Brückenbauen zwischen Kulturen und Sprachen am Beispiel der Katholischen Öffentlichen Bücherei Ochsenhausen

„Die Muttersprache ist „Verbündete“ und nicht „Feindin“ der Fremdsprache. Sie bahnt den Weg für alle weiteren Sprachen: „Die Muttersprache hat uns Augen und Ohren aufgetan für grundlegende grammatische Mechanismen.“ (Butzkamm 1999, S.309) Wo nur die deutsche Sprache erlaubt ist, wird ein Kind von seinen Wurzeln abgeschnitten. Damit verliert es den Zugang zu den Wurzeln der eigenen Sprachentwicklung, zu seinem Betriebssystem.

Barbara Sckell

Der folgende Film zeigt die Bedeutung des Brückenbauens zwischen der Katholische Bücherei Ochsenhausen St. Georg (Diözese Rottenburg-Stuttgart) und den nichtkatholischen AnwohnerInnen, die oftmals aus Familien mit Zuwanderungsgeschichte stammen. Die Bücherei ermöglich den Kindern Bücher in ihrer Muttersprache auszuleihen, was bei einer deutschen und katholischen Bücherei keine Selbstverständlichkeit ist, dass es Bücher auf türkisch gibt. Es scheint in dieser Bücherei und der Gemeinde ein Bewußtsein zu geben, dass Deutsch zu lernen alleine nicht ausreicht. Aktuell zum bundesweiten Vorlesetag, der morgen beginnt, will ich an dieser Stelle ein Plädoyer an alle katholischen, evangelischen und sonstigen konfessionell ausgerichteten Gemeindebüchereien richten, das von Barbara Sckell stammt:

(Katholische) Öffentliche Büchereien sind für alle offen und erlauben damit einen niederschwelligen Zugang zu Medien und kultureller Bildung und unterstützen das lebenslange Lernen. Wenn diese einen gleichberechtigten Zugang für alle Personen bieten, ungeachtet der Herkunft oder Muttersprache, ermöglichen Büchereien eine aktive Teilnahme an sozialem Leben und Bildung. Auch das ist Barrierefreiheit.”

Zitat unkommentiert

[Zitat] Unkommentiert – 2006

[…] Wenn also die Bibliothek, wie es Jorge Luis Borges will, ein Modell des Universums ist, so sollten wir versuchen, sie in ein dem Menschen gemäßes Universum zu verwandeln, und dem Menschen gemäß, ich wiederhole es, heißt, auch fröhlich, auch mit der Möglichkeit, einen Kaffee zu trinken, auch mit der Möglichkeit, dass Studentenpärchen einen Nachmittag lang auf dem Sofa sitzen können, nicht um sich dort abzuknutschen, sondern um einen Teil ihres Flirts zwischen Büchern auszuleben, Büchern von wissenschaftlichem Interesse, die sie sich aus den Regalen holen und wieder zurückstellen. Mit einem Wort: eine lustvolle Bibliothek, in die man gerne geht und die sich allmählich in eine große Freizeitmaschine verwandelt, wie das Museum of Modern Art in New York, wo man ins Kino gehen, durch den Garten schlendern, die Statuen betrachten und eine komplette Mahlzeit einnehmen kann.
Ich weiß mich einig mit der Unesco: „Die Bibliothek… muss leicht zugänglich sein, ihre Pforten müssen allen Mitgliedern der Gesellschaft offen stehen, so dass jeder sie frei benutzen kann, ohne Ansehen von Rasse, Hautfarbe, Nationalität, Alter, Geschlecht, Religion, Sprache, Personen- und Bildungsstand.“ Eine revolutionäre Idee. Und der Hinweis auf den Bildungsstand postuliert auch eine gewisse Erziehung, Beratung und Vorbereitung. Und noch etwas: „Das Gebäude, in dem die öffentliche Bibliothek untergebracht ist, sollte zentral gelegen sein, auch für die Behinderten leicht zugänglich und zu vernünftigen Zeiten geöffnet. Das Gebäude und seine Einrichtung müssen ansprechend, bequem und freundlich sein; und es ist vor allem wichtig, dass die Leser direkten Zugang zu den Regalen haben.“
Wird es uns je gelingen, diese Utopie zu verwirklichen?”

Umberto Eco

Der Gewinner des "Libraries Change Lives Award" 2011: Das "Making A Difference project" der Öffentlichen Bibliotheken Kent

Am Ende der Umbrella Konferenz an der Universität Hatfield, wurden zum 19. Mal der “Libraries Change Lives Award”  2011 verliehen. Der Autor Alan Gibbons übernahm die Laudatio und Preisübergabe. Die Öffentlichen Bibliotheken in Kent erhielten den ersten Preis für ihr “Making A Difference project”. Weitere Anwärter auf den Preis waren folgende Bibliotheken mit ihren Programmen:

Beim “Making A Difference project” handelt es sich um ein Programm, dass sich an Erwachsene mit Lernschwierigkeiten und Lernbehinderungen richtet. Es ist bedürfnisorientiert angelegt und ermöglicht diesen Menschen mehr Teilhabe innherhalb ihrer Communities. Das Projekt wird auf der Webseite des CILIP genauer beschrieben:

“Making the Difference arose out of Kent Libraries and Archives’s desire to make sure that its services for adults with learning disabilities were helping to integrate them in everyday life. The project sought to better understand the needs of adults with learning disabilities, their carers and support workers, and provide new opportunities, experiences and skills to encourage independence and fun. 721 adults with learning disabilities have taken part in library activities since April 2010. These have included creating an information library, staffed by adults with learning disabilities employed as paid librarians; placing Easy Access collections of books and DVDs chosen by adults with learning disabilities in 12 town centre libraries; providing volunteering and work experience opportunities, and holding regular Biblio Hour and Coffee and Chat sessions. A highlight of the project was a “Putting On the Ritz” 1920s fashion evening. “

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Aus aktuellem Anlass: Am 21.09. wurde die “Bibliothèque de l’Hôtel de Ville” in Paris wiedereröffnet

Die seit 2007 geschlossene Bibliothek, wurde am 21. September wiedereröffnet. Früher hieß sie “Bibliothèque administrative de la Ville de Paris und nun “Bibliothèque de l’Hôtel de Ville“. Die Kosten der Renovierung beliefen sich auf ungefähr 1.870 000 Euro. Im 5. Stockwerk des Pariser Rathauses angesiedelt, bietet sie auf einer Fläche von 600 m² 100 Leseplätze und einen Bestand von ca. 600.000 Medieneinheiten. Sie wurde komplett renoviert und ist nun endlich auch barrierefrei. Bereits während der  “Journées du patrimoine”  gab es  am 18.09. und 19.09. die Gelegenheit eines Besuchs der Bibliothek. Unter dem folgenden Link gibt es ein Video, das Bertrand Delanoë, den Bürgermeister von Paris, dabei zeigt, wie er die Laudatio zur Wiedereröffnung der Bibliothek hielt. In seiner Rede betonte Delanoë die Bedeutung dieser Bibliothek, die 1871 von Alexandre Vattemare errichtet wurde.  Er bezeichnete Vattemare nicht nur als unermüdlichen Förderer eines internationalen Kulturaustauschs, sondern auch als den Erfinder der modernen öffentlichen Bibliothek (“bibliothèque américaine”). Auf der Webseite der “Bibliothèque Administrative de la Ville de Paris (BAVP)”  gibt es mehr Informationen zur Geschichte, zum Service und zum wertvollen historischen Bestand der Bibliothek.

Vorstellung von “Bibliotheques hors les murs” – einer Sommeraktion zahlreicher Pariser Stadtteilbibliotheken

« Des bibliothèques raisonnablement pourvues en personnel qui aime les êtres humains plus que les livres, un personnel qui respecte les usagers et qui veut collaborer avec eux, et non leur donner des leçons. » (Zitat einen tschechischen Bibliothekars über Eigenschaften, die BibliothekarInnen mitbringen sollten)

Waren Sie schon einmal im Sommer in einem Park und haben dort BibliothekarInnen bei der Arbeit  getroffen?

Jeden Sommer gehen Pariser BibliothekarInnen in Parks und an öffenliche Plätze. Sie bringen Geschichten mit und leisten ihren Beitrag für die Leser von morgen. In den beiden Videos (siehe unten) kommen verschiedene Bibliothekarinnen zu Wort. Es geht auch darum für die Inklusion von bildungsfernen Schichten einen Beitrag zu leisten und aktiv Leseförderung zu betreiben. Vorgestern ging “Bibliotheques hors les murs” (BHLM) zuende. Das Konzept “Bibliothèques hors les murs” (BHLM) gibt es seit 1957 und wurde in Noisy-sur-Grand entwickelt, wo die Organisation “ATD-Quart Monde” die erste “Straßenbibliothek” schuf und bildungsfernen Menschen das Lesen und Bücher näher brachte.

Hinter der sommerlichen Aktion steht der Gedanke junge Zielgruppen vor Ort zu erreichen, die bisher noch nie in einer Bibliothek waren. Den Kindern und Müttern wird erklärt, dass die Einschreibung kostenlos ist und es in ihrem Viertel (vor allem aus den “quartiers sensibles”)  eine Stadtteilbibliothek gibt, die über ein breites Angebot an Medien verfügt. BHLM (“bibliothèques hors les murs”) soll einen Ort der Begegnung schaffen und einen kostenlosen Austausch in einer geselligen Umgebung bieten.

Die Vorlesenachmittage für Kinder sind ebenfalls kostenfrei und bedürfen keiner Einscheibung oder Reservierung. Weitere Auskünfte gibt es über die folgenden Webseiten:  www.paris-bibliotheques.org und www.bibliotheque.paris.fr

Unbedingt erwähnenswert ist die folgende Frage und die damit verbundenen Auswirkungen, welche Isabelle Masse im Artikel “Bibliothèques hors les murs” in  der Zeitschrift “Bulletin des bibliothèques de France” (BBF) aus dem Jahr 2002 aufwirft:

“Comment recevoir ce nouveau public dans la “bibliothèque dans les murs”?” (Wie soll die neue Kundschaft in der Bibliothek als Gebäude empfangen werden?)

Dabei macht Sie darauf aufmerksam, dass die Art und Weise der Kommunikation, die nun innerhalb der Mauern herrschen würde, eine andere ist, da ja bereits im nicht-institutionalisiertem Raum (“im Freien”) auf persönlicher Ebene Beziehungen  geknüpft wurden. Ziel sei es, die  Selbstständigkeit der neuen NutzerInnen herbeizuführen, damit diese nun alleine zurechtkämen in der “Bibliothek in den Mauern”. Dabei gibt es gewisse Regeln einzuhalten, die vorher bei der “Bibliothek hinter den Mauern” (“bibliothèque hors le murs”) unbedeutend waren. Durch die persönlichen Kontakte mit den neuen NutzerInnen verändert sich vermutlich auch die Sichtweise, ob bestimmte alterherkömliche Regelungen noch Sinn machen bzw. inwieweit “die alten Regeln” noch zeitgemäß sind. Mit Sicherheit werden hier gewisse Barrieren oder Mauern fallen, die in der Lage sind den Umgang miteinander entspannter zu gestalten, so dass etwas wie  “Bibliotheksangst” eine geringere Rolle spielen wird.

Folgende Stadtteilbibliotheken von Paris beteiligen sich an der diesjährigen Aktion: Weiterlesen

Libreka! bietet Unterstützung bei Projekt “Leibniz” an

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützt seit Herbst 2009 die Deutsche Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig (DZB) beim Projekt “Leibniz”, bei dem es um die Umsetzung der gesellschaftlichen Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen im beruflichen oder akademischen Umfeld geht. Dafür soll in den nächsten drei Jahren ein universelles Werkzeug entwickelt werden, welches es schafft, dem Nutzer der DZB dringend benötigte Fachinformationen in einer Form zur Verfügung zu stellen, die seinen individuellen Bedürfnissen entspricht.

Die Aufbereitung neu erschienender Medien für blinde und sehbehinderte Menschen ist aufwendig und kostenintensiv und von den inzwischen über 100.000 Neuerscheinungen im Jahr können nur 2.000 – vor allem belletristischer Natur – durch die zehn deutschen Anbieter in geeignete Formen übertragen werden. Fachwissen, notwendig für ein selbständiges und bewusstes Agieren in der Gesselschaft, ist so nur schwer zugänglich. Dadurch wird Bildung erschwert, denn den Sehbehinderten und Blinden wird der Zugang zur Information erheblich erschwert. Mit dem Projekt »Leibniz« sucht die DZB Leipzig nach technischen Möglichkeiten, diesen Zugang zu verbessern.

Dazu soll ein IT-Verfahren für die individuelle Übertragungsdienstleistungen von Sach- und Fachbüchern für blinde und sehbehinderte Menschen entwickelt werden. Die programmierte Software, soll dann Text, Bilder, Diagramme, Tabellen – also auch graphische Details – automatisiert und effektiv übertragen. Außerdem sollen Kooperationen mit Kooperationen mit Verlagen und Dienstleistungsfirmen aktiv ausgebaut werden. Partner aus der Verlagsbranche unterstützen die DZB bei Testverfahren oder tauschen Erfahrungen auf dem Gebiet Barrierefreiheit aus.

Vollmundig kündigt der Börsenverein an:

Die E-Book-Plattform libreka! unterstützt die Deutsche Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig (DZB) im Rahmen des Projekts “Leibniz” beim Aufbau einer Bibliothek für blinde und sehbehinderte Menschen.

Äh, ja, nette Geste. Es ist gut, dass libreka! mit ins Boot gehuscht ist, aber gleich eine ganze Bibliothek aufbauen zu wollen? Hat das nicht eher mit Erweiterung, Ergänzung und Ausbau einer Bibliothek zu tun, die bereits beispielhaft Programme und Dienstleistungen für gehandicupte Menschen entwickelt hat?

libreka! unterstützt die DZB künftig mit den digitalisierten Buchdaten, aus den die DZB dann blinden- und sehbehindertengerechte Titel im Braille-Format oder Digital Accessible Information System (DAISY)-Format produzieren und über die Blindenbibliothek zugänglich machen kann. Wichtig ist dafür, dass die jeweiligen Partnerverlage von libreka! mit der Weiterleitung von Buchdaten einverstanden sind. Verlage, die das Projekt unterstützen möchen, sollen dafür einen Kooperationsvertrag mit der DZB unterschreiben, der regelt, welche Titel, die über libreka! verfügbar sind, für die DZB bereitgestellt werden dürfen. Im Gegenzug dieser Kooperationsvereinbarung würde die DZB dem jeweiligen Verlagspartner auf Wunsch eine unentgeltliche Kopie der produzierten Titel zur Archivierung zur Verfügung zu stellen.

„Nur ein Bruchteil der rund 100.000 Titel, die jährlich erscheinen, sind auch für blinde und sehbehinderte Menschen aufbereitet. Die Kooperation mit libreka! ist ein wichtiger Schritt, das Angebot deutlich auszubauen“, sagt Thomas Kahlisch, Direktor der DZB.

Die Zusammenarbeit mit der Branchenplattform libreka! erleichtert den Transfer bereits digitalisierter Publikationen. Dadurch können effektive Arbeitsabläufe für die Aufbereitung gedruckter Medien in sehgeschädigtengerechter Form geschaffen werden. Außerdem steigt so auch das Bewusstsein für ein universelles Design, d.h. für die Notwendigkeit solcher Angebote, die auch möglichst zeitnah zur Verfügung gestellt werden sollten.

Durch das Projekt soll auch der Zugang zu Bibliotheksausleihangeboten und -dienstleistungen für blinde und sehbehinderte Nutzer in den geeigneten Formaten Braille, DAISY und Großdruck verbessert werden. Die Ergebnisse des Projektes “Leibniz” werden in bestehende nationale und internationale Aktivitäten eingeschlossen. Auf diese Weise soll die Vision einer globalen Bibliothek für Menschen, die gedruckte Informationen nicht lesen können, realisiert werden.

Um dieser Vision näher zu kommen, sollen die Informationen zu den Medien zukünftig auch über einen Online-Katalog abgefragen werden können. Dabei wird auch automatisch überprüft, ob ein Titel schon einmal übertragen worden ist, so dass dieser sofort angefordert werden kann. Sollte der nachgefragte Titel noch nicht in übertragener Form vorliegen, wird entsprechend beim Verlag oder Dienstleister nach den Verlagsdaten (z.B. PDF) nachgefragt. Mit der Genehmigung für die Verwendung der Daten durch den Verlag wird die Umwandlung der Daten in ein sehbehindertengerechtes Format begonnen. Für die Automatisierung des Prozesses könnte libreka! eine technische Schnittstelle für eine solche Abfrage zur Verfügung stellen.

Als Kooperationspartner konnten bisher Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Springer science+business media gewonnen werden.

Mehr dazu:
Projektinformation “Leibniz” der DZB

Quellen:
Deutsche Zentralbibliothek für Blinde kooperiert mit libreka! via Nachrichten für öffentliche Bibliotheken in NRW
libreka! unterstützt Aufbau einer Bibliothek für blinde und sehbehinderte Menschen via börsenblatt.net
Kooperation libreka! und DZB Leipzig, Pressemitteilung von libreka!
Pluta, Werner: Libreka kooperiert mit Deutscher Zentralbücherei für Blinde via Golem.de

"Silver Gamers" als neue Zielgruppe für Bibliotheken?

Anlass diese Überschrift als Frage zu formulieren, ist eine Sendung, die am 30.11.09 auf Deutschlandradio Kultur im Radiofeuilleton lief. In der Reihe Elektronische Welten von Claudia Hennen ging es um die sogenannten Silver Gamers und speziellen Computerspielen für diese Gruppe. Mit Silver Gamers sind Senioren bzw. die Generation 55+ gemeint, die Computerspiele nutzt. Ich bin der Auffassung, dass in gar nicht allzu langer Zeit, dieses Thema stärker auf der Agenda sein wird – gerade durch Bibliotheken, die imstande wären Synergieeffekte zu erzielen und dieses Feld nicht den Seniorenheimen und anderen “Konkurrenten” allein zu überlassen. Mit diesem Artikel bestreite ich keinesfalls, dass bisher keine Computerspiele als Angebote für alte Menschen in der Bibliotheksarbeit eingesetzt werden.  Die Büchereizentrale Schleswig-Holstein bringt bereits “Medienboxen für die Gruppenarbeit mit Senioren” in Altenheime, die dort dort auf großes Interesse der alten Menschen stoßen.  Aufgrund der demographischen Entwicklung ist das ein Wachstumsmarkt. Demnach nutzt jeder vierte Bundesbürger den PC zum Spielen. Unlängst foderten ja Mark Terkessidis und Herr Hobohm, dass BibliothekarInnen Medien, welche sie anschaffen auch selbst testen sollten (gemeint waren Computerspiele). Auf eine Entfremdung wurde am 7. Oktober hingewiesen, da oftmals die BibliothekarInnen den Bestandsaufbau outsourcen und so der direkte Bezug zu den Medien zu kurz kommt.  In diesem Zusammenhang sprach Herr Prof. Dr. Hobohm von der monokulturellen Einrichtung Bibliothek, die sich – ähnlich wie früher der Lesezeit von BibliothekarInnen – anderen Werten und Kulturen öffnen sollte. Obwohl allen klar war, dass in Zeiten knapper Kassen und knappen Personals, die Zeit hierfür meist leider fehlt, ist dennoch mehr Offenheit gefragt anstatt dem Nachhängen “alter Werte”.

Die Stadtbibliothek Straubing wurde nach dem durch die Bertelsmann-Stiftung gesponserten USA-Aufenthalt ihrer ehemaligen Leiterin Frau Kulzer deutschlandweit eine der erfolgreichsten und bekanntesten Bibliotheken für die Generation 55+ als Zielgruppe. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Handreichungen und Broschüren, die Tipps und Hinweise geben, wie Bibliothekar / Bibliothekarin mit Senioren bzw. Älteren arbeiten kann. Ebenso wurden in diesem Jahr ehrenamtliche “Medienboten” der Bücherhallen Hamburg im bundesweiten ‘Wettbewerb zum Generationendialog’ geehrt. Doch auf die Gesamtheit der Bibliotheken verteilt gibt es keine flächendeckende Versorgung dieser Gruppe wie es bei Teenagern und Kindern eher selbstverständlich ist. In allen Dokumenten, die ich durchforstet habe, finden sich keine Informationen über medienpädagogische Effekte beim Gebrauch von Computerspielen durch diese Zielgruppe und wegweisende Projekte deutscher Bibliotheken wie Sie im Radiobeitrag mit dem Seniorenheim beschrieben werden. Lediglich in einer Handreichung aus Baden-Württemberg wird das Wort Spielkonsole erwähnt. Der Ansatz scheint für mich oberflächlich betrachtet bei der Wahrnehmung dieser Zielgruppe vor allem ein defizitärer zu sein (Bücher in Großbuchstaben, Computer- und Internetkurse, Barrierefreiheit etc.), was sicherlich bei vielen Senioren und alten Menschen oftmals zutreffen mag und auch nötig ist anzubieten. Mir als Sportler ist aber schon immer wieder aufgefallen, dass es zunehmend Ältere gibt, die mehr können und oftmals einen mindestens genauso vollen Terminkalender im Rentenalter haben, der sie bis ins hohe Alter rüstig und “jung” –  im Sinne der Offenheit für Neues –  hält. Nach einem 10 km – Lauf erlebte ich letztes Jahr beispielsweise einen etwa 75-jährigen Läufer, der weinend und tieftraurig kurz vor dem Ziel aufgeben mußte, obwohl er sonst oftmals den jungen Läufern überlegen war.  Es gibt sie also, die Senioren, welche immer noch Leistungssport betreiben und sich mit dem Computer oftmals genauso auskennen, wie die Generation Y. Die Computerspielbranche fokussiert sich bei der Entwicklung ihrer Games immer mehr auf die sogenannten Silver Gamers – also die Generation 55+, die Branchenkennern zufolge eine der am stärksten wachsenden Zielgruppen sind. Das Durschnittsalter wächst weiter kontinuierlich. Weiter wurde in der Sendung erwähnt, das seit einigen Monaten Senioren in Köln im Rahmen eines Medienprojekts diverse Computer- und Videospiele testen.  Das wurde bereits kurz im Blog Nachrichten für öffentliche Bibliotheken in NRW Anfang des Jahres erwähnt. Hierzu ein Auszug aus dem Artikel, der die Lerneffekte und die sozialen Faktoren verdeutlichen soll, die beim Gebrauch von Computerspielen durch Ältere entstehen. Zudem ein Schlußkommentar, der die sich daraus ergebenden Möglichkeiten in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachtet und Literaturhinweise gibt. Weiterlesen

Kindle zwischen den Fronten

Die Kindle-Macher stehen derzeit im Kreuzfeuer. Man kann inzwischen schon fast titeln: “Immer Ärger mit dem Kindle.” Kaum war der Kindle 2 auf dem Markt, da gingen Autoren und Verlage wegen der Vorlesefunktion des Gerätes auf die Barrikaden. Nach dem der US-Autorenverband Authors Guild heftig gegen die Text-to-Speech-Fähigkeit protestiert:engl: hatte, gab Amazon fast zu kampflos nach und überließ Autoren und Verlagen die Entscheidung darüber, ob der Kindle das Buch vorlesen darf.

Nun kritisiert der US-Blindenverband National Federation of the Blind (NFB) Amazons Entscheidung, die Vorlesefunktion des Kindle 2 einzuschränken. Der Vorwurf lautet, dass so die Sehbehinderten und Menschen mit Leseschwäche und Lernschwierigkeiten durch Author Guild und die Verlage diskriminiert würden.
Der technologische Fortschritt und die bessere Verfügbarkeit der E-Books helfen den Betroffenen, einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen zu erhalten. Da wirkt es schon sehr willkürlich, wenn Autoren und Verlage nun über einen Informationszugang entscheiden können, indem sie über die Text-to-Speechfähigkeit entscheiden können. Diese Diskriminierung könne der Verband nicht akzeptieren.

Das nächste Schlachtfeld, auf dem der Wind eisiger wird, ist Amzons Preisgestaltung bei den elektronischen Büchern.Vielen Kindle-Besitzern sind die Preise der E-Books zu hoch. Auch sie protestieren bei Amazon und zwar direkt auf der Verkaufsplattform.

Unter dem Motto “9.99boycott” rufen die Protestierer Gleichgesinnte dazu auf, nicht mehr als 9,99 US-Dollar für ein E-Book zu bezahlen. Alle E-Books, die teurer sind, sollen bei Amazon mit dem Hinweis “9.99boycott” versehen werden.

Bibliothekarin und Kindlebesitzerin Crystal O’Brien begründete im Blog on Wired den “9.99boycott”.

A Kindle book is more restricted in its use than a paper book and therefore should not cost as much.

Es erscheint ihr unfair, für weniger Leistung mehr als 9.99 $ zu zahlen.

“You are not getting something you can lend out to other people, you are not getting a physical item,” […] “So you shouldn’t have to pay so much for a digital copy.”

Das sind nicht die einzigen Argumente:

Kindle books are limited in their use: They cannot be donated to a library, sold to a used-book store or even Amazon’s used marketplace or traded elsewhere. In addition, some books are badly designed and offer little pictorial or other kind of visual relief […].

Indirekt kämpft diese Bewegung damit auch gegen Digital Rights Manangement (DRM), das für viele der Beschränkungen bei den Kindle-E-Books verantwortlich ist.

Quellen:
Gehring, Robert A.: US-Blindenverband protestiert gegen US-Schriftstellerverband via Golem.de
Ganapati, Priya: Kindle Readers Ignite Protest Over E-Book Prices auf Wired Gadget Lab

Barrierefreiheit – eine erste Kapitulation?

Für eine bessere Barrierefreiheit empfiehlt das W3C offene Standards. Bereits Juni 2008 startete man dazu ein neues Forum. Diese “eGovernment Interest Group” hofft auf eine gute Zusammenarbeit mit Experten, Bürgern und Behörden. W3C-Direktor Tim Berners-Lee spricht sich für offene Standards aus:

“Offene Standards, insbesondere Standards des semantischen Web, können helfen die Kosten von Regierungen zu senken. Zudem machen sie die Zusammenarbeit unabhängiger Behörden leichter und verbessern die Flexibilität angesichts des Wandels im Informationszeitalter.”

Bürger werden von den Ämtern immer mehr dazu angehalten, Dinge im Netz zu regeln, bspw. die Online-Steuererklärung. Hier bieten interoperable, offene Standards im E-Government wirkliche Vorteile.

So könnten sie einem breiten Personenkreis mit unterschiedlichen Möglichkeiten und Endgeräten Zugriff auf Information ermöglichen. Weiters würden Daten bei Nutzung offener Standards eher langfristig verfügbar bleiben, was den Wert entsprechender Investitionen steigere.

Das W3C hat dafür relevante Standards entwickelt, z.B. XML, das semantische Web, die Barrierefreiheit und den mobilen Zugriff. Eine barrierefreie Gestaltung von offiziellen Websites sollte also doch erreichbar und umsetzbar sein. Und heute dann dies:

Der Bundesrat hat sich in einer heute erschienenen Stellungnahme eigentlich von den Plänen der EU-Kommission für eine barrierefreie Informationsgesellschaft verabschiedet. Prinzipiell begrüßt man die Pläne der EU-Kommission, Menschen mit Behinderungen so schnell wie möglich an der digitalen Kommunikationstechnik teilhaben zu belassen. Andererseits sieht man die Vorgabe der Kommission, 100 Prozent barrierefrei zugängliche Websites bis 2010 zu machen, als unmöglich an.

Der Begriff “Barrierefreiheit” ist für Internetanwendungen weltweit noch nicht abschließend definiert. In der Bundesrepublik sind unterschiedliche Vorgaben entwickelt worden.

Der Bundesrat empfiehlt eine Modifikation des Anspruchs. Bestehende öffentliche Webseiten sollen jetzt allenfalls “schnellstmöglich” auf so barrierefrei “wie möglich” umgestellt werden.
Bei allen Neuinstallationen schlägt der Bundesrat eine Umsetzung entsprechend des für die EU vorgesehenen Ansatzes der Barrierefreiheit über die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG :engl: ) 2.0 des World Wide Web Consortium (W3C :engl: ) vor. Diese Richtlinien müssten aber weiterentwickelt werden. Die Richtlinien enthalten noch Forderungen, die derzeit nicht umsetzbar sin.

So werde darin etwa gefordert, zu jedem nicht-textlichen Inhalt alternativ eine Text-Variante zur Verfügung zu stellen. Dies sei derzeit zum Beispiel bei einer interaktiven Landkarte nicht möglich. Stattdessen müssten Geoinformationen über Ortsnamen vermittelt werden.

Grundlage zur Erreichung einer besseren Barrierefreiheit bei allen E-Government-Projeken ist ein einzuführendes Verfahren, bei dem alle Behindertenverbände ihre Belange besser einbringen können.

Quellen:
E-Government profitiert von offenen Standards via standard.at, 11.07.2008
Krempl, Stefan: Bundesrat: EU-Ziele zur Barrierefreiheit im Netz unrealistisch via heise online
Empfehlungen der Ausschüsse zu Punkt ….. der 856. Sitzung des Bundesrates am 6. März 2009 Stellungnahme des Bundesrates, Dokument vom 23.02.2009 zum 06.03.2009

[Kurz] Gratulation Voebb!

Die BIENE wird für barrierefreie Websites vergeben. Dieses Jahr war der Andrang so groß wie noch nie.

Seit 2003 zeichnen die Aktion Mensch und die Stiftung Digi­tale Chancen die besten barriere­freien Websei­ten mit einer BIENE aus. Bis­lang haben sich mehr als 1.000 Unter­nehmen, Orga­nisa­tionen und Behör­den am Wett­bewerb be­teiligt – allein in diesem Jahr wieder 340.

Das Internetangebot der Öffentlichen Bibliotheken Berlin “www.voebb.de” war für das Finale des Wettbewerbes für barrierefreies Internet in der Kategorie “Komplexe Einkaufs- und Transaktionsangebote” nominiert. Heute ist die Entscheidung gefallen: Sie durften dafür eine silberne Biene für ihre Internetpräsenz entgegennehmen.

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