[Bildzitat] Kommentiert – 2010

Am 21. Juni diesen Jahres machte Stephen Abram in seinem Blog auf die Konsequenzen von Bibliotheksschließungen aufmerksam, indem er historische Parallelen mit der Vernichtung vergangener Kulturen zog. Die westliche Kultur wurde Abram zufolge von irischen Mönchen und Bibliotheken außerhalb Europas gerettet. Wir – damit meint er insbesondere all diejenigen Nachfahren, welche aus Ländern stammen, die andere Völker kolonialisiert haben – litten nicht unter den Folgen der Verbrennung der Bibliotheken der Maya, Inka und Azteken. Offenbar blieben von diesen Kulturen am Ende nur vier Bücher übrig. Hans Krol fügte dem Blogeintrag noch hinzu, dass nach der Zerstörung der Bibliothek von Alexandria um 415 das dunkle Mittelalter begann, in dem weder die Aufklärung noch die Bildung einen großen Stellenwert einnahm. Ich will kein Kulturpessimist sein, aber es gab immer wieder kulturelle Blütezeiten und Zeiten des kulturellen Niedergangs. Wenn es zu wenig Rückhalt in der Bevölkerung und in der Politik für den Erhalt und den Unterhalt von Bibliotheken gibt, dann liegt der Gedanke nahe, dass sich ein gewisser Trend abzeichnet: Der Trend Kultureinrichtungen kaputtzusparen. Es scheint eine Art Weckruf an uns alle zu sein, damit sich die Geschichte nicht wiederholt. Der folgende Slogan stammt vermutlich von der Webseite Cafepress, die für alle Bibliotheksliebhaber in der Rubrik Library Advocate T-Shirts, welche den Wert und die Bedeutung von Bibliotheken hervorheben, zum Verkauf anbietet. Wäre das nicht ebenso eine Marktlücke für Anbieter im deutschsprachigen Raum? Es mag vielleicht manch einer Person lächerlich, naiv oder gar sinnlos erscheinen, aber je mehr Fürsprecher es für öffentliche Bibliotheken in einer Kommune gibt, desto mehr Menschen (auch Unterhaltsträger und Medien vor Ort) würden darauf aufmerksam werden und das Tragen der T-Shirts würde der Lobbyarbeit für die eigene Einrichtung doch nur förderlich sein.

Ein Nachtrag: Zum 90. Geburtstag von Ray Bradbury, dem Autor von Fahrenheit 451

“You don’t have to burn books to destroy a culture. Just get people to stop reading them.” Ray Bradbury

An dieser Stelle gratuliere ich nachträglich Mr. Ray Bradbury zum Geburtstag, der gestern 90 wurde. Die Stadt Los Angeles widmet Bradbury eine “Ray Bradbury Week“.  Bradbury feierte er seinen Geburtstag – wie sollte es anders sein – in einer Bibliothek.  Die “South Pasadena Library” lud ihn gestern zu sich sein. Mehrere Zeitungen würdigten gestern das Werk Ray Bradburys und seine Verdienste. Manche behaupten, dass er zu den ersten Medienökologen zählt, obwohl sich diese Wissenschaftsdisziplin erst viel später herausbildete. Durch die “Mars-Chroniken” (1950), wurde Bradbury endgültig zum Literaten. Weitere bekannte Titel aus seinem Werk sind “Der illustrierte Mann” (1951) , “Die goldenen Äpfel der Sonne”, “Das Böse kommt auf leisen Sohlen” (1962) und der  “Der Tod ist ein einsames Geschäft” (1985). Bradbury gilt als einer der bekanntesten Vertreter des literarischen Genres der Dystopie.

In letzter Zeit engagierte sich Bradbury verstärkt für Öffentliche Bibliotheken in Kalifornien, so zum Beispiel für die “Ventura County Public Libraries“. Er tritt vor allem als Fundraiser in Erscheinung.  Nach wie vor wehrt er sich gegen eine Digitalisierung seiner Werke. Auf die Frage, warum er Bibliotheken unterstützt, antwortet Bradbury meistens Folgendes:

“Libraries raised me. I don’t believe in colleges and universities. I believe in libraries, because most students don’t have any money. When I graduated from high school, it was during the Depression and we had no money. I couldn’t go to college, so I went to the library three days a week for 10 years.”

Mir sind leider hierzulande keine SchriftstellerInnen (außer Günter Grass), Intellektuelle oder andere Kulturschaffende bekannt, die sich noch so leidenschaftlich für den Erhalt von (Öffentlichen) Bibliotheken einsetzen. Für Anregungen oder Hinweise, welche Personen des öffentlichen Lebens (z.B. Prominente) sich im deutschsprachigen Raum für den Erhalt von Bibliotheken einsetzen, wäre ich sehr dankbar. Weiterlesen

Die Bibliothek der Verbrannten Bücher ist angekommen

Die Bibliothek der verbrannten Bücher ist da!

Nur wenige Wochen nach Abschluss des Kaufvertrags zur Salzmann-Sammlung sind die 12.000 Bände erstmal vollständig ins Magazin der Universitätsbibliothek Augsburg eingelagert worden. Ein paar Kostbarkeiten liegen jetzt im Büro des UBA-Direktors Ulrich Hohoff.

Auf einigen Folien der eingeschlagenen Drucke steht “sehr selten”. Ein Beispiel ist z.B. die englische Übersetzung von Anna Seghers’ „Das siebte Kreuz“ in einer Sonderausgabe der US-Army aus dem Jahr 1942. Hohoff erklärt im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen, dass der Roman, welcher von Verfolgung und Flucht eines Juden berichtete, die GIs als „geistiges Kampfmittel“ (Hohoff) auf ihrer Überfahrt nach Europa begleitete. Auch so manche einzigartige Ausgabe ist in der Sammlung zu finden, wie beispielsweise Stefan Heyms deutsche Übersetzung und Theaterbearbeitung des berühmten Jugendromans „Tom Sawyer“ als Typoskript samt tschechischem Premierenzettel von 1937.

Mehr als vierzig Jahre war der Immobilienkaufmann Salzmann zielstrebig auf der Suche nach der Literatur, deren Autoren im Dritten Reich verfemt wurden. Salzmann selbst hatte die Nazizeit miterlebt. Er wollte verhindern, dass bestimmte Autoren dieser Zeit vergessen werden, weil die Nazis mit der Zensur ihrer schwarzen Liste ihre Werke auslöschen wollten. Mag man glauben, dass eine solche Sammlung nicht nötig gewesen wäre, weil man sich nach dem Krieg in mehr als 60 Jahren diesen Autoren erinnerte und ihre Werke anschaffte. Dass dem nicht so war, zeigt dieser Vorfall:

So gab es von Max Mohr (1891-1937) in seiner Heimatstadt München in Bibliotheken gerade zwei Werke, als 1991 eine Ausstellung zu seinem 100. Geburtstag vorbereitet wurde.

Salzmann legte in seiner Sammelleidenschaft Wert auf Erstausgaben, die seit Hitlers Machtergreifung 1933 oft nur in Exilverlagen erscheinen konnten. Die Sammlung enthält jedoch nicht nur Bücher, sondern auch literarische Beiträge in Zeitschriften und Anthologien sowie Schallplatten mit Sprechaufnahmen.

Für den Fachreferenten des Fachs Germanistik ist dies eine Herausforderung. Gerhard Stumpf muss nun Regeln entwickeln, nach denen die Salzmann-Sammlung passend katalogisiert werden kann, da die Regensburger Verbundklassifikation dieser heterogenen Sammlung nicht gerecht wird.

Wahrscheinlich schert er [Gerhard Stumpf, A.d.V.] hier aus der Systematik der Bibliothek aus und folgt der strikten Zuordnung zum jeweiligen Autor. Und sei die Verbindung noch so frei assoziativ. So findet sich bei Bert Brecht auch ein Aufsatz seiner Mitarbeiterin Ruth Berlau von 1955 zur Frage „Willst du Schauspielerin werden?“ in Das Magazin aus der DDR.

Wie sieht die Zukunft der Bibliothek aus?
Ziel ist, die Sammlung bis 2010 vollständig nachweisen zu können, d.h. die Katalogisierung soll bis dahin abgeschlossen sein.

Zugänglich gemacht wird die Bibliothek der verbrannten Bücher in zwei besonderen Räumen der Teilbibliothek Geisteswissenschaften. Die Bücher sollen je nach Erhaltungszustand frei zugänglich aufgestellt sein. Hohoff möchte auch einen bibliothekarischen Arbeitsplatz organisieren, um die Sammlung Schulklassen und Erwachsenenbildung fachkundig präsentieren zu können.

„Wir wollen die Bücher in einer Form präsentieren, die für junge Leute interessant ist“, sagt er. Auch Ausstellungsvitrinen soll es geben, um zu Autoren-Jahrestagen empfindliche Stücke sichtbar zu machen.

Quelle:
Knoller, Alois: Verbrannte Bücher: Raritäten geben noch Rätsel auf via Augsburger Allgemeine

Verfemte Bücher auf dem Weg in die UB Augsburg

Ordnung muss sein. Aus der etwas chaotischen Sammlung von Georg Salzmann wird jetzt eine Bibliothek, Bücher, die fein säuberlich im Regal stehen werden. Ein Zuhause finden seine 12.000 Bände in der Teilbibliothek Geisteswissenschaften (TG) der Universitätsbibliothek Augsburg. Auszeichnen tut die umfassende Sammlung, dass nahezu alle Werke in der Erstausgabe vorliegen. Für 410.000 Euro wechstelte die umfassendste Privatsammlung der von Nationalssozialisten verfemten Bücher den Besitzer. Georg Salzmann, Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch und der Augsburger Uni-Vizepräsident Alois Loidl unterschrieben gestern endlich den Kaufvertrag.

“Was lange währt, wird endlich gut”, sagte Salzmann mit Tränen in den Augen. Zehn Jahre lang suchte der hochbetagte Mann nach einem würdigen Ort für seine Sammlung, die sich in seinem Lochhamer Einfamilienhaus bis unter die Decke stapelt. “Ich hatte gegen so viel Ignoranz und Desinteresse anzukämpfen, dass ich den Kram oft hinwerfen wollte”, rekapitulierte er und freute sich nun umso mehr, dass es nicht gelingen werde, “dieses Kulturgut aus dem Gedächtnis der Deutschen zu tilgen”.

In sechs Wochen beginnt die Reise der Bücher von Lochham nach Augsburg und wird dann neben den umfangreichen Sammlungen von Thomas Mann und Bertolt Brecht stehen. Viel Arbeit bedeutet das für die Unibibliothek, da Salzmanns Sammlung noch katalogisiert und inventarisiert werden muss. Ziel ist es, die Werke ab September über das Internet für Professoren und Studenten abrufbar zu machen.

Die Bücher sollen für etliche geplante Forschungsprojekte und kommentierte Neuauflagen zur Verfügung stehen. Schwerpunktmäßig soll die Sammlung für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden – damit, wie Ulrich Hohoff, Chef der Universitätsbibliothek sagte, “die Barbarei der Bücherverbrennung nicht in Vergessenheit gerät”. Die TG, die außer Sonntags täglich bis 24 Uhr geöffnet ist, wird regelmäßig Ausstellungen zu diesen Büchern gestalten und 8000 Werke werden in einer Präsenzbibliothek ständig zugänglich sein.

Ausschlaggebend für den Zuschlag an die Universität Augsburg war das durchdachte Konzept, betonte Minister Heubisch. Neben Augsburg bezeugten in den vergangenen Jahren unter anderem auch München und Nürnberg, wo die NS-Dokumentationszentren stehen, Interesse an der Sammlung. Kostengründe ließen beide Städte die Sammlung ablehen. Aber auch sie werden künftig trotzdem von der Sammlung profitieren. Duplikate sollen ihnen als dauerhafte Leihgaben zur Verfügung stehen.

Für den Ankauf der Sammlung legten die Augsburger Universität, das Wissenschaftsministerium und private Sponsoren zusammen. Einen Zuschuss gab die Augsburger Papier-Dynastie Haindl. Die meisten privaten Mittel sammelte jedoch der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner durch Buch-Patenschaften; auch er schien gestern erlöst von einer “Sisyphusaufgabe” zu sein.

Quelle:
Burtscheidt, Christine, Erstausgaben für Augsburg : Sammlung verfemter Bücher bereichert die Uni-Bibliothek via sueddeutsche.de

[Kurz] Salzmann-Sammlung – Deal perfekt

Es ist nun sicher, dass die 1312.000 Bücher umfassende Salzmann-Sammlung “Bibliothek der Verbrannten Bücher” in der Universitätsbibliothek Augsburg eine neue Heimat finden wird. Der Kaufvertrag ist unterschriftsreif und wird diesen Freitag von Bibliotheksleiter Dr. Ulrich Hohoff und Georg P. Salzmann im Wissenschaftsministerium geschlossen. Die Sammlung beinhaltet vorwiegend Erstausgaben von Autoren, die in der NS-Zeit verfemt oder verboten waren.

Salzmann, der über die Höhe der Kaufsumme schweigt, ist bereits mit seinen ursprünglichen Preisvorstellungen zurückgegangen. Er möchte, dass die Sammlung wie eine Art Gedenkstätte vor allem jungen Menschen zugänglich sein soll, was durch die Uni-Bibliothek besser gewährleistet wäre, da die Hemmschwelle für Interessenten niedriger sei als bei einem Privathaus.

Noch am Freitagnachmittag muss sich der Bücherfreund von einem Teil seiner Schätze trennen. „Es treibt mir schon den Schweiß auf die Stirn, wenn ich an die Arbeit denke“, räumt er ein.

Mitarbeiter der UB werden die Bücher verpacken und transportieren.

Quelle:
Salzmann-Sammlung findet endlich eine Bleibe via merkur-online.de

UB Augsburg erwirbt die „Bibliothek der verbrannten Bücher“

Es steht nach etlichen Verhandlungen fest, dass die umfassende Büchersammlung von Georg P. Salzmann, an die Universitätsbibliothek Augsburg kommt.

Die als “Bibliothek der verbrannten Bücher” bekannte Sammlung könne schon bald allen Interessierten zugänglich gemacht werden, teilte Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) am Donnerstag in München mit. Sie biete einen repräsentativen Überblick über die in der NS-Zeit geächtete deutschsprachige Belletristik und sei damit auch ein bedeutendes Zeitzeugnis.

Bisher scheiterten Versuche (Quelle von 2006), die Bibliothek unterzubringen an Geldmangel oder entsprechenden Forderungen von Herrn Salzmann.

Die Sammlung wurde von dem Münchner Georg Salzmann in mehr als 30 Jahren aufgebaut. Gesammelt werden jene Bücher als Erstausgabe, die den Bücherverbrennungen Mai 1933 durch die Nazis zum Opfer fielen. Auf den schwarzen Listen standen Werke jüdischer, marxistischer und pazifistisch deutschsprachiger Schriftsteller. Sie sollten aus dem Gedächtnis der Menschen gestrichen werden.

Die Bibliothek umfasst etwa 14 500 Bände. Etwa 80 Autoren sind in Salzmanns Archiv fast vollständig oder lückenlos dokumentiert, weitere 30 Autoren zumindest mit ihren wichtigsten Werken.

Die UB Augsburg punktete in der Vergabe mit ihrem Konzept mit Blick auf eine optimale Konservierung und Erschließung. Laut Dr. Ulrich Hohoff, Leiter der Universitätsbibliothek Augsburg, konnte die UB insbesondere mit Blick auf eine Nutzung für die politisch-historische Bildungsarbeit habe überzeugen. Die Bibliothek verspricht, die Sammlung umgehend zu bearbeiten, zügig aufzustellen und allen Interessierten zugänglich zu machen. Die Sammlung soll durch einen eigens dafür eingesetzten Mitarbeiter betreut werden. Neben dem Einsatz in Forschung und Lehre der Universität, wechselnden Ausstellungen, Bibliotheksführungen und Lesungen wird auch eine enge Zusammenarbeit mit Schulen und Bildungseinrichtungen, insbesondere dem Jüdischen Kulturmuseum Augsburg angestrebt. Auch mit einem eigenen Internetauftritt soll die Sammlung weithin sichtbar sein. Besonders die wissenschaftlich-bibliothekarische Aufarbeitung und die konservatorische Pflege des wertvollen Bestandes sei durch die Integration in die Universitätsbibliothek gewährleistet.

“Dies sind sehr gute Bedingungen, wie sie andere Standorte, die für die ‘Bibliothek der verbrannten Bücher’ im Gespräch waren, so umfassend nicht bieten können”, so Hohoff.

Die Finanzierung des Ankaufs wird zum erheblichen Teil durch die Universität Augsburg aber auch durch die Stadt Augsburg, private Spendengelder, die Landeszentrale für politische Bildung, die Bayerische Landesstiftung sowie das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst bestritten.

“Dass vor rund vier Wochen auch die Bayerische Landesstiftung 60.000 Euro zur Finanzierung der Augsburger Lösung zugesagt hat, sehen wir”, so Hohoff, “als zusätzliche Bestätigung unseres Konzepts.”

Quellen:
Ankauf der «Bibliothek der verbrannten Bücher» vor Abschluss via ad-hoc news
“Bibliothek der verbrannten Bücher” kommt nach Augsburg via derStandard.at
Uni Augsburg kauft Salzmann-Sammlung bei Süddeutsche Zeitung
Prem, Klaus P.: Auf gutem Weg nach Augsburg: die “Bibliothek der verbrannten Bücher” bei idw

Rechtschreibfehler beseitigt

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