Aus aktuellem Anlass: Ein Aufklärungsvideo zur Zensur von Büchern im 21. Jahrhundert

In der heutigen Ausgabe der Berliner Zeitung mit dem Titel “Der Protest der Bibliothekare” macht Damir Fras auf die aktuell stattfindende „banned books week“, die „Woche der zensierten Bücher“ in den USA aufmerksam:

Die ALA hat mitgezählt: Seit 1982 gab es mehr als 11 300 Versuche, Romane und Comics aus Büchereien und Schulen zu verbannen. Allein im Jahr 2012 gingen bei der ALA 464 Beschwerden ein. In Wirklichkeit ist die Zensur aber noch viel gewaltiger. Der Büchereiverband schätzt, dass nur jeder fünfte Fall überhaupt gemeldet wird. […] Dav Pilkey und Toni Morrison sind in guter Gesellschaft. Auch Mark Twain tauchte schon auf der Liste der Zensur und Zensurversuche auf, ebenso John Steinbeck und JD Salinger. Selbst in Harry Potter wurde schon Problematisches entdeckt.”

Dabei verwies Damir Fras auch auf das Video von Rocketboom. Die Protagonistin prangert im folgenden Video auf intelligente und humorvoile Weise die Bigotterie der US-amerikanischen Zensur- und Moralapostel an. Das Fernsehen wurde doch bislang auch noch nicht verboten, so der Tenor von Rocketboom, da darin weitaus Schlimmeres gezeigt werde, als in Büchern.

Overdue, Penguin und wie die Amazon E-Book-Leihe zum Problem wird

Juli letzten Jahres berichtete ich “Amazon wird zum e-Lehrbuch-Verleih“.

In den USA wirbelte nun eine damit verbundene Entscheidung der Verlagsgruppe Penguin, die Geschäftsbeziehung zu OverDrive zu beenden, viel Staub auf. Das bedeutet:

Penguin, which only offered backlist e-book titles for library lending, is terminating its contract with OverDrive, the library digital vendor, and starting February 10 will cease to offer any of its e-books or audiobooks to libraries. Penguin is negotiating a “continuance” agreement that will allow libraries that have already purchased Penguin e-books to continue to loan them.

Das verärgert nicht nur Bibliothekare und sondern auch Autoren der Publikumsverlagsgruppe. Vergangenen Freitag kündigte Penguin OverDrive an, keine E-Books für die bibliothekarische Ausleihe mehr zur Verfügung zu stellen. Diese Entscheidung wurde den Kunden in einer E-Mail begründet.

Überraschung? Nein, denn bereits November letzten Jahres reduzierte Penguin seine Angebote für OverDrive auf E-Books und digitale Hörbücher aus der Backlist. Der Schritt wird unter anderem wie folgt begründet:

For Penguin, that issue was OverDrive’s relationship with Amazon. A 2011 arrangement made library lending possible on the Kindle. Publishers have objected to the library loans being executed through Amazon’s servers — imagine walking into your public library then finding yourself at the Target checkout counter.

Außerdem wurde es Bibliotheksbenutzern mit einem “Kindle” unmöglich gemacht, Bücher von Penguin über ihre Bibliothek auszuleihen. Ganz sieht es so aus, als ob hier Penguin ein Problem mit dem Konkurrenten Amazon auszufechten hat und man dies über die Macht der Bibliotheken und ihrer Zulieferer klären möchte.

Penguin besteht darauf, dass die E-Books aus Sicherheitsbedenken heraus nicht über WLAN auf den Kindle heruntergeladen werden darf. Die Nutzer müssen die Bücher über einen Computer und dann das USB-Kabel auf das entsprechende Kindle-Gerät herunterladen. OverDrive reagierte, aber:

In November, Overdrive briefly suspended Kindle lending for Penguin titles, then restored it on a temporary basis, “until the end of the year.”

Ganz möchte man bei Penguin auf den Bibliotheksdienstleister OverDrive, dessen enge Zusammenarbeit mit Amazon Kindle von Penguin als problematisch erachtet wird, nicht verzichten und verhandelt trotz gekündigtem Verlag weiter. OverDrive muss aber um den Verlagspartner kämpfen, denn die Verlagsgruppe Penguin spricht auch mit anderen Anbietern. Den Bibliotheksmarkt ganz zu verlassen, kommt nicht in Frage.

Vor einem Dreivierteljahr wurde die Kooperation von OverDrive und Amazon als ein wichtiger Schritt angesehen, wenn es um die Zugänglichmachung von E-Medien ging, denn

(…) seitdem können die Nutzer einer städtischen Bibliothek auch E-Books für den Kindle ausleihen. Nach Angaben von Amazon nehmen bereits mehr als 11.000 Bibliotheken in den USA an dem Programm teil.

Vorbehalte gegen dieses Angebot von Amazon im Speziellen und den Verleih von E-Books im Allgemeinen gibt es vor allem seitens der großen Publikumsverlage. So haben sich bereits Verlage wie Simon & Schuster und Macmillan von OverDrive verabschiedet, so dass ihre E-Books vorerst nicht in den amerikanischen Bibliotheken ausleihbar sind. Die Leser werden aufgerufen, sich mit ihrem Protest direkt an die Verlage zu wenden.

Dass die Bibliotheken über die Entscheidungen von Penguin und der anderen Verlage nicht froh sind, ist gut verständlich, da E-Books zunehmend nachgefragt werden und die Zahl der Aggregatoren, über die E-Books für die Bibliotheksausleihe bestellt werden können, nicht sonderlich hoch groß ist.

In den USA laufen entsprechende Verhandlungen auch direkt zwischen der ALA und den Verlegern, um Bibliotheken nicht von der E-Book-Welt abgeschnitten zu sehen.

While publishers and libraries share a common mission to bring authors and readers together, it is also clear that we have some goals that diverge. It is these differences that lead to varying views in the library and publishing worlds of business models and overall short- and long-term strategies.

Offensichtlich werden ensprechende Interessen z.B. bei Elsevier. Dies bring Verlage dazu, ihre Bibliotheksangebote (nachträglich) wieder einzuschränken. Vor wenigen Tagen zeigte Elsevier, dass in dieser Hinsicht bei E-Books noch viel Potential für Verlagseinnahmen liegt, welches man gerne selbst abschöpfen möchte. So versucht der wissenschaftliche Verlag Einnahmen über eine LehrbuchFlat für Studenten zu erzielen. Arm dran die Studierenden, die sich nicht für jeden Verlag eine entsprechende monatliche Flat leisten können.

Mehr dazu:

Ein TEDx Vortrag von Carol Tilley: "Kids Need Comic Books"

Der folgende Vortrag wurde im letzten Jahr an der “University of Illinois” in Urbana-Champaign gehalten. Besonders lobens- und erwähnenswert ist, dass TEDx UIUC 2010 von einer Gruppe von Studenten organisiert wurde, insbesondere von Cristian Mitreanu. Carol Tilley war lange Zeit als Medienspezialistin für Highschoolbibliotheken und als Dozentin an der Indiana University tätig. Derzeit arbeitet Tilley als Assistenzprofessorin an der Graduate School of Library and Information Science (GSLIS) der “University of Illinois”. Ihr Forschungs- und Lehrinteresse gilt der gedruckten Kinderbuchkultur, der Medienkompetenz und dem Schulbibliothekswesen.

Das Gewinnervideo "Why I need my High School Library" 2011

Das Gewinnervideo in der Alterskategorie der 16-18-jährigen des von der ALA ausgeschriebenen WettbewerbsWhy I need my High School Library 2011” stammte von SchülerInnen  der New Canaan High School im Bundesstaat Connecticut.

Eine Präsentation von Chrystie Hill zum Thema "Community: it’s the new content" (TEDx Columbus)

In neglecting the social nature lof documents and our users, we neglected to nurture, or at least to articulate, the very social nature of our own roles. I believe and am hopeful that we can reverse these trends and perceptions by returning to our core values and applying them to the present information landscape and experience. To start, I think we’ve been asking the wrong question. Instead of repeatedly asking: “Where is the library?” we should be asking What is a library?” […] Libraries should be about people, not about books. When librarians pay attention to their patrons, they learn about their needs and how they can serve them better. In other words, it’s about human interaction and a desire to connect with other people in the community.”

Chrystie Hill

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Aus aktuellem Anlass: Zwei Bibliotheksvideos zur "National Library Week 2011" in den USA

Ab heute beginnt in den USA die Bibliothekswoche 2011, welche bis zum 16.04. 2011 andauern wird. Von Cicero bis Maya Angelou und bis hin zu Keith Richards werden Zitate über Bibliotheken von prominenten US-amerikanischen BibliothekarInnen vorgelesen. Im Hintergrund sieht der Zuschauer öffentliche Bibliotheken in unterschiedlichen Bundesstaaten u.a.auch eine Bibliothek in Puerto Rico. Hierfür wirbt die American Library Association mit  dem Bestsellerautor John Grisham (“Honorary Chair”).

In dem folgenden Video kommen BibliothekarInnen zu Wort, die sich über den Wert von Bibliothek äußern und deren Rolle als “Community Center” genauer erläutern. Weiterlesen

Aus aktuellem Anlass: Über den Zustand der Bibliotheken und anderer Kultureinrichtungen in Haiti

Obwohl bereits auf der Webseite der IFLA und per E-mail (Swiss-Lib) durch Madame Danielle Mincio (IFLA Governing Board representative on the Preservation and Conservation)  über die Situation der Bibliotheken in Haiti berichtet wurde, soll dieser Blogbeitrag ausführlicher Auskunft über die Ausmaße der Zerstörung nicht nur bei  Bibliotheken geben, sondern auch bei anderen bedeutenden Kultur- und Bildungseinrichtungen des Landes. Für den Wiederaufbau von Bibliotheken zu spenden ist unter der folgenden Adresse (danielle.mincio[at]bcu.unil.ch) möglich und kann über Madame Mincio erfolgen. Mitglieder der IFLA können über die verbandseigene Stiftung( Stichting IFLA Foundation) spenden. Am 19.01.2010 wurde auf dem Midwinter Meeting der American Library Association (ALA) ein “Haiti Library Relief Fund” eingerichtet, um Geldspenden zu sammeln, die dem Wiederaufbau der Bibliotheken und Archive zugute kommen, welche durch das Erdbeben auf Haiti (12.01.) beschädigt und zerstört wurden.  Vor kurzem hat mich eine weitere Nachricht der Gruppenmoderatorin Brooke Wooldridge der Facebookseite der Carribean Digital Library erreicht, auf der täglich weitere aktuellere Informationen über die Bibliotheken und deren Zustand eingehen. Sie schrieb unter anderem, dass es jederzeit möglich ist sie (dloc[at]fiu.edu) auch im Hinblick auf die Planung konkreter Projekte vor Ort zu kontaktieren. Einer der wichtigsten Akteure bei der Wiederaufbauhilfe für kulturelle Einrichtungen ist die UNESCO. Haitit steht mit zwei Sehenswürdigkeiten auf der UNESCO-Weltkulturebeliste: dem National History Park mit dem Palast  Sans Souci und der Zitadelle in Ramiers. Sie stammen aus der Zeit der Unabhängigkeit Anfang des 19. Jahrhunderts. Außerdem zählt zum Weltkulturerbe Haitis das historische Zentrum der Stadt Jacmel. Viele Gebäude stammen aus dem späten 17. Jahrhundert und wurden im französischen Kolonialstil erbaut und einige Herrenhäuser dienten als Vorbild für das französische Viertel in New Orleans. Es ist nun Aufgabe der UNESCO die Ausmaße der Schäden abzuschätzen und deren Wiederherstellung so gut wie möglich zu koordinieren und durchzuführen.  Aus einem Artikel der New York Times geht hervor, dass ähnlich wie nach dem Irakkrieg große Gefahr in Verzug ist. Es gibt zahlreiche kulturelle Schätze in Museen (z.B. das Musée du Panthéon National Haïtien und das Musée d’art haïtien), Bibliotheken und Archiven, die gierigen Kunsträubern zum Opfer fallen könnten. Italienische und Französische Polizeispezialeinheiten sind seit kurzem dabei diese zu schützen. Laut Experten besteht Hoffnung für den Erhalt der Hauptsammlungen des Nationalmuseums. Auf die Frage warum der Bildhauer Patrick Vilaire nach dieser Katastrophe seine Aufmerksamkeit so sehr auf alte Bücher lenkte, antwortete er folgendes:

“The dead are dead, we know that. But if you don’t have the memory of the past, the rest of us can’t continue living.” (Die Toten sind tot, wir wissen das. Aber falls man nicht die Erinnerung an das Vergangene bewahrt, können die Überlebenden nicht weiterleben.)

Hier geht es auch um die Identität der Einwohner, die durch deren kulturelle Schätze zum  Ausdruck kommt. So wurde beispielsweise das Kunstzentrum in Jacmel (Centre D’Art de Jacmel) zerstört, das weit über die Landesgrenzen bekannt ist und deren Werke weltweit verkauft wurden.  In dieser Stadt befand sich auch eine vor wenigen Jahren gegründete Filmhochschule, sowie die Kunsthochschule Fosaj (gegründet: 2003).  In Port-au-Prince wurde zudem die Buchhandlung La Pléiade unweit des Präsidentenpalasts zerstört. Das Kulturzentrum der Hauptstadt la FOKAL und seine Bibliothek  Monique-Calixthe haben dem Erdbeben standgehalten. Eine der Organisationen, die sich weltweit für den Erhalt von Kultur einsetzt, ist die  Association of National Committees of the Blue Shield (ANCBS) mit Sitz in Den Haag, die den Menschen in Haitit helfen will, indem sie sich für deren kulturelles Erbe einsetzt.  Sobald die Situation stabiler wird, möchte Blue Shield Experten aus aller Welt ermöglichen ihre haitianischen Kollegen zu unterstützen, indem sie die Schäden des kulturellen Erbes abschätzt, die Restauration und den Wiederaufbau von Gebäuden unterstützt. Aus diesem Grunde sucht Blue Shield International ehrenamtliche Helfer wie etwa Archivare, Kuratoren, Restauratoren, Architekten und Bibliothekare. Über den folgenden Link kann eine Online-Registrierung erfolgen. Als nächstes will ich auf den Zustand einiger bedeutender Bibliotheksgebäude im Einzelnen eingehen. Aufgrund der Nachbeben und ständiger Veränderungen kann ich nicht zu 100% für Vollständigkeit und Aktualität garantieren:

  1. Die dreisprachige Schule und Bibliothek der Sirona Cares Stiftung in Grand Goave wurde komplett zerstört. Weiterlesen
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