Besitzstandswahrung und fehlende Alternativen – Heidelberger und Augsburger Appell

Der Heidelberger Appell

Das Entsetzen über den Heidelberger Appell und seine Weltfremdheit brandete laut in die “heile” Welt urheberrechtsinteressierter Archivare, Bibliothekare, Internetnutzer, Verleger, Wissenschaftler und auch der Politiker (?). Letztere hat er sicherlich auch erreicht durch entsprechende Briefe, die der Mitverfasser Herr Reuß an Bundespräsident Köhler und Bundeskanzlerin Merkel versandt hat.

Fritz Effenberger schreibt in seinem Telepolis-Artikel “Geistiges Eigentum als Heidelberger Postkartenidylle” zurecht:

Der “Heidelberger Appell” mahnte Politiker, Medien und überhaupt die Öffentlichkeit, Widerstand gegen die (gefühlte) Zerstörung des Urheberrechts zu leisten. Eine gute Sache, meint man. Bevor man den Appell gelesen hat. Dann allerdings öffnet sich ein atemberaubender Blick auf einen Abgrund des Missverstehens: Was eigentlich macht Google da, was sind die Rechte eines Urhebers und was machen Autoren und Verlage, wenn niemand mehr Bücher und jeder nur noch Webseiten liest?

Ein wenig kommt mir diese Beschreibung aus dem Geschichtsunterricht bekannt vor. Mein Lehrer berichtete damals von der ersten Eisenbahn und ihrer atemberaubenden Schnelligkeit, weil die ersten Mitfahrer Angst vor der Geschwindigkeit und der neuen Wahrnehmung der Welt ums sie herum hatten1 und heute kann es in dem Land, wo die erste Eisenbahn 1835 zwischen Nürnberg und Fürth mit gemütlichen 40 km/h tuckelte, nicht schnell genug gehen und der ICE rast mit atemberaubender Geschwindigkeit von bis zu 280 km/h durch die Landschaft.

Erfinderland Deutschland beginnt sich wieder auszubremsen. Überfordert von der Schnelligkeit der Digitalisierung und den sich ändernden Gewohnheiten holt man das Stoppschild heraus und versucht sich dieser Gefahr zu entziehen. Politiker und Verantwortliche, Gestaltende und Betroffene analysieren nicht mehr mögliche Vorteile und ihre Möglichkeiten, sondern ziehen sich auf den Status Quo zurück. Besitzstandswahrung ist das, was aus jedem Wort des Heidelberger Appells mitklingt. Aber Besitzstandswahrung ist das, was in Zeiten des Umbruchs nur für das Verlieren dessen steht, was man hat.

Der Heidelberger Appell ist gefährlich, nicht nur wegen der verdrehten Argumente, die er enthält und der Vermischung von undifferenzierten Wahrheiten oder solchen Meinungen, die als Wahrheiten verkauft werden.

Der Appell richtet sich auf der einen Seite gegen “Open Access”, dem öffentlichen, kostenlosen Zugang zu wissenschaftlichen Arbeiten. Über die Rechnung, die hier aufgemacht wird, dass die Öffentlichkeit ja bereits dafür schon bezahlt hat mit öffentlichen Forschungsmitteln, Gehältern usw. und dass daher man nicht noch ein zweites Mal Mittel aufbringen sollte für Verlagspublikationen mit überzogenen Preisen ist eine Sache. Darüber mag man streiten. Wichtiger ist jedoch der Zugang zu den Ergebnissen (Publikationen) und den Forschungsdaten, was regelmäßig vergessen wird.

Der zweite Punkt, gegen den sich der Appell richtet, ist das Digitalisierungsprojekt von Google. Der Suchmaschinengigant möchte alles Wissen der Welt über das Internet zugänglich machen. Gerade beim Schreiben dieses Satzes fiel mir auf, dass dort ein kleiner wichtiger Zusatz fehlt, den aber der ein oder andere mit hineinliest – nämlich es fehlt: “allen Menschen”. Auch gibt es keine Aussage über die Form wie kostenfrei oder einfach… Google macht sich diese Arbeit des Einscannens möglichst aller Bücher der Welt nicht für Umsonst, sondern will damit Geld erwirtschaften. Urheber und Verlage erhalten dafür einen großen Anteil der erwirtschaften Werbemillionen. Nicht messbar ist, welches Buch nicht mehr verkauft wurde deshalb oder welches, gerade weil der Leser bei Google einen Einblick erhielt, letztendlich doch im meist digitalen Warenkorb landete.

Leider hat Google eine Form des Umgangs mit Rechten gewählt, die zu vielen Unstimmigkeiten geführt hat. Die Beachtung des Urheberrechts und Copyrights wurde umgedreht. Verlage und Autoren müssen selbst tätig werden, um eine Nutzung ihrer Erzeugnisse zu untersagen. Dabei müssen Sie genau abwägen, ob das Untersagen des Einscannens und Nutzens nicht eher schädigend auf ihre Wahrnehmung durch den Leser ist. Eine entsprechende Aufklärung über die Folgen eines Neins erfolgte bei dem Protest deutscher Autoren gegen den amerikanischen Vergleich (<>Google Settlement<>) nicht. Ist Google nicht vielleicht auch eine kostenlose Plattform für kontextbezogene Werbung für das eigene Werk?

Gedanken über die Folgen, die bei der Durchsetzung der Forderungen des Heidelberger Appells entstehen, machen sich hoffentlich wenigstens die Politiker bzw. deren hoffentlich sachkundigere Berater.

Reuß fordert zusammen mit den bisher 1500 Unterzeichnern, zu denen neben Teilen der nationalen Schriftstellerelite auch Geisteswissenschaftler und Bibliothekare sowie Archivare gehören, von der Bundesregierung, dass der automatisierten Verbreitung geistigen Eigentums ein Riegel vorgeschoben wird und auch Privatpersonen hier nicht tätig werden dürfen. Oder interpretiere ich hier die Forderungen des Appells falsch, was zu hoffen wäre… Im Endeffekt kurzfristig gesehen bedeutet dies ein Verbot von “GoogleBooks”, YouTube und anderen Internetplattformen.

“Das verfassungsmäßig verbürgte Grundrecht von Urhebern auf freie und selbstbestimmte Publikation” sieht Reuß bedroht und erkennt nicht, dass seine Argumentation eine spiegelverkehrte Darstellung der Wirklichkeit liefert

Wer bis jetzt publizieren wollte, war auf einen Verlag angewiesen. Verlage besaßen ein gewisses Monopol. Sie entschieden über das Wohl und Wehe des geschriebenen Textes und stellten Forderungen auf. Fertig redigierte und formatierte Texte mit der Mindest- und Maximalanzahl von Seiten waren Forderungen in einer Publikationswelt der Wissenschaftler, wo in vielen Bereichen galt “publish or perish” und es auch darauf ankam, in der richtigen Zeitschrift zu veröffentlichen (“Impact-Factor”). Und gerade das Internet mit seinen freien Entfaltungsmöglichkeiten gerade für Berufseinsteiger im Bereich Wissenschaft ermöglicht eine viel freiere Wahl der Urheber, wo er seinen Text veröffentlichen möchte. Für jemanden, der sein Erstlingswerk gerne veröffentlicht sehen will und dafür einem Verlag 500,00 € und mehr zahlen soll bietet das Internet häufig die kostengünstigere Alternative. Druckreif formatiert kann er sein Werk für rund 50,00 € im Jahr (als teure Internet-Variante!) als PDF auf einer eigenen Internetseite anbieten.

Demontiert den Heidelberger Appell !!!

Matthias Spielkamp fiel es leicht, die Reuß’sche Argumentation dieses Heidelberger Appells auf iRights.info zu demontieren und klarzumachen, wie haarsträubend und vor allem gefährlich sie ist. Er zeigt auf, welche Ängste vor den neuen Technologien bestehen, die zunehmend nur noch als Risiko und potenzielle Bedrohung zu sehen ist. Schlägt an dieser Stelle die Generation zurück, die zu alt für die “elektronische Sozialisierung” ist und keine Bereitschaft mehr besitzt, Veränderungen mitzutragen, auch wenn man sie nicht mehr hundertprozentig versteht? Hier werden die der revolutionären 68’ger Generation zu Verfechtern des Status Quo. Wohl eine Ironie der Geschichte 😉

Das klingt bitter, hat aber durchaus empirische Grundlagen, wie man konkret in der Heidelberger Brandschrift nachlesen kann. Schwergewichtige Behauptungen werden aufgestapelt, gleich Sandsäcken gegen das Eindringen der modernen Welt in die liebgewonnene Überschaubarkeit der Gelehrtenstube.

Die Gegebenheiten ändern sich. Das Internet reißt nationale Grenzen ein und ist dabei seit über zwanzig Jahren mit dem WWW eine große Netzgemeinde zu schaffen. Menschen rücken sich unmittelbar näher und ihre Handlungen beeinflussen sich gegenseitig, obwohl sie sich nie persönlich begegnet sind. Wissen gerät schneller in Bewegung und wird von mehr Menschen betrachtet als dies in Formen eines Briefes möglich gewesen wäre. Leider hat das Gesetz bzw. die internationale Vertragsgestaltung mit den sich daraus ergebenden Notwendigkeiten nicht schritthalten können. Das Konzept muss international abgestimmt und angepasst werden nicht die Details und das ist, wie es scheint, momentan ein unerreichbares Ziel bei der überall vorherrschenden nationalen Politik des kleinsten gemeinsamen Konsenses.

Das traurigste an diesem Heidelberger Appell ist, dass man hier die Augen verschließt vor den Bemühungen, konzeptionelle Lösungen im Internet zu schaffen, die Urhebern zu ihren Rechten verhelfen. Der schutzlose Urheber hat Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen im Rahmen eines Urheberrechts, dass eigentlich im Netz genauso funktioniert wie in der papierenen Bleiwüste heute. Er kann aktiv Grenzen bestimmen und sich einzelne Rechte vorbehalten oder aus der Hand geben. Hier zu nennen wären z.B. die Creative Commons Lizenzen. Ganz klar werden hier die Rechte und Pflichten festgelegt. Natürlich ist es schwer, sich damit noch einen Lebensinhalt zu finanzieren, aber eventuell damit verbundene Spenden reichen aus, um den Server, auf dem die Werke zur Verfügung gestellt werden, zu finanzieren. Der erheblichste Einschnitt und vielleicht auch der beängstigendste ist die Tatsache, dass es zu einer Veränderung der Zahlmodalitäten kommt und gewachsene Strukturen sich entsprechend ändern. Hier ist eine große Lücke, die erst noch sinnvoll gefüllt werden müssen.

Wer allerdings weiterhin seine Auge vor dem stattfindenden Wandel verschließt, wir zu den Modernisierungsverlierern unserer Ära gehören. Blicken wir ins Auge, die ich [Fritz Effenberger, Anm.d.Verf.] im folgenden Apell […] zum “Tag des Geistigen Eigentums” am 26.04.zusammengefasst habe. Der Aufruf setzt sich bewusst zwischen Stühle: Weder fodert er das Verbot gegenwärtiger Medienformen, noch eine Revolution gegen die bestehende Urheberrechtsordnung, sondern eine Anpassung der Regeln an die Realität.

Der Augsburger Appell

In einer vorher nie gekannten Art hat der Buchdruck Gutenbergs und noch mehr die Rotationsdruckmaschine und die damit verbundene Massenproduktion zu einer Verbreitung geistiger Inhalte geführt, die eine Informationsgesellschaft zerstörte, in die wir uns nur ungern zurückversetzen möchten. Die Vervielfältigung mittels händisch erstellter Abschriften oder geringzahlige Druckexemplare konnten die mündliche Informationsweitergabe nicht ersetzen. Aber innerhalb weniger Jahrhunderter wurden diese Informationsstrukturen fast völlig verdrängt – nicht gänzlich zerstört aber in Randbereiche verdrängt. Allein wenn man betrachtet, wie rasch der (handschriftliche) Brief durch die E-Mail ersetzt wurde, kann man erahnen, welche Umbrüche jetzt auf uns warten. Wie bereit sind wir jedoch dafür?

Wir haben schon einmal eine Zunft erlebt, die durch technische Veränderungen so gut wie ausgestorben ist. Wer (in der Verlagsbranche) erinnert sich noch an die Setzer, die Type für Type in Reih und Glied setzten. Heute greift man auf Setzer und die dazugehörigen Druckverfahren nur noch bei ganz besonderen Druckaufträgen zurück, z.B. Glückwunschkarten in einem kleinen Auflagenumfang und sie zählen eher schon zu den Attraktionen auf Mittelaltermärkten und Museen.

Es hat sich bereits jetzt sehr viel verändert. Geistige Inhalte (Bücher, Filme, Musik-Alben etc.) lassen sich dank der Entwicklungen der Computertechnik innerhalb weniger Jahrzehnte nahezu kostenlos speichern. Auf einer Festplatte lassen sich inzwischen ganze Bibliotheken, Film- und Musikarchive in digitaler Form lagern. Auch der Vertrieb ist nahezu kostenlos möglich – es bedarf nur eines Internetanschlusses (je nach Bedarf und Datenmenge von Call-by-Call-Angeboten, die nur kosten, wenn sie genutzt werden bis hin zu Flatrates für Dauernutzer). Derzeit sinken die Preise bei steigenden Kapazitäten, sowohl bei Speichermedien als auch bei den Datenraten der Internetleitungen. Diese Entwicklung macht die Weitergabe von geistigen Inhalten so einfach und grenzenlos wie noch nie zuvor möglich. Die Grenzen setzt eigentlich nur der zeitliche Rahmen und die Kapazität des eigenen Gehirns bei der Rezeption dieser Inhalte.

Problematisch zu sehen ist natürlich die illegale Verbreitung von Inhalten innerhalb dieser nahezu kostenlosen Distributionswege. Problematisch ist, dass bei allen Bemühungen bisher technisch eine solche Verbreitung nicht verhindert werden kann. Bisherige Bemühungen haben sich häufig als zu teuer und nicht lange durchsetzbar gezeigt, wie sich anhand der verschiedenen DRM-Lösungen der Musik- und Filmindustrie mitverfolgen ließ. Natürlich dürfen gerade im Bereich der Verbreitung von Angeboten zur Unterhaltung der Autor oder die an der Erstellung des Produkts beteiligten Menschen nicht leer ausgehen.

Effenberger vergleicht die Digitalisierung mit der Öffnung der Büchse der Pandora. Sie ist wie die Krankheiten der Büchse entfleucht und lässt sich nun nicht wieder darin verstecken. Die für Effizienzsteigerungen eingesetzte Digitalisierung in den Verlagen, erweist sich nun wie die gerufenen Geister des Zauberlehrlings, die sich nun nicht mehr loswerden lassen. Man kann sich nicht nur die Rosinen aus dem Kuchenstück picken. Das funktioniert nicht. Die Realität hat sich geändert und es kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Man muss damit lernen umzugehen.

Statt den Kopf in den Sand zu stecken, müssen neue Modelle geschaffen werden, die eine Bezahlung der Urheber in einem ubiquitären und egalitären Distributionsmodell sicherstellen können. Auch muss gesehen werden, ob es Verlage mit ihren heutigen Aufgaben zukünftig noch geben wird oder wie sie es schaffen, ihre Rolle in einer neuen Informationsgesellschaft neu zu definieren.

Ich [Fritz Effenberger, Anm. d. Verf.] fordere daher die politischen Kräfte in unserem Land auf, nicht weiter über naive, da technisch unwirksame Verbote nachzudenken, sondern über die aktive Gestaltung des Urheberrechts in einer Zeit des technischen Umbruchs: Jeder Bürger kann sich heute via digitaler Weitergabe jedes Buch, jeden Film, jedes Musikstück besorgen, ohne dass dies technisch verhindert oder mitverfolgt werden kann; der Preis für die Verhinderung oder Aufdeckung wäre die Zerstörung des Internet, wie wir es kennen. Die Gesetze müssen dieser Realität entsprechend reformiert werden, der Urheber muss die ihm zustehende Vergütung erhalten. Diese wird tatsächlich heute schon teilweise erhoben und ausgeschüttet: Geräte und Medien zur Herstellung von Kopien sind mit einer Abgabe belegt, die von den zuständigen Verwertungsgesellschaften an die Autoren, Komponisten, geistigen Schöpfer ausgeschüttet werden.

Ein wichtiger Teil der Wertschöpfungskette ist bis jetzt noch unbeachtet: Trotz erheblicher Umsätze mit dem Verbreitungsmedium Internet durch Telekommunikationsunternehmen sind Urheber hier von Vergütung ausgeschlossen. Eine gesetzliche Regelung würde privatwirtschaftliche Anstrengungen wie die oben erwähnte Aktion der Suchmaschine Google ersetzen und die Urheber aus ihrer Verunsicherung angesichts der heutigen technischen Revolution befreien. Das ist die urheberrechtliche Herausforderung unserer Dekade.

Diese interessante Forderung würde auch eine Kulturflatrate ermöglichen, die hier parallel der Nutzung von Leitungskapazität eingenommen werden könnte. Pauschalisierte Ausschüttungen müssten allerdings durch weitere Anreizmöglichkeiten erweitert werden. Denn auch nur eine gesunde Konkurrenz kann hier zu einer höheren und qualitätsvolleren Vielfalt führen. Sollten hier nur Klickzahlen und geschriebene Worte für die Ausschüttung der finanziellen Mittel herangezogen werden, ist eine Verflachung in der Literaturbewegung zu befürchten. Beängstigend zu betrachten ist ja hier bereits die Entwicklung im Fernsehen, wo die Qualität der Sendungen von Einschaltquoten abhängig gemacht wird. Eine solche zu sehr egalitäre Lösung schadet mehr als dass sie die Kultur voranbringt und verhindert aus Provokation und Diskussion, die genauso Teil unserer derzeitigen Kultur ist wie der seichte Bestseller auf der Spiegelbestsellerliste. Der rechtlichen Anpassung muss auch eine ökonomische Anpassung zuarbeiten. Wir wollen wissen, wohin wir uns bewegen wollen, denn nur so ist eine sinnvolle Gesetzgebung möglich.

Vergessen wir nicht, das bisherige Urheberrechtssystem und die bestehenden Geschäftsmodelle sind nicht von heute auf morgen entstanden. Bis wir hier wieder ein Gleichgewicht finden, wird es eine Weile dauern.
Copyright-Gesetze schützen die finanziellen Aufwendungen derjenigen, die die Kopie aufwändig herstellen, während die den Moral-Rights sehr verbundenen Urheberrechtsgesetze sehr stark der Tradition des Geistigen Eigentums und den daraus bestehenden Verpflichtungen verbunden sind. Sie sind die verschiedenen Sichtweisen auf ein durch Buchdruck entstandenes Gewerbe. Was wir jetzt lernen müssen ist, uns aus diesem Rechtsgewebe zu befreien und uns einen unverstellten Blick auf die aktuelle Situation zu suchen.

Quelle:
Effenberger, Fritz: Geistiges Eigentum als Hedelberger Postkartenidylle, via telepolis

PS: Eine Diskussion zu diesem Thema ist herzlich Willkommen. Derzeit kann ich leider eine schnelle Reaktion meinerseits nicht versprechen, da ich zur Zeit keinen uneingeschränkten Zugang zum Internet besitze.

  1. Als der “Adler” seine erste Fahrt antrat, hatten ernsthafte Leute furchtbare Folgen eines derartigen Wagnisses vorausgesagt. Schwere Gesundheitsstörungen und Geistesverwirrung sollten durch die entsetzliche Geschwindigkeit des Eisenbahnzuges nicht nur bei den Fahrgästen, sondern auch bei den Zuschauern hervorgerufen werden! Dabei vermochte der “Adler” nur eine Geschwindigkeit von ganzen 40 Stundenkilometern zu erreichen.Quelle: 100 Jahre Deutsche Eisenbahn []

Associated Press geht gegen Blogger und Newsaggregatoren vor

We’d better hope it’s not “hot news” that the Associated Press announced “an aggressive effort to track down copyright violators on the Internet” at its annual board meeting Monday. If it is, we could conceivably find ourselves on the wrong end of an “aggressive effort” geared to fend off copycat competition and “misappropriation” in the dwindling market for timely reporting.

Die US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) ist gemeinschaftlich organisiert und hat im Namen ihrer Mitglieder auf der letzten Jahresversammlung ein verschärftes Vorgehen gegen die Betreiber von Webangeboten angekündigt, sollten sie AP-Nachrichtenmaterial verwenden, wofür sie keine Nutzungslizenz erworben haben. Man zeigt sich wütend und zu allem entschlossen.

Vor dem Hintergrund des Zeitungssterbens in den USA sind in den Focus der AP die Blogger gerückt. Diese “zitieren” unter Berufung auf Fair-Use-Regelungen AP-Texte. Noch schlimmer in den Augen der AP sind Newsaggregatoren. Häufig sind dies automatisierte Dienste, die ohne journalistische Arbeit Nachrichten und Schlagzeilen sammeln und in Auszügen auf ihrer Seite veröffentlichen – und durch Klick-Kaskaden PIs erzeugen, die sich wiederum für Werbeeinnahmen nutzen lassen.

Heise nennt als deutsches Beispiel für letzteres Geschäftsmodell xoorg.com. Allerdings jetzt sind dort keine Angebote mehr zu finden:

Anmerkung
Aufgrund der Kritik von Heise.de geschlossen! Da dies ein privates Projekt war und ich keine Lust auf Ärger habe. Der Artikel von Heise.de ist im übrigen auf diese Seite bezogen nicht Verhältnismäßig. Wer möchte kann sich hier ein Bild der “wilden” Artikel-Sammlerei machen: [Klick!]

Bei diesem Angebot waren häufig erste Absätze aus Meldungen von heise online zu lesen. Klickte ein Leser auf “Weiterlesen”, wurde er nicht etwa zur Originalseite weitergeleitet, sondern auf eine weitere Seite des Aggregators. Dort stand ein wenig erweitert der gleiche Text nochmal und erst von dieser Seite wurde auf die Originalquelle verlinkt. Damit bewegte sich xoorg in einer Grauzone. Die großen Newsaggregatoren, z.B. Google, haben entsprechende Lizenzverträge abgeschlossen und zeigen neben den Schlagzeilen nur die Lead-Sätze.

AP will ein System entwickeln, mit dem überprüft werden kann, ob die eigenen Nachrichteninhalte auf legale Weise von einem externen Anbieter im Web verbreitet wurden. Die deutsche dpa kündigte bereits letztes Jahr ähnliche Maßnahmen an. Wie gut das Programm, welches AP verwendet will, tatsächlich funktioniert, muss sich zeigen. Dass es der Nachrichtenagentur ernst ist, sollte nicht bezweifelt werden. So hat AP Juni 2008 versucht von Bloggern, die AP-Quellen zitierten, Geld zu verlangen. Bei den verlangten Preisen müsste man abraten, auch nur ein Wort von AP zu zitieren.

  • 5-25 words: $ 12.50
  • 26-50 words: $ 17.50
  • 51-100 words: $ 25.00
  • 101-250 words: $ 50.00
  • 251 words and up: $ 100.00

AP will spezielle AP-News-Seiten ins Netz stellen, welche dann in Zeitungen, TV- und Radiostationen beworben werden sollen. Zur Erleichterung der wirtschaftlichen Situation der angeschlossenen Zeitungsverlage senkt Associated Press die Abogebühren 2010 um 30 Millionen Dollar. Dieses Zugeständnis wurde notwendig, da die Vertreter von rund 180 Zeitungen (14 Prozent) aus finanziellen Gründen die AP verlassen wollten. Auch die Autoren werden im nächsten Jahr den Gürtel enger schnallen müssen bei AP, da man herbe Verluste erwartet (Einnahmerückgang von 2008 210 Millionen Dollar auf 135 Millionen Dollar 2010).

Auch wenn man 2009 die Dienste noch nicht in der “Tiefe und Breite” verringern will, so kann der Konzern in 2010 nur noch 10% weniger pro geschriebenem Text für seine Autoren bezahlen.

Quellen:
AP wehrt sich gegen Newsaggregatoren und Blogger via heise online
Sanchez, Julian: AP launches campaign against Internet “misappropriation” bei ars technica
News unter Copyright-Schutz? bei gulli.com

Ökonomische und kulturelle Effekte des File Sharing

Die niederländische Studie “Ups and downs – Economic and cultural effects of file sharing on music, film and games”:engl: gibt die Ergebnisse des gemeinsamen Projects der wissenschaftlichen Forschungsinstitute TNO, SEO und des Institutes für Informationsrecht der Universität von Amsterdam wider. Auftraggeber war das Niederländische Ministerien für Wirtschaft, Justiz und Bildung, Kultur und Wissenschaft.
Die empirische Untersuchung basiert auf einer repräsentativen Umfrage bei 1500 Internetnutzern in den Niederlanden.

Diese Studie macht deutlich, dass ökonomische und kulturelle Effekte nicht nur kurzfristig zu betrachten sind. Das Ergebnis der Wissenschaftler, die das File Sharing primär unter Copyright-Aspekten betrachtet haben, wird nicht allen Verfechtern von Urheberrechten gefallen.

The research shows that the economic implications of file sharing for welfare in the Netherlands are strongly positive in the short and long terms. File sharing provides consumers with access to a broad range of cultural products, which typically raises welfare. Conversely, the practice is believed to result in a decline in sales of CDs, DVDs and games. Seite 3

So stehen 200 Millionen Euro “Wohlfahrtsgewinne” einem geschätzten Gewinn von 100 Millionen Euro der Musikindustrie gegenüber. Die Vorwürfe der Musikindustrie sind wohl jetzt eindeutig entlarvt als “aus der Luft gegriffen”. Eher versuchte man damit Zeit zu gewinnen, um eine verfehlte Firmenpolitik zu verschleiern.

The industry’s defensive strategy has not succeeded in stemming the swelling tide of music sharing and has failed to come up with an early answer to today’s new digital reality. Seite 5

Auch in Zukunft werden die Musikfirmen nicht mehr allein mit dem Verkauf von Musik überleben können. Neue Geschäftsmodelle sind hier in Entwicklung.

In der Filmindustrie sind konstante Einnahmen zu verzeichnen. Kino-Besuche und DVD-Verkäufe nehmen zu, aber andere Marktbereiche wie der DVD-Verleih nehmen ab. File Sharing ist hier weniger zu verzeichnen, da viele einen Film einmal ansehen.

Auch bei Games sind keine negativen Effekte des File Sharing zu verzeichnen. Hier ist noch ein großes Wachstum zu verzeichnen.

The specific platform-restricted hardware-software-content marriage makes the official game release so attractive – compared with a music CD – that this industry might well be able to better prevent or sidestep the file sharing that besets the music business. The hardware-software-content combine also gives large producers and distributors in the industry more scope to ensure profitable operations. Seite 5

Die Einbrüche der Musikindustrie liegen vielleicht auch darin begründet, dass ein Großteil der Jugendlichen ihr Geld, das sie nur einmal verteilen können, lieber in Filme und Games investieren.

Eine deutliche Erkenntnis ist:

Yet we now know that the music industry’s initial defensive strategy of legal measures and DRM protection has not succeeded in stemming the swelling tide of music sharing and that the industry has failed to come up with an early answer to today’s new digital reality. And so it has seen other players, such as Apple, claim key market positions in marketing and delivering digital music files. Seite 116

Die Autoren wenden sich gegen eine Verschärfung des Urheberrechtes. Die rechtliche Situation in den Niederlanden stellt sich anders als in Deutschland dar:

Downloading copyrighted content from file-sharing networks, websites and other sources for one’s own use is permitted by law in the Netherlands. Games – being computer programs – are an exception as they enjoy wider protection. Seite 117

Derzeitige Entwicklungen in Europa, den Endnutzer zu kriminalisieren, kritisieren sie stark. Gerade Rolle von Zwischenakteuren wie Internetprovider, Serviceanbieter, die bei P2P-Vorgängen zwangsweise beteiligt sind, werden in der europäischen Debatte immer stärker diskutiert. Sie sollen herangezogen werden, um sowohl diejenigen ausfindig zu machen, die unauthorisierte Inhalte anbieten, als auch um dann entsprechende Maßnahmen gegen diese zu ergreifen.

Die Autoren sehen hier bereits ausreichende Möglichkeiten im Gesetz verankert, um gegen entsprechende Urheberrechtsverletzungen vorzugehen.

The law provides right holders with a range of enforcement measures, in particular with respect to unauthorised uploading on a commercial and large scale – preferably in line with, or after new business models have been developed, thus creating real alternatives. In the case of civil enforcement against large-scale uploaders, right holders and other parties in the distribution chain could join forces. This should not, however, be undertaken at the expense of the basic principles of justice such as proportionality, legal certainty and the protection of fundamental rights and procedural justice. Criminal enforcement should serve only as an ultimate remedy – which is in keeping with current government policy in the Netherlands. S. 117 – 118

Ihre Forderungen sind unter anderem:
Innovation in the music industry – Die Musikindustrie sollte neue Geschäftsmodelle entwickeln und differenziertere Vertriebsmöglichkeiten bereitstellen.

A strategy that focuses solely on law suits and DRM is not the best response, in particular as it remains to be seen whether a fully authorised, paid-for downloading market would generate sufficient revenues to revive the music industry. Seite 121

Don’t ‘criminalise’ individual end users – educate them
File Sharing und P2P-Networks sind Innovationsmotoren gewesen. Es wäre dumm, Nutzer zu kriminalisieren, nur weil die Inhalte aus einer illegalen Quelle kommen oder sie auf Grundlage von Peert-to-Peer weitergegeben werden.

said, the provision of information and education is still
vital, if only because research has shown that there is still much uncertainty among both users and suppliers about what is – and is not – permitted. We also saw that many consumers are ill-informed about the techniques used and unaware of the fact that they are often downloading and uploading at the same time. A better awareness of what is and is not lawful is also important in relation to the acceptance of new business models.
There is a role to play here for government – and for the industry itself. Seite 122-123

Enforcement – Bevor es zu einer zwanghaften Durchsetzung von Rechten oder der Verschärfung von Gesetzen kommt, muss die Industrie in Vorleistung gehen und passende Alternativen zum Filesharing anbieten. Außerdem reichen die vorhandenen Gesetze aus.

Criminal enforcement should serve only as an ultimate remedy – which is in keeping with current government policy in the Netherlands. S. 123

Monitoring and research
Die Autoren sehen einen weiterhin bestehenden Bedarf an Beobachtung und Forschung. Zukünftig werden nicht nur die Musik-, Film- und Spieleindustrie vom Feilsharing betroffen sein, sondern auch TV-Sender und E-Books.

Die Studie bezieht sich zwar in vielen Punkten auf den spezifisch niederländischen Rechtsbereich, aber grundlegende Erkenntnisse lassen sich sicherlich auch für Deutschland verallgemeinern.

Quellen:
Huygen, Annelies et al.: Ups and downs : Economic and cultural effects of file sharing on music, film and games:engl: des IVIR
Keller, Paul: Ups and Downs: File-Sharing ist gut für die Ökonomie via Netzpolitik.de

Neuseeland denkt nach

Die neuseeländische Regierung verschiebt ihr umstrittenes Urheberrechtsgesetz, welches ursprünglich am kommenden Samstag in Kraft treten sollte. Umstritten ist der Section 92A:engl: des Copyright Amendment Acts. Damit sollen Internet-Provider gezwungen werden, die Anschlüsse ihrer Kunden zu kündigen, wenn diese nachweislich und wiederholt gegen das Copyright verstoßen haben. Die Verschiebung ist eine Gnadenfrist für die Provider, die sich nun bis zum 27. März auf eine Richtlinie zur Umsetzung dieser Regel verständigen sollen. Sollte es zu keiner Einigung kommen, wird dieser Abschnitt gestrichen.

“Section 92A” ist von Verbraucherschützern kritisiert worden. Diese meldeten juristische Bedenken an, da so der Grundsatz der Unschuldsvermutung missachtet würde.

Auch den Providern gefällt das Gesetz nicht: Sie sollen in Zukunft haften, wenn sie es versäumen, Seiten mit raubkopierten Inhalten nach Hinweis umgehend aus dem Netz zu nehmen.

Abschnitt 92A wird auch vom neuseeländischen Telko-Verband TCF:engl: als fehlerhaft eingestuft. Der Verband arbeitet aber weiter an dieser Richtlinie:engl: .

Besonders gut sichtbar ist die Internet-Blackout-Kampagne der Organisation Creative Freedom:engl: , die Banner und auch einen Protestsong:engl: bereitstellt.

Quelle
Neuseeland verschiebt umstrittenes Copyright-Gesetz via heise online

Google Books ist auf der Suche

Die us-amerikanische Anwaltskanzelei Boni & Zack LLC:engl: ruft Rechteinhaber weltweit auf, ihre Ansprüche gegenber Google anzumelden.

Die Aufforderung beruht auf dem Google-Abkommen1 vom Okober mit den Verlagen. Die us-amerikanischen Rechteinhaber und Google einigten sich darüber, dass die ersteren für die Nutzung der Bücher durch Google finanziell beteiligt werden. Google hingegen darf die Bücher einscannen, in den USA online auch mit Werbeeinblendungen verfügbarmachen und gegen Geld zugänglich machen oder Abonnements mit akademischen und öffentlichen Institutionen abschließen.

“The settlement is a tremendous win for authors,” says Michael J. Boni.
[…]
“This historic agreement will breathe new commercial life into out-of-print books and provide other significant benefits to authors,” says Joanne Zack.

Boni & Zack, die maßgeblich am Zustandekommen dieser Einigung beteiligt waren schreiben dazu auf ihrer Website:engl: :

Holders worldwide of U.S. copyrights can register their works with the Book Rights Registry and receive compensation from institutional subscriptions, book sales, ad revenues and other possible revenue models, as well as a cash payment if their works have already been digitized.

Diese Möglichkeit sollten die Autoren wahrnehmen, deren urheberrechtlich geschützte Werken vor dem 06.01.2009 veröffentlicht wurden. Auch die Verleger von Büchern und Zeitschriften können ihre Rechte geltend machen.

Die Rechtsansprüche müssen bis zum 5. Januar 2010 gemeldet werden, entweder per Brief oder über die dafür eingerichtete Website Googlesettlement.com2. Wichtig zu beachten ist die Widerspruchsfrist. Bis zum 05.05.09 muss der Widerspruch gegen die Onlinenutzung ihrer Werke eingereicht werden.

Auf die in diesem Register verzeichneten Autoren und Verleger werden 63 Prozent der von Google aus der Onlinenutzung ihrer Werke erzielten Einnahmen pauschal verteilt. Google nutzt dies auch als Werbung für Google Books. Nach Meinung des Unternehmens werden vor allem Autoren von vergriffenen Büchern durch das Onlineprogramm profitieren. Google Books biete ihnen die Möglichkeit, mit ihren Inhalten noch einmal Geld zu verdienen.

Diese Vereinbarung gilt so nur in den USA und wird erst am 11. Juni 2009 rechtskräftig. In Deutschland gibt es heftige Kritik an diesem Abkommen.

Quelle:
US-Kanzlei sucht nach Rechteinhabern für Google Books via golem.de

  1. Kurzfassung des Abkommens auf Deutsch []
  2. Die Seite wird in Deutscher Übersetzung angeboten. []

Chinas Kampf gegen Raubkopien

Die WTO:engl: hat ihren Schiedsspruch:engl: zu einer Beschwerde der USA aufgrund mangelndem Vorgehens Chinas gegen Urheberrechtsverletzungen und Produktpiraterie veröffentlicht.
Im Ergebnis rügte die WTO Pekings Praxis, “anstößigen” und “unmoralischen” Werken das Copyright vorzuenthalten und somit nicht den Verpflichtungen der TRIPS-Vereinbarung nachzukommen. Zensurmaßnahmen gegenüber diesen Veröffentlichungen sind okay, aber generell dürfe die chinesische Regierung ihnen den Urheberrechtsschutz nicht vorenthalten.

Die Strafvorschriften für Urheberrechtsverletzungen müssen nicht verschärft werden. Durch die USA wurden v.a. die hohen Grenzwerte des chinesischen Strafrechts für die Verfolgung von Urheberrechtsvergehen bemängelt.

Die Limits liegen bei 500 Raubkopien oder gefälschten Waren im Wert von über 7000 US-Dollar. Selbst Großhändler könnten so mit Fälschungen handeln und sich vor Strafverfolgung sicher wähnen, beklagte Washington. Den WTO-Schiedsrichtern reichte die Grenze aber aus.

Die Möglichkeiten zur Durschsetzung von Urheberrechten in China und der Umgang mit beschlagnahmter Ware ist im ganzen ist laut WTO relativ gut vereinbar mit internationalen Verträgen. Erlaubt bleibt weiterhin die Weitergabe von Fälschungen nach Entfernung vermeintlicher Markenzeichen ans Rote Kreuz oder das Angebot dieser Ware an Rechteinhaber und auch eine Versteigerung. Eine Zerstörung, wie das von den USA gefordert wurde, muss nicht die alleinige Vorschrift sein.

Trotz dieses gemischten Ergebnisses spricht der amtierende Handelsbeauftragte der US-Regierung, Peter Allgeier, von einem positiven Ergebnis.

Washington werde sich nun mit Nachdruck dafür einsetzen, dass China bald Korrekturmaßnahmen im Interesse der US-Rechteinhaber durchführe. Zugleich kritisierte Allgeier, dass gefälschte Waren ohne Label wieder dem Markt zugeführt werden dürften. Dies könne Verbraucher “verwirren” und dem Image der Markenhersteller schaden.

Weniger positiv sieht das der kanadische Rechtsprofessor Michael Geist. Er interpretiert den Schiedspruch der WTO größtenteils als “schwere Schlappe” für die USA und die unterstützenden Länder wie Kanada.

Dies könnte sich auch auf die geheimen Verhandlungen um das umstrittene Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) auswirken. Das geplante Anti-Piraterie-Abkommen beruhe schließlich auf der Annahme führender Industriestaaten, dass die rechtlichen Regelungen zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern und zur Grenzbeschlagnahme gefälschter Waren in vielen Ländern zu lasch seien und diese daher über internationale Zusatzvereinbarungen verschärft werden müssten.

Quelle:
Krempl, Stefan: WTO erteilt Chinas Kampf gegen Raubkopien größtenteils den Segen via heise online

Tauschbörsenfehlalarm

Die amerikanischen Verbände der Musik- und Filmindustrie RIAA (Recording Industry Association of America) und MPAA (Motion Picture Association of America) haben lange Zeit Tauschbörsen für die Verluste der Musik- und Filmindustrie durch Musik- und Videotauschbörsen schuldig gesprochen. Dies führte dazu, dass tausende Jugendliche zu Kriminellen gestempelt worden sind, teure Prozesse angestrengt wurden, die dann doch im Sande verliefen und letztendlich eigene Gewinne verschlafen worden, weil man sich nicht auf die Möglichkeiten dieser neuen Technologie einließ.

Jeder illegale Download stellt einen entgangenen Verkauf dar, wenn es nach der Argumentation der Recording Industry Association of America (RIAA) geht.

Die Argumentation der Verbände wurde unterstützt durch die Verurteilung des Ex-Administrators von Elite Torrents, Daniel Dove, wegen Konspiration und schwerer Urheberrechtsverletzung. Dove wurde von einer Jury für 18 Monate ins Gefängnis geschickt.

In einem 16-seitigen Papier unterstreicht nun der Bezirksrichter James P. Jones aus dem westlichen Virginia, dass die Argumentationsweise von RIAA und MPAA nicht haltbar sei. Es sei ein Grundprinzip der Betriebswirtschaft, dass die Nachfrage sinke, wenn der Preis steige.

Der Richter zweifelt damit an, dass für die eigentlichen Produkte bei den bestehenden Preisen überhaupt eine Nachfrage bestanden hätte, d.h. dass die Produkte für den ansonsten verlangten Preis überhaupt gekauft worden wären.

Quellen:
‘Files shared don’t equal sales lost,’ judge rules:engl: via p2pnet
RIAA’s “download equals lost sale” theory rejected by federal court in Virginia; restitution motion denied in USA v. Dove:engl: via Recording Industry vs The People
“Tauschbörsen nicht für Verluste verantwortlich” via heise online
Schadenstheorie der RIAA vor Gericht abgelehnt via gulli.com

Das wird teuer für US-amerikanische Hochschulen

Da hat die US-Unterhaltungsindustrie-Lobby in den USA wohl einen großen Sieg gefeiert. Anfang 2008 scheiterte der 2007 unternommene Vorstoß, die Vergabe bundesstaatlicher Fördermittel an ein aktives Vorgehen der Hochschulen gegen illegale Downloads und illegales P2P-Filesharing zu knüpfen. Die Verpflichtung der Hochschulen, sollten ihre entsprechenden Aktivitäten nachweisen und ihre Studenten regelmäßig über Urheberrechtsverletzungen im Internet belehren. Die in diesem Vorstoß enthaltenen Bestimmungen wurden kurz vor der Verabschiedung des Higher Education Act Anfang des Jahres aus dem Gesetzesentwurf gestrichen.

Aus diesem Grund ging man einen Schritt zurück und konzentriert sich nun auf die einzelnen Bundesstaaten. Dass ihre Rechnung aufzugehen droht, zeigt ihr erster Erfolg beim Gouverneur von Tennessee. Dieser unterzeichnete in der vergangenen Woche ein Gesetz, nach dem alle Hochschulen und Universitäten verpflichtet sind, gegen Urheberrechtsverletzungen in ihren Netzwerken aktiv vorzugehen.

Im Gesetz heißt es dazu: “Jede öffentliche und private höhere Bildungseinrichtung, die permanent ein Computernetzwerk betreibt, muss… angemessene Maßnahmen ergreifen, um die Verletzung der Urheberrechte an geschützten Werken über die Computer und Netzwerke der Einrichtung zu verhindern, wenn sie 50 oder mehr im Sinne des Digital Millennium Copyright Act von 1998 rechtsgültige Hinweise auf Verletzungshandlungen im vorangegangenen Jahr erhalten hat.”

Ergänzend müssen die Bildungseinrichtungen Nutzungsrichtlinien für die Computer- und Netwerknutzung erlassen, die Urheberrechtsverletzungen untersagen und Hinweise auf die bundsrechtlichen Strafbestimmungen enthalten. Bis zum 1.4.2009 müssen die Einrichtungen Nachweise zu ihrem Vorgehen vorlegen.

Abschreckend wirkte nicht einmal die Kostenabschätzung für die im Gesetz vorgeschriebenen Maßnahmen. Allein die Implementierung würde ca. 9,5 Millionen US-Dollar anfallen. Allerdings kommen im Haushaltsjahr 2008/2009 weitere 1,65 Millionen und im Haushaltsjahr 2009/2010 nochmal fast 2 Millionen Dollar für die notwendigen technischen Maßnahmen und die Wartung hinzu.

Ob dafür im Bildungsetat zusätzliche Mittel bereitgestellt werden oder ob die Mittel aus dem vorhandenen Etat genommen werden müssen, ist nicht bekannt.

Dieses Gesetz kriminalisiert die Studenten pauschal. Robert A. Gehring berichtet in seinem Artikel beispielhaft von einer Studie der US-Unterhaltungsindustrie aus dem Jahr 2005, wonach die Hochschulen im Lande regelmäßig “Hochburgen der Piraterie sind”.

In einer Studie ließ die Filmindustrie […] ermitteln, dass 44 Prozent der Einnahmeverluste von Studenten verursacht würden. Nach Kritik an den Zahlen musste die mit der Durchführung der Studie beauftrage Firma LEK jedoch einräumen, versehentlich eine falsche Zahl präsentiert zu haben. Tatsächlich gingen nur 15 Prozent der Einnahmeverluste auf das Konto der Studenten.

Quelle: Gehring, Robert A.: Hochschulen in Tennessee müssen Urheberrecht schützen via golem.de

Filesharing-Prozess endet mit Vergleich

Die US-Musikindustrie hat zahlreiche Verfahren wegen der Verteilung urheberrechtlich geschützter Titel über Filesharingnetze angestrengt. Die Beklagte Tenise Barker hat sich in ihrem Prozess nach drei Jahren Laufzeit auf einen Vergleich eingelassen.

Barker, die zuvor die Verbreitung der in der Klage aufgeführten acht Musikstücke eingeräumt hatte, wird der Recording Industry Association of America (RIAA):engl: Schadensersatz in Höhe von 6050 US-Dollar (4130 Euro) in Raten zahlen und eine Unterlassungserklärung abgeben.

Interessant war der Baker-RIAA-Prozess auch daher, da im Laufe des Verfahrens Kernfragen der gesamten Klagekampagne angesprochen und zum Teil erstmals richterlich bewertet worden. Hier wurde mit zum ersten Mal die Grundthese der RIAA-Klagen diskutiert und schließlich auch richterlich überprüft

Die US-Musikindustrie geht in ihren Klagen davon aus, dass die Bereithaltung von Songs im Shared-Ordner eines Kazaa-Clients alleine schon eine Urheberrechtsverletzung darstelle.

Bakers Antwalt Beckerman agrumentierte dagegen mit dem Gesetzestext, nach dem laut US-Copyright ein Nachweis einer tatsächlichen Verbreitung des Materials erforderlich sei.

Im Grunde sah auch der zuständige Richter Kenneth Karas gesehen dies so. Danach sei ist die Theorie der RIAA-Anwälte konturlos und nicht tragfähig. Allerdings hatte der Richter die Klage nicht abgewiesen.

Stattdessen brachte Karas den Begriff der “Veröffentlichung” ins Spiel und verschaffte der RIAA damit einen wichtigen Etappensieg.

Die genauen Motive der Klägerin für die Zustimmung zum Vergleich sind umbekannt. Möglich sind neben Rückschlägen im Prozess, wie eine abgelehnte Neubewertung den Falls und die weiteren Kosten für Baker bei einem Fortgang des Verfahrens sind sicherlich Gründe.

Ein Prozess in einer noch nicht durch Präzedenzfälle abgesicherten Angelegenheit birgt zudem das Risiko weiterer Rückschläge. Barker räumte die Vorwürfe zum Schluss weitgehend ein und einigte sich auf den Vergleich.

Ungeklärt bleibt, ob die Höhe des möglichen Schadensersatzes ab 750 US-Dollar pro Verstoß bei Songs, die unter einen Dollar kosten, nicht völlig ungerechtfertigt ist. Fraglich ist außerdem, ob überhaupt für jeden einzelnen Song und nicht nur einmal Schadensersatz fällig sei. Diese Fragen müssen nun in einem anderen Fall geklärt werden.

Quelle:
Filesharing-Verfahren endet mit Vergleich via heise online

Freie Lizenzen gestärkt

Es ist eine Urheberrechtsverletzung, wenn gegen die Bedingungen freier Lizenzen verstoßen wird. Dies entschied der “IP”-Gerichtshof, d.h. United States Court of Appeals for the Federal Circuit (CAFC). Dieser Gerichtshof ist die US-Bundesinstanz in Fragen des geistigen Eigentums.
Der Rechtsprofessor und Gründer der Non-Profit-Organisation Creative Commons:engl: Lawrence Lessig schreibt in seinem Blog:engl:

I am very proud to report today that the Court of Appeals for the Federal Circuit (THE “IP” court in the US) has upheld a free (ok, they call them “open source”) copyright license, explicitly pointing to the work of Creative Commons and others.

Lessig schätzt dies als eine entscheidende Stärkung freier Software-Lizenzen wie die GNU General Public License (GPL) oder CC ein.

In non-technical terms, the Court has held that free licenses such as the CC licenses set conditions (rather than covenants) on the use of copyrighted work. When you violate the condition, the license disappears, meaning you’re simply a copyright infringer.

Das Urteil des CAFC bezieht sich auf den Rechtsstreit zwischen dem kalifornischen Prof. R. Jacobsen und dem Unternehmen von Matthew Katzer. Der Professor hatte ein Freies Programm zur Steuerung von Modelleisenbahnen mit der offenen “Artistic License” veröffentlicht. Dessen Quellcode nutzte Katzer ohne die erforderliche Nennung Jacobsens kommerziell.

Ein Bezirksgericht hatte darin nur einen Vertragsbruch geortet und gegen Jacobsen geurteilt. Die Bundesinstanz hat diese Entscheidung aber aufgehoben, denn sie sieht im Verstoß gegen die Anforderungen einer freien Lizenz sehr wohl eine Copyright-Verletzung. Frei verfügbar gemachte Software kann also entsprechend rechtlich geschützt werden.

DAas CAFC erwähnt in der Urteilsbegründung auch ausdrücklich die Verwendung von CC-Lizenzen der GPL bei Linux. Creative Commons beurteilt dies wie folgt:

The Court held that free licenses such as the CC licenses set conditions (rather than covenants) on the use of copyrighted work. As a result, licensors using public licenses are able to seek injunctive relief for alleged copyright infringement, rather than being limited to traditional contract remedies.

Deutschlands Gerichte hätten in diesem Fall wohl vermutlich ähnlich geurteilt, da speziell die GPL bereits mehrfach durch Gerichtsurteile gestärkt worden ist.

  • Mai 2004, Landgericht München: in seiner Urteilsbegründung Wertung die Missachtung von GPL-Bedingungen durch einen Beklagten als Urheberrechtsverletzung
  • September 2006, Landgericht Frankfurt am Main: Bestätigung der Gültigkeit der GPL in Deutschland
  • 2007, Landgericht München: Urteil gegen den VoIP-Anbieter Skype aufgrund eines GPL-Verstoßes

Quellen:
huge and important news: free licenses upheld:engl: Blog von Lawrence Lessig
Rowe, Brian: THE “IP” Court Supports Enforceability of CC Licenses:engl: Meldung bei Creative Commons.org
US-Urteil stärkt Open-Source-Lizenen bei derStandard.at

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