11 Filme, in denen uns BibliothekarInnen den Tag retten und in Hauptrollen brillieren

Vor wenigen Tagen veröffentlichte das bekannte Weblog Huffington Post eine Lobeshymne an BibliothekarInnen in amerikanischen Filmen (in Form einer Slideshow), die auch hierzulande größtenteils bekannt sein dürften.

Warum wurden diesmal BibliothekarInnen ausgewählt? Im Eingangstext heißt es über “uns”:

“While writers might seem more glamorous, librarians are the quiet heroes of the literary world. They stand up against censorship, they uncover ancient mysteries, they laugh in the face of computerization and stop the corporate world dead in its tracks.”

Spätestens seit der Masterarbeit von Ute Engelkenmeier wissen wir, wie das Bild der BibliothekarInnen in Film und Fernsehen ist. Auch Monika Bargmann hatte zuletzt am 30.04.2010 zum 20. Gebrtstag der Genderbibliothek einen interessanten und heiteren  Multimediavortrag in Berlin (“Die Liebe nur aus Büchern kennen : das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer BibliothekarInnen zur Paarungszeit”) gehalten, in dem auch zahlreiche Ausschnitte aus bekannten Filmen vorkamen. Huffington Post dagegen listet fast nur Filme auf, in denen BibliothekarInnen nicht den klassischen Klischees entsprechen und zählt meiner Meinung nach zu den wenigen Medien weltweit, die in regelmäßigen Abständen Lobbyarbeit für Bibliotheken und BibliothekarInnen leisten. Bisher ist mir kaum ein anderes Medium bekannt, das derart positive Botschaften verbreitet, um den Einfluß und den Wert von Bibliotheken und BibliothekarInnen hervorzuheben. Aus diesem Grunde will ich an dieser Stelle die 11 Filme auflisten:

  1. “The Music Man” (1962): Barbara Cook als “Marian the Librarian”
  2. “The Mummy” (1999): mit Rachel Weisz als Bibliothekarin
  3. “Party Girl” (1995): mit Parker Posey als Bibliothekarin
  4. “National Treasure” (2004): mit Diane Kruger als Bibliothekarin
  5. “Desk Set” (1957): mit Katherine Hepburn als Bibliothekarin Bunny Watson (Spencer Tracy in der Rolle des Vorgesetzten Richard Sumner, der Bunny Watson und ihre Kolleginnen durch einen Computer ersetzen will)
  6. “Foul Play” (1978): Goldie Hawn als Bibliothekarin
  7. “Storm Center” (1956): Bette Davis als Bibliothekarin, die sich weigert das Buch “The Communist Dream” aus dem Bestand zu nehmen. Am Ende wird sie als Kommunistin gebrandmarkt.
  8. “Miranda” (2002): John Simon als Bibliothekar, der eine Liebesaffäre mit Christina Ricci beginnt
  9. “Peeping Tom” (1960): Helen Stephens als Bibliothekarin
  10. “The Station Agent” (2003): Michelle Williams als geschiedene Bibliothekarin
  11. “The Librarian: Quest for the Spear” (2004): Flynn Carson als Bibliothekar

Wem noch weitere Filme einfallen, in denen BibliothekarInnen die Hauptrolle spielen, kann dies gerne an Huffington Post und/oder an mich weitergeben. Gibt es denn auch europäische Filme in denen BibliothekarInnen eine Hauptrolle spielen, die frei von allen gängigen Klischees ist? Wenn ja, welche? Est-ce qu’il existe des films européens, où les bibliothécaires sont montrés  sans des clichés typiques  avec un premier rôle? Lesquels? Do films in Europe exist, where librarians are shown apart from common stereotypes in a star role? Which kind of films do you know?

Ein Nachtrag zum diesjährigen Träger des Diversity Awards in Großbritannien

Wie wird dem Gedanken  der (kulturellen) Vielfalt im Bibliothekswesen Großbritanniens Rechnung getragen? Bereits die letzte Regierung unter der Federführung von Tony Blair forcierte eine Politik der Chancengleichheit und Eingliederung aller Kulturen, die auch aufgrund der EU-Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG vorgeben wurde. Vielfalt als Bereicherung und als Vorteil zu betrachten steht dort meiner Meinung nach viel mehr im Fokus als hierzulande. Hinzu kommt der im April diesen Jahres verabschiedete Equality Act, der sich zum Ziel gesetzt hat die bisherige Gesetzgebung zu vereinfachen und zu stärken.  Aus diesem Grund hängt die Vergabe öffentlicher Gelder oftmals davon ab, ob Vielfalts- und Gleichberechtigungsquoten erfüllt werden. Öffentlichen Institutionen kann Geld verweigert werden, wenn nicht genügend Angehörige ethnischer Minderheiten an deren Aktivitäten partizipieren. Es gibt demnach kaum öffentliche Einrichtungen, die in ihren Richtlinien und Leitbildern nicht die Grundsätze der Gleichheit und Vielfalt betonen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Bibliotheksarbeit. Das Chartered Institute of Library and Information Professionals (CILIP) verfügt über eine eigene Diversity Gruppe, welche die Vielfalt in der Nutzer- und Mitarbeiterstruktur gezielt fördert. Diese Gruppe besitzt auch eine Fanseite auf Facebook. Seit 2002 gibt es den vom CILIP ins Leben gerufenen Diversity Award, der alle zwei Jahre vergeben wird. Das Statement des  ehemaligen Vorsitzenden der Diversity-Gruppe des CILIP, Kale Dale, macht deutlich, welche Bedeutung und Wertschätzung Vielfalt innerhalb der Bibliothekswelt zukommt:

Library and information services also have a responsibility to provide and promote career opportunities and development for all their staff. But while a great deal of important work is done in the promotion of diversity through library services up and down the country much of it is unseen and therefore unacknowledged.”

Ziel ist es besonders erfolgreiche Best Practice Beispiele aus dem Bereich Diversity hervorzuheben und diese durch die Vergabe eines Preises zu honorieren. In den vorhergehenden Jahren gab es sowohl für die Bereiche organisationale Veränderung, als auch für personelle Leistungen einzelner MitarbeiterInnen eigene Preise. Seit diesem Jahre gibt es nur noch den “Diversity Award”, der die anderen Auszeichnungen in sich vereint. Im Rahmen der diesjährigen Konferenz  der Diversity-Gruppe des CILIP (Titel: “An Inconvenient Truth: Race, Class and Libraries“), wurde der Gewinner des Diversity Awards 2010 am 14. Juni ausgezeichnet. Dies waren die  Öffentlichen Bibliotheken in Southwark. Gewürdigt wurde die Community-Arbeit mit Zuwanderern aus Lateinamerika und Somalia. Sie basiert auf  das landesweite  ‘Welcome to Your Library Project (WTYL), das den Zugang, die Partizipation und die Qualität des Service von Öffentlichen Bibliotheken zu verbessern versucht(e). Im Blickfeld stehen Flüchtlinge und AsylbewerberInnen. Es gelang ihnen die lokalen Behörden und die öffentliche Verwaltung davon zu überzeugen, dass Neuankömmlinge, die zum Beispiel aus Lateinamerika stammen, einen bedarfsorientierteren  Zugang als bisher zu den von ihnen benötigten Dienstleitungen erhalten sollen. Außerdem handelt es sich um ein Projekt, das für Nachhaltigkeit, Empowerment und der Vernetzung mit den unterschiedlichen Communities steht. Mike Prendergast und Mike Allport freuten sich außerordentlich über diesen Preis. Prendergast betonte unter anderem, dass sich durch die Arbeit mit den unterschiedlichen Zuwanderergruppen auf persönlicher Ebene für ihn neue Freundschaften entwickelt haben, wodurch er ein größeres Verständnis für deren Bedürfnisse und deren Kultur entwickelte.

Aus aktuellem Anlass: Der diesjährige Gewinner des “Libraries Change Lives Award” ist die Bibliothek der Haftanstalt von Saughton (Edinburgh)

Eine Gefängnisbibliothek in Edinburgh, welche erst im November 2008 eröffnet wurde, erhielt vorgestern im Rahmen der Libraries Change Lives Konferenz (in London) den Libraries Change Lives Award. Das Chartered Institute of Library and Information Professionals (CILIP) ist der Ausrichter der Konferenz und Sponsor des Preises. Die Auszeichung belohnt gute und innovative Bibliotheks- und Informationsprojekte, welche Menschen zusammenbringen, Nutzer einbeziehen und  das Leben von Menschen verändern. Die Gefängnisbibliothek setzte sich damit gegen andere innovativen Initiativen und Projekte aus Manchester und London (Bezirk Barking und Dagenham) durch. Hierfür erhielt sie eine Trophäe und 5.000  britische Pfund. Sie ist die einzige Bibliothek in Schottland mit einer Warteliste. Den Gutachtern zufolge übt die Bibliothek einen bemerkenswert positiven  Einfluss auf alle Insassen und Mitarbeiter aus. Das bei der Errichtung der Bibliothek vorgebene Ziel war es, eine soziale Inklusion für alle Insassen zu verwirklichen, indem ihnen Weiterbildungsmöglichkeiten und Berufsperspektiven aufgezeigt und angeboten werden, um ihnen den Übergang von der Haft in die Freiheit zu erleichtern.  Dies wird durch ein einladendes Design und eine moderne Ausstattung (z.B. Laptops und Schreibtische) gewährleistet, wobei die Häftlinge bei der Gestaltung und dem Bau der Inneneinrichtung aktiven mitwirkten. Außerdem wird den Insassen nicht nur dabei geholfen ihre Lesefähigkeit zu verbessern, sondern ihnen auch bei der Erstellung ihrer Lebensläufe und Bewerbungen  Hilfestellung gegeben. Eine weitere Besonderheit ist die Tatsache, dass dort Häftlingen Fähigkeiten und Kompetenzen eines Bibliothekars vermittelt werden. Betrieben wird die Bibliothek aber von der erfahrenen “Berufsbibliothekarin” der Stadtbibliothek von Edinburgh, Kate King. Sie und einige Häftlinge kommen im folgenden Video zu Wort.

Wird Google die Bibliotheken killen?

“Google Kills The Library” hieß die zentrale These des Vortrags von Jens Renner auf dem Bayerischen Bibliothekstag am 17.06.2010 in Augsburg. Er berichtete von den jungen Leuten, die glauben, im Internet alles zu finden. Dazu lieferte er erschreckenden Zahlen. Von 3,8 Milliarden Suchen die bei irgendeinem Anbieter in Deutschland, die gestartet werden, deckt Google 3 Milliarden pro Monat ab. (Aktuelle Zahlen vom Monat Mai 2010 für Suchanfragen USA). Im Grunde genommen gibt es neben Google somit niemanden mehr.

Suchmaschine ist nur ein Angebot eines Mega-Konzerns, welcher Geld verdienen will mit dem, was er anbietet. Da sind Stichworte zu nennen wie PageRank, AdWord, AdSense. Der Unterschied zwischen Organic Listing und Paid Listing ist den Studierenden dabei auch nicht bewußt. Google ist eine der größten Firmen der Welt und ihre Portokasse wächst rasant. Sie beträgt wohl derzeit laut Renner ca. 24,5 Milliarden Dollar, welche wieder in gewinnbringende Produkte investiert werden möchten.

Google selbst zunehmend für eine Rundumversorgung. Die privaten Daten werden mit der Google Desktop Search gefunden, meine Bilder mit Picasa verwaltet und bearbeitet, Nachrichten und Interessen über Google Alerts versorgt, mein Kalender mit Google Calendar verwaltet, kooperative Dokumente (Texte, Excel-Tabellen, etc.) mit Google Docs erstellte, mein Haus mit Google Street View sichtbar gemacht, mein Mail-Inhalte bei GMail ausgewertet, um sie mit pesonalisierter Werbung gleichzuschalten. Mit Google Goggles arbeitet Google gerade daran, die Gesichtserkennung im Handy zu implementieren. Damit wird es einfacher, auch unbeteiligte Dritte von Google verfolgbar gemacht. Mit Google Health werden noch privatere Daten durch Google erfaßt. Google ist auch nicht für sich alleinstehen. Der Konzern hat Kontakte zu den großen Commmunity-Plattformen. Die Frage, wann es den “Gläsernen Menschen” gibt, ist eher nur noch eine der Zeit, nicht mehr der Technik. Für Google sind personalisierte Dienste die Zukunft und dafür muss man viel über die einzelne Person wissen.

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Aus Taiwan: Why do you love the library?

Das VideoI Love the Library”  gewann auf dem letzten von der Library Association of the Republic of China (Taiwan) ausgeschriebenen und gesponserten Bibliotheksvideowettbewerb. Für ihre Rolle als Produzentin des Gewinnervideos, erhielt die Studentin Erin Liu ein Stipendium von Elsevier. Erin zufolge ist die Bibliothek wie ein großer Schatz, der der Inspiration dient und dazu beiträgt ein glückliches Leben zu führen.

Interkulturelle Bibliotheksarbeit mal anders: Bibliomigra – eine fahrende und mehrsprachige Bibliothek in Turin

„Toleranz sollte nur ein vorübergehender Zustand sein, er muss zur Anerkennung führen. Dulden heißt beleidigen.“ Johann Wolfgang von Goethe

Der am 21.05. jährlich begangene UNESCO-Welttag der kulturellen Vielfalt für Dialog und Entwicklung bot Anlass mich eingehender mit dem Projekt  der Künstlergruppe Arteria mit dem Namen Bibliomigra zu beschäftigen. Der kreative Ideengeber von Bibliomigra heißt Davide Serra.

Doch zuerst sollen die politischen Voraussetzungen näher erläutert werden, welche diese Initiative erleichterten. Vor kurzem widmete sich der Courrier International in einer Übersetzung eines Artikels aus La Stampa der Stadt Turin. Seit Ende April 2010 hat sich mit Erringen der Mehrheit der Lega Nord bei den Regionalwahlen in Piemont, dessen Hauptstadt Turin ist, das politische Klima auch dort verändert. Francesco Jori zufolge, reicht es nicht aus den Wahlerfolg dieser Partei allein durch den von ihnen propagierten Rassismus und ihrer Intoleranz gegenüber EinwanderInnen und dem starken Populismus, sowie den antieuropäischen Ressentiments alleine zu begründen.

Turin ist aufgrund der politischen Machtverhältnisse im Stadtrat im Vergleich mit anderen italienischen Städten, gegenüber ZuwanderInnen viel freundlicher und integrativer und nähert sich dem Thema Migration anders als viele italienische Kommunen, die eigentlich eher durch Negativschlagzeilen in jüngster Zeit auf sich aufmerksam machten. Den Vereinten Nationen zufolge ist Turin ein Best Practice Modell für die Integration von Migranten. Die illegale und “unsichtbare” Einwanderung ist insbesondere in Turin in den letzten Jahren zu einem wachsenden Phänomen geworden. Im historischen Stadtteil, in Borgo Dora/Porta Palazzo, beträgt der Anteil der Migranten 50 %.  Kleine unabhängige Vereine und Gruppen, wie die Initiative von Arteria, nutzen die “Straße” als einen Ort der interkulturellen Kommunikation und Prozessen der aktiven Staatsbürgerschaft.  Bibliomigra, eine mehrsprachige fahrende Bibliothek, bietet – alleine durch seine Präsenz in verschiedenen Teilen der Stadt – Literatur unterschiedlichster Art an. Bei den beiden Fahrzeugen handelt es sich um zwei alte Apecars der Marke Piaggio, die so umfunktioniert wurden, wie auf dem Bild oben oder im Film unten zu sehen ist. Das Projekt läuft seit drei bis vier Jahren und MitarbeiterInnen von Arteria steuern vor allem Porta Palazzo an, der Platz für den größten Freiluftmarkt Europas bietet. Zweimal pro Woche in der Zeit von 18:30 Uhr und 21:30 Uhr kümmern sich die MitarbeiterInnen von Arteria vor allem um junge Migranten, die dort “abhängen”, wie es Antonella Aduso, die Vize-Präsidentin von Arteria, ausdrückte.

Aufgrund der Budgetkürzungen sind die beiden Fahrzeuge von Bibliomigra nur noch jeweils ein bis zweimal in der Woche unterwegs, statt wie früher drei bis viermal pro Woche.  Arteria ist die Nichtregierungsorganisation, welche diese kreativen Projekte durchführt. Ein weiteres vorbildliches Projekt nennt sich Una Finestra Sulla Piazza (‘A Window onto the Square’). Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von soziokulturellen Akteuren, welche sich um unbegleitete Migrantenkinder  kümmern. Darüber hinaus macht diese strategische Wieder-Aneignung des öffentlichen Raumes die Flüchtlinge und marginalisierten Gruppen, deren sozialer und kultureller Status ansonsten versteckt und vernachlässigt würde, sichtbarer gegenüber der sogenannten Mehrheitskultur.  Hierbei wird mit jungen Menschen gearbeitet, indem mit ihnen Fußball, Basketball, Badminton, Volleyball, Jenga, Schach und vieles mehr gespielt wird. Außerdem werden Flyer in den Rathäusern der Bezirke  und bei örtlichen Nichtregierungsorganisationen verteilt, um die Menschen über die Projekte zu informieren und die Kontakte und Begegnungen herzustellen.

Im Moment gibt es zwei Bibliomigra-Fahrzeuge, wobei eines im 7. Bezirk unterwegs ist und von der Stiftung Compagnia di San Paolo finanziert wird, wie mir Antonella Aduso verriet Das zweite Fahrzeug, wird hauptsächlich im 3. Bezirk von Turin eingesetzt. Bibliomigra ist sowohl für ZuwanderInnen als auch für Italiener wichtig. Die angebotenen Bücher gibt es nicht nur in Fremdsprachen, sondern auch in italienischen Dialekten.  Weiterlesen

Anmerkungen zur Zielgruppenorientierung für die LGBT-Community und die Rolle der Öffentlichen Bibliotheken mit besonderer Berücksichtigung der Situation in Frankreich

The purpose of our public libraries is to serve the public. It is time to realise that the public is more diverse than the white, Christian, heterosexual man. Library and information science have a responsibility to proceed in this area, acknowledge the problem and bring LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual) into their field of research. (Anna Johansson in Libreas 01/2008)

In ihrem Artikel machte Johansson deutlich, dass in Schwedens öffentlichen Bibliotheken die heterosexuelle Norm aufrechterhalten wird, indem durch verschiedenen Standards (u.a. Klassifikationen), das Auffinden und das  Sichtbarmachen von Literatur für die LGBT-Community erschwert wird. Wie ist das eigentlich hierzulande? Natürlich ist es begrüßenswert, dass Libreas  diesen Artikel der schwedischen Bibliothekswissenschaftlerin veröffentlichte, aber warum gab es in den letzten 10 Jahren kaum deutschsprachige BibliothekarInnen, welche diese Aspekte in Form von Artikeln und Vorträgen auf die Agenda brachten? Oder irre ich mich? Ist bei uns alles in Ordnung? Sollte man sich in Zeiten finanzieller Krisen in den Kommunen und anderswo nicht mit wichtigeren Themen beschäftigen?

Durch Zufall wurde ich vor kurzem auf einen Blogeintrag eines französischen Bibliothekars aus Lyon aufmerksam, der sich pünktlich zum “Journée internationale de lutte contre l’homophobie et la transphobie“, also zum  “Internationalen Tag gegen Homophobie und Hassgewalt” am 17. Mai, mit dem Thema befasste und genauer analysierte, inwieweit Homosexualität überhaupt in den Öffentlichen Bibliotheken Frankreichs thematisiert wird. Volker Beck meinte am 16.05. 2010, dass der Hass auf Lesben und Schwule  international und in Deutschland nicht überwunden ist und eine Aufnahme des Antidiskriminierungsschutzes auf Grund der Sexuellen Identität ein Zeichen setzen würde,  Lesben und Schwule als  integraler Bestandteil unserer Gesellschaft zu betrachten. Seit dem letzten Bundestagswahlkampf findet sich für die Aufnahme der “Sexuellen Identät” ins Grundgesetz als Teil des Diskriminierungsverbots im Artikel 3 zunehmend mehr Unterstützung aus mehreren Parteien (SPD, Grüne, Die Linke und ganz wenige Anhänger der CDU und der FDP). Am 21.04. gab es zu dem Gesetzesentwurf eine öffentliche Anhörung im Bundestag und momentan wird der Gesetzesentwurf hierzu noch geprüft. Dieses Thema hat nun wieder an Aktualität gewonnen und der Blogeintrag des französischen Bibliothekars veranlasste mich nun über dieses Thema zu schreiben

Einer Annäherung an die Thematik, bedarf ein Eingehen auf die Reflexionen des Bloggers. Ich kenne immer noch keine Stadt(teil)bibliothek, welche sich dieser Thematik eingehend annimmt. Außerdem bin ich – obwohl Bibliothekar – auf diesem Gebiet kein “Experte”, da dieses Thema im Studium und in der beruflichen Praxis bisher (noch) nicht auf der Agenda stand. Bislang sind mir nur die  von Prof. Dr. Rösch (FH Köln) betreuten Arbeiten von Frau Jakobs aus dem Jahr 2000 (“Homosexuelle als Benutzergruppe – Forderungen an die Bibliothek. Eine Untersuchung zu den Herausforderungen, die eine homosexuelle Benutzergruppe an Öffentliche Bibliotheken stellt” und “Literaturbedürfnisse von Homosexuellen – Forderungen an die Bibliothek“) und der  Aufsatz “THE “INVISIBLES”: Lesbian Women as Library Users” von Heike Seidel aus der Zeitschrift Progressive Librarians bekannt. Darin greift sie eine Diskussion auf, die 1995 unter anderem auch in BuB geführt wurde und nach der Diplomarbeit von Warnke “Eingrenzen statt ausgrenzen”. Doch (wie) wurden diese Arbeiten bis heute in der Fachwelt rezipiert?

Auf dem BOBCATSSS-Symposium 2007 wurde zur Zielgruppenarbeit für die LGBT- Community dieses Thema in Form einer Poster Session von Tiger Swan präsentiert: “Marketing for Inclusion: Reaching the Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender (LGBT) Communities”

Zurzeit sind mir nur Bibliotheken in Großbritannien und den USA bekannt, welche eine gezielte Inklusionspolitik dieser Gruppe betreiben. In deutschen Bibliotheken fand ich bislang nur kostenlose Zeitschriften wie etwa die Siegessäule und Broschüren zum Thema der sexueller Aufklärung.  Doch es gibt zahlreiche Initiativen und Organisationen, welche als beratend für Bibliotheken tätig werden könnten bzw. es schon sind. Über Facebook wurde ich auf www.gayboooks.de und www.lesbianbooks.de aufmerksam, welche durchaus Anregungen in Form von Newslettern und Empfehlungen böten.

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Imagevideo der "Library of Birmingham" (UK)

Als Einstimmung auf den nächste Woche stattfindenden Deutsch-Internationalen Bibliotheksdialog in Birmingham, ein Vorgeschmack auf das neue Flaggschiff der Stadt, das 2013 eröffnet werden soll. Für die Bibliothek werden umgerechnet 214 Millionen Euro investiert. Das niederländische Büro Mecanoo Architecten (Delft) hatte 2009 die Planungen für eine neue Bibliothek am Centenary Square vorgestellt. Das Projekt ist Teil der Kampagne „Global City with local Heart“ und ist das neue Vorzeigeprojekt der Stadt. Es wird auf einem prominent gelegenen Grundstück am Centenary Square zwischen dem Birmingham Reportery Theatre (REP) und dem Baskerville House errichtet. Im Erd- und Mezzaningeschoss mit dem REP verbunden, entsteht mit der Bibliothek ein Bildungs-, Informations- und Kulturzentrum für täglich 10.000 Besucher. Der stellvertretende Direktor und Abteilungsleiter für Servicedienstleitungen der Stadtbibliothek  in Birmingham, Brian Gambles, formulierte die gegenwärtigen Herausforderungen, vor denen auch viele andere Bibliotheken im 21. Jahrhundert stehen, wie folgt:

We are trying to redefine the library and archive in a major city centre. For 150 years the role of the library was to democratise access to books and information which many could not afford. That model of service is being challenged.The number of books we loan out and reference inquires we receive is sliding. We can all use Google and with discounts on Amazon, three-for-two offers in Waterstones and Tesco discounting every Harry Potter book, many of us have the means to buy books. We need to make the library more of an experience. Our role will now be less about transactions with users and more about aiding their transformation.”

In den letzten Jahren sind mehrere beeindruckende Bibliotheksbauten in Großbritannien entstanden (bzw. noch in der Entstehungsphase). Besonders hervorzuheben sind die Bibliotheken in Norwich, Manchester und Newcastle. Trotz anders lautender Meldungen sind durch Einsparmaßnahmen zwar viele Zweigstellen und Bibliotheken auch dort betroffen, aber es gibt dennoch Beispiele,welche von einem Gegentrend zeugen. Die politischen VertreterInnen von Birmingham planen die neue Bibliothek als ein Instrument zur sozialen Inklusion unterschiedlichster Teile der multikulturell zusammengesetzten Stadtbevölkerung zu nutzen.

Library Of Birmingham from The Proudfoot Company on Vimeo.

Möchten Bibliotheken so gesehen werden?

Wir beklagen uns über ausbleibende Nutzer und immer mehr geschlossene Bibliotheken. Wir kommen negativ in der Presse herüber und dann arbeiten einige scheinbar auch noch aktiv weiter an diesem verstaubten Image, wie der Artikel der Volksstimme über den 7. Bibliothekstag des Landes Sachsen-Anhalt verdeutlicht:

Kein DVD-Verleih, sondern Besinnung auf das Kerngeschäft

Wie wollen wir unsere Daseinsberechtigung begründen, wenn wir anfangen, Abstriche dort zu machen, wo sich unsere Nutzer befinden?

Auf dem 7. Bibliothekstag wurde am 28.04. in der Stadt- und Kreisbibliothek Haldensleben schwerpunktmäßig über ein moderns Qualitätsmanagement gesprochen. Der Landesverband der Bibliotheken lud zusammen mit dem Landesverwaltungsamt BibliothekarInnen ein, um ihnen das derzeit laufende Projekt eines Qualitätsmanagement-Verbundes vorzustellen und schmackhaft zu machen. Mit einer Zertifizierung von Bibliotheksangeboten soll die Servicequalität der teilnehmenden Bibliotheken erhört und eine größere Kundenzufriedenheit erreicht werden. Das Projekt endet Juni 2011.

Wer über die Qualität der Angebote spricht, muss sich auch mit denjenigen auseinandersetzen, welche zukünftig durch die Bibliotheken erbracht werden und die den Nutzer in die Bibliothek locken sollen. Ein Qualitätsmanagement kann dabei helfen, die Bibliotheken im Land besser aufzustellen. Es wird gerade auch vor dem realen Hintergrund der Sparzwänge des Landes, der Landkreise und Kommunen notwendig. Einsparungen haben fast abenteuerliche Züge, da häufig nicht mehr fachliche Überlegungen bei Entscheidungen im Vordergrund stehen.

In Sachsen-Anhalt gibt es 206 kommunale Bibliotheken. Eine statitische Zahl, die sicher den Eindruck vermitteln kann, dass das Land damit gut aufgestell ist. Doch sind zunehmende Anpassungen an den demografischen Wandel des Landes notwendig, denn der Alterdurchschnitt steigt stetig. Auch die finanziellen Rahmenbedingungen werden schlechter, während die Ansprüche der Nutzer wachsen und auch die eigenen Qualitätsansprüche sich ändern.

Ein Thema ist sicherlich die Leseförderung, die nicht nur in Sachsen-Anhalt ein großes Thema in den Bibliotheken ist. Lesungen von Autoren, Lesenächte, Buchbesprechungen sind nur einige Angebote, die man hier aufzählen könnte. Thomas Leimbach, Präsident des Landesverwaltungsamtes, riet den Besuchern des Bibliothekstages dann jedoch dringend davon ab, sich noch mehr auf den DVD-Verleih oder Computerspiele zu verlagern.

Als ich diese Aussage gelesen habe, musste ich sehr tief durchatmen.

” Ich sage Ihnen, die mediale Vielfalt wird Sie erschlagen. Nötig ist eine Rückbesinnung auf das Buch, auf das Kerngeschäft “, so Leimbach.

Verzeihung, so bitte nicht. Bibliothken müssen sich der medialen Vielfalt stellen. Wie sollen sie auf Dauer Lotse in einer immer weiter diversifizierten Medienlandschaft sein, wenn Sie sich auf “Bücher” beschränken sollen. BibliothekarInnen müssen sich auskennen in dieser Landschaft, um den steigenden Anforderungen an sie gewachsen zu sein. Das bedeutet aber auch, den Leser mit den “gefilterten” Angeboten zu füttern, ihn aber nicht einzuschränken. In freier Mediennatur wird er sich mehr oder weniger auch damit auseinandersetzen müssen. Bibliotheken beschäftigen sich nicht umsonst mit Themen wie Informations- und Medienkompetenz. Das sind Aufgabenfelder, in denen Sie meiner Meinung nach Services anbieten können und die deutlich machen, dass sie eine Daseinsberechtigung haben. Leseförderung ist nur ein kleiner, unbestritten notwendiger Teil innerhalb der bibliothekarischen Arbeit als “Bildungseinrichtung”.

Jürgen Plienninger überträgt die Forderung von Herrn Leimbach eindrücklich auf den Daimler-Konzern und zeigt, wie absurd diese ist.

Wenn zum Daimler-Konzern keine Flugzeuge (DASA), keine Haushaltsgeräte (AEG) mehr gehören, dann hat sich der Konzern strategisch auf sein Kerngeschäft, nämlich den Autobau, zurückgezogen.

Hoffentlich haben viele der Kollegen vor Ort damals heftig protestiert. So gesehen zu werden, als Bücherangebotsanstalt… Nein Danke!!! Das wäre die einfachste Möglichkeit, Bibliotheken bald ganz wegzurationalisieren, denn Buchvorstellungen, Autorenlesungen und Lesenächte können genausogut vom Buchhandel, Volkshochschulen und Theatern organsiert werden.

Aufmerksam geworden über:
Plieninger, Jürgen: Rückbesinnung auf das “Kerngeschäft”?, netbib weblog

Quelle:
Lüthe, Ivar: Kein DVD-Verleih, sondern Besinnung auf das Kerngeschäft, Volksstimme.de

Meine unsortierten Eindrücke vom Bibcamp in Hannover

Zum Gedanken Sortieren ist es vermutlich noch alles viel zu frisch, daher folgen meine Gedanken zu den vergangenen Tagen erstmal ziemlich unsortiert. Ganz deutlich gesagt, das Erlebte, der intensive Austausch, die vielen neuen und doch auch “alten” Bekannten werden noch eine Weile in meinen Gedanken herumschwirren. Ich habe viele Anregungen mitgenommen, rein praktischer Natur:

  • “Geduldig sein” – der Einzug von Web 2.0 in das Bewusstsein der Kollegen ist ein langsamersehr schwieriger Prozess, aber er kann erfolgreich sein.
  • “Praktisch sein” – Es reicht nicht, nur gute Beispiele anderer Bibliotheken zu zeigen, sondern diese auch direkt gleich auf die eigene Arbeit des Einzelnen, dem man es zeigt, anzupassen.
  • “Direkt sein” – Es klingt ein wenig nach Sisyphosarbeit, aber es hilft am besten, die Leute einzeln anzusprechen und ihnen zu zeigen, welche Arbeitserleichterung das ganze für sie bedeutet.
  • “Positiv sein” – Auch die postive Ausstrahlung, eine “nicht-missionarische” Überzeugtheit vondem, was Web 2.0 heißt, kann helfen. Freude ausstrahlen kann andere ermutigen. Spaß haben mit den Dingen.
  • “Mutig sein” – Manchmal muss man einfach machen und andere mit den Erfolgen überzeugen. Da heißt es, selbst anpacken, wenn das geht, selber Angebote aufbauen und deutlich sichtbar später mittragen.
  • “Organisatorisch sein” – Die Chefs müssen einen untestützen. Bestimmte Angebote sollten mit deutlicher Beführwortung (Einladung zum Workshop, Aufmerksam machen auf ein Web-Lernangebot) des Chefs oder desjenigen, der in der Bibliothek etwas zu sagen hat (Vorbilder, angesehene Kollegen) an die Belegschaft weitergereicht werden.

Andere Anregungen waren eher in Richtung Motivation zu sehen: Anderen geht es nicht anders oder besser gesagt: Oh, ich bin vermutlich genauso social-web-verrückt wie alle mit denen ich gesprochen habe 🙂 Monika hat es in ihrer Zusammenfassung in der Abschlussdiskussion sehr schön ausgedrückt: Auch wenn wir vor Ort Einzelkämpfer sein mögen (mehr oder weniger), das Bibcamp hat gezeigt: ‘Ich bin nicht allein’. Für dieses “nicht allein” steht jeder einzelne der Teilnehmer.

Sehr schön war, dass alle sich aktiv beteiligt haben. Egal, welche Session ich besucht habe, es haben immer viele mitdiskutiert, ehrliche Erfahrungen eingebracht und Wissen ausgetauscht. In den Sessions wurden Anregungen aufgeworfen, die dann in den großzügigen Pausen bei einem reichhaltigen Buffett und Unmengen an heißem Kaffee weiterdiskutiert wurden. Auch die Abende waren gefüllt mit anregenden Gesprächen bei Bier und Apfelschorle und nicht selten drehte sich auch da alles um die eigene bloggende-twitternde-facebookende Tätigkeit.

Highlights waren für mich die Gespräche mit Markus (Text&Blog), Thomas (Hapke Blog) und Monika (Library Mistress) und die nette Zeit und Unterkunft bei Kati 🙂

Es gäbe noch sehr viel meh zu erzählen – leider geht der Akku dem Ende entgegen und was jetzt folgen würde, neben den immer wieder hervozuhebenden Lob für die ORGA des Bibcamps, wäre noch wesentlich unsortierter und wird vermutlich auf andere Art und Weise festgehalten werden 🙂

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