Urheberrecht und das Aus für Digitale Bibliotheksangebote

Digitale Angebote der DNB wurden vom Netz genommen…” lautete mein Blogbeitrag vor knapp einer Woche zum Schließen der Angebote “Exilpresse digital” und “Jüdische Periodika in NS-Deutschland”. Da vermutete ich noch:

“Aus rechtlichen Gründen” heißt es in der Begründung. Nichtssagend und alles implizierend. Vermutlich geht aus aus “urheberrechtlichen Gründen” nicht, aber ein Hinweis auf dies, würde aus meiner Sicht den Ärger etwas mildern.

Genauer hätte ich sagen müssen, den Ärger etwas mildern, den die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) abbekommen hat deshalb. Ärgerlich bleibt es dennoch. Im Grunde ist es so, dass die Debatte um den Schutz geistigen Eigentums dafür sorgt, dass die DNB u.a. die Ausgaben der Exilzeitung Aufbau nicht mehr verfügbar macht. Ursache ist die unklare Urheberrechtslage, die zu diesem Schritt zwingt und somit wichtige Einblicke in eine Epoche der Geschichte zurück ins Versteck treibt.

Die Einrichtung muss derzeit für jeden Text der Zeitschrift im Einzelfall prüfen, ob diese online gestellt werden. Zwar hat der Aufbau-Verlag die Archivierung begrüßt, aber er kann das nicht erlauben, da er sich zum Zeitpunkt, als diese Texte verlegt wurden, die Rechte für diese damals unbekannte Nutzung nicht sichern konnte.

Matthias Spielkamp von iRights.info erklärt die Ursachen in einem Interview im Deutschlandradio. Darin macht er deutlich, warum “Gedächtsnisorganisationen” wie Museen, Bibliotheken udn Archive ihren Aufträgen dank des Urheberrechts nicht nachkommen dürfen. Spielkamp fordert u.a.:

“Wenn Gedächtnisorganisationen das tun, wofür sie eigentlich existieren, dann darf das keine Urheberrechtsverletzung sein.”

Nationalbibliotheken vs. Urheberrecht, 06.05 min.

Spielberg plädiert im Rahmen des dritten Korbs der Urheberrechtsnovelle für eine Bereichsausnahme, die sehr umfassend wäre, aber Bibliotheken erlaubt, im Rahmen ihrer Arbeit, Werke zu digitalisieren und in angemessener Form einer Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne im Einzelfall jeden Urheber überprüfen zu müssen.

Auf der anderen Seite sollte man in Deutschlands Bibliotheken darüber nachdenken, ein entsprechendes Risikomanagment einzuführen, wie dies in vielen Bibliotheken schon der Fall ist, z.B.:

Kennt jemand andere Beispiele hier in Deutschland?

Warum Risikomanagement an Bibliotheken. Bei diesem wird abgewogen, wie hoch das Risiko einer Klage tatsächlich ist. Dies kann nach reiflicher Überlegung dazu führen, dass ein Risiko als gering eingeschätzt wird und man dann trotz rechtlicher Bedenken z.B. eine digitalisierte Sammlung online zugänglich macht. Neben den Risiken werden auch pragmatische Gesichtspunkte in die Entscheidungen einbezogen.

Freiheit für Digitale Kopien

Mit dem § 52b UrhG ist es deutschen Bibliotheken seit 2008 erlaubt, ihre erworbenen Bücher zu digitalisieren. Im Ergebnis darf die digitalisierende Bibliothek diese digitale Kopien unhabhängig von (kostenpflichtigen) Ausgaben der Verlage dann den Nutzern der Bibliothek zugänglich machen. [Satz zwecks besserer Verständlichkeit überarbeitet, Anm. d. Verf., 21.04.2011] Inhalt und Umfang bestimmen sich dabei nach § 52b UrhG. Allerdings hat die Umsetzung dann zu juristischen Verwerfungen zwischen Bibliotheken und Verlagen geführt.

Die zwei einstweiligen Verfügungsverfahren und das Musterverfahren in erster Instanz zwischen der TU Darmstadt und Ulmer brachten keine rechtliche Klarheit, da die Urteilsbegründungen deutlich von unterschiedlichen Ansätzen ausgehen.

Mit dem sogenannten “3. Korb”, der seit einiger Zeit von der Bundesregierung vorbereitet wird, soll eine wissenschaftsfreundlichere Ausgestaltung des Urheberrechts vorangetrieben werden. Dies entstammt einer Forderung des Bundesrates bei der Verabschiedung des “2. Korbes” 2007. Anhörungen zu diesem neuen Gesetz fanden im Herbst 2010 statt.

Die TU Darmstadt hat nun vor diesem Hintergrund sich dazu entschieden, vor dem Bundesgerichtshof eine Sprungrevision gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Frankfurt (16.03.2011) zu beantragen. So erhofft man sich ein höchstrichterliches Urteil, welches Klarheit über die derzeit unsichere Rechtssituation zu schaffen. Durch diesen Musterprozess soll aus Sicht der TU Darmstadt die Freiheit von wissenschaftlicher Textarbeit unter den sich veränderten Bedingungen eines Digitalzeitalters gewahrt und verteidigt werden.
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