Restaurativ – der Börsenverein in Sachen Urheberrecht

Prof. Dr. Thomas Hoeren, Leiter des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Universität Münster äußert sich “buchreport.express 38/2009” über seine Vorstellung vom Urheberrecht für eine digitale Zukunft Europas. Dass sich diese Meinung nicht gerade mit der des Börsenvereins deckt, macht die Sache besonders ineressant. Hören ist ein Befürworter der Initiative der EU-Kommission zur Anpassung des europäischen Urheberrechts an die zukünftigen Bedürfnisse einer Welt, deren Informationsaustausch vorrangig digital erfolgen wird.

Hören hält diese Harmonisierung für sinnvoll und verneint auch ein Einknicken gegenüber dem Giganten Google. Vielmehr gehe es bei diesem Vorstoß um die Zukunft des Urheberrecht und eine Anpassung an die Möglichkeiten und Grenzen einer Wissensordnung. Jura darf nicht dafür benutzt werden, antiquierte Geschäftsmodelle zu schützen. Es ist in den letzten Jahrzehnten etwas passiert, was das Urhheberrecht von Grundauf verändert hat. Aus dem Kulturrecht ist zunehmend ein Wirtschaftsrecht geworden, welches aber die alten Rechtsmodelle des 19. Jahrhunderts in das 21. Jahrhundert transportiert hat. Es ist überfällig, das Urheberrecht an die veränderten Bedürfnisse einer Gesellschaft anzupassen, in der die erste “Digital Natives” mündig werden.
buchreport.express wollte von Hoeren wissen, ob der Vorstoß der EU-Kommission bei der fortgeschrittenen Entwicklung in Sachen “Google Settlement” nicht zu spät sei.
Hoeren verwies auf Googles Entgegenkommen, da die Verantwortlichen zu verstehen beginnen, dass die Situation in Europa für den Service “Google Books” emotional schwierig ist. Europa und die USA sind nicht vergleichbar, deshalb lenkt Google ein und versucht mit den Urhebern und Verwertern aber auch den Nutzern in Brüssel gemeinschaftlich nach Lösungen zu suchen. Auch ist noch gar nicht sicher, ob das Settlement in den USA überhaupt rechtlich Bestand halten wird. Kartellrechtliche Bedenken werden hier zunehmend lauter von den Konkurrenten Googles geäußert.
Von einer “Absenkung der Urheberrechtsstandards” kann nach Hoeren auch keine Rede sein. Er warnt den Börsenverein, nicht länger restaurativ um den Erhalt alter Geschäftsmodelle zu kämpfen, in denen die Buchverleger im Zentrum stehen und die immer wieder mit den gleichen Argumenten verteidigt werden.
So merkt Hoeren an:

Verleger verstecken sich hinter den Schutzstandards für Urheber, obwohl sie noch nicht einmal eigene Rechte gegen Google und Co. haben. Sie verkennen die besonderen Bedürfnisse der Kreativen und der Nutzer, die das Internet auch als Chance für eine Verbreitung von Wissen begreifen. Es fehlt im Börsenverein der frische Wind.

Der Professor aus Münster kann sehr genau benennen, welche europäischen Urheberrechtsregelungen unbedingt angepasst werden müssen.
Die Kreativen selbst müssen gegenüber zu starken, eben übermächtigen Verwertern geschützt werden. So müsste durch eine verstärkte AGB-Kontrolle verhindert werden, dass Urheber von vornherein und fast automatisch ihre Rechte abtreten. Um diesen Rechteusverkauf zu verhindern, müssen auch die Verwertungsgesellschaften verstärkt beaufsichtigt werden. Die Verleger sollen jedoch auch profitieren. Sinnvoll findet er Überlegungen über die Anerkennung eines eigenen Leistungsschutzrechts.

Zugunsten der Nutzer und der Allgemeinheit gilt es, der ständigen Ausdehnung des Urheberrechts entgegenzuwirken und es wieder auf einen Kernbestand wirklich kreativer Inhalte zu beschränken.

Quelle
„Im Börsenverein fehlt frischer Wind“ buchreport.de

Google Books im ZDF Mittagsmagazin

Ein kleiner Bericht über die digitale Bibliothek von Google vom 07.09.2009.

Seit die Internet-Suchmaschine Google alle Bücher dieser Welt digitalisieren möchte, gibt es jede Menge Kritik an diesem ehrgeizigen Projekt. Viele Autoren und Verleger fürchten um ihre Urheberrechte.

http://www.youtube.com/v/-26MwQQJP-k&hl=de&fs=1&color1=0x2b405b&color2=0x6b8ab6 – Video wurde gelöscht.

Geändert am 03.06.2018

Google-Book-Settlement und Europas Digitalisierungs-Urheberrechtsproblematik

Gestern und heute befasste sich die EU-Kommission in einer Anhörung mit der Digitalisierung der Bücher dieser Welt. Es sollte ein Überblick über die Auswirkungen des “Google Book US Settlement Agreement” auf die europäische Verlagswirtschaft, die europäischen Autoren und Konsumenten gewonnen werden sowie auf die europäische Gesellschaft als Ganzes, zumal indirekt auch europäische Autoren und Übersetzer betroffen sind.

Eines machten EU-Medienkommissarin Viviane Reding und Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy zum Thema Google Books schon vorher deutlich:

“Wenn wir zu langsam digital werden, könnte die Kultur Europas in Zukunft darunter leiden”, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung […].1

In der Anhörung konnten sich die Betroffenen zu Wort melden und ihre Beeinträchtigungen sowie Vorteile dieses Google-Book-Settlement benennen. Dabei sollten folgende Fragen beantwortet werden.

1. Scope of the settlement
2. The quantity and status of European works covered by the Settlement
3. The Book Rights Registry
4. The notion of “commercial availability”
5. Consumer issues

Im Interesse der Bibliotheken veröffentlichte der europäische Bibliotheksverband EBLIDA im Vorfeld zu dieser Problematik ein Positionspapier (Deutsche Fassung des DBV).

Geographische Grenzen
Die Urheberrechtsgesetze gelten nur innerhalb der Staatsgrenzen, d.h. das Abkommen hat den Geltungsbereich der Vereinigten Staaten von Amerika. Erweiterte Leistungsangebote, z.B. Zugang zu europäischen verwaisten Werken (d.h. Werken ohne zu ermittelnden Urheber) im Volltext, können europäische NutzerInnen derzeit nicht genießen, da sie sich außerhalb des Regelungsbereiches des Abkommens befinden. Für Europa müsste an dieser Stelle ein Abkommen zwischen Google und den jeweiligen Wahrnehmungsgesellschaften der einzelnen europäischen Länger geschlossen werden. Dafür stimmen aber häufig noch nicht die Grundlagen der Urheberrechtsgesetzgebung, z.B. sind nicht überall die erweiterte kollektive Wahrnehmungsverträge gesetzlich möglich oder es gibt keine Wahrnehmungsgesellschaften/Organisationen mit genügend weitreichender rechtlicher Befugnis für den Abschluss eines solchen Abkommens mit Google.

für Europäer besteht die Gefahr einer erheblichen Ungleichheit hinsichtlich des Zugangs zu (Google-)Büchern in digitalisierter Form. Ohne europäische Google-Vereinbarung werden europäische Universitäten und Bildungseinrichtungen gegenüber Universitäten und Einrichtungen in den USA extrem benachteiligt sein. Hier ist eine schnelle Reformierung der europäischen Urheberrechtsregelungen besonders hinsichtlich verwaister Werke und Bibliotheken notwendig, sonst fehlen auf europäischer Seite Digitalsierungsprojekte mit attraktiven inhaltlichen Angeboten.

Kritik bei Archivalia, 20.11.2008

“Die Europeana verfügt über ein Jahresbudget von gerade einmal 2,5 Millionen Euro, 14 Vollzeitkräfte arbeiten daran, Europas Kulturschätze ins digitale Zeitalter zu heben.”
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,591570,00.html

Und dann so ein Murks!

Europeana ist derzeit nur ein europäischer Furz gegen Google.

Bei der Debatte um mögliche Urheberrechtsverletzungen geht unter, dass ein Großteil der von Google digitalisierten Werke bereits gemeinfrei sind, d.h. in Bezug auf europäische Texhte, sind die Rechteinhaber mehr als 70 Jahre tot und jeder darf inzwischen diese Werke nutzen, da die Urheberrechte erschlossen sind. In der Diskussion wird wohl des öfteren ein generelles Misstrauen gegenüber dem Geschäftsgebaren des Unternehmens mit dem Slogan “Don’t be evil” nach Außen getragen.

In dieser Kritik am Google-Buch-Projekt spiegelt sich auch die urheberrechtliche Problematik europäischer Bibliotheken wieder. Zukunftsorientierung kollidiert erheblich mit dem durch profit-orientierte Lobbyisten gestalteten Urheberrecht. Immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, ist auf Dauer keine Lösung für eine wissenschaftsfreundliches Urheberrecht. Bevor hier wieder jene den Finger heben, die an Belletristik denken – ich spreche hier von Voraussetzungen des Urheberrechts für Werke, die für Forschung, Lehre und lebenslanges Lernen notwendig sind. Für diese Werke muss eine Fristenlösung für die Digitalisierung gefunden werden, die der kommerziellen Verwertung nicht entgegen steht, die aber auch den notwendigen Zugang zu diesen Informationen in digitalisierter Form erlaubt.2 Gerade in Hinblick auf die geographischen Einschränkungen des Google-Abkommens ist es von größter Wichtigkeit, dass rechtliche Hürden für Abkommen dieser Art, aber auch für europäische Digitalisierungsprojekte abgebaut werden.

Für Google-Books aus Sicht der Bibliotheken heißt es:

Es sollte keine Mühe gescheut werden, den nötigen rechtlichen Rahmen zu schaffen und Abkommen in allen Ländern zu schließen, um zu gewährleisten, dass diese in ihrem Ausmaß bisher unbekannte Informationsressource in ganz Europa zugänglich gemacht wird, um gleichberechtigten Zugang zur Förderung von Lernen und menschlicher Entwicklung zu sichern.3

EBLIDA/DBV sehen einige Punkte des Settlements besonders kritisch:
————————— Weiterlesen

  1. Google-Books
    EU-Kommissarin Reding will Google nicht verteufeln
    []
  2. Denkbar wäre beispielsweise eine Beurteilung von Lehrbüchern durch ein außenstehendes Gremium mittels eines Kriterienkatalogs. So könnte für Lehrbücher, die in rascher Auflagenfolge veröffentlich werden, gelten, dass z.B. die 27. Auflage digitalisiert werden darf, wenn derzeit die 29. Auflage die Aktuellste ist und Lehrbücher mit sehr geringer Auflagenfolge nach dem 3., 5. oder siebten Jahr seit Erscheinen immer auch in Abhängigkeit davon, ob es sich um ein Standdardwerk oder ein Ladenhüter handelt. []
  3. EBLIDA-Positionspapier: Information Hearing der Europäischen Kommission zum Thema Google Book US Settlement Agreement in Brüssel, 7. September 2009 []

VG Wort und das Vertretungsrecht gegenüber Google

Die VG Wort versucht derzeit von ihren Autoren das Vertretungsrecht gegen Google Books zu erhalten. Bereits Januar diesen Jahres hat VG Wort diese Aktion angekündigt, wie hier im Blog schon berichtet wurde. Die Autoren bekommen Post von der Verwertungsgesellschaft und sollen den vorgefertigten Brief der Rechteübertragung zurücksenden oder auf einer Internetseite der VG Wort diese damit beauftragen, sie in Sachen Google Books zu vertreten. Das in juristischer Sprache gehaltene Schreiben enthält einige Stolpersteine, die dem juristischen Laien nicht auffallen werden.

Was will die VG Wort? Ihr Vorgehen richtet sich gegen Google Books. Für dieses Angebot werden Bücher aus dem “Verlagsprogramm” verwendet oder aus dem “Bibliotheksprogramm”.

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Drei gegen Google

Sie machen Ernst, die drei größten Konkurrenten von Google. Ich musste einen Moment nachdenken, wer damit gemeint sein könnte, denn neben diesem gigantischen Internetkonzern verblassen alle anderen. So langsam dämmerte es mir dann allerdings. Erz-Rivale Microsoft, der ja gerade mit Bing.com seine große Suchmaschine gestartet hat, muss man genauso wie den Buch-und Suchmaschinen-Anbieter Amazon zu den „großen“ Konkurrenten zählen. Doch beim Dritten musste ich dann ein wenig im Text weiterlesen, nur um gleich zu nicken, als es um Yahoo.com ging. Diese drei sind der “Open Book Allicance” beigetreten, die gegen Google und sein Google Books Settlement vorgehen wollen. Sie möchten verhindern, dass durch eine gerichtliche Entscheidung Google demnächst ganz legal weitere Millionen von Büchern einscannt und seinen Nutzern den Zugriff darauf erlaubt.

2004 begann Google Buchbestände aus amerikanischen Bibliotheken einzuscannen und einer riesigen Datenbank einzuverleiben. Die urheberrechtlich geschützten Werke wurden nur in kurzen Auszügen angezeigt. Recht schnell wuchs die Gesamtzahl dieser Bücher auf insgesamt rund sieben Millionen Bücher an. Darunter befinden sich unter anderem auch deutschsprachige. Diskussionen ums Urheberrecht der Buchautoren waren vorprogrammiert. Google ließ es darauf ankommen und US-Autorenverbände klagten gegen Google wegen der Verletzung von Urheberrechten.

Oktober 2008 einigten sich Google und US-Autorenverbände auf einen Vergleich, das sog. Google Books Settlement. Google erklärte sich bereit, 125 Millionen Dollar an die Rechteinhaber zu zahlen.

Google soll laut der Vereinbarung bereits gescannte Werke sowohl in Ausschnitten im Netz veröffentlichen, als auch online verkaufen dürfen.

Das habe ich eigentlich immer anders verstanden, nämlich dass der Gigant in Zusammenhang mit diesen Büchern Werbung verkaufen darf, d.h. nicht die Bücher. An den Gewinnen aus diesen Werbeeinnahmen sollen die Autoren im Gegenzug beteiligt werden.
Google war daher in den letzen Wochen auf der Suche nach den vielen Rechteinhabern und bot ihnen die Möglichkeit, sich zu melden und ihre Rechte zu sichern. Jetzt warten alle Parteien nur noch, dass ein Gericht dieser Einigung zustimmt.

Die „Open Book Alliance“ mit Googles Erz-Konkurrenten Microsoft, Yahoo und Amazon will diese Einigung jetzt noch verhindern. Die Alliance wurde vom Internet Archive gegründet und will sich jetzt an das US-amerikanische Justizministerium wenden. Sie sehen in der Vereinbarung zwischen Google und den Autorenverbänden einen Wettbewerbsverstoß. Der Anwalt Gary L. Reback, Experte für Kartellrecht und Berater der Allianz äußerte sich gegenüber der “New York Times”:

“This deal has enormous, far-reaching anticompetitive consequences that people are just beginning to wake up to,” said Mr. Reback, a lawyer with Carr & Ferrell, a firm in Palo Alto, Calif.

Google könnte durch diese Vereinbarung eine Monopolstellung erhalten und so willkürlich die Preise bestimmen. Auch bestände die Gefahr, dass Google so weitere persönliche Daten seiner Nutzer sammle und mit Hilfe seiner Suchmaschine jederzeit nachvollziehen könne, wer welche Bücher gelesen hat. Google schätzt den Gegenwert höher ein. Durchs das Einscannen weiterer Millionen Bücher würden die Kunden nur profitieren, da sonst unzählige Bücher von Bibliotheken den Internetlesern nicht zugänglich wären.

Natürlich sind auch deutsche Rechteinhaber betroffen. Problematisch ist die gewählte Klageform.

Bei der Klage der amerikanischen Autoren- und Verlegerverbände aus dem vergangenen Jahr gegen die Verletzung von Urheberrechten durch Google handelt es sich um eine sogenannte “class action”. Diese Klageform gibt es im deutschen Recht nicht. Das Besondere daran ist, dass die Entscheidung des Gerichts nicht nur für die Kläger gilt, sondern für die gesamte “class”. Dazu gehören dann auch deutsche Autoren und Verlage und somit die Wahrnehmung ihrer Rechte in den USA.

Ich habe zu Reaktionen hier im Blog bereits mehrfach berichtet und auch in welcher Form VG Wort und Börsenverein gegen diesen Deal vorgehen möchten.

Während Autoren, deren Werke aktuell lieferbar sind, dem Abkommen mit Google ausdrücklich zustimmen müssen, gilt für bereits vergriffene Titel, dass nur ein Widerspruch vor der Aufnahme in den einsehbaren Teil der Google-Bibliothek bewahrt.

Die ursprüngliche Frist bis 5. Mai 2009 wurde durch das zuständige New Yorker Bundesgericht kurz vor Fristende bis zum 4. September 2009 verlängert. Die eigentliche Gerichtsanhörung soll nun am 7. Oktober 2009 stattfinden. Erst danach steht fest, ob die Vereinbarung zwischen Google und den US-Autoren- und Verlegerverbänden wirklich gültig wird. Autoren, die über einen Widerspruch nachdenken, sollten noch einmal in sich gehen und darüber klarwerden, ob ein Nein zu Google Books nicht auch ein Nein zu kostenloser Werbung ist.

Konkrete Angaben, wie die “Open Book Alliance” nun gegen Googles Pläne vorgehen möchte, waren in den vorhandenen Quellen nicht erkennbar.

Quellen
Helft, Miguel: Google Rivals Will Oppose Book Settlement via New York Times
Allianz gegen Google via Spiegel online

Schutzlos der Willkür eines Giganten ausgeliefert

Unter den seit 2004 durch Google digitalsierten Büchern befinden sich auch deutsche Bücher, die noch immer urheberrechtlich geschützt sind. Damit sind viele Betroffene nicht uneingeschränkt einverstanden. Zwar hat sich Google mit amerikanischen Autoren und Verlegerverbänden Herbst 2008 in einem noch durch Gerichte abschließend zu bestätigen Vergleich geeinigt, aber deutsche Urheber und Verlage sind damit nicht eiinverstanden, da hier ungefragt amerikanisches Recht auf deutsche Urheberwerke übertragen wird.

Die Verwertungsgesellschaft VG Wort möchte für die Rechteinhaber auch jene Rechte kollektiv wahrnehmen, die nach dem Google Settlement den Urhebern zustehen. Dies geht aber nur mit einer Ergänzung der Wahrnehmungsverträge. Die Zeit drängt allerdings. Bis zum 05. Mai 2009 müssen die Vergütungsansprüche für jedes in den USA durch Google digitalisierte Buch geltend gemacht werden. Google bietet eine Entschädigung in Höhe von 60 US-Dollar für jedes gescannte Buch an und eine pauschalisierte Verteilung von 63 Prozent der Werbeeinnahmen an.

Das zweite Ziel der VG Wort ist die Entfernung von vergriffenen und lieferbaren Büchern aus dem Digitalisierungsprogramm. Urheberrechtlich geschützte Werke sollen, sofern es noch berechtigte Rechtsansprüche gibt, nicht durch Google genutzt werden dürfen. Was verspricht man sich dadurch? Die VG Wort und die Rechteinhaber gehen davon aus, dass den Urhebern Schäden dadurch entsteht, dass Google die Bücher digital zugänglich macht. Man erwartet wohl, dass mögliche Verluste höher sind, als die Einmalzahlung und die anteilig ausgezahlte Gewinnbeteiligung von Google. Wie dem auch sein wird, wird die Zeit zeigen.

Ob es wirklich so günstig ist, ganz aus dem Vergleich mit Google auszuscheiden, ist fraglich, denn Google Books hat sicherlich auch eine Art Werbeeffekt für die dort verzeichneten Bücher. Die Frage ist also, ob es nicht sinnvoll sein kann, das Buch trotz Lieferbarkeit bei Google Books zu belassen.

Einen weiteren entscheidenden Punkt dieser Aktion von VG Wort offenbart sich im dritten Ziel der Verwertungsgesellschaft. Man will auf Dauer das Recht eingeräumt bekommen,die digitale Nutzung vergriffener Werke zu lizenzieren. Hier würde dann nur noch einen Ansprechpartner geben. Doch dies ist nur möglich, wenn sich die Rechteinhaber damit einverstanden erklären. Und man überlässt bei lieferbaren Werken natürlich auch Autoren und Verlagen die Möglichkeit, direkt mit Google Nutzungsverträge abzuschließen.

Autoren können auch darüber entscheiden, ob sie ganz aus dem Vergleich aussteigen oder eigene Einwände geltend machen wollen. Die Einwände müssten ebenfalls bis fünften Mai genannt und nicht im Rahmen der VG Wort vertreten werden. Eine individuelle Durchsetzung in den USA gilt als sehr schwierig, so dass die VG Wort davon eher abrät.

Die Situation des deutschen Urheberrechts sieht VG Wort durch all die Möglichkeiten des Internet gefährdet. Eine effektive Verfolgung von Urheberrechtverletzungen ist bis jetzt nicht möglich.

Die Welt hat nun auch einen sachlichen Artikel zum Problem des Google Settlement gebracht. Zwar wirken die Fakten verkürzt und unvollständig, doch verzichtet man auf jegliche Polemik und Verknüpfung falscher Tatsachen, wie es in letzter Zeit bei einigen Zeitschriften der Fall war.

Quelle
Google digitalisiert auch deutsche Autoren via Welt online

Open Access in Europa angekommen?

Im Rahmen des i2010-Initiative hatte die EU-Kommission bereits 2005 beschlossen, das kulturelle Erbe Gesamteuropas zu digitalisieren un allen Bürgern online zugänglich zu machen. Die erreichten Ergebnisse sind allerdings sehr dürftig.

Der Fehlstart der Europäischen Digitalen Bibliothek Europeana Ende 2008 dürfte den meisten noch lebhaft in Erinnerung sein. Sowohl die technische Ausstattung, d.h. Server,die dem ersten Ansturm nicht standhielten, als auch dürftige Inhalte. Seit ihrem Neustart im Dezember verharrt man in einem daueerhaften Beta-Status, auch wenn man das eigentlich immer von Web 2.0-Angeboten sagt 😉 Fraglich ist, ob sie das, was sie verspricht:

Das ist Europeana – ein Ort für Inspiration und Ideen. Durchsuchen Sie die kulturellen Sammlungen Europas, verbinden Sie sich mit den Suchwegen anderer und teilen Sie Ihre Entdeckungen.

Ob sie das je halten können wird?

Die EU-Kommission will endlich Forschritte sehen. Deshalb hat man das Ende 2008 abgelaufene Mandat hochrangier Experte zu Digitalen Bibliothken um ein weiteres Jahr verlängert. Die hochrangige Expertengruppe die Kommission berät, wie man von europäischer Seite den organisatorischen, rechtlichen und technischen Herausforderungen besser begegnen kann.

Die rechtliche Betrachtung ist sehr wichtig für die erfolgreiche Digitale Bibliothek.

Insbesondere geht es der EU-Kommission um Schrankenbestimmungen im Urheberrecht, um einen verbesserten Onlinezugriff auf urheberrechtlich geschützte Inhalte auf freiwilliger Basis, um nutzergenerierte Inhalte und um Verbesserungen beim “freie[n] Zugang zu wissenschaftlichen Informationen sowie […] zu Forschungsdaten”.

Zu dieser Fragestellung zählt auch der Umgang mit verwaisten und vergriffenen Werken.

Die rechtliche Seite wird eine schwere Nuss für die Expertengruppe. Sie soll in einer Zeit beraten, wo in den USA und in Europa heftig über den Umgang mit wissenschaftlichen Publikationen (z.B.) und urheberrechtlich geschützten Büchern (z.B. Google Books) gestritten wird. Gerade die Angst vor einem Monopolisten Google für digitale Publikationen macht die Runde im Publikationswesen.

In Deutschland ist die Diskussion zur Zeit sehr aktiv. Hier ziehen Verlage und prominente Geisteswissenschaftler in den Kampf gegen Open-Access-Pläne. Man spricht gerne von Enteignung und einem Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Man gibt sich nichteinmal die Mühe zwischen Open Access und Googles Vorgehen zu unterscheiden. Die Forderung, mit Steuermitteln finanzierte Forschungsergebnisse frei zugänglich zu machen, wird als Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit bezeichnet.

Innerhalb kurzer Zeit haben mehr als tausend Unterzeichner sich dem vom Germanisten Roland Reuß initiierten Heidelberger Appell “Für Publikationsfreiheit und die Wahrung der Urheberrechte” angeschlossen. Erste Unterzeichner haben ihre Unterschrift aber auch bereits zurückgezogen.

Gerade heute hat der Konstanzer Bibliothekar Uwe Jochum und Unterzeichner des Heidelberg Appells noch einmal nachgelegt und die großen deutschen Forschungsorganisationen, die sich für Open Access stark machen, in der Frankfurter Rundschau scharf kritisiert:

Wenn die Allianz nun also meint, sie könne den Wissenschaftlern vorschreiben, unter welchen Bedingungen sie zu veröffentlichen haben, dann zwingt sie die Wissenschaftler zur Preisgabe eines Verfassungsrechts. Im Detail geht das so: Im ersten Schritt fordert die Allianz im Namen der Leser einen entgeltfreien Zugang zu den wissenschaftlichen Publikationen. Im zweiten Schritt erwartet die Allianz von den Wissenschaftlern, “dass die Autoren der Gesellschaft, die ihre Forschung durch Steuermittel möglich macht, einen einfachen Zugang zu ihren Publikationen eröffnen”, indem die wissenschaftlichen Autoren ihre Veröffentlichungen auf Open-Access-Servern bereitstellen.

Ist das nun wirklich der direkte Angriff auf die verfassungsrechtlich geschützte Wissenschaftsfreiheit? Eric Steinhauer hat sich dazu heute in seinem Blog “Wissenschaftsurheberrecht geäußert und auf die zwei Seiten der Medaille hingewiesen.

Die Publikationsfreiheit, deren genauer Inhalt – rechtswissenschaftlich jedenfalls – noch nicht in allen Facetten ausgeleuchtet ist, ist aber nur die eine Seite der Wissenschaftfreiheit. Freie Forschung heißt auch, ungehinderte Recherche. Das ist die andere Seite.

Die derzeit dürftigen Ergebnisse im Rahmen der EU-i2010-Strategie sind sicherlich auch einem sehr restriktiven und für digitale Werke unzureichend angepassten Urheberrecht geschuldet. Die politische Diskussion in Deutschland ist leider in den letzten Monaten sehr ruhig geworden. Doch das Vorgehen der EU-Kommission dürfte nun auch die deutsche Politik zu einer Stellungnahme zwingen. Die Lobbyisten bringen sich derzeit in Position und versuchen auch durch eine heftige Debatte ihren Einfluss geltend machen. Auf welche Seite sich die Politik schlägt, auf die der Verlage und Geisteswissenschaftler oder auf die der Open Access-Bewegung und den Natur- und Technikswissenschaftlern, ist derzeit nicht abzuschätzen. Verhärtete Fronten in diesem Bereich sind auf jeden Fall zu erwarten.

Ist Open Access in Europa angekommen? Das ist momentan nicht zu sagen. In Deutschland spaltet es derzeit zumindest die Lager in Bibliotheken, Verlagen und Wissenschaft.

Quelle
Gehring, Robert A.: EU-Kommission will Open Access fördern via golem.de

P.S. Lesenwert ist auch der Schwerpunkt Open Access und Geisteswissenschaften der aktuellen Ausgabe von LIBREAS

Erster-Aprilente: Google wird zum Buchhändler

Bis jetzt ist es noch niemandem aufgefallen, aber der Beitrag Google als Buchhändler stimmt nicht so ganz. Google zeigt derzeit – so weit mir bekannt ist – keine Ambitionen als Zwischenhändler im Buchhandel aufzutreten.

Natürlich wird Google hier nicht das Print-Buch vertreiben, sondern einzelne benötigte Kapitel oder das gesamte wissenschaftliche Buch als E-Book. Verlage können sich bereits jetzt dafür anmelden.

Verlinkt wird hier nur auf das Partnerschaftsprogramm von Google, bei dem sich Verlage und Buchhändler anmelden können, um entsprechend gefundene Google-Scan-Bücher direkt an den Suchenden zu verkaufen. Dieses Programm gehört mit zum Werbeangebot, von dem letztendes die Autoren der Bücher profitieren können.

Ich wünsche allen noch einen schönen 1. April

Google als Buchhändler

Die Buchsuche, die ein gutes Instrument für die bibliothekarische Auskunftsarbeit ist und die vor allem schwer zugängliche, verwaiste Werke und gemeinfreie Bücher (vor 1923) enthält, integriert umstrittener Weise auch Bücher, die derzeit nicht mehr gedruckt werden aber auch aktuelle Bücher.

Die Einigung mit den Verlegern durch das “Google Settlement” ist noch nicht gerichtlich bestätigt, aber schon denkt Google weiter. Die Buchsuche und Volltextanzeige sollen als Premiumaccount in Bibliotheken zugänglich gemacht werden. Hier befürchten Bibliotheken zurecht, dass Google sein Monopol nutzen wird und die diktierten Bedingungen unerfüllbar sein werden.

Um hier billigere Angebote an Bibliotheken machen zu können, will Google demnächst nicht nur Hinweise geben, wo ein Leser das bei Google Books gefundene Buch entleihen oder kaufen kann, nein Google will zunehmend auch als Vertriebsplattform für die Verlage in Erscheinung ertreten. Natürlich wird Google hier nicht das Print-Buch vertreiben, sondern einzelne benötigte Kapitel oder das gesamte wissenschaftliche Buch als E-Book. Verlage können sich bereits jetzt dafür anmelden.

In dieser Form wird aus Google nicht nur ein Verlag sondern auch ein Buchhändler. Über die genauen Konditionen für die Verlage und Preise ist noch nichts nach Außen gedrungen.

[Update]

Aprilscherz

Das Dilemma des Autor-Google-Verhältnisses

Die FAZ schießt gegen Google. Malerisch beschreibt man das Aufbegehren gegen Google als “Rückzugsgefecht versprengter Truppen gegen eine Übermacht”. Es fehlt bei der Einleitung nur das Wort “Größenwahn” in Bezug auf Googles Politik des Auslotens normativer Grenzen, wenn es darum geht, das Weltwissen verfügbar zu machen.

Dabei geht es nicht nur ums große Geld, sondern auch selten mit ganz legalen Mitteln zu – wie bei großen Eroberungszügen nicht anders zu erwarten.

Alles begann damit, dass Google sich vor erst fünf Jahren an das Riesenprojekt wagte, die Bestände amerikanischer Bibliotheken zu scannen. Neben Public-Domain-Werken, nicht mehr lieferbaren Büchern sind dort aber auch noch urheberrechtlich geschützte und lieferbare Bücher zu finden. Einen Großteil der Masse der Google-Scans betreffen die Books-out-of-Print. Europäische Bibliothekspartner lassen nur gemeinfreie Bücher digitalisieren.

Das dreijährige Mammutverfahren kostete 45 Mio Dollar und häufte eine Million Akten- und Gutachtenseiten an. Oktober letzten Jahres dann wurde der Vergleich “Google Book Settlement” eingereicht und wird seit dem auch durch eine große Anzeigenkampagne und im Internet in 36 Sprachen bekannt gemacht. Damit sollen die Autoren über die Modalitäten des Settlements aufgeklärt werden.

Der Ton wurde leider nicht sachlicher, nachdem der erste Frust niedergeschrieben war. Sicherlich muss man bemängeln, dass die Übersetzung wohl mit Hilfe von Googles hauseigener Übersetzungsmaschine durchgeführt worden war und keine deutschen Urheberrechtler herangezogen worden.

So wird schon auf der ersten Seite aus einem „Verleger“ ein „Herausgeber“ und aus einem „Autor“ ein „Unterklasse-Autor“.

Damit wird dieser Vertrag rechtlich praktisch unlesbar.

Ein zweites Leider mag vielleicht auch gelten. Um herauszufinden, ob die eigenen Werke digitalisiert wurden, hat auch Schwierigkeiten. Metadatenquelle war der Worldcat, der mit 270 Millionen Büchern aus allen Ländern doch recht unübersichtlich ist.

Der FAZ-Autor macht sich auch hier unreflektiert zum Sprachrohr eines (zumindest vom Sprachstil so wirkenden) aufgebrachten Christian Sprang,seines Zeichens Justitiar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Hinzu kommt: Wer das Settlement-Formular ausfülle, gebe schon wieder jede Menge Metadaten von sich preis.

Die Opt-out-Klausel, die es Autoren und Verlagen ermöglicht, Google mitzuteilen, dass sie aus dem Vergleich aussteigen wollen. Dies ist für den Riesen nicht verpflichtend, dass er die Bücher tatsächlich aus dem Netz nehmen muss. Erst mit einer Privatklage in den Vereinigten Staaten kann der Autor/Verlag nachweisen, dass Google amerikanisches Copyright gebrochen hat. Kleine Verlagee und einzelne Autoren können sich dies finanziell nicht leisten. Bis zum Ende der „notification period“ am 5. Mai 2009 müssen sich Autoren bzw. Verlage gemeldet haben.

Die Frage, die sich stellt, ist natürlich, welche Vorteile Autoren davon hätten, dass sie sich dieser größeren Sichtbarkeit entziehen. Muss man auf seinem Recht bestehen, nur um Recht zu behalten? Fast trotzig wirkt hier die Reaktion des deutschen Jusitziars. Welche Nachteile befürchtet man, dass man allen Autoren und Verlagen pauschal dazu rät, Google zu verlassen? Wo gibt es offizielle, sachliche Entscheidungshilfen, die ein Pro & Contra einer solchen Entscheidung klar darstellen oder abwägen?

Am 11. Juni wird das Gerichtin New York dem Vergleich mit hoher Wahrscheinlichkeit zustimmen, da sich hier in den Augen der Richter die Prozessparteien selbständig geeinigt haben.

Sollte trotz von mehreren Seiten angekündigter Einsprüche der Vergleich am 11. Juni bestätigt werden, wird der Tag als Wende in die Geschichte des Urheberrechts eingehen.

Formal gilt dieser Vergeleich nur in den USA, dennoch befürchtet der Börsenverein, dass jetzt das Urheberrecht leichter umgehbar wird. Der Autor sieht dadurch die bisherige Rechtsstaatlichkeit für Verleger und Autoren bedroht.

Google erhält durch diesen Vergleich eine andere Rolle. Die Regelungen des Settlement mit der Authors Guild sehen eine Garantiesumme von 60 Dollar pro unauthorisiert digitalisierten Buch vor. Diese Autoren können mit entscheiden, ob und in welchem Umfang Google das Werk im Zusammenhang mit Werbung nutzen darf. An die Autoren wird außerdem pauschalisiert dreiundsechzig Prozent der Werbeeinnahmen Googles ausgeschüttet.

So wird Google zum Händler und nach 2011 zum Verleger. Denn das gar nicht unrealistische Kalkül der Firma sieht vor, dass höchstens einer von zehn Copyright-Inhabern seine Ansprüche geltend machen wird. Damit fallen die Rechte im Lauf der nächsten Jahre an Google.

Mir ist Unklar, in welcher Form Google hier zum Verleger wird. Wikipedia definiert Verleger:

Früher bezeichnete man mit Verleger den Auftraggeber im Verlagssystem. Heute bezeichnet der Begriff einen Unternehmer, der einen Verlag für Bücher, Noten, Zeitschriften oder Zeitungen betreibt oder leitet. Die Branchenbezeichnung leitet sich von Vorlage ab. Der Verleger geht mit Druck- und Werbungskosten in Vorlage.

In diesem Fall wird Google nicht erst 2011 zum verleger, sondern ist es bereits seit der Verlag Scans erster Bücher der Public Domain angeboten hat.

Die Regelung des Vergleichs sichert Google, dass sollten alle sieben Millionen Rechteinhaber die 60 Dollar pro Buch verlangen, maximal 420 Millionen zahlen muss. Auch diese Rechnung kann ich nicht ganz nachvollziehen. Es sind etwa 7 Millionen Bücher, die digitalisiert worden, aber etwa 500.000 fallen davon unter die Public Domain. Die muss man wohl abziehen. Google scheint nicht mit einer großen Anzahl von Anträgen zu rechnen, denn man stellt 45 Millionen Dollar, d.h. knapp 11 % der Summe für die Auszahlung bereit.

Schon jetzt darf, die Zustimmung des Gerichts voraussetzend, Google alle Bücher einscannen, die bis zum 5. Januar 2009 erschienen sind. „Das ist das eigentlich Teuflische an diesem Plan“, erklärt Sprang.

Kolidieren hier die Wünsche des größten Menschheitsprojekts mit den Vorstellungen des geistigen Eigentums? Sehr schön, jetzt kommen wir zu den tapferen Männlein, die sich gegen die Übermacht stämmen. Auf dieses Bild habe ich direkt seit Beginn des Feuilletons gewartet.

Der Börsenverein hat sich mit der Verwertungsgesellschaft Wort und mit dem Schriftstellerverband verbündet, die sich normalerweise um das Eintreiben von Kopier- und anderen Vervielfältigungserlösen für Autoren kümmert. Die VG Wort soll nun ihren Wahrnehmungsvertrag gegenüber 380.000 Vertragsnehmern um die elektronischen Rechte erweitern. Per Rechtsgutachten ist diese Vorgehensweise abgesichert, es wäre ein Pfund, mit dem sich wenigstens ein wenig wuchern ließe.

Und jetzt passiert was, wo ich stutzte. Bis eben war Google der Buh-Mann und auf einmal träumen nicht alle Autoren davon, Google zu enteignen? Das ist eine sehr unerwartete Wendung am Ende des Beitrages.

Sicherlich muss man Googles Tätigkeiten besser kanalisieren und den Kopf gottergeben in den Sand zu stecken oder einfach das, was Google macht, unreflektiert zu verteufeln.

So gelähmt wirkt die Branche angesichts der Chuzpe, dass viele klagen, der Kampf sei schon verloren – bevor sie ihn aufgenommen haben. Mit den Urheberrechten gäbe man, so der Schriftsteller Thomas Hettche, auf, wofür man Jahrhunderte gekämpft habe.

Etwas ungläubig las ich dann, dass der Digitalisierungskritikier und Schriftsteller Thomas Hettche sich mit einer für seine Arbeit doch so wichtigen Vereinbarung, die seit Monaten durch die Presse geistert, noch nicht auseinander gesetzt hat. Damit reiht er sich wohl in die Mehrheit der Autoren ein.

Das zeigt einmal mehr das man “dagegen” ist, ohne das Problem oder die Möglichkeiten zu beleuchten. Autoren, die sich nämlich auch mit den Chancen auseinander setzen, erkennen, dass sie als passive Nutzer nämlich sogar selbst von Google Books profitieren. Das zeigt aber auch das Dilemma in denen Autoren stecken. Einerseits haben sie nicht wirklich Einfluss auf Google, andererseits gewinnen Sie auch durch die bessere Sichtbarkeit ihrer Bücher. Ich persönlich habe schon mehrfach Fachbücher erworben, die ich in der Bibliothek nicht schnell beschaffen konnte und deren Relevanz ich über Google evaluieren konnte. Also, das ist dann wohl Google Books als die perfekte Werbeplattform.

Glücklich ist die Lösung für beide Seiten nicht, da man mit mehr Einigungsbereitschaft von beiden Seiten im vorfeld eine einvernehmlichere Lösung hätte erzielen können.

Unter den Büchern, die Google digitalisieren will, befinden sich nach Angaben es Börsenvereins allein 50.000 deutschsprachige Titel von Random House Deutschland, dem größten deutschen Publikumsverlag. Random House Vorstandsvorsitzender Joerg Pfuhl ist nicht ganz so ablehnend:

„Grundsätzlich ist der Google-Vergleich eine gute Sache. Er könnte Basis für neue Geschäftsideen sein. Und immerhin hat Google die Urheberrechte nun anerkannt.“ Aber auch er räumt ein, Google habe „viel Misstrauen gesät. Die Vorgehensweise ist bekannt: Fakten schaffen, um dann unter Druck Lösungen zu erzwingen.“

Google muss zeigen, dass es auf der finanziellen Seite wenigstens ein verlässlicher Partner ist und das Vertrauen rechtfertigt, dass Autoren in das Unternehmen einbringen.

Eine letzte Schwarzmalerei kann sich der Autor am Ende des Beitrages nicht verkneifen. Er sieht ein Grundsatzproblem, dass dieser Prozess akut werden lässt.

Werden künftig Werke der Wissenschaft, der Literatur geschrieben, wenn sie sogleich Gemeingut im Internet sind? Was, wenn die neuen Geschäftsmodelle es Urhebern nicht mehr ermöglichen, von dieser Arbeit zu leben: Verschwinden dann ganze Berufszweige und machen den Selbstausstellern Platz?

Da will ich mal ein paar genauso grundsätzliche Gegenfragen stellen. Schaffen wir den Zugang zu Wissen für eine Elite, wenn der Zugang zu Informationen immer kostenpflichtig ist? Geht nicht zu viel Wissen verloren, weil es nicht zur rechten Zeit auffindbar ist? Ist der Schaden für die Allgemeinheit nicht höher, wenn wegen fehlendem Wissenszugang die Forschung erlahmt oder es zu Doppel- und Dreifachentwicklungen kommt (mal abgesehen, dass wir damit zur Zeit sowieso schon zu kämpfen haben)?
Natürlich muss man Google im Auge behalten und verhindern, dass aus Google ein neues Elsevir wird. Google darf kein Monopolist bleiben. Und man mag meinen, die Industrie und damit auch die Content-Industrie, wüßte, dass Konkurrenz das Geschäft belebt Ich weiß, das ist ein abgedroschener Allgemeinplatz, doch die Bestrebungen mit Libreka wirken einfach nur ungeschickt. Da klingt es richtiggehend getroffen, was der Autor zum Schluss schreibt:

Früher hätte man nach der Politik gerufen und ihr erklärt, dass Wissen systemwichtig sei. Doch die Politik scheint sich für all das nicht zu interessieren.

Quelle:
Hintermeier, Hannes: Das Teuflische an diesem Plan via FAZ.Net

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