Digital Natives und Google-Geborene

Die besorgten Eltern – immer hängen ihre Jugendlichen im Netz. Nun will diesen Pessimisten ein Buch erklären, wie die digitale Generation tickt. Macht den das Internet wirklich dumm?

Diesen Pessimisten stehen die bedingungslosen Optimisten gegenüber, die schon in jeder noch so kleinen technischen Entwicklung eine Revolution sehen. Sie sind mit ihren ewigen Gadgets nicht weniger nervig als die Kulturpessimisten.

An den Möglichkeiten, Problemen und Weiten des Internets scheiden sich noch immer die Geister, groß und klein, jung und alt. Die Internetskepsis ist mittlerweile so durchgegähnt, und: Sie ist oft eine Altersfrage.

Diese Form des Generationenkonflikts wächst und wächst und die Autoren John Palfrey und Urs Gasser versuchen sie mit ihrem Buch Generation Internet zu schließen. Sie versuchen das Verhalten der Google-Geborenen zu erklären.

Die Erkenntnisse der beiden Professoren stammen aus persönlichen Gesprächen und wissenschaftlichen Studien und einer insgesamt großen Quellenvielfalt. Ihr Buch widmet sich den grundlegenden Fragen zum Web 2.0: Identität, Sicherheit, Kreativität, Qualität, Gefahren. Es ist eine Annäherung an die Digital Natives, die ganz selbstverständlich zwischen online und offline hin und her springen.

Deren Leben gestaltet sich anders als das ihrer Eltern. Die Jugendlichen kaufen ihre Musik nicht im Plattenlanden sondern bei iTunes oder Musicload. Kontaktpflege passiert nicht telefonisch sondern über Facebook. Da dies eben nicht mehr “draußen, im prallen Leben” stattfindet, sondern im eigenen Zimmer vorm Bildschirm, ist dies alles “unsichtbar” für die Eltern.

Das soziale Leben der Jugend sei nicht deswegen tot, bloß umgezogen. Vom Café ins Virtuelle. Und dort, sagen die Autoren, gelten dieselben Verhaltensregeln.

Das chaotische Web besitzt Chancen für die Jugendlichen. Sie haben dort die Möglichkeit sich auszuprobieren und ihre Identität zu finden. Die Autoren sehen sogar einen Vorteil:

Das Prinzip des Trial and Error, das jede Pubertät begleite, könne im virtuellen Raum besser erprobt werden.

Sie loben die Netzkunst, die eine Erweiterung der originären Kreativität der Menschen sei. Dennoch bestätigten sie ein wenig die Banalität des Internets, die der Kritiker Andrew Keen den Netzinhalten vorwirft. Dies ist ihrer Meinung nach aber nur eine Frage der Zeit, bis dort einigge außergewöhnliche Werker zu sehen sein werden.

Dieser verhaltene Optimismus der Autoren ist angenehm, weil sie den problemorientierten Ansatz nicht vergessen. Wann immer es um ein Spielfeld der digital natives geht, werden die Risiken erörtert und ihre Bedeutung.

Ein Schwerpunkt ist außerderm die Informationsüberflutung, an welche die Digital Natives gewöhnt sein sollten. Allerdings würden hier die jungen Menschen oft an ihre Grenzen stoßen. Als Bibliothekare und Informationsexperten müssen wir die Übertragung der folgenden Aufgabe sehr kritisch beurteilen. Palfrey und Gasser sehen die Pädagogen in der Pflicht, Handlungsmuster zu entwickeln, mit denen sich die Jugendlichen auf diese Informationsexplosionen vorbereiten können. Allerdings würde diese Herausforderung die autonome Entscheidungsfähigkeit stärker gefordert als je zuvor.

All das trifft aber auch alle, die sich alltägliich im Internet bewegen. Daher ist der Titel des Buches ein wenig unglücklich gewählt. Jeder der sich im Internet bewegt, muss sich mit Aspekten wie Datenschutz, Pornoseitenn, digitale Fußabdrücken und dem Urheberrechten in der digitalen Wel auseinandersetzen.

David Hugendick sieht trotz des machmal leicht großväterlichen Jugend-von-heute-Gestus in dem Buch ein doch ausgewogenes Grundlagenwerk, da es eben nicht die neuesten, aktuellsten Trends schildert, sondern die soziokulturellen und auch rechtlichen Veränderungen anspricht, die durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft entstehen.

Vielleicht könnte es einige Pessimisten besänftigen und die bedingungslosen Optimisten vorsichtiger machen. Auf jeden Fall zeigt es uns eins: Der Kulturwandel ist längst da. Jetzt müssen wir nur noch lernen, sorgsam mit ihm umzugehen.

Quelle:
Hugendick, David: Sternzeichen Google via Zeit online

FAZ, Google, VG Wort und irgendwo auch Bibliotheken

Wieviel Selbstbetrug ist dabei, wenn man dem “liebenswerten” Riesen Google traut? Bunt und lässig wirkt die schnelle Suchmaschine und ihr Motto “Don’t be evil” ist geradezu sympatisch. Das Versprechen, nicht mehr in Büchern blättern zu müssen, ist eine Verheißung, die Google mit “Google Books” glaubhaft werde lässt.

Aus ehemaligen Gegnern dieses Projektes, den Autoren und Verlegerverbänden, wurden in den letzten drei Monaten nach der bahnbrechenden Einigung am 28. Oktober 2008:engl: „Branchenpartner“. Damit ist man bei der Sache also schon beim “Wir” angekommen.

Eng wollen die Suchmaschinisten mit ihnen zusammenarbeiten, „um noch mehr Bücher dieser Welt online verfügbar zu machen“. Das utopisch Vermessene steckt in der Wendung „dieser Welt“, welche Google erneut zu erobern ausgezogen ist – und wie wohl niemand zuvor in der Geschichte über alle Kulturen, Sprachen und Religionen hinweg tatsächlich in den Griff zu bekommen scheint.
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Anders ist da der Auftritt deutscher Streiter wie der VG Wort, die nun gegen das Projekt Google Books vorgehen möchten, für das Google in den USA “trotz bisheriger Rechtsunsicherheit schon sieben Millionen Bücher digitalisiert” hat.

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Angst vor Bibliotheken

Beim Überfliegen der Neulinge im Bereich Sachbuch diesen Herbst bin ich an einem Werk hängengeblieben, das schon durch seinen Titel Lesefreude verspricht: Kathrin Passig, Sascha Lobo: „Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin“. Darin erläutern die Autoren das Prinzip der Prokrastination, also der Verschiebementalität.
Interessant wurde es dann aber für mich, als ich ein “Blog-Interview” mit den beiden Autoren las, bei dem es unter anderem um die Rolle der Bibliotheken geht. Der Journalist Oliver Jungen bringt die Generation Google ins Spiel:

Hurra, wir veröden. Alle Studien sind eindeutig. Das amerikanische „National Endowment for the Arts“ hat schon 2004 eine große Alarmstudie vorgelegt und im letzten November den Zustandsbericht „To Read or Not To Read“ draufgepackt: Nur noch knapp über die Hälfte aller Amerikaner lesen Bücher aus Spaß, je jünger, desto weniger. Im Januar legte das University College London nach: Die „Google-Generation“ habe regelrecht Angst vor Bibliotheken und ernste Probleme bei der Informationsevaluation.

Daraufhin antwortet Kathrin Passig:

Ja, wir haben Angst vor Bibliotheken. Natürlich kann man in und mit Bibliotheken leben, man gewöhnt sich schließlich an alles. Und seit einigen Jahren haben die Bibliotheken ja auch ihr Instrumentarium an Regelungen, Sonderregelungen, Öffnungszeiten, Ordnungssystemen, Zettelkästen, missmutigem Personal, unauffindbaren Bänden („evtl. Kriegsverlust“), Fernleihverfahren, wochenlangen Wartezeiten, Kopierverboten und in Haus 3 untergebrachten Magazinen zurechtgestutzt. Aber dass die Benutzung von Bibliotheken heute etwas bequemer als früher ist, ändert wenig an der Umständlichkeit dieser Form der Informationsbeschaffung. Ein von freundlichen Fachleuten bereitgestellter, gut gewarteter Faustkeil bleibt ein Faustkeil. Zum Glück ist die Angst vor Bibliotheken heute eine völlig folgenlose Angst, vergleichbar etwa mit der Angst vor Speed-Dating-Partys oder Höhlentauch-Expeditionen. (Hervorhebung durch mich)

So. Bibliotheken liefern also Faustkeile, sind laut Passig in der Steinzeit stehen geblieben. Und der letzte Satz setzt noch eins drauf, denn dort wird Bibliotheken nahezu jegliche Bedeutung in der heutigen Gesellschaft abgesprochen.
Auch wenn wir es besser wissen, bleibt ein bitterer Nachgeschmack bei einer solchen Einschätzung, immerhin stammt sie nicht von Dieter Bohlen oder Atze Schröder, sondern von einer Bachmannpreisträgerin.

Quelle: Interview mit Kathrin Passig und Sascha Lobo: Triumph des Unwillens. FAZ.NET

Klein(st)auflagen bald nur noch als PoD

Die Zahlen neuer Bücher steigen, die Auflagenzahlen sinken. Neue Auflagen “alter” Bücher mit einer kleinen Auflage sind teuer und lohnen sich häufig nicht mehr für die Verlage, wenn sich auch für das ein oder andere Buch noch ein Liebhaber finden würde. Bei der Entscheidung für eine neue, kleine Auflage sind häufig nicht unbedingt die ökonomischen Gesichtspunkte ausschlaggebend, sondern der “Wille zur Erhaltung einer gewissen Programmbreite über die ohnehin gut laufenden Titel hinaus”. Die Kompromisse, die dafür in den Verlagen geschlossen werden, sehen sehr unterschiedlich aus.

Der Suhrkamp Verlag, der im Vergleich zu anderen eine sehr große Backlist pflegt, hält eine besonders große Anzahl von Titeln lieferbar. Ziel des Verlages ist es, dabei ökonomisch heikle Nachdruckentscheidungen in Zukunft zu vermeiden. Vorrangig gilt dies v.a. im Bereich des wissenschaftlichen Verlagprogramms. Dort möchte man, dass auch Titel für sehr klein gewordene Zielgruppen ihren Platz behalten oder gar wiedereinnehmen.

Gedacht ist dabei, wie der Verlag nun mitteilte, nicht nur an die Nutzung des bei Kleinstauflagen kostengünstigeren Digitaldrucks. Man möchte vielmehr gleich einen Schritt weiter gehen und nur selten verlangte Titel der prominenten Reihen „suhrkamp taschenbuch wissenschaft“ und „edition suhrkamp“ von Books on Demand (BoD) produzieren und ausliefern lassen.

Zu diesem Zweck kooperiert man mit BoD. Die vom Buchhandel eingehenden Bestellungen werden an Books on demand in Norderstedt weitergeleitet, wo die Satzdaten für den entsprechenden Titel vorher hinterlegt worden sind. Qualitativ sind Druck und Bindung der Exemplare in den letzten Jahren verfeinert worden, dass eine Herstellungs in wenigen Stunden möglich ist und so die Lieferfristen für diese Titel kaum länger sein werden als für Titel, die althergebracht gelagert werden.

Technische Einschränkungen für diesen Druck ab einer Auflage von einem Stück gibt es nur wenige. Lediglich von abbildungsreichen Bänden will man bei Suhrkamp einstweilen absehen. Die Umschläge werden dagegen die bekannte Typographie von Willi Fleckhaus zeigen, aber in Material und Farbe differieren.

Wenn ein so renommierter Publikumsverlag wie Suhrkamp diesen Schritt zur neuen Druck- und Vertriebstechnik wagt, kann dies nur bedeuten, dass sich Print on Demand durchsetzt.

Eric Steinhauer kommt in seinem Blog “Scriptorium” folgerichtig zu diesem Fazit:

Wenn sich auch die großen Verlage (neben Suhrkamp auch Hanser) für selten verlangte Titel langsam auf print on demand einstellen, dann wird das für den Wissenschaftsbereich bedeuten, dass die Tage des Auflagendrucks bei speziellen Monographien weitgehend gezählt sind.

Quelle:
Mayer, Helmut: Auf Anruf Druck, FAZ
Steinhauer, Eric: Suhrkamp macht print on demand via Scriptorium

Huch, wer klaut denn da bei …

Schön, übersichtlich, stringentes Design. Welt.de kommt im neuen Look daher, nicht nur geliftet, sondern neu. Plötzlich kommt auch etwas Farbe ins Spiel. Jung und dynamisch.
Und dann frage ich mich… Woher kommt mir das neue Design so bekannt vor? Da hat man ein wenig das Design von Google News benutzt, ein wenig… Nein, man hat sich dem allgemeinen Design-Geschmack angepasst. Content-Management statt Unverwechselbarkeit, Spielereien statt Sachlichkeit. Bin ich bei der FAZ gelandet?

Das war dann wohl komplett etwas anderes als man erreichen wollte… Lieber Design-Rolle rückwärts und damit erkennbar und seriös als das, was sich dem geneigten Betrachter bietet, vor allem mit Browser-Stand vor Firefox 1.x oder IE 5.x…

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