Open Access in Europa angekommen?

Im Rahmen des i2010-Initiative hatte die EU-Kommission bereits 2005 beschlossen, das kulturelle Erbe Gesamteuropas zu digitalisieren un allen Bürgern online zugänglich zu machen. Die erreichten Ergebnisse sind allerdings sehr dürftig.

Der Fehlstart der Europäischen Digitalen Bibliothek Europeana Ende 2008 dürfte den meisten noch lebhaft in Erinnerung sein. Sowohl die technische Ausstattung, d.h. Server,die dem ersten Ansturm nicht standhielten, als auch dürftige Inhalte. Seit ihrem Neustart im Dezember verharrt man in einem daueerhaften Beta-Status, auch wenn man das eigentlich immer von Web 2.0-Angeboten sagt 😉 Fraglich ist, ob sie das, was sie verspricht:

Das ist Europeana – ein Ort für Inspiration und Ideen. Durchsuchen Sie die kulturellen Sammlungen Europas, verbinden Sie sich mit den Suchwegen anderer und teilen Sie Ihre Entdeckungen.

Ob sie das je halten können wird?

Die EU-Kommission will endlich Forschritte sehen. Deshalb hat man das Ende 2008 abgelaufene Mandat hochrangier Experte zu Digitalen Bibliothken um ein weiteres Jahr verlängert. Die hochrangige Expertengruppe die Kommission berät, wie man von europäischer Seite den organisatorischen, rechtlichen und technischen Herausforderungen besser begegnen kann.

Die rechtliche Betrachtung ist sehr wichtig für die erfolgreiche Digitale Bibliothek.

Insbesondere geht es der EU-Kommission um Schrankenbestimmungen im Urheberrecht, um einen verbesserten Onlinezugriff auf urheberrechtlich geschützte Inhalte auf freiwilliger Basis, um nutzergenerierte Inhalte und um Verbesserungen beim “freie[n] Zugang zu wissenschaftlichen Informationen sowie […] zu Forschungsdaten”.

Zu dieser Fragestellung zählt auch der Umgang mit verwaisten und vergriffenen Werken.

Die rechtliche Seite wird eine schwere Nuss für die Expertengruppe. Sie soll in einer Zeit beraten, wo in den USA und in Europa heftig über den Umgang mit wissenschaftlichen Publikationen (z.B.) und urheberrechtlich geschützten Büchern (z.B. Google Books) gestritten wird. Gerade die Angst vor einem Monopolisten Google für digitale Publikationen macht die Runde im Publikationswesen.

In Deutschland ist die Diskussion zur Zeit sehr aktiv. Hier ziehen Verlage und prominente Geisteswissenschaftler in den Kampf gegen Open-Access-Pläne. Man spricht gerne von Enteignung und einem Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Man gibt sich nichteinmal die Mühe zwischen Open Access und Googles Vorgehen zu unterscheiden. Die Forderung, mit Steuermitteln finanzierte Forschungsergebnisse frei zugänglich zu machen, wird als Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit bezeichnet.

Innerhalb kurzer Zeit haben mehr als tausend Unterzeichner sich dem vom Germanisten Roland Reuß initiierten Heidelberger Appell “Für Publikationsfreiheit und die Wahrung der Urheberrechte” angeschlossen. Erste Unterzeichner haben ihre Unterschrift aber auch bereits zurückgezogen.

Gerade heute hat der Konstanzer Bibliothekar Uwe Jochum und Unterzeichner des Heidelberg Appells noch einmal nachgelegt und die großen deutschen Forschungsorganisationen, die sich für Open Access stark machen, in der Frankfurter Rundschau scharf kritisiert:

Wenn die Allianz nun also meint, sie könne den Wissenschaftlern vorschreiben, unter welchen Bedingungen sie zu veröffentlichen haben, dann zwingt sie die Wissenschaftler zur Preisgabe eines Verfassungsrechts. Im Detail geht das so: Im ersten Schritt fordert die Allianz im Namen der Leser einen entgeltfreien Zugang zu den wissenschaftlichen Publikationen. Im zweiten Schritt erwartet die Allianz von den Wissenschaftlern, “dass die Autoren der Gesellschaft, die ihre Forschung durch Steuermittel möglich macht, einen einfachen Zugang zu ihren Publikationen eröffnen”, indem die wissenschaftlichen Autoren ihre Veröffentlichungen auf Open-Access-Servern bereitstellen.

Ist das nun wirklich der direkte Angriff auf die verfassungsrechtlich geschützte Wissenschaftsfreiheit? Eric Steinhauer hat sich dazu heute in seinem Blog “Wissenschaftsurheberrecht geäußert und auf die zwei Seiten der Medaille hingewiesen.

Die Publikationsfreiheit, deren genauer Inhalt – rechtswissenschaftlich jedenfalls – noch nicht in allen Facetten ausgeleuchtet ist, ist aber nur die eine Seite der Wissenschaftfreiheit. Freie Forschung heißt auch, ungehinderte Recherche. Das ist die andere Seite.

Die derzeit dürftigen Ergebnisse im Rahmen der EU-i2010-Strategie sind sicherlich auch einem sehr restriktiven und für digitale Werke unzureichend angepassten Urheberrecht geschuldet. Die politische Diskussion in Deutschland ist leider in den letzten Monaten sehr ruhig geworden. Doch das Vorgehen der EU-Kommission dürfte nun auch die deutsche Politik zu einer Stellungnahme zwingen. Die Lobbyisten bringen sich derzeit in Position und versuchen auch durch eine heftige Debatte ihren Einfluss geltend machen. Auf welche Seite sich die Politik schlägt, auf die der Verlage und Geisteswissenschaftler oder auf die der Open Access-Bewegung und den Natur- und Technikswissenschaftlern, ist derzeit nicht abzuschätzen. Verhärtete Fronten in diesem Bereich sind auf jeden Fall zu erwarten.

Ist Open Access in Europa angekommen? Das ist momentan nicht zu sagen. In Deutschland spaltet es derzeit zumindest die Lager in Bibliotheken, Verlagen und Wissenschaft.

Quelle
Gehring, Robert A.: EU-Kommission will Open Access fördern via golem.de

P.S. Lesenwert ist auch der Schwerpunkt Open Access und Geisteswissenschaften der aktuellen Ausgabe von LIBREAS

Die Wissenschaftsorganisationen reagieren auf den Heidelberger Appell

Die Allianz-Initiative “Digitale Information”, bestehend aus den im Heidelberger Appell als “Urheberenteigner” geschmähten Wissenschaftsorganisationen, hat endlich reagiert. Die Autoren der Gemeinsamen Erklärung der Wissenschaftsorganisationen bekräftigten nochmal, dass sie genau das Gegenteil der Vorwürfe verfolgen. Ihr Ziel ist es, Studierende und Forschende mit der “bestmöglichen Informationsstruktur” auszustatten, die für ihre Forschung notwendig ist.

Autoren und Verleger lehnen alle Versuche und Praktiken ab, das für Literatur, Kunst und Wissenschaft fundamentale Urheberrecht, das Grundrecht der Freiheit von Forschung und Lehre sowie die Presse- und Publikationsfreiheit zu untergraben.

In der Reaktion dern Wissenschaftsorganisationen wird klargestellt, dass Open Access nur für Schriften gefordert werden, die durch öffentliche Gelder finanziert werden, d.h. belletristische und künstlerische Literatur an dieser Stelle überhaupt nicht von dieser Forderung und dem Open Access-Gedanken betroffen ist. Dies wird eigentlich schon deutlich, wenn man die Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen gelesen hätte. Joachim Eberhardt stellt im 1. Kommentar zu Ben Kadens Beitrag im IBI-Weblog zurecht fest: Hier zeigt sich gerade das perfide an Reuß’ diversen Äußerungen: er wirft alles in einen Topf, auch Belletristik und Wissenschaft.

In der Open Access-Bewegung ist auch kein Rechtsbruch zu sehen. Die OA-Politik belässt die Urheberrechte bei den Autoren, die den Anbietern ihrer Werke i.d.R. im Rahmen des Urhberrechts einfache Nutzungsrechte einräumen. An dieser Stelle werden allein Verlagsinteressen nicht in den von Verlagen gewohnten Umfang berücksichtigt. Hier sehen sich Verlage in ihrer Existenz bedroht. Allerdings kann man sagen:

Die Förderung der Umstellung des wissenschaftlichen Publikationswesens geht mit der Umschichtung von Mitteln einher, die neue, Open-Access-kompatible Geschäftsmodelle ermöglichen.

Hier bieten sich genug Möglichkeiten für Verlage. Immer wieder zeigt es sicht, dass OA auch für Verlage ein funktionierendes Geschäftsmodell sein. Die klaren Regelungen in der Berliner Erklärung sind an das geltende Urheberrecht angepasst, die Erklärung selbst fordert aber auch eine entsprechende Anpassung geltenden Rechts an neue Erfordernisse der Wissensgesellschaft. Der erhobene Vorwurf einer “Enteignung der Urheber” ist haltlos, denn die Wissenschaftler bleiben weiterhin alleinige Urheber ihrer Werke.

Das verfassungsmäßig verbürgte Grundrecht von Urhebern auf freie und selbstbestimmte Publikation ist derzeit massiven Angriffen ausgesetzt und nachhaltig bedroht.

Dem Grundrecht der Urheber gegenüber steht die Freiheit der Wissenschaft, als ebenfalls ein hohes im Grundgesetz verankertes Gut. Die im “Heidelberger Appell” aufgestellte Behautptung einer “Nötigung zur Publikation in einer bestimmten Form” zeigt das Verkennen der eigentlichen Situation: Die Wissenschaftsorganisationen überlassen ihren geförderten Wissenschaftlern durchaus die freie Wahl ihrer primären Publikationformen. Allerdings knüpfen sie an durch Steuermittel finanzierte Forschungen und ihre Ergebnisse die berechtigte Forderung, eine weitere Belastung der öffentlichen Hand zu vermeiden und anderen einen einfachen Zugang zu den so entstandenen Publikationen zu ermöglichen. Die Empfehlung der Wissenschaftsorganisationen lautet:

Wo dies primär nicht durch die Veröffentlichung in einem Open-Access-Medium geschehen kann, sollen die Autoren ihre Publikationen über Open-Access-Repositorien verfügbar machen, wo immer dies rechtlich möglich ist. Der Großteil gerade der international agierenden Verlage gestattet dies schon heute.

Eigentum verpflichtet, und es verpflichtet besonders, wenn die bereitgestellten Mittel zum Erwerb des Eigentums von der öffentlichen Hand stammen. Bei öffentlich geförderter Forschung bestreiten die Partner der Allianz die Kosten für die gesamte Kette der Wissensverwertung, d.h. von der Informationsbeschaffung über die erste Lektüre und Laborversuche bis hin zum Kauf der mit öffentlichen Mitten erstellten Veröffentlichungen. Verlagsdienstleistungen, die dazu dienen, primär in OA zu publizieren, werden auch entsprechend aus dem dem für Publikationen vorhandenen Budget der Allianzorganisationen vergütet. Hier gibt es für die Verlage auch weiterhin Möglichkeiten Einnahmen zu erzielen.

[Update]

Das Aktionsbündnis wird mit seinen Forderungen genauer:

Das Aktionsbündnis fordert daher, dass Wissenschaft und Öffentlichkeit ungehinderten Zugang zu den mit öffentlichen Mitteln produzierten Werken haben. Im Urheberrecht sollte daher verankert werden, dass Wissenschaftler, die in öffentlichen Einrichtungen arbeiten, grundsätzlich nur einfache Nutzungsrechte an die kommerziellen Verwerter (Verlage) abtreten dürfen. Das Recht der Autoren an einer freien Selbstpublikation und/oder einer Bereitstellung in einem Open-Access-Repository oder z.B. bei Google bleibt somit erhalten. 1

[Update Ende]

Die unglückseelig gestartete Diskussion, die durch den Heidelberger Appell angestoßen worden ist, wird inzwischen auch im Ausland wahrgenommen.

The most surprising – and annoying – aspect of the current debate in Germany is the intermixture of Open Access and Google Books. These two issues are simply unrelated. Google is neither explicitly nor implicitly pursuing an Open Access agenda with its Google Books project. It does not provide its scanned books openly or for free.

Die Diskussion verfehlt hier an dieser Stelle von beiden Seiten den wichtigsten Punkt, wenn es um Open Access geht. Die Wissenschaftsorganisationen lassen sich hier auf die Diskussion ein, ob Open Access notwendig ist und gegen Urheberrechte verstößt oder nicht. Wichtiger ist doch in zwischen nicht mehr Frage ob und überhaupt, sondern in welcher Form und mit welcher Finanzierung.

Quellen
Hübner, Andreas: Gemeinsame Erklärung der Wissenschaftsorganisationen Helmholtz Gemeinschaft – Geschäftsstelle
Dobusch, Leonard: The German Open Access Uproar: Missing the point?:engl: via governance across borders
Kaden, Ben: Im Geklüfft der Debatte: Die Entgegnung der Wissenschaftsorganisationen zum Heidelberger Appell ist da. via IBI Weblog

P.S. Hervorhebung in den Zitaten durch die Autorin.

  1. Kuhlen, Rainer: Was ist uns Wissenschafts- und Publikationsfreiheit wert? Verlieren wir den Gedanken der Sozialpflichtigkeit von Wissen, verlieren wir unsere Zukunft., Aktionsbündnis “Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft” []

Ruhige Antwort auf den Heidelberger Appell

Ben Kadens Antwort auf den Heidelberger Appell ist so umfassend und meines Erachtens unbedingt lesenswert, dass er nicht in meinen Twitter-Links untergehen soll.

Kaden, Ben: Hunde, sollen sie ewig stehlen? Der Heidelberger Appell und sein argumentatives Umfeld auf Kontext

Wissenschaftlicher Diskurs sieht jedenfalls irgendwie anders aus. Aber darum geht es bei der Gruppenhysterie wohl auch nicht.

Weiter lesenswert:

Steinhauer, Eric: Heidelberger Leimrute auf Wissenschaftsurheberrecht

Graf, Klaus: Heidelberger Leimruten auf Archivalia

Mein Beitrag: Hilflosigkeit und Ohnmacht auf Verlegerseite hier im Blog

Dietrich, Frank P.: Wissen will frei sein, Leserbrief in der TAZ

Spielkamp, Matthias: Open Excess: Der Heidelberger Appell auf Perlentaucher.de

Kaden, Ben: Auf dem Apellplatz: Die Urheber rufen zur Rettung der Zukunft. im IBI Weblog

Helfrich, Silke: Öffentlich finanziert – privat kassiert im CommonsBlog

Roland Reuß im Kreuzzug gegen Open Access auf Netzpolitik.org

Pfennig, Thilo: GoogleBooks in der Kritik via Ritinardo

Hilflosigkeit und Ohnmacht auf Verlegerseite

Bei Textkritik heißt es:

Das verfassungsmäßig verbürgte Grundrecht von Urhebern auf freie und selbstbestimmte Publikation ist derzeit massiven Angriffen ausgesetzt und nachhaltig bedroht.

Und da passt die Googlepolitik und die OA-Politik hinein. Oh Schreckgespenst: Nur einmal eine lächerliche Entschädigung von 60 $ pro eingescanntem Buch von Google? Deutsche Verleger reagierten darauf beunruhigt mit einen öffentlichen Appell.

Die ersten Unterzeichner des von Manfred Meiner, Vittorio Klostermann und KD Wolff zusammen mit dem Heidelberger Literaturwissenschaftler Roland Reuss Schreibens sind der Zeit-Herausgeber Michael Naumann, der Chef des Carl Hanser Verlags Michael Krüger und namhafte Autoren wie Daniel Kehlmann (“Die Vermessung der Welt”), Sibylle Lewitscharoff (Preis der Leipziger Buchmesse) und der Konstanzer Bibliothekar Uwe Jochum. Dies sind nur einige der bisher 253 Unterzeichner (Stand: 23.03.09, 23.00 Uhr).

Der Aufruf sieht das deutsche Urheberrecht durch international agierende Firmen ausgehöhlt und auf Dauer bedroht. Google und Youtube werden als Plattformen illegal hochgeladener Inhalte angesehen, mit deren Hilfe geistiges Eigentum entwendet wird.

In der Frankfurter Rundschau ist ein Feuilleton des Literaturwissenschaftlers Roland Reuss veröffentlicht worden. Hier äußert Reuß sich in einer propagandistischen Art und Weise zu Googles sicherlich nicht immer korrekten Art und Weise im Umgang mit Werken. Untermalt wird dies mit eine Totenkopfmaschinenmaske Google als “Bücherfresser”. Geschmacklos war das erste, was mir dazu einfiel.

Geschmacklos und wenig objektiv ist auch die Wortwahl mit dem das beschrieben wird, was Google Books macht. Schamlos, Enteigner, angeblich, freibeuterisch, grenzenlos, bedingungslos, Gier, ad acta legen, lethargisch, gedankenlos, alternativlos, Prostitution, Schlange, gewaltsam, Kollateralschäden – dies alles sind Begriffe aus dem Wortarsenal, mit dem Reuss allein auf der ersten Seite auf unbedarfte und leider vielleicht auch uninformierte Leser schießt. Nach einer sachlichen und zweckdienlichen Auseinandersetzung mit einem Problem klingt das nicht.

Im Gegenteil, der Artikel hinterlässt den Eindruck, dass hier jemand hilflos und überfordert um sich schlägt, weil ihm irgendwie nicht jeder Recht gibt und ihm Felle und Argumente schwimmen gehen. – Bei dieser Wortwahl merke ich, dass ich ebenso wie bei dem propagandistisch längst nicht mehr sachlich bin. Wenn ich jedoch nicht mehr in meinem subjektiven Empfinden sachlich bleiben kann, sollte ich diesen Beitrag eigentlich nicht weiterschreiben, um nicht auf die gleiche Stufe zu rutschen wie Herr Reuss.

Im Zentrum des Appells steht daher die Forderung an die Bundesregierung, das “bestehende Urheberrecht entschlossener und mit allen Mitteln” zu verteidigen.

Dies kann jedoch nicht die Antwort auf die sich ändernden Rahmenbedingungen sein. Die Informationswelt ist geprägt durch neue Möglichkeiten, wo der Leser sehr schnell selbst zum Autor wird, und neuen Anforderungen, z.B. E-Books oder auch die immer stärker werdende Digitalisierung. Man muss sicherlich nicht jeden Trend mitmachen, aber sich von vornherein vor den Neuerungen zu verschließen und auch nicht die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass andere wie die “Allianz deutscher Wissenschaftsorganisationen” für ihren Bereich gewichtige Argumente haben, kann auf Dauer tödlich für die Branche und Autoren sein, die hier nicht mit Schritt halten.

Ich habe im Zusammenhang mit dem Internet und der dort stattfindenden Veränderung der Medienwelt nicht ein einziges Mal das Wort “Medienevolution” gehört. Immer hatte sich da wohl der kleine Buchstabe r (Medienrevolution) eingeschlichen.

Eine Steurung der derzeit stattfindenden Veränderungen ist notwendig. Aber Steuerung heißt nicht das Steuerrat stur auf Kurs zu halten, weil die nächste Monsterwelle (Veränderung) das Schiff damit von der Seite erwischen und unter Wasser drücken könnte. Man muss auch Gegensteuern und in diesem Fall ist der Artikel von Reuss wohl als ein panisches Übersteuern zu werten.

Solche Artikel wie dieser von Herrn Reuss gehören in diese Diskussion genauso wenig wie ein all zu blauäugiger Umgang mit Open Access. Beides schadet der Wissensgesellschaft und ihrer Zukunft mehr als dass es hilft.

Quellen
Reuss, Roland: Enteignet die schamlosen Enteigner! via Frankfurter Rundschau Online
Für Publikationsfreiheit und die Wahrung der Urheberrechte Institut für Textkritik
Schärferes Urheberrecht versus Künstlersozialabgaben für Google via heise online

Happy Birthday WWW

Zwanzig Jahr bist du nun alt. Was gab es an schönen Erlebnissen mit dir, obwohl Anfangs man dich und deinen Vater wenig ernst nahm. Der Brite Tim Berners-Lee reichte am 13. März 1989 einen Projektantrag „Informationsmanagement: Ein Vorschlag“ ein. Er wollte eigentlich nur eine Technik entwickeln, die es den Forschern des Großforschungsinstituts für Teilchenphysik (Cern) in Genf zu ermöglicht, auf Forschungsergebnisse ihrer Kollegen in aller Welt zugreifen zu können. Etwas skeptisch wurde der Vorschlag betrachtet, als „vage, aber aufregend“. Im Zentrum stand ein „Hypertext“, bei dem Informationen im Netz durch logische Verbindungen miteinander verknüpft werden sollten. Berners-Lee lieferte die beiden wichtigsten Grundlagen des Internets gleich mit, die Hypertext Markup Language (html) und das Hypertext Transfer Protocol (http), die bis heute verwendet werden.

Noch warst du viel zu umständlich zu benutzen, so dass sich erst 1991 erste Universitäten mit die beschäftigten, um eben nach Berners-Lees Ideen Forschungsergebnisse auszutauschen. Dein Durchbruch war damit noch nicht geschafft. Der wichtigste Durchbruch war 1993 die Entwicklung des amerikanischen Students Marc Andreessen, der erste Browser namens Mosaic. Dieser Browser zeigte erstmals Grafiken, so dass auch „Nichttechniker” jetzt die Links fanden zum Draufklicken.

Andreessen gründete Netscape und sein Browser Navigator wurde so zum Tor ins Internet, das nun von Millionen Menschen nutzbar war. Erste Provider, wie AOL und Compuserve, boten ihre geschlossenen Online-Dienste ins Internet an. Jetzt standen E-Mail und der Zugang zum World Wide Web jedem offen. Die Pioniere der Stunde erinnern sich an teure Telefonrechnungen und einen langsamen Zugang übers Modem.
Immer mehr Menschen verfielen der Faszination der weltumspannenden Kommunikation und der plötzlich kinderleichten Informationsbeschaffung. Ab Mitte der neunziger Jahre kamen sie in Strömen. Juli 1995 eröffnete Jeff Bezos mit Amazon das erste Internet-Kaufhaus Amazon. Und September 1995 kam das erste Auktionshaus mit Ebay dazu. Immer mehr Seiten wurden dir hinzugefügt, dass man sie unmöglich alle noch kennen konnte. Aus diesem Grund war 1995 ist auch das Geburtsjahr des Internetkataloges Yahoo.

Du wurdest von maßgeblichen Leuten unterschätzt, so z.B. von Bill Gates, der Gründer von Microsoft. Der hat versucht, dich einzugrenzen und seine Nutzer im geschlossenen Dienst MSN festzuhalten. Das gelang durch Andreessens Netscape Navigator aber nicht, der sich ransant verbreitete. Es dauerte noch lange, bis Gates mit seinem Browser Internetexplorer die Aufholjagd auf den Pionier Andreessen begann.

Andreessens Firma war die erste Internetfirma, die es an die Börse schaffte. Sein Erfolg sorgte dafür, dass sich 1999 die Börse für dich begeisterte und sich erschreckt 2000 zurückzog, weil die Internetblase der “New Economy” auch gleich wieder platzte. Das schadete dir aber wenig InternetWWW, denn immer mehr Leute kamen und arbeiteten mit dir und deinen Möglichkeiten. Und mit Googles grandiosem Börsendebüt 2004 gewann auch die Börse dich wieder lieb.

Google hatte neben Amazon und Ebay das dritte große Geschäftsmodell gefunden, nämlich die Online-Werbung exakt an den Wünschen der Nutzer auszurichten. Das Modell, kleine Werbetexte (mit Hyperlinks) in maximal 0,5 Sekunden einzublenden, die Antworten auf den gerade eingetippten Suchbegriff liefern, hat Google im vergangenen Jahr mehr als 20 Milliarden Dollar Umsatz gebracht.

Du scheinst Entwicklungen im Zeitraffer ablaufen zu lassen. Breitbandverbindungen und mobile Geräte wie das iPhone bringen noch mehr Leben zu dir. Immer mehr Telefongespräche werden über dich geleitet und auch das Fernsehen erobert immer mehr Platz bei dir.

Und der Trend geht immer mehr zum Mitmachweb. Hat man sich früher mit dem Internet verbunden, verbindet man sich heute darüber mit Menschen.

Quelle:
Schmidt, Holger: Am Anfang wollte keiner etwas davon wissen
FAZ.net

Die Welt geht offline

Was wäre, wenn das Internet ausfiele? Dieser Frage ging der Autor Jens Uehleck einmal nach.  Raus kam ein humoriger Artikel über das Horrorszenario unserer modernen Welt und die Erkenntnis, dass man Kriege heute auch mit Mäusen austragen kann. Mein persönliches Highlight an dem Artikel war mit Sicherheit die Einbeziehung prominenter deutscher Personen ins Geschehen. 🙂
Mit einem ähnlichen Thema befaßte sich auch die aktuelle PM Ausgabe. Hier wird die Frage aufgeworfen was wäre, wenn es kein Plastik mehr gebe? Leider ist online nur eine Vorschau auf den Artikel verfügbar. Wer also wissen will, wie sich die Autorin die Welt ohne Platik vorstellt, muss momentan althergebracht zum Kiosk seines Vertrauens gehen, um den kompletten Artikel zu lesen. 😉

Studium in England – der Bachelor ändert nichts

… so oder so ähnlich klingt es, wenn deutsche Bachelor ihr Studium in Großbritannien vertiefen wollen. Deutsche Hochschulabschlüsse haben in Großbritannien schon einen guten Ruf, aber die neuen Bachelorabschlüsse müssen gerade in den stark nachgefragten englsichen Spitzenuniversitäten ihre Qualität erst noch beweisen. So will die University of Oxford deerzeit erstmal prüfen, ob ein deutscher Bachelor die formalen Zulassungskriterien für ein Graduiertenstudium bei ihnen erfüllt. Cambridges Universitästverwaltung hat zumindest eine grundsätzliche Empfehlung pro europäischer Bachelor (BA) ausgesprochen, was aber bei den Auswahlkommissionen der Fakultäten keine verbindliche Wirkung hat. Wer am University College London den fortgeschrittenen “Master by Research”-Programmen als deutscher Bachelor mitmachen will, muss mindestens eine 1,5 statt einer 2,0 wie englische Studenten nachweisen.

Offiziell natürlich darf jeder kommen und man schaut auch nicht nur auf die Abschlussnote. Daher Bewerber, erläutert eure bisherige Laufbahn sehr genau. Der Blogna-Prozess und die Umsetzung in Deutschland wird z.T. verwundert wahrgenommen, denn von Anfang an war das entscheidende Auswahlkriterium die individulle Qualität des Bewerbers und nicht sein Abschluss.

Auch heute, trotz der “besseren” Vergleichbarkeit durch die Einführung einheitlicher “credits” dürfte das auf den britischen Entscheidungsprozess kaum Einfluss haben. So wird in Oxford weiterhin ein Gremium über den Einzelfall entscheiden.

Wer sein Studium in Deutschland begonnen hat und es in Großbritannien fortsetzen möchte, sollte es dabei nicht auf die vermeintliche Gleichwertigkeit eines deutschen und eines britischen Bachelor ankommen lassen.

Quelle:
Metcalf, Christopher: Ein deutscher Bachelor reicht nicht als Eintrittskarte via FAZ.net

Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung und Information

Die UNESCO setzt sich dafür ein, dass die Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung und Information auch bei Neuen Medien.
Die Deutsche UNESCO-Kommission sieht in den heutigen “Informations- und Kommunikationstechnologien große Potenziale für die Förderung von Wissensgesellschaften”. Im gleichen Satz ihres Artikels zur “Resolution der 68. Hauptversammlung der Deutschen UNESCO-Kommission” stell sie aber auch fest, dass der Digital Divide, d.h. die Ungleichheit in Bezug auf einen freien und fairen Zugang zu Wissen, noch nicht überwunden ist.

Wissensgesellschaften im Sinne der UNESCO setzen voraus, dass Chancengleichheit für alle für den Zugang zu Bildung und Information ebenso gewährleistet ist wie Meinungsfreiheit und kulturelle Vielfalt.

Aus diesem Grund appeliert die Kommission unter anderem auch an Bund und Länder und die zuständigen Institutionen “auf die Verwirklichung dieser Chancengleichheit hinzuwirken” und insbesondere (für Bibliotheken und Wissenschaft interessant)

  • an die Bundesregierung und die Länder, die rechtlichen und organisatorischen Bedingungen dafür zu schaffen, dass das in Bildung und Wissenschaft geschaffene Wissen unter Berücksichtigung urheberrechtlicher Belange in den öffentlichen Raum einfließen kann und die in Bildung und Wissenschaft Tätigen die für ihre Arbeit notwendigen Informationen frei und fair nutzen können;
  • an die Bundesregierung und die Länder, die entsprechende Empfehlung der Enquetekommission ‘Kultur in Deutschland’ umzusetzen und Bibliotheken als wesentliche Garanten für freien Informationszugang und gleiche Bildungschancen für alle anzuerkennen, sie finanziell dauerhaft und in ausreichender Höhe auszustatten und sie gleichzeitig stärker in entstehende und zukünftige Bildungskonzepte einzubinden und all dies über Bibliotheksgesetze abzusichern.

Quellen:
Deutsche UNESCO unterstützt Forderung nach Bibliotheksgesetzen via Nachrichten für öffentliche Bibliotheken in NRW

Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung und Information durch neue Medien, Deutschen UNESCO-Kommission e.V.

NDR verwendet Creative-Commons-Lizenzen

Der NDR ist offenbar als einer der ersten öffentlich-rechtlichen Sender im Zeitalter des web2.0 angekommen:

Im Rahmen eines Pilotprojekts stellt er ausgewählte Beiträge seines Medien-Magazins Zapp und der Satire-Sendung Extra 3 unter einer Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung. Das heißt: Nutzungsrechte können flexibler als bisher gehandhabt werden. Die Internet-User dürfen die Beiträge vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen, wenn sie drei Bedingungen einhalten: Der NDR muss als Urheber genannt werden, eine kommerzielle Nutzung der Inhalte oder eine Bearbeitung ist nicht erlaubt.

Bleibt abzuwarten, ob irgendwann alle Inhalte verfügbar gemacht werden und ob dieser erfreuliche Schritt Nachahmer findet…

Portal Zeno.org offiziell gestartet

Zeno.org bezeichnet sich selbst als

die größte Online-Bibliothek im deutschen Sprachraum.

Angeboten werden digitale Inhalte aus den Bereichen Literatur, Kultur und Kunst, aber auch allgemeine Nachschlagewerke und Lexika.

Für den Literaturwissenschaftler besonders interessant dürfte die Einbindung verschiedener Angebote der Digitalen Bibliothek sein, die bislang nur über CD/DVD zugänglich waren. Dabei wurde die Struktur der Digitalen Bibliothek übernommen, bei der es möglich ist, nach einzelnen Autoren, Werken oder Textstellen zu suchen.

via Infobib

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