine sinkende Wirksamkeit der klassischen pädagogischen Formate (Schulung) erleben und nach alternativen Vermittlungsmethoden suchen.

In der Session zum Microlearning tritt das Problem, dass die Zielgruppen immer schwerer zu erreichen sind ans Ziel. Die vorgeschlagene – und für mich sehr einsichtige – Lösung besteht in der Erstellung kleiner (multimedial aufbereiteter) Lerneinheiten wie z.B. Screencasts. Auch wenn die Idee des Microlearning an sich uralt ist und z.B. von Sprachenlernkalendern wahrscheinlich von  vielen schon praktiziert wurde, ändert das nichts an ihrer Aktualität. Im medienpädagogischen Bereich wird diese Lernform aktuell vor allem im Zusammenhang mit mobilen Lernen und Augmented Reality – Anwendungen diskutiert (Stichwort: Geocaching).

Dabei wandeln die Bibliothekare ihr Rollenverständnis als „Lehrende“ insofern, als sie nicht mehr als „klassischer“ Pauker in Erscheinung treten, sondern durch selbst gestaltete Produkte mittelbar einen (evtl. informellen) Lernprozess unterstützen. Diese Zentrierung auf ein lernförderndes Medienprodukt hat sich in der Mediendidaktik schon als Konzept manifestiert und wird vor allem von Michael Kerres und seinen Mitarbeitern an der Uni Duisburg und dem angeschlossenen Learning Lab unter dem Label „gestaltungsorientierte Mediendidaktik“ vorangetrieben (einführendes PDF).

Doch nicht nur die Vermittlung von Informationskompetenz weißt durch ihren didaktischen Charakter eine Verbindung zu (medien-)pädagogischen Forschung- und Handlungsfeldern auf. Auch das Konstrukt der Informationskompetenz selbst ist m.E. durchaus in der Lage den Diskurs der Medienpädagogik zu erweitern – wobei diese Ansicht eher eine persönliche ist, als dass sie im Fachdiskurs der Disziplin verhandelt wird. So definiert die klassische Medienpädagogik ihren Aufgabenbereich vor allem in der Vermittlung von Medienkompetenz, einem sehr vielschichtigen und stark diskutierten Begriff, welcher über alle Definitionen hinweg jedoch einen gemeinsamen Kern besitzt: Das lernende Individuum soll dazu befähigt werden, in einer von Medien geprägten (sozialen) Umwelt selbstbestimmt zu agieren. Medien sind in dieser Perspektive vor allem Instrumente zur Kommunikation– Medienpädagogik ist hier „Pädagogik ÜBER Medien“ (was durchaus auch durch Pädagogik MIT Medien erreicht werden kann):

„‚Medienkompetenz’ wird heute in der Regel verstanden als Anforderung an alle Menschen der modernen Gesellschaft, aktiv an den neuen Medienentwicklungen teilzuhaben, und zugleich als Programm einer spezifischen Förderung, die dazu dienen soll, von der Handhabung der Gerätschaften über auch medien- und nutzerkritische Perspektiven bis zu produktiven, ja kreativen Aspekten den Umgang der Menschen mit den Medien-Sets zu unterstützen“ (Baacke 1996, S. 114).

In Zeiten, in denen Medien als Informationsmittel dienen und somit auch Mittel der Kommunikation sind, beschreibt Medienkompetenz die Fähigkeit, alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire einzusetzen und sich dadurch die Welt aktiv anzueignen (vgl. Baacke 1996, S. 119). Damit geht einher, „Fähigkeiten zu entwickeln, [Medien] selbstbewusst und interessenorientiert nutzen zu können, um dabei die eigene Identität zu entwickeln und sich in der Gesellschaft zu verorten“ (von Rein 1996, S.12).

Die meisten Diskussionen um den Begriff lassen sich letztendlich auf Dieter Baacke zurückführen, welcher vier Dimensionen der Medienkompetenz benennt und Medienkritik, Medienkunde, Medienhandlung und Medienproduktion unterscheidet (genauer z.B. bei Mediaculture online). Insbesondere in der Medienkritik geht es um ein Einschätzen des Wahrheitsgehalt und der Relevanz von Informationen, was – so mein Eindruck – auch der Kern der Informationskompetenz ist. Dadurch, dass die Bibliothekare in die Vermittlung von Informationskompetenz auch die Handhabung neue medialer Dienste (z.B. Web 2.0-Applikationen) mit einbeziehen, tritt auch eine instrumentell-qualifikatorische Dimension zu Tage, welche auch in der Medienkompetenz enthalten ist. Zwischen beiden Begriffen besteht also eine Schnittmenge und insbesondere die aktuellen Diskussionen der Enquette-Komission zeigen, dass Informationskompetenz als wesentlicher Bestandteil von Medienkompetenz gedacht werden muss.

Noch deutlicher wird diese Verbindung, wenn man den deutschen Tellerrand überschreitet und den internationalen Diskurs um Media Literacy beachtet. Der Literacybegriff verortet sich näher an klassischen Kulturtechniken wie z.B. dem Lesen. Dabei werden weniger konkrete (dimensionierte) Lernziele ausgegeben, sondern vielmehr ein Stufenmodel propagiert. Die erste Ebene beschreibt den Acces, die zum Zugang zu Medien nötigen Fertigkeiten (für das Internet z.B. das Wissen Browser, Internetverbindungen, etc.). Darauf aufbauend beginnt die Stufe der Navigation. Hier geht es das Internet selbstbestimmt aber überwiegend passiv konsumiert zu nutzen – z.B. durch richtige Suchangaben bei Google. Die oberste Stufe stellt schließlich die Creation da – wo selbst Beiträge erstellt werden sollen (vgl. ausführlicher z.B. Sonia Livingstone, zum Vergleich von Literacy, Kompetenz und ähnlichem: Bachmair 2010). Die jüngste Diskussion geht dahin, dass immer stärker betont wird, dass die Vermittlung von Media-Literacy auch einer angemessenen Lernkultur bedarf. So betonen Henry Jenkins et. al. im sogenannten White Paper die immense Bedeutung einer Partizipatory Culture für Erwerb von New Media Literacys.

Berührungspunkte

Neben der direkten Überschneidung im Handlungsfeld „Medienkomptenz/Media-Literacy/Informationskompetenz“ gibt es auch mittelbare Berührungspunkte zwischen Medienpädagogik und Informationswissenschaft. So führt der oben beschriebene Wandel des Rollenverständnisses des Mediendidaktikers hin zum mediengestaltenden Akteur dazu, dass Medienpädagogen immer öfter in die Situationen kommen Wissen organisieren zu müssen, wodurch Wissensmanagement zur Schlüsselqualifikation medienpädagogischer Kompetenz wird.

Die E-Bibliotheksdiskussionen sind insofern interessant, dass neue Lizenzierungsbedingungen eine Auswirkung auf medienpädagogische Praxis haben (sollten), da sie die Rahmen abstecken, was im Bereich des Medienhandelns als Legal gilt – deutlich wird das vor allem in der Diskussion um die sogenannten Remix-Culture (Einen guten Überblick bietet m.E. der Vortrag Michael Weschs, welcher nolens volens das Problem digitaler Lizenzierung illustriert, weil er für deutsche Nutzer auf Youtube gesperrt ist).

Gemeinsames „Leid“

Zwischen den Sessions und den Sätzen der dort stattfindenden Gespräche ist mir eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Medienpädagogik und Bibliothek aufgefallen: Das Web macht uns beiden in ureigenen Handlungsfeldern Konkurrenz. Wie die Pädagogik s durch neue Entwicklungen des WWWs zu einem Überdenken ihres Selbstverständnisses gezwungen wird, ist sehr gut von David Wiley in seiner Keynote zu Open Education erklärt – es ist bezeichnend, dass er eher aus einer informatischen als aus einer genuin pädagogischen Ecke kommt. Er beginnt damit, die neue Form des Web als „Bibliothekisierung“ zu beschreiben: Informationen sind überall und jederzeit – oftmals kostenlos – verfügbar. Auch Curtis Bonk beschreibt in „The World ist Open“ das WWW als riesige Bibliothek. Die Bibliothekare sind von diesem Wandel auch betroffenen und sich dessen viel klarer bewusst als die (deutschen) Medienpädagogen. Immer wieder höre ich den Satz „Der Bestand spielt kaum noch Rolle“ – das Web hat der Bibliothek einen Kernbereich streitig gemacht – Wissen verfügbar zu machen. Das Universal-Book von dem Paul Otlet träumt ist Realität. Das WWW wird weder den Bibliotheken noch den Pädagogen ihre Existenzgrundlage nehmen – aber es wird unser beide Handeln signifikant verändern, allein schon deshalb weil unser Klientel (ob man sie nun Kunden, Nutzer, Lerner, Schüler, oder wie auch immer nennt) nicht mehr leiblich zu uns kommen, um unsere Kompetenzen in Anspruch zu nehmen, vor allem aber, weil ein sicherer Umgang mit dem Internet sowohl für Medienpädagogen als auch für Bibliothekare zur Schüsselqualifikation werden muss, wenn die Webnutzer weiterhin erreicht werden sollen.

 

Der Autor

Wolfgang Ruge ist Student des Masterstudiengangs “Medienbildung: visuelle Kultur und Kommunikation” an der Otto von Guericke – Universität, Magdeburg. Seine Studienschwerpunkte liegen in der Filmanalyse, Internet Research und der strukturalen Medienbildung. Der Drang immer mal wieder über den eigenen disziplinieren Tellerrand zu schauen bringt ihn schließlich in die Höhle der Bücherwürmer (Bibcamp) – woraus als Konsequenz dieser Text entsteht. Weitere Informationen zum Autor und Kontaktmöglichkeiten finden sich auf seiner Homepage.

Aus aktuellem Anlass: Was das "Sabbath Manifesto" und der heutige "National Day of Unplugging" mit "uns" zu tun haben könnten

“Way back when, God said, “On the seventh day thou shalt rest. The meaning behind it was simple: Take a break. Call a timeout. Find some balance. Recharge. Somewhere along the line, however, this mantra for living faded from modern consciousness. The idea of unplugging every seventh day now feels tragically close to impossible. Who has time to take time off? We need eight days a week to get tasks accomplished, not six. The idea is to take time off, deadlines and paperwork be damned.[…] In the Manifesto, we’ve adapted our ancestors’ rituals by carving out one day per week to unwind, unplug, relax, reflect, get outdoors, and get with loved ones. The ten principles are to be observed one day per week, from sunset to sunset. We invite you to practice, challenge and/or help shape what we’re creating.”

Roboot

Mit dem Sonnenuntergang beginnt heute der jüdische Sabbath. Die Uhrzeiten des Beginns des Sonnenuntergangs sind geographisch sehr unterschiedlich und aus diesem Grunde habe ich mich für 18:10 Uhr als einen “Mittelwert” entschieden.  Dabei geht es gar nicht um das genaue Einhalten des Sabbath, denn dieser “National Day on Unplugging” wurde zwar von einer Gruppe jüdischer Künstler, Schriftsteller, Filmemacher und  Vertretern aus Medienberufen ins Leben gerufen, um einen wöchentlichen Tag der Ruhe zu initiieren. Dahinter steckt kein religiöser Missionierungseifer. Das “Sabbath Manifesto” steht in der gleichen Tradition mit anderen Bewegungen wie der “Slow Movement” – Bewegung, dem “Slow Food” und dem “Slow living”.  Mittlerweile hat dieses Manifesto eine breite Bewegung von Menschen unterschiedlicher Überzeugungen auf der ganzen Welt erfasst. Sicherlich ist diese Bewegung erst am Anfang und noch nicht so weit, dass sie im Vergleich zu anderen vergangenen Bewegungen eine stärkere Verbreitung erfährt . Die 10 Prinzipien des “Sabbath Manifesto” lauten:

1. Avoid Technology
2. Connect With Loved Ones
3. Nurture Your Health
4. Get Outside
5. Avoid Commerce
6. Light Candles
7. Drink Wine
8. Eat Bread
9. Find Silence
10. Give Back

Ziel ist es an einem Tag in der Woche die Zeit mit der Familie, den Freunden oder mit dem Barkeeper zu verbringen. Der “National Day of Unplugging” ist Teil des “Sabbath Manifesto” und will erreichen, dass die Menschen, die tagtäglich mit Computern, Smartphones, Laptops und elektronischen Geräten im Allgemeinen zu tun haben, wenigestens einen Tag in der Woche “den Stecker herausziehen”. Für alle diejenigen, die “brav” die Gebote einhalten und ihren religiösen Überzeugungen nachgehen mag dies sicherlich der Sonntag oder der Freitag oder welcher Tag auch immer sein, aber wieviele von UNS (seien wir ehrlich) nutzen denn – sagen wir mal den Sonntag –  und halten sich an gewissen Prinzipien, die der Entschleunigung und der Abstinenz  von Geräten dienen? Weiterlesen

“Das Internet studieren”: Ein Imagevideo des Oxford Internet Institute

In diesem etwa zehnminütigen Video berichten Studenten und Dozenten, welche Vorzüge ein Masterstudium bzw. ein Doktorandenprogramm am Oxford Institute an der Universität Oxford bietet.  Wer sich für ein Doktorandenprogramm in Informations-, Kommunikations- und Sozialwissenschaften entscheidet, wird die (sozialen) Auswirkungen des  Internets detailliert untersuchen. Es besteht die Möglichkeit internetverwandte Kurse in Politik, Recht und Sozialwissenschaften abzulegen. Weitere Aspekte, die im Video vorkommen handeln von den Aussichten auf spätere berufliche Perspektiven und den Meinungen aus Wirtschaft und Politik.

"The eBook User’s Bill of Rights" – Deutsche Übertragung

Die deutsche Übertragung “eBook User’s Bill of Rights” basiert auf dem Text der Librarian In Black Sarah Houghton-Jan.

Die “eBook User’s Bill of Rights” ist ein Statement zu den Grundfreiheiten, die jedem E-Book-Nutzer garantiert werden sollten.
Jeder E-Book-Nutzer sollte folgende Rechte besitzen:

  • das Recht, E-Books mit Lizenzen zu nutzen, die den Zugang über proprietäre Beschränkungen setzen
  • das Recht, E-Books auf jeder technologischen Plattform nutzen zu können, inklusive der Hard- und Software, welche die Nutzer dafür auswählen
  • das Recht, die Texte zu annotieren, Passagen zu zitieren, zu drucken und Inhalte des E-Books im Rahmen des Urheberrechts (und Fair Use) zu teilen/ zu verleihen
  • das Recht, dass der Erschöpfungsgrundsatz auch auf den digitalen Inhalt übertragen wird, so dass es dem E-Book-Besitzer erlaubt ist, das E-Book dauerhaft zu speichern, archivieren, zu teilen/verleihen und das erworbene E-Book wieder zu verkaufen

Ich glaube an den freien Markt für Informationen und Ideen.

Ich glaube, dass Autoren, Schriftsteller und Verleger gedeihen können, wenn ihre Arbeit in der breiten Palette an Medien verbreitet wird. Ich glaube, dass Autoren, Schriftsteller und Verleger florieren, wenn sie ihren Lesern den größtmöglichen Freiraum geben, Zugang zu ihren Werken zu erhalten und ihn mit anderen Lesern zu teilen. Dies hilft für diese Inhalte neue Zielgruppen und Märkte zu finden. Ich glaube, dass die Käufer eines E-Books das Recht des Erschöpfungsgrundsatzes genießen sollten, da E-Books Teil des größeren Eckpfeilers der Alphabetisierung, Erziehung und des Zugangs zur Information sind.

Digital Rights Management (DRM), wirkt wie der Zoll als ein Mechanismus, den freien Austausch von Ideen, Literatur und Information einzuschränken. Ebenso bedeuten die aktuellen Lizenzbestimmungen, dass der Leser niemals die vollständige Kontrolle über ihr eigenes, persönliches Lesematerial besitzen. Dies sind keine akzeptablen Bedingungen für E-Books.

Ich bin eine Leserin. Als Kunde bin ich berechtigt, mit Respekt und nicht als potentieller Krimineller behandelt zu werden. Als Verbraucher bin ich berechtigt, meine eigenen Entscheidungen zu treffen über das E-Book, welches ich kaufe oder leihe.

Ich bin besorgt über die Zukunft des Zugangs zu Literatur und Information in E-Books. Ich bitte Leser, Autoren, Verleger, Verkäufer, Bibliothekare, Software-Entwickler und Gerätehersteller, diese Rechte der E-Book-Nutzer zu unterstützen.

Diese Recht sind Eure. Nun ist es an Euch, Stellung zu beziehen. Helft, diese Inhalte zu verbreiten. Kopiert diesen ganzen Beitrag, fügt eure eigenen Kommentare hinzu, stellt es neu zusammen und verteilt es an andere. Bloggt, zwitschert es (#ebookrights), facebookt und emailt es und klebt es an Litfasssäulen, Telefonmasten und Schwarze Bretter.

Der Text steht in der englischen Fassung unter einer CC0-Lizenz, d.h. der ursprüngliche Autor verzichtet auf das Copyright und alle damit verbundenen Rechte an diesem Text. Diese Lizenz ist nach dem deutschen Urheberrecht nicht möglich, trotzdem darf jeder diese deutsche Übertragung der “eBook User’s Bill of Rights” auch ohne Namensnennung nutzen.

Text in engl. zu finden (auch) hier:
Houghton-Jan, Sarah: The eBook User’s Bill of Rights, The Librarian in Black
Newman, Bobbi L.: The eBook User’s Bill of Rights #hcod #ebookrights, Librarian by Day
Woodworth, Andy: The eBook User’s Bill of Rights, Agnostic, Maybe

Siehe zu diesem Thema auch:

Cane, Mike: The eBook Buyer’s Bill of Rights, in Mike Cane’s iPad Test, 04.08.2010

[Zitat] Unkommentiert – 2010

“All information belongs to everybody all the time. It should be available. It should be accessible to the child, to the woman, to the man, to the old person, to the semiliterate, to the presidents of universities, to everyone. It should be open. […] Information is so important, and it must be open. […] Information helps you to see that you’re not alone. That there’s somebody in Mississippi and somebody in Tokyo who all have wept, who’ve all longed and lost, who’ve all been happy. So the library helps you to see, not only that you are not alone, but that you’re not really any different from everyone else. There may be details that are different, but a human being is a human being.”

Maya Angelou (Interview vom 29.10. 2010: “How Libraries Changed Maya Angelou’s Life”)

Zur Zukunft des Konzeptes Informationskompetenz in Bibliotheken – Teil 2

Zu Teil 1 des Beitrages bitte hier klicken.

Wir geben uns Mühe, Bibliothekssuchmaschinen immer besser zu gestalten, dem Nutzer dabei immer mehr Suchentscheidungen abzunehmen. Entmündigen wir ihn damit aber nicht und behalten wir ihn so nicht in seiner Unwissenheit, weil er gar nicht die Notwendigkeit hat, durch die Maschine getroffene Entscheidungen zu durchdenken und beurteilen? Oder ist eine suggestive Führung vielleicht doch ganz gut und verbessert aus Sicht des Nutzers den Service der Bibliothek, weil er bei seiner Recherche mehr Erfolgserlebnisse hat. Ist in dieser Hinsicht die Diversifizierung der Suchoberflächen vielleicht nicht sogar wünschenswert? Lassen sich durch suchmaschinenbasierte Rechercheoberflächen die in den Bibliotheken vorhandene Medien nicht sogar besser darstellen?

Bibliothekare bemühen sich in gewissen Grenzen bereits jetzt ihre Daten offenzulegen, aber das Verhalten der Datenbankanbieter geht in eine andere Richtung. Ihre Suchoberflächen können sich den Entwicklungen nicht entziehen, aber häufig versuchen sie zu viel auf ihren Oberflächen zu kombinieren. Durch Bibliothekssuchmaschinen (Metasuchmaschinen), die eben auch die Inhalte verschiedenster Kataloge und Datenbanken (wenn sie in einem gemeinsamen Index liegen) durchsuchen können, werden Bibliotheken und damit ihre Nutzer auch unabhängiger von den verschiedenen Datenbankoberflächen. Für Bibliothekare heißt das, sie müssen im Zweifelsfall eine Oberfläche schulen und können darüber Anreize zum Erwerb von Informationskompetenz geben.

Wir müssen davon ausgehen, dass die Navigation in der Informationslandschaft durch deren wachsende Komplexität immer schwierig bleiben wird. Der einfacheren Navigation in den Oberflächen steht die schiere Masse an Informationen gegenüber.

Informationskompetenz soll kritisch und mündiger machen. Sie hilft, sich selbstbestimmt in einem Informationsraum zu bewegen. Deshalb müssen unsere Bibliotheksnutzer eine entsprechende Kompetenz erwerben. Sie kann ihnen nicht vermittelt, sondern nur selbst entwickelt werden. Die Qualität unserer derzeitigen Werkzeuge hemmt Nutzer. Sie entmündigen den Nutzer, weil nur Experten mit den derzeitigen Systemen umgehen können. Das ist die eigentliche Entmündigung unserer Nutzer.

Zu Beginn dieses Argumentationsstranges wurde aber die These aufgestellt, dass Informationskompetenz nicht vermittelt, sondern nur erworben werden kann. Wie können wir dann Informationskompetenz vermitteln?
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Zur Zukunft des Konzeptes Informationskompetenz in Bibliotheken – Teil 1

Thomas Hapke und Lambert Heller haben in einer der letzten Veranstaltungen der 14. Verbundkonferenz eine Diskussion rund um Informationskompetenz angestoßen. Die Zuspitzungen ihrer Vorträge sollten die Basis einer guten Debatte bilden.

Hapke präsentierte ein Suchbeispiel, welches am 25.08.2010 im netbib weblog dokumentiert wurde. Nehmen Sie einen Bibliotheks-OPAC, z.B. Gesamtkatalog des GBV und suchen Sie  nach Wir sind doch nicht blöd. Geben Sie ruhig auch den Autor mit ein. Die Ergebnisse sind für den Suchenden enttäuschend. Suchen Sie dies bei TUBFind oder anderen suchmaschinenbasieren Online-Katalogen und Sie werden diesen Titel, sofern in der Bibliothek vorhanden, tatsächlich ganz oben gelistet finden… Warum? – Hand aufs Herz, selbst Sie als Recherche-Experte werden sicherlich nicht sofort daran denken, dass dieses „nicht“ im String vom OPAC als Boole’scher Operator gewertet wird und er daher alle Treffer anzeigt,  die vom Autor stammen, die Buchstabenkombination „blöd“ aber NICHT enthalten.

Wie soll man dies einem Nutzer vermitteln? Müssen wir ihm das überhaupt vermitteln oder sollten wir lieber zusehen, dass unsere Suchoberflächen solche Hürden umgeht und es dem Nutzer relativ einfach macht?

Auch weitere Fragen schließen sich daran an. Wie zeitgemäß ist es heute noch, sich vor eine Gruppe zu stellen, frontal die Vorträge zu halten oder eine Lehrveranstaltung anzubieten, die sich allein mit dem Thema Informationskompetenz beschäftigt? Erreichen wir mit unseren Veranstaltungen dabei nicht nur Leute, die man dazu zwingt und präsentieren wir uns selbst dabei nicht als etwas Abschreckendes?

“In diesen Tagen darf sich niemand auf das versteifen, was er kann. In der Improvisation liegt die Stärke, alle entscheidenden Schläge werden mit der linken Hand geführt werden.”

“These are the days when no one should rely on his ‚competence‘. Strength lies in inspiration. All the decisive blows are struck left-handed.”
Walter Benjamin, Einbahnstraße, 1928.

Anhand dieses Zitates von Walter Benjamin verdeutlichte Hapke, dass Kompetenzen zukünftig eine größere Rolle spielen werden, es nicht mehr in dem Maße darauf ankommen wird, welche Fakten wir mal gelernt haben oder wie wir mit einem bestimmten Programm umgehen. Was Bestand haben wird in einer Welt, die sich rasch ändert, ist das, was wir an Kompetenzen entwickeln.
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