Zwei Videos als Nachruf zum Tod von Ray Bradbury

Without libraries what have we? We have no past and no future.” Ray Bradbury

Ray Bradbury, der am 23. August dieses Jahres 92 Jahre alt geworden wäre und einem breiten Publikum weltweit vor allem durch “Fahrenheit 451” bekannt wurde, starb nun nach längerer Krankheit am Dienstagabend in Los Angeles mit 91 Jahren. Nicht nur die Science-Fiction Community trauert um ihn, auch die Bibliothekswelt schließt sich dieser traurigen Nachricht an. R.I.P. Ray Bradbury!

Zum 90. Geburtstag widmete ihm die Stadt Los Angeles eine “Ray Bradbury Week“. Auf Bibliothekarisch.de wurde er 2010 anläßlich  seines 90. Geburtstag seiner Verdienste für Bibliotheken in einem Blogeintrag gewürdigt. Eine große Anzahl seiner Bücher schrieb er in Bibliotheken. Welche bessere Werbung können Bibliotheken, aber auch Schriftsteller bekommen, wenn letztere ihre Bücher dort verfassen, wo  sich deren potentielle Leserschaft befindet? Die Twittercommunity, die Printzeitungen und das Fernsehen, würdig(t)en einen den wohl bekanntesten Science-Fiction Autoren der Welt.

Im Folgenden sollen zwei Videos als Nachruf Bradyburys Bedeutung, insbesondere für die Bibliotheks- und Buchwelt deutlich machen. Das Time Magazine erinnerte in einer Trailerschau an die Bücher Bradburys, welche bereits verfilmt wurden. “Bildung als Nahrungsaufnahme”, wie sie Bibliotheken anbieten, war für Bradbury in den Jahren der Great Depression und den Jahren nach dem Krieg eine Selbstverständlichkeit. Die Stadtbibliothek in Los Angeles, aber auch Buchhandlungen waren sein zweites Zuhause. Seine Ehefrau lernte er in einer Buchhandlung kennen.

Das erste Video stammt von CNN und ist ein kurzer Nachruf auf Bradburys Schaffen. Im zweiten Video, das von Archive.org stammt und im Atlantic Magazine online veröffentlicht wurde, handelt es sich um ein etwa 25-minütigen Dokumentarfilm über sein Leben und seine Arbeit als Schriftsteller. All seinen Fans und solche, die es werden wollen sei seine Webseite http://www.raybradbury.com und sein Werk empfohlen.

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Das kulturelle Erbe Timbuktus ist in Gefahr

The group that controls Timbuktu controls the symbolic capital of the entire region, because it’s that well-known across the world. If you control that city, it will be known.” Martin van Vliet

Seit 1988 zählt Timbuktu zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Stadt wird auch als die “Stadt der 333 Heiligen” bezeichnet, da viele Sufis, Scheichs, Wissenschaftler und Imame hier begraben sind. Bereits seit Jahren sind diese Stadt und die umliegende Regionen von Dürrekatastrophen betroffen. Hinzu kommen die derzeitigen kriegerischen und bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen. Vor 2 Jahren bloggte ich über die Bibliotheken in der Wüste am Beispiel der Stadt Timbuktu. Die im 11. Jahrhundert von den Tuareg gegründete Stadt und der Rest Malis sind seit Anfang April von Chaos, Fluchtbewegungen (268.000 Flüchtlinge, die vor der Gewalt der Rebellen fliehen) und politischer Instabilität gekennzeichnet. Viele gehören der Volksgruppe der Tuareg aus der Gegend um Timbuktu an und flohen beispielsweise ins benachbarte Mauretanien. Der U.N. Kommissar für Menschenrechte Navi Pillay warnte davor, dass bei den anhaltenden bewaffnette Konflikten auf Mali bald eine verheerende Lebensmittelkrise und anderen Verknappungen wie etwa ein Mangel an Medikamenten zukäme. Selbst der vom Militär geputschte Präsident Amadou Toumani Toure floh vor drei Tagen in die Hauptstadt des Senegal, Dakar. Tuareg-Rebellen riefen Anfang April nach einem Militärputsch im Norden des Landes einen neuen Staat aus. Die Tuareg sind ja Berber und deren nomadische Lebensweise wurde in den vergangenen Jahren immer wieder zurückgedrängt und beschnitten. Ihr neuer und selbsternannter Staat heißt seit 6. April Azawad. Spiegel Online ging vor wenigen Wochen auf die Hintergründe des Konflikts ein. Der im Norden ausgerufene und für unabhängig erklärte Staat wurde bislang nicht von anderen Staaten Afrikas und auch nicht von Staaten anderer Kontinenten anerkannt:

“Der Konflikt reicht weit zurück. Vor der Kolonialzeit dominierten die Tuareg den Handel durch die Sahara, ein stolzes Nomadenvolk, deren Angehörige sich mit indigoblauen Tüchern vor Sonne und Sand schützen. Sie ritten auf Kamelen und herrschten über ein großes Wüstenreich, bis sie 1902 von französischen Kolonialtruppen geschlagen wurden. Spätestens seit Mali im Jahr 1960 wieder in die Unabhängigkeit entlassen wurde, streben die Tuareg nach Eigenständigkeit; immer wieder begehrten sie auf.”

Angeführt wurden die neueren Aktionen der Tuareg durch Rebellen dieser Volksgruppe, welche bis vor kurzem noch in Libyen für den dortigen Machthaber Gaddafi kämpften. Eine weitere Rebellengruppe nennt sich Ansar Dine, die aus radikalen Islamisten besteht und Verbindungen zum Al-Qaedaarme des islamischen Maghrebs unterhält.


Bildquelle: Ahmed Baba Institute Library

Zu den vielen menschlichen Schicksalen kommt noch die Bedrohung des kulturellen Erbes der vielen Schriften und Büchersammlungen hinzu. Die UNESCO ist besorgt über die mangelnde Sicherheit des kulturellen Erbes in Timbuktu. Berichten zufolge haben Rebellen die kulturellen Zentren mit den wertvollen Schriften übernommen und davon bereits einige geplündert. Malische Wissenschaftler, Bibliothekare und gewöhnliche Bürger verstecken in ihren Häusern und Wohnungen wertvolle Manuskripte des kulturellen Erbes der Stadt. Ziel ist es diese vor Zerstörung und Diebstahl zu schützen. Laut dem südafrikanischen Professor Shamil Jeppie von der Universität Kapstadt gibt es zum Glück noch keine herben Verluste der Hauptsammlungen von Manuskripten. Dennoch befürchtet er in naher Zukunft, dass es bald soweit sein könnte, dass ein wesentlicher Teil Dieben in die Hände fällt. Die MNLA-Bewegung bestehend aus Tuareg-Gruppen und die Islamisten von Ansar Dine (Verteidiger des Glaubens) besetzen derzeit wichtige strategische Orte in Timbuktu, so z.B. den Flughafen oder Militärkasernen. Professor Jeppie drückte vor kurzem der Nachrichtenagentur Reuters seine Besorgnis aus:

“I have no faith in the rebels. They may have an educated leadership, but they are sending in footsoldiers who are illiterate and if they want something they will take it … They won’t have any respect for paper culture. […] I think it’s catastrophic, because it can have long-term economic effects,”

Rebellen haben zum Beispiel Fahrzeuge, die im Besitz des Ahmed Baba Instituts sind, gestohlen. Doch bisher betraten sie die Räume mit den wertvollen Handschriften noch nicht. Ähnlich wie in Ägypten gibt es eine mutige Stadtgesellschaft, die das Gebäude verteidigen, indem sie vor den Toren patroullieren. In einem anderen Gebäude des Ahmed Baba Instituts in Timbuktu wurden Computer und andere Ausrüstungsgegenständen entwendet. Laut Prof. Jippie gibt es Privatbesitzer von Manuskripten, welche Vorbereitungen trafen, um die wertvollen Bestände aus Timbuktu in die sichere Hauptstadt Bamako oder in Nachbarländer wie den Niger zu bringen. Die Fondo Kati, welche finanzielle Zuschüsse zur Erhaltung aus Spanien erhielt, wurde in Spezialboxen ausgelagert. Diese Sammlung ist ein Zeugnis des arabisches Erbes in Andalusien. Ebenso ist die Haidarasammlung in Sicherheit. Schätzungen zufolge varieren der historischen Bestände Timbuktus von 150.000 auf das fünfache dieser Zahl. Die gewalttätigen Ausschreitungen in der Stadt könnten sich auf die speziellen Klimatisierungsbedingungen, die für die alten und von Verfall bedrohten Manuskripte nötig sind. Zudem könnten Besitzer wertvoller Handschriften dazu genötigt werden ihre Sammlungen zu verkaufen, um weiterhin ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Aktuelles über den Zustand der Manuskripte und Bücher des abgebrannten Institut d’Egypt in Kairo

Neben Archivalia informierten auch “die Cybrarians” (“Arabic Portal for Librarianship and Information”) über den Brand des Institut d’Egypt mit seinen 200.000 Büchern, der vor etwa zehn Tagen stattfand. Die Ausschreitungen zwischen dem ägyptischen Sicherheitsapparat und den prodemokratischen Anhängern forderten etwa 14 Tote und über 400 Verletzte. Der Zustand  der über 213 Jahre alten Karten und Manuskripte wurde als nicht ersetzbar eingestuft. Mme. Danielle Mincio, die aus Lausanne stammende Vorsitzende der IFLA Preservation and Conservation Section (2011-2013), berichtete vor sieben Tagen ausführlich über die Ereignisse im Newsletter Swiss-Lib. So boten der Scheich der Arabischen Emirate und die französische Regierung ihre Hilfe zum Wiederaufbau des Gebäudes an. Das 1798 von Napoleon Bonparte errichtete Gebäude wird auch als “Scientific Center” bezeichnet. Hat der Brand politische und/oder post-koloniale Gründe, wie es 2005 beim Brand des Goethe-Instituts Togo und dem vollständigen Abrennen seiner Bibliothek wohl der Fall war? Ich bezweifle das diesmal sehr. Wie das Foto aus der Zeitung Al-Masry Al-Youm zeigt, schritten junge Freiwillige zur Tat und sicherten die wertvollen Bücher und Manuskripte vor der weiteren Zerstörung und vor Dieben.

Foto by Ali al-Malky

16 vollbeladene LKWs mit nassen Büchern und Manuskripten konnten gerettet werden und wurden zur Nationalbibliothek transportiert. Die wertvolle Ausgabe der “Déscription de l’Egypte” konnte gesichert werden. Viele der Bände sind außen beschädigt, können aber restauriert werden.


Mohammed al-Sharbouni, der Direktor des Institut d’Egypt drückt sein Bedauern hierzu aus:

“The burning of such a rich building means a large part of Egyptian history has ended.”

Ein weiteres Video zeigt, wie bereits während des Brands Bestände von mutigen jungen Männern gerettet werden konnten. Weiterlesen

"The Power of stories and books": Ein TEDx-Vortrag von Yohannes Gebregeorgis (Bibliothekar und Social Entrepreneur)

Im Alter von 19 Jahren erhielt Yohannes Gebregeorgis einen Roman mit dem Titel “Love Kitten” geschenkt, der sein Leben für immer veränderte. In der Folgezeit wurde er gezwungen sein Land Äthiopien zu verlassen und erhielt nach seiner Flucht über den Sudan, 1981 schließlich politisches Asyl in den USA. Er besuchte dort die Universität und erwarb 1985 seinen Abschluss in Bibliotheks- und Informationswissenschaften. Schließlich war er in der Kinder- und Jugendabteilung der San Francisco Public Library tätig. Dort fand er heraus, wie Literatur bereits in der Kindheit junge Menschen Einfluß nehmen kann und begeistern kann. Er hatte nun die Idee und das Ziel vor Augen Kinderliteratur jedem Kind in seinem Heimatland näherzubringen. 2002 kündigte er seinen Stelle als Bibliothekar und kehrte mit 15.000 Büchern nach Addis Abeba, in die Hauptstadt Äthiopiens zurück. Mit diesen Büchern im Gepäck eröffnete er 2003  die “Shola Children’s Library”, das   “Awassa Reading Center” und die erste mobile Eselsbibliothek Äthiopiens, welche den Kindern in abgelegenen Regionen abseits der  ländlichen Stadt Awassa Bücher brachte. Über Yohannes Gebregeorgis und seine Organisation “Ethiopia Reads“ habe ich im September letzten Jahres (”Leseförderung in Äthiopien durch Eselskutschen und neue Schulbibliotheken“) schon ausführlich berichtet. Diesmal kommt Gebregeorgis selbst zu Wort und erzählt über sein Leben und seine heutige Tätigkeit als Social Entrepreneur.

[Kurz] Ein ergänzendes und brandaktuelles CNN-Video zur Situation der “Bibliotheca Alexandrina”

Nach Dörtes Blogeintrag vom 31.01. und mehreren Verweisen auf Internetseiten zur Situation der “Bibliotheca Alexandrina“, will ich dem Ganzen noch ein Video hinzufügen, das heute aktuell auf der Webseite von CNN veröffentlicht wurde. Nic Robertson macht sich darin selbst ein Bild über die Lage der “Bibliotheca Alexandrina“, indem er mit dem Direktor spricht. Bemerkenswert sind  die Amateuraufnahmen, die unmittelbar nach dem Abbrennen der Polizeistation zustande kamen und deutlich machen wie schnell sich eine Zivilgesellschaft von mutigen und engagierten Freiwilligen formierte, um die Bibliothek vor Plünderungen und Chaoten zu schützen.