Ein deutliches Signal gegen Digital Rights Management (DRM)?

“100 französiche Verlagen sagen NEIN zu DRM” – was für ein Signal. Über 100 französische Verlage hören einfach auf, DRM zu nutzen. Diese Verlage vertreiben derzeit 21.478 der erhältlichen E-Books, was etwa die Hälfte aller französischen E-Books ausmacht. Klingt super. Ist Augenwischerei. Sie verzichten einzig auf den harten, restriktiven Kopierschutz (Digital Rights Enforcement, DRE). Nur 7.823 Bücher werden komplett ohne jeglichen DRM-Schutz verkauft. Für die anderen 13655 E-Books verwenden die Verleger trotztdem weiterhin Wasserzeichen und andere “social” DRM-Maßnahmen, wodurch sie aber die Nutzung ihrer E-Books auf Geräten, die mit Adobe funktionieren oder auf Kindle-Readern erschweren. (Hier an dieser Stelle ist mir leider ein Verständnisfehler unterlaufen. Bitte lesen Sie dazu auch den zweiten Kommentar.)

Auf jeden Fall bemerkenswert ist die Aktion jedoch, weil sich die Verlage auf einen gemeinsamen Nenner geeinigt haben und so den Marktführern im DRE-E-Book-Geschäft den passiven Kampf ansagen. Es ist aber auch ein Werben um das Vertrauen der Nutzer. Und viele Verlage haben bisher kein DRE eingesetzt oder scheuten bisher die Kosten dafür.

Dennoch wäre es wünschenswert, wenn auch deutsche Verleger ein deutliches Signal gegen die DRE-Bevormundung setzen würden. Für viele Käufer von E-Books wäre dies ähnlich wie bei der Musik ein postives, vertrauenserweckendes Werbesignal

Quelle:
DRM: 100 éditeurs disent non, Aldus-depius 2006, 16.02.2011 (mit Auflistung der Verlage)
Hoffelder, Nate: 100 French Publishers Say No To DRM, ebook newser, 18.02.2011

DRM für E-Books – Risiken und Nebenwirkungen des elektronischen Lesens

Unser Alltag wird zunehmend von Digitalen Gütern beherrscht, die uns zumeist per Download erreichen, wozu eben auch Software, Musikdateien und E-Books gehören. Doch man muss sich an der Stelle bewusst machen, dass man mit dem Download in der Regel auch einen Vertrag abschließt. Häufig jedoch sind die Regeln, die durch die Allgemeinen Geschäftsbedingen (AGB) der Inhalte-Anbieter aufgestellt werden, anders als die gewohnten für materielle Ware. iRights.info versucht die Online-Nutzer solcher Medien über die Veränderungen in Sachen Recht auf allgemeinverständliche Art zu informieren. Aber auch der kreative Prozess und seine rechtlichen Aspekte werden beachtet, u.a. im von Matthias Spielkamp und seinen Kollegen herausgegebenen P-/E-Book “Urheberrecht im Alltag: Kopieren, bearbeiten, selber machen” (2008), das ist persönlich auch heute noch als Einstieg in die Materie nur empfehlen kann.
E-Book-News hat mit Matthias Spielkamp über Kopierschutz und Digital Rights Management (DRM) in bezug auf das Lesen elektronischer Bücher.

Kopierschutz, DRM und Wasserzeichen

Interview mit Matthias Steinkamp, Teil 1 des Video bei YouTube
Kopierschutz selbst ist ein rotes Tuch bei den Lesern. Eigentlich müsste jeder Autor, der auf Kopierschutz setzt fürchten, dass ihm seine Leser das negativ auslegen. So gesehen haben in den seltensten Fällen die Autoren ein Interesse an
einem technischen Kopierschutz, sondern es sind die Firmen. Der Autor möchte seine Rechte durchsetzen, aber dies in dem bereits bestehenden rechtlichen Rahmen. Meist sind sie jedoch an ihre Verträge gebunden. Dabei Die Verlage gehen mit dem Einsatz von DRM viel weiter als Kopierschutz. Sie können sehr viel detaillierter Rechte abbilden. So kann heute bereits festgelegt werden, auf welchen Geräten die Dateien genutzt und wie oft sie kopiert werden dürfen. Dabei hebeln sie unter Umständen auch bestehende Gesetzesausnahmen aus. So können auch gemeinfreie Texte, die als E-Book angeboten werden, plötzlich nicht mehr ausgedruckt werden. Das Ganze wird technisch unterbunden und gehen eindeutig zu weit. Hier melden sich auch immer wieder Verbraucherschützer zu Wort. “Ausnahmen” wie die Möglichkeit, Auszüge im Rahmen der urheberrechtlichen Schranken zu kopieren, technisch umzusetzen, ist zum Teil jedoch noch gar nicht möglich.

Außerdem ist es technisch betrachtet nahezu unmöglich, mit DRM eine 100prozentige Kontrolle zu erlangen, aber die Nutzbarkeit wird erschwert. Für 90 Prozent wird ein Umgehen des DRM-Schutzes unmöglich sein, aber es wird immer Leute geben, die sich einen Sport daraus machen werden, diesen Schutz zu knacken und dafür ein Programm zu erstellen, welches es anderen, weniger technisch versierten Menschen einfach macht, eine Kontrolle über die Dateien wiederzuerlangen.

Das Digitale Wasserzeichen ist vielleicht eine Alternative, aber bei E-Books kennt Spielkamp noch keine prominenten Beispiele, wenn es sich bei Hörbüchern aber auch bereits bewährt hat. Er hat Zweifel an einem wirklichen Erfolg, aber erkennt auch den Vorteil an, dass das Wasserzeichen dem Digital Rights Enforcement (hartes DRM) insoweit überlegen ist, dass keine Geräte-/Plattformabhängigkeit geschaffen wird. Die Wasserzeichen ermöglichen dabei zwar ein Zurückverfolgen der Dateien zum Besitzer, aber dann folgen Beweisschwierigkeiten. Kann man dem Besitzer nachweisen, dass er persönlich bewußt oder stark fahrlässig gehandelt hat, so dass die Dateien in einer Tauschbörse auftauchen konnten. Man kann sicherlich den schwachen Punkt finden, aber man kann ihm eine rechtliches Vergehen damit noch nicht nachweisen. Was passiert mit der Nachweispflicht, wenn die Dateien mit einem mobilien Endgerät verloren gehen und dann in einer Tauschbörse auftauchen? Hier fehlen Erfahrungswerte und Rechtssicherheit.

Umgehen eines technischen Kopierschutzes, Beschränkung der Nutzungsdauer, Erschöpfungsgrundsatz

Interview mit Matthias Steinkamp, Teil 2 des Video bei YouTube
Alles was technisch getan wird, um Dateien urheberrechtlich zu schützen, darf auch für den privaten Gebrauch nicht umgangen werden. Dies ist urheberrechtlich verboten. Ein wirksamer technischer Kopierschutz darf nicht durch irgendein anderes Programm umgangen werden. Bei Musik-CDs ist das häufig ohne große Probleme möglich. Ich lege die CD ein, starte beispielsweise den MediaPlayer und wandle die Dateien der CD in MP3s um, ohne dabei etwas vom Kopierschutz zu merken. In diesem Fall ist der “Kopierschutz” technisch wirksam. Bei einem E-Book wird das momentan eher unwahrscheinlich sein, d.h. ich werde dafür ein spezielles Programm benötigen. Dies bedeutet wiederum, dass der technische Kopierschutz wirksam ist und somit nicht umgangen werden darf.

Es werden wohl zunehmend Angebote auf den Markt kommen, bei denen die Nutzungsdauer beschränkt wird. Wenn E-Books dabei für den gleichen Preis wie ein gedrucktes Buch verkauft werden, wird wohl kein Gericht der Welt eine solche Beschränkung als rechtmäßig ansehen. Problematisch wird es in dem Augenblick, wenn die Nutzungsdauer nach 5 Jahren, 10 Jahren, 30 Jahren endet (wenn technisch gesehen das Format noch funktioniert), muss man sich oder die verklagte Firma erstmal an die entsprechenden Geschäftsbedingungen von damals erinnern und in der heute sehr schnelllebigen Zeit existiert die Firma unter Umständen gar nicht mehr. Auch hier sind noch Unmengen ungelöster rechtlicher Probleme zu bewältigen.

Auch der Weiterverkauf von E-Books ist ein Problem. Unter den Bedingungen der Lizenzierung ist ein Weiterverkauf des E-Books nicht erlaubt. Der Erschöpfungsgrundsatz, der im Urheberrecht verankert ist und der besagt, dass ein Verlag bestimmen kann, dass sein Buch nicht weiter vervielfältigt werden darf, aber er darf nicht verbieten, dass das Buch weiterverkauft, verschenkt oder zerstört wird. Für digitale Bücher ist dies nicht gegeben. Hier fällt hoffentlich bald eine rechtliche Entscheidung.

Stellen sie sich vor, sie kaufen sich eine Bibliothek aus E-Books zusammen, die ist dann vielleicht mehrere tausend Euro wert. Und die dürfen Sie nicht verkaufen? Also noch nicht mal zum Zeitwert, noch nicht mal für einen Euro, den man auf dem Flohmarkt dafür bekommen würde? Das ist eigentlich schwer vorstellbar.

Dieser Erschöpfungsgrundsatz ist noch nichtmal für Dateien auf gekauften Datenträgern geklärt. Der Streit um den Verkauf von Gebrauchtspielen läuft auch bereits seit Jahren. Für Dateien, die rein immateriell erworben wurden, wird eine Entscheidung wohl noch viel schwerer fallen.

Was bleibt: Es gibt viel rechtliche Unsicherheit, weil uns rechtliche und technische Erfahrungenswerte fehlen. Als Nutzer kann man sich nur vorsichtig bewegen, gegen ungerechtfertigte (technische) Einschränkungen klagen oder wenn möglich, ganz auf den Erwerb drm-geschützter Daten verzichten.

Quelle:
Warner, Ansgar: “Urheber wollen niemanden verprellen”: irights-Experte Matthias Spielkamp im Gespräch über DRM&Kopierschutz, e-book-news.de

Panzerung oder Mückennetz – Die DRM-Gretchenfrage von Matthias Ulmer

Die Ankündigung von libreka! in Zukunft auch hartes DRM anbieten zu können, hat wieder einmal die üblichen Milchtöpfe zum Überschäumen gebracht. Warum nur?

Warum sollten sich die Nutzer, die Leser, diejenigen, die damit arbeiten, nicht darüber aufregen? Warum sollen Menschen, die über ihren Tellerrand hinausschauen und gesehen haben, wie DRM gescheitert ist, nicht mit dem Kopf schütteln? Warum soll man nicht nach dem Geld fragen, dass da zum Fenster hinausgepulvert wird?

Ganz nüchtern betrachtet ist es doch ein Vorteil, wenn es bei DRM ein “mit” und ein “ohne” gibt. Dass also der, der “mit” DRM sein möchte “mit” sein kann, und der, der “ohne” sein möchte, “ohne”.

Das ist sicherlich von Vorteil für die Mutigen, die es wagen, sich ohne harte Panzerung den Mücken stellen. Die Panzerung wirkt ja oft abschreckend und ein Fliegengitter, z.B. in Form von forensischem DRM (personalisierte Wasserzeichen), hat auch einen schützenden Effekt. Es ist nur manchmal komfortabler. Eine Rüstung ist schwer, teuer und unflexibel. So ein Netzt stört wesentlich weniger, wenn das Ganze mal aus der Mode gekommen ist.
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