Die Peter-Sodann-Bibliothek wurde heute eröffnet

„Bibliotheken sind Orte, in denen die Menschen „die Chance bekommen, das Leben und sich selbst zu erkennen“ Peter Sodann

Spätestens nach dem Bibliothekartag in Berlin 2011 wußte jeder aus der Bibliotheks- und Informationswelt, wer Peter Sodann ist und was er vorhatte. Heute wurde nun seine Bibliothek im sächsischen Staucha unweit von Riesa eröffnet.

Anläßlich der Eröffnung der DDR-Bibliothek, welche selbst die „BILD“-Zeitung ohne Anführungszeichen schrieb, ließe sich das W. Ulbricht in den Mund gelegte Zitat „niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen“ auf „niemand hatte die Absicht eine Bibliothek mit DDR-Literatur zu errichten“ umformulieren. Denn niemand hatte 22 Jahre die Absicht, die Idee, die Courage und das Durchhaltevermögen eine frei zugängliche und nicht-institutionelle Bibliothek über die Literatur aus der ehemaligen DDR aufzubauen. Die Deutsche Bücherei in Leipzig, welche diese Literatur sammelt, verfügt vermutlich nicht über die Benutzungsoffenheit einer Ausleihe, sondern nur eine Präsenzbestandsregelung, wobei die Bücher dort meist von BibliothekarInnen nach bestimmten Kriterien selektiert wurden. Mehrere Jahre suchte Sodann vergeblich Mitstreiter, Räumlichkeiten und Aufmerksamkeit, um all den gesammelten Büchern ein würdevolles Zuhause zu ermöglichen. Wer hätte gedacht, dass das doch so schnell ging und tatsächlich verwirklich werden konnte? Große Print- und Onlinemedien wie BILD, Focus, Spiegel, Welt und diverse Zeitungen und das Fernsehen (ARD, MDR usw.) berichteten seit geraumer Zeit über Sodanns Vorhaben. Auch auf bibliothekarisch.de entbrannte eine Diskussion mit mehreren Kommentaren im Februar 2011. Ein ehemaliger Bundespräsidentenkandidat und Tatortdarsteller hat nun eine Bibliothek ins Leben gerufen, die von vielen anfangs belächelt wurde. Zu Unrecht. Sollten nicht auch andere ehemalige Bundespräsidenten oder Tatortdarsteller sich ein neues Wirkungsfeld suchen? Könnten diese nicht schon allein aufgrund ihres Gehalts als Rentiers oder ihres Bekanntheitsgrads auch Bibliotheken aufbauen, fördern oder Fürsprecher für ein Bibliotheksgesetz werden?

Die DDR ist heute nur noch ehemalig, für manche gar einmalig oder eben mit dem Zusatz Ex auszusprechen, als wenn eine gesamte Bevölkerung von heute auf morgen mit ihrem Staate Schluss macht. Doch verschwanden all die publizierten, produzierten und verfassten Bücher und Theaterstücke von heute auf morgen in Mülltonen oder nur im neuen Gedächtnis einer gar westdeutschen ignoranten Öffentlichkeit? Oder nahm der im Stich gelassene Staat diese mit ins Grab? Was bleibt von alledem? Laut Volker Schlöndorff, der hierzulande als „einer der großen deutschen Regisseure“ gilt, waren DEFA-Filme furchtbar und hauptsächlich Mittelmaß.

Ich stehe dazu, dass es neben großartigen Defa-Filmen wie ,Ich war 19’, ,Spur der Steine’, ,Jakob der Lügner’, ,Der geteilte Himmel’ oder ,Solo Sunny’ doch hauptsächlich Mittelmaß gab und dass diese Filme im Westen ganz allgemein nicht wahrgenommen wurden und nicht nur von mir nicht.“

Doch waren die Filme im Westen Deutschlands zwischen 1945-1990, wenn man von einigen wenigen Regisseuren und Filmen (deren Zahl mit Sicherheit unter 10 liegt) absieht, denn wirklich so viel besser? Genauso verhält es sich mit der Literatur, die in jüngster Zeit sehr häufig von westdeutschen „Experten“ diffamiert wurde. Dennoch wäre es sicherlich von Nöten auch im Deutschunterricht in jeder Schule etwas mehr Wissen hierüber zu vermitteln. Neben Christa Wolf, Jurek Becker, Christoph Hein und Volker Braun, gab es sicher noch andere wie Wolfgang Hilbig, Stefan Heym oder Werner Bräunig, die ebenso einen Platz in der Literaturgeschichte verdient haben.

Ich maße mir hier keinesfalls ein Urteil an wie andere sogenannte „Experten“, da ich weder in der ehemaligen „DDR“ lebte und auch deren Literatur und Filme nicht gut genug kenne. Doch bei den westdeutschen Experten habe ich ebenso meine Zweifel, ob diese so gut informiert sind, wie diese sich nach außen hin darstellen. Im folgenden Kurzbeitrag „Die DDR wohnt in Staucha bei Riesa“ wird aktuell über die Aufbauarbeit der Bibliothek berichtet.

Zukünftig sind Führungen durch die Bibliothek geplant, die 800 Quadratmetern umfasst und sich auf dem Heuboden eines umgebauten Kuhstalls befindet. Es handelt sich um etwa eine halbe Million Bücher, die Sodann aus DDR-Zeiten in mühevoller Kleinstarbeit sammelte. Bislang sind aber „erst“ 180.000 Bücher frei zugänglich. Dabei haben Bibliotheken, Professoren und Privatleute mit dazu beigetragen, dass diese Sammlung stetig wuchs. Außerdem plant Sodann ein kleines Kulturzentrum, ein Antiquariat, Scheunen-Theater und ein Café auf dem alten, aber sanierten Rittergut zu errichten. Das Haupthaus, in dem das Gemeindehaus untergebracht ist, will Sodann zu einem Hotel umgestalten lassen.

[Kurz] Eine Million digitaler Seiten

Die Kulturhochburg Bild berichtet in einem Digital-Telegramm:
Herzog August Bibliothek bietet jetzt in ihrer Digitalen Bibliothek mehr als eine Million digitalisierter Seiten an und ist damit eine/r der größten AnbieterInnen digitalisierter Bücher aus der Zeit vor 1800 in Deutschland. Seit 10 Jahren wird der Bestand systematisch digital erfasst, Seite für Seite fotografiert und ins Netz gestellt.

Mit Hilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind in den vergangenen zehn Jahren rund 6300 alte Drucke und Handschriften auf diese Weise der Öffentlichkeit frei zugängig gemacht worden.

Damit können über die Wolfenbüttler Digitale Bibliothek der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel unter anderem kostbare mittelalterliche Handschriften wie der berühmte Wolfenbütteler Sachsenspiegel betrachtet werden.

Quelle:
Bibliothek mit einer Million digitaler Seiten via Bild.de