Problem Gebrauchtspiele

Wir sind im Europäischen Jahr der Kreativität und Innovation. Mit diesem Jahr sollte eigentlich auch das Urheberrecht wieder verstärkt in den Fokus der nationalen und internationalen Politik rücken, denn Kreativität und Innovation benötigt einen passenden Rahmen, wo ich hier gleich anmerken möchte, dass dies auch eine Freiheit der Informationsnutzer bedeutet.

Justizministerin Zypris lädt im Rahmen des Europäischen Jahres zu einer internationalen Urheberrechtskonferenz im Mai nach Berlin ein, um so eine weitere rechtspolitische Diskussion mit neuen Denkanstößen anzuregen.

Denkanstöße sind besonders für die strittigen Bereich Internet, Privatkopie und gebrauchte Software wichtig. Bundestag und Bundesrat baten das Justizministerium sogar darum, zu überprüfen, ob beim Handel mit Gebrauchter Software, wozu auch Spiele zählen, Reformbedarf besteht. Hier besteht Rechtsusicherheit, denn Software-Herrstelller verneinen ein Recht auf den Handel mit gebrauchten Lizenzen, während Second-Hand Softwarehändler die Rechtmäßigkeit ihrer Angebote gegeben sehen.

Gerade die Herrsteller von Games haben ein starkes Interesse daran, den Markt für gebrauchte Spiele einzudämmen. Sie fürchten, dass diese wiederverkauften Spiele sich schlecht auf ihre Absatzzahlen auswirken. Eine Möglichkeit, die die Unternehmen derzeit versuchen, um den Wiederverkauf zu erschweren, sind vor allem Onlineanbindungen und -aktivierungen.

Jetzt wird der große Onlineanbieter Amazon.com in den USA tätig. Unter amazon.com/tradeingames:engl: sollen gebrauchte Spiele in den USA zurückgekauft werden. Der Verkäufer erhält allerdings kein Bargeld ausgezahlt, sondern Gutscheine.

Die Preise lassen sich sehen. Einige Beispiele
PS3-Version von Call of Duty: World at War 26 US-Dollar
Fallout 3 PS3-Fassung 25 US-Dollar, Xbox-360-Version 21 US-Dollar
Portokosten für den Versand werden von Amazon übernommen. Außerdem bietet Amazon.com zum Start der Beta-Phase von Trade-in-Games noch 10 Prozent Rabatt beim Kauf neuer Spiele.

Die Erwartungen, dass Amazon.com damit Gebrauchtspielhändlern wie der Ladenkette Gamestop das Wasser abgräbt, sind hoch. Seit dem Einstieg von Amazon in dieses Marktsegment ist die Aktie des Unternehmens um rund 14 Prozent gesunken.

Neben den deutschen Filialen von Gamestop und vielen kleinen Händlern nimmt hierzulande unter anderem Trade-a-Game gebrauchte Spiele in Zahlung. An dem Unternehmen sind die Verlagshäuser Dumont und Madsack beteiligt. Die Preise liegen höher als bei Amazon. Für Fallout 3 bietet Trade-a-Game 23 Euro (Xbox 360) beziehungsweise 24 Euro (PS3).

Das ist in der Hinsicht vielleicht die beste Strategie, von der beide Seiten – Käufer und Verkäufer – profitieren. An dieser Stelle greift die Selbtregulierung des Marktes, so dass daher auf zu restriktive Veränderungen des Urheberrechtes sogar verzichtet werden könnte.

Im Europäischen Jahr der Kreativität und der Innovation möchte Ministerin Zypries auch verstärkt den Schutz des geistigen Eigentums ansprechen und mit allen beteiligten Parteien (z.b. Rechteinhaber und Internetprovidern) einen Dialog zum Thema “Creative Content Online” führen.

Außerdem hat will sie das Problem der in Europa unheitlichen Regelungen im Bereich “Privatkopie” auf europäischer Ebene angehen. Dies ist vielleicht mit das dringendste Problem, den Rechtsexperten sehen eine zu starke Diskrepanz zwischen den bestehenden Schranken des deutschen Urheberrechts im Bezug auf die Privatkopie und den implementierten Kopierschutz-Mechanismen bzw. den verwendeten Lizenz-Verträgen.

Quellen:
Justizministerium will Urheberrecht reformieren via Chip Online, 12.01.2009
Ihlenfeld, Jens: Amazon.com kauft Spiele zurück via golem.de

Loben wir uns das Urheberrecht schön

Das Bundesjustizministerium versucht die Vorteile für verschiedene Interessensgruppen bei Einigung von Schwarz-Rot über die heftig umstrittene zweite Stufe der Urheberrechtsnovelle hervorzuheben versucht. Man hat sogar positive Neuregelungen für die Nutzer im sogenannten 2. Korb der Reform entdeckt.

“Kopien zum privaten Gebrauch sind möglich”, heißt es in der heise online vorliegenden Darstellung des Kompromisses zum Regierungsentwurf der großen Koalition. Es folgt aber die Einschränkung, dass Privatkopien künftig auch nicht mehr “von offensichtlich rechtswidrig zugänglich gemachten Vorlagen gezogen werden” dürfen. Bisher sind sie bei “offensichtlich rechtswidrigen Vorlagen” verboten.

Wow, fällt mir da nur ein. Machen wir es einfach mal kompliziert für den Nutzer. Jeder der sich im Netz bewegt, muss jetzt Experte werden, ob eine Quelle legal ist oder nicht. Sind da nur noch bekannte Websites als Vorlage geeignet? Muss ich jetzt in mein Blog schreiben: “Habe nur legale Quellen verwendet. Könnt hier meine Beiträge also weiterverwenden?”

Bei der neuen Formulierung handelt es sich laut dem Justizministerium um eine “notwendige Ergänzung” zur Einschränkung privater Kopien, um besser gegen die Verbreitung geschützter Werke in Tauschbörsen vorgehen zu können.

Das Monstrum Tauschbörsen ist also immer noch das Schreckensphantom, mit dem jede Änderung im Urheberrecht begründet werden kann. Lässt sich die Verwerterlobby da endlich mal etwas Neues einfallen?

Was gibt es also noch an erfreulichen Aspekten für den Verbraucher, den Endnützer, den Konsumenten? Da fällt dem Jusitizministerium nichts mehr ein. Ach ja und man hat vergessen, dass die Grenze der Privatkopie da ist, wo technische Schutzmaßnahmen getroffen wurden, die immer mal wieder gerne als Digital Restriction Management erwähnt werden.

Eine Erlaubnis zum Umgehen technischer Kopierblockaden zur Durchsetzung der privaten Kopiermöglichkeit, wie sie etwa in der Schweiz geplant ist, soll es hierzulande nicht geben.

Da hat Deutschland wohl mal wieder die Harmonisierungsrichtlinie der EU mit ihren offenen Formulierungen nicht wirklich wörtlich gelesen. Mit deutscher Gründlichkeit ist man mal wieder auf Nummer sicher gegangen. Schade, dass man dabei zu sehr an den Lippen der Verwerterlobby gehangen hat.

Ach ja, es ist plötzlich auch keine Rede mehr von der zunächst von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgeschlagenen Bagatellklausel fürs straffreie Nutzen von P2P-Netzwerken.
Was ist denn noch nutzerfreundlich seitens des Ministeriums? Toll, der Urheber kann sein Werk kostenlos zur Verfügung stellen, indem er einfach jedem Nutzer ein einfaches Nutzungsrecht einräumt. Ging das nicht auch bisher so? – Ach so: Damit werde eine befürchtete Rechtsunsicherheit für “Open-Source”-Software und Open Content beseitigt. Das geht ohne Schriftform, da entsprechende freie Lizenzen etwa für Linux oder Wikipedia öffentlich mit dem jeweiligen Werk verbunden seien.

Wieviel Rechtssicherheit ist das für “private”, auf der eigenen Homepage oder im eigenen Blog veröffentlichten Werke? Hier sollte wohl aus eigenem Interesse weiterhin klar festgehalten werden, welche freie Lizenz verwendet wird. Im Zweifelsfall gilt dann wohl noch immer: All rights reserved.

Ein Erfolg für den Verbraucher ist also das Zurückführen digitaler Medien auf die Möglichkeiten der analogen Welt? Bei den Bestimmungen zu elektronischen Leseplätzen in Bibliotheken, Museen unterstreicht das Ministerium, dass die genannten Einrichtungen die Anzahl der digitalen Werke im Vergleich zum Bestand etwa “bei Belastungsspitzen” vervierfachen könnten. Dies bringe “klar” die wissenschaftliche Arbeit voran und vermittle zugleich “mehr Medienkompetenz für Forschende und Studierende”. Ein wenig wie Hohn klingt da die Behauptung, die Begrenzungen würden auch dem “Schutz der wissenschaftliche Verlage und damit zugleich ihrer Bedeutung für die Wissenslandschaft” dienen.

Wieviel könnten die wissenschaftlichen Verlage nicht verdienen, wenn die Wissenschaftler ihnen keinen Nachschub mehr liefern können? Die Open Access-Bewegung ist sicherlich auch ein Ausdruck der übersteigerten Forderungen monoplistisch ausgerichteter Verlage. Kleine Verlage leiden wohl eher unter der oligarchischen Vormachtstellung der internationalen Großen, als unter Bibliotheks-, Wissenschaft- und Forschungsprivilegien.

Als “tragfähigen Kompromiss zwischen den Interessen der Bibliothek, des jeweiligen Nutzers und der Verlage” sehen die Ministerialbeamten ferner die erstmals eingeführte Erlaubnis für Büchereien, Teile von Werken aus ihrem Besitz zu kopieren und zu versenden. Bisher sei die entsprechende elektronische Fernleihe von Diensten wie subito auf rechtlich unsicherem Boden durchgeführt worden.

Moment: Hier gelten gravierende Einschränkungen: So ist der Versand nur als grafische Datei per E-Mail möglich und das nur für Zwecke des Unterrichts und der Forschung. Diese Klausel wird noch weiter eingeschränkt: Dies ist nur erlaubt, wenn der jeweilige Verlag kein eigenes Angebot macht. Das wird er in der Regel zu deutlich höheren Preisen. Was nützt da die Begrenzungen, dass dieses Angebot “für jeden offensichtlich, zu jeder Zeit, an jedem Ort und zu angemessenen Bedingungen” zu erfolgen hat. Was heisst angemessen? Ein Grund, warum Wissenschaftler auf einer parlamentarischen Anhörung deutlich darüber hinausgehende Anforderungen an ein Urheberrecht für die Wissensgesellschaft aufgestellt haben.

Wie kompliziert wird sich das Schmankerl für die Schulbuchverlage auf die Arbeit von Schulen auswirken? Die dürfen Inhalte aus Schulbücher nur mit Zustimmung mit Zustimmung der Schulbuchverlage kopieren oder etwa in einem Intranet in Auszügen digital zugänglich machen. Gerechtfertigt ist dies durch den speziellen und eng umgrenzten Absatzmarktes.

Rein quantitativ nehmen ansonsten die vom Justizministerium ausgemachten Vorteile für Urheber und Künstler den meisten Raum in der Übersicht ein. So stelle etwa die Neufassung der Gerätepauschale für private Kopien eine “erhebliche Verbesserung” für diese Klientel dar. Sie dürfte künftig “mit einer höheren Vergütung und deren zügigeren Ausschüttung” rechnen.

Einen “vernünftigen Ausgleich” zwischen dem Interesse der Verwerter an der maximalsten Ausschöpfung der Verwertungskette und den unterschiedlichen Interessen der Urheber soll bei der jetzt getroffenen Formulierung zum Ermöglichen “unbekannter Nutzungsarten” herauskommen.

Neu ist jetzt die Vereinbarung entsprechender Verwertungen und gleichzeitig auch die spätere Verweigerungsmöglichkeit durch Widerruf bei Neuverträgen. Der Urheber, der vorher unbekannte Nutzungsarten eingeräumt hat, muss demnach für seine Erreichbarkeit sorgen. Der Verwerter, der in der neuen Art nutzen will, muss zudem den Urheber darüber informieren. Vergleichbare Regelungen gelten bei Altverträgen.

Die durch Schwarz-Rot vorgeschlagenen Änderungen an der Regierungsvorlage sollen am Mittwoch im Rechtsausschuss und am Donnerstag im Plenum des Bundestags durchgewunken werden.

Quelle:
Krempl, Stefan: Bundesregierung lobt neues Urheberrecht auch aus Verbrauchersicht via heise online


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