Endlich Teenie

Oh je, da haben wir unseren eigenen Geburtstag am Sonntag verpasst. Dabei war das ja so ein wichtiger Geburtstag. Vor 13 Jahren ist dieses Blog entstanden, damals noch Chaoslinie auf einer Plattform, die kein Kommentieren zuließ und damit auf Dauer keine Lösung war. Irre, wie die Zeit vergangen ist und verrückt, wie sich das Blog gewandelt hat und doch immer das Blog geblieben ist, dass unter dem Motto „Bibliothekarisch – die berufliche Tätigkeit eines/er Bibliothekars/in betreffend.“ versucht, Themen zu finden.
Es ist ruhiger geworden. Wolfgang hat einen anderen Beruf gewählt, als Bibliothekar zu werden. Ich bin in der Zwischenzeit durch halb Deutschland gezogen und doch gibt es trotz höherem Arbeitsaufkommen das Blog irgendwie immer noch. Für manche Beiträge hier habe ich sogar Urlaub in meinen Jahresrhythmus eingeplant.

An dieser Stelle auch liebe Grüße an Netbib, das ebenfalls gestern Geburtstag hatte, uns aber doch ein paar Jahre voraus ist. Dieses feierte seinen letzten Teenie-Geburtstag und wird im nächsten Jahr schon zum Twen.

Herzlichen Dank an alle, die uns in den letzten Jahren die Treue gehalten, uns mit Feedback unterstützt haben und die immer wieder hier vorbeischauen. Danke aber auch allen, die hier ab und zu bei uns vorbeigeschaut haben und vielleicht die ein oder andere Perle für sich entdecken konnten. Dankeschön auch an alle Autoren, die für eine gewisse Zeit oder auch einen einzelnen Beitrag hier im Blog ihre Spuren hinterlassen haben.

Liebe Grüße
Dörte

[Adventskalender] 16.12.2019 – Adolf Kußmaul

Adolf Kußmaul (* 22. Februar 1822 in Graben bei Karlsruhe; † 28. Mai 1902 in Heidelberg) gemeinfrei seit 1973.

Weihnacht-Abend in Wien.

Adolf Kußmaul via Wikimedia Commons


Wir verabredeten uns mit einigen Bekannten, Dr. Julins Geinitz aus Altenburg, Dr. Friedrich Wieger aus Straßburg, u. A., den Weihnachtabend zusammen zuzubringen. — Geinitz, ein geschickter Chirurg, ließ sich bald nachher in seiner Vaterstadt nieder und hat dort mehr Blasensteinschnitte gemacht, als die meisten deutschen Chirurgen, denn nirgends in Deutschland kommen Blasensteine häufiger vor, als bei den Bauern des Herzogtums Sachsen-Altenburg1). Wieger ist 1876 mein Kollege an der neu errichteten Kaiser-Wilhelms-Universität in Straßburg geworden. — Als Ort unsrer Zusammenkunft bestimmten wir das Weinhaus des kaiserl. Hoflieferanten Leidenfrost in der Altstadt.

Ehe wir uns zu unsern Bekannten begaben, beschlossen Bronner und ich,unsre Hauswirtin aufzusuchen, eine artige Wienerin, die uns viele Gefälligkeiten erwiesen hatte, um sie zu fragen, womit wir ihrem Töchterchen, einem lieben Kinde von 6—7 Jahren, Freude machen könnten, wir wollten ihm ein Andenken unter den Christbaum legen. Sie empfing uns mit betrübter Miene, ihr Mann wolle nichts vom Christbaum und von Bescherung überhaupt wissen, er stamme aus dem Reich, aus der Gegend von Walldürn, war somit ein Landsmann von uns, und behaupte, bei ihm zu Hause würfen die Leute nicht so unnötig das Geld zum Fenster hinaus. Sie hätte ihrem Kinde eine Puppe, eine „Gretel“, bescheren wollen, er aber gebe es nicht zu.

Wir schämten uns des filzigen Landsmannes, gingen eilends fort und trieben, um die Ehre unsrer badischen Heimat zu retten, einen schönen Christbaum auf, kauften das nötige Zubehör und eine niedliche Puppe. Nachdem wir unsre Schätze heimgebracht, riefen wir die Mutter und baten sie, uns den Baum schmücken zu helfen. Mit zitternden Händen, Thränen in den Augen, stand sie uns bei, die Lichter wurden angezündet und geklingelt. Das Kind kam schüchtern herein, zuerst sprachlos vor Staunen über den leuchtenden Baum, als wir ihr aber die Puppe zeigten, die ihr beschert war, stürzte sie darauf zu und drückte sie fest an ihre Brust mit dem Schrei: „a Gretel! a Gretel!“ Der Alte war hinter ihr hereingekommen und lachte mit dem ganzen breiten Gesichte. Wir ermahnten ihn, sich zu bessern und in Zukunft weniger filzig zu sein.

Vergnügt, als hätten wir die schönste Bescherung in der Heimat mit den Unsrigen gefeiert, gingen wir zu unsern Bekannten und tranken „türkischen“ Wein, Negodiner aus Serbien, das damals noch zur Türkei gehörte; erst viele Jahre nachher habe ich diesen guten Wein wieder gekostet in Belgrad, das inzwischen Hauptstadt des Königreichs Serbien geworden war.

Quelle:

Kussmaul, Adolf: Jugenderinnerungen eines alten Arztes. — Stuttgart, 1899. S. 384385. Digitalisat: Heidelberger historische Bestände – digital, DOI: https://doi.org/10.11588/diglit.15258

  1. Vgl. I. Geinitz, Ueber die Steinkrankheit im Altenburgischen. Deutsche Klinik, 1858. []