Ein Best Practice Beispiel aus New York: Schulbibliothekar im 21. Jahrhundert

Mehr als 90 % der öffentlichen Schulen in den USA verfügen über Bibliotheken. Allerdings beschäftigen weniger als 2/3 aller Schulen dort ausgebildete BibliothekarInnen. Ich vermute in Deutschland sind es wohl weniger als 1/4 der öffentlichen Schulen, die gut ausgebildete BibliothekarInnen beschäftigen.  Schulbibliothekare wie Stephanie Rosalie haben sich zu facettenreichen Informationsspezialisten gewandelt, die Schüler durch die Flut von Informationen leiten, mit welcher sie täglich konfrontiert sind. Besonders hervorzuheben ist der folgende Satz:

“Before Ms. Rosalia arrived, the library was staffed by a teacher with no training in library science. Some books in the collection still described Germany as two nations, and others referred to the Soviet Union as if it still existed.”

An ihrem ersten Arbeitstag stellte sich Stephanie Rosalie als “information literacy teacher” vor. Weitere Aufgabenfelder, denen sich Rosalie widmet, sind die Schüler zu ermutigen Buchrezensionen zu schreiben, die sie in den Bibliothekskatalog integriert. Außerdem half sie einem Mathematiklehrer ein Klassenblog zu erstellen. Jeden Freitag trägt Rosalie ein T-Shirt mit der Aufschrift “Don’t make me use my librarian voice”. 🙂

Ein Nachtrag: “Room to Read” eröffnete im Mai 2010 seine zehntausendste Bibliothek in Nepal

Room to Read feierte mit der Eröffnung seiner zehntausendsten Bibliothek gleichzeitig sein 10-jähriges Bestehen. Über die letzten Jahre verteilt, wuchs die Organisation exponentiell an und konnte ungefähr 4 Millionen Kinder in Ländern wie Bangladesch, Kambodscha, Indien, Laos, Nepal, Südafrika, Sri Lanka, Vietnam und Sambia glücklich machen.  Im Gegensatz zu Read Global liegt der Fokus bei Room to Read auf der Leseförderung für Kinder. In ihrem Leitbild heißt es, dass Room to Read bestrebt ist das Leben von Millionen von Kindern in Entwicklungsländern zu verändern, indem sich die Organisation durch die Zusammenarbeit mit lokalen Partner in der Regierung, den Kommunen und Dörfern auf die Förderung der Lese- und Schreibfähigkeit und auf die Herstellung  der Gleichberechtigung der Geschlechter konzentriert. Mädchen werden unterstützt ihre Schulbildung bis zur Sekundarschule zuende zu führen und mit den nötigen Lebenskunde ausgestattet, um in der Schule und darüber hinaus erfolgreich zu sein. Auf der Webseite finden sich zahlreiche Möglichkeiten als Freiwilliger, als Angestellter oder als Schüler (Students helping Students) diese Organisation zu unterstützen. Daneben gibt es auch einen Fanseite auf Facebook und einen Twitteraccount,  wo sich die erfolgreichen und vor allem nachhaltigen Projekte mitverfolgen lassen.

P. S: Laut Room to Read wird die Veränderung der Welt über die Bildung der Kinder erreicht. Ähnliches lässt sich insbesondere bei der “Interkulturellen Bibliotheksarbeit” beobachten, wie auch Sir Ken Robinsion unlängst feststellte:

“In the history of immigrant communities it’s often the children who teach the adults about the new culture.”

Aus aktuellem Anlass: Der diesjährige Gewinner des “Libraries Change Lives Award” ist die Bibliothek der Haftanstalt von Saughton (Edinburgh)

Eine Gefängnisbibliothek in Edinburgh, welche erst im November 2008 eröffnet wurde, erhielt vorgestern im Rahmen der Libraries Change Lives Konferenz (in London) den Libraries Change Lives Award. Das Chartered Institute of Library and Information Professionals (CILIP) ist der Ausrichter der Konferenz und Sponsor des Preises. Die Auszeichung belohnt gute und innovative Bibliotheks- und Informationsprojekte, welche Menschen zusammenbringen, Nutzer einbeziehen und  das Leben von Menschen verändern. Die Gefängnisbibliothek setzte sich damit gegen andere innovativen Initiativen und Projekte aus Manchester und London (Bezirk Barking und Dagenham) durch. Hierfür erhielt sie eine Trophäe und 5.000  britische Pfund. Sie ist die einzige Bibliothek in Schottland mit einer Warteliste. Den Gutachtern zufolge übt die Bibliothek einen bemerkenswert positiven  Einfluss auf alle Insassen und Mitarbeiter aus. Das bei der Errichtung der Bibliothek vorgebene Ziel war es, eine soziale Inklusion für alle Insassen zu verwirklichen, indem ihnen Weiterbildungsmöglichkeiten und Berufsperspektiven aufgezeigt und angeboten werden, um ihnen den Übergang von der Haft in die Freiheit zu erleichtern.  Dies wird durch ein einladendes Design und eine moderne Ausstattung (z.B. Laptops und Schreibtische) gewährleistet, wobei die Häftlinge bei der Gestaltung und dem Bau der Inneneinrichtung aktiven mitwirkten. Außerdem wird den Insassen nicht nur dabei geholfen ihre Lesefähigkeit zu verbessern, sondern ihnen auch bei der Erstellung ihrer Lebensläufe und Bewerbungen  Hilfestellung gegeben. Eine weitere Besonderheit ist die Tatsache, dass dort Häftlingen Fähigkeiten und Kompetenzen eines Bibliothekars vermittelt werden. Betrieben wird die Bibliothek aber von der erfahrenen “Berufsbibliothekarin” der Stadtbibliothek von Edinburgh, Kate King. Sie und einige Häftlinge kommen im folgenden Video zu Wort.

Ein Bücherpanzer als Instrument zur Leseförderung in Buenos Aires: "El Arma de Instrucción"

In den letzten 30 Tagen berichteten mehrere Medien unter anderem BoingBoingHuffington PostActu Litté, sowie das belgische Blog DE PAPIEREN MAN über Raúl Lemesoff, einem argentinischen Künstler, der ein Fahrzeug der Marke Ford Falcon aus der Zeit der Militärdiktatur Argentiniens (1976-1983) so umfunktionierte, dass er es regelmäßig mit gespendeten Büchern “auftankt” und diese kostenlos in der Stadt verteilt.  Zu den größten Interessenten der Bücher zählen junge Menschen im Alter zwischen 5-18 Jahren. Seine “Waffe” bezeichnet  Raul Lemesoff  als “Weapon of Mass Instruction“, als Waffe, welche imstande ist die Massen zu bilden.  Ihm geht es darum Literatur dorthin zu bringen, wo sie (noch) zu selten vorkommt. Hierzu zählen Stadtviertel, die von Armut und Marginalisierung betroffen sind.

Vorgestern kam unter anderem in der Wochenzeitschrift New Yorker ein Blogeintrag von Monica Racic hinzu, in welchem sie nicht nur Zitate zu Büchern und Waffen aus dem Film “Die Träumer” von Bertolucci aufgriff, sondern auch die Hauptziele von Lemesoffs Tätigkeit Bücher unters Volk zu bringen, benannte: Weiterlesen

Neuer Imagefilm der Stadtbücherei Stuttgart zur Interkulturellen Bibliotheksarbeit

Im Folgenden möchte ich auf den neuen Imagefilm der Stadtbücherei Stuttgart zur Interkulturellen Bibliotheksarbeit aufmerksam machen, auf den Franziska Ahlfänger bereits in dem von uns gemeinsam verfassten Artikel  “Das Fremde in uns und wir im Fremden – Berliner Konferenz gibt Impulse und Anregungen” in BuB 01/2010 hinwies. Er ist seit Anfang Februar auf You-Tube verfügbar. Betreut wurde dieses Projekt von Prof. Dr. Wolfgang Ratzek von der HdM Stuttgart. Weitere aktive Projektmitarbeiter waren neben Franziska Ahlfänger, Annika Hager, Simon Herm, Ronald Kaiser und Ute Zelch, die sich derzeit im letzten Jahr des Masterstudiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement befinden.

In dem Artikelteil, den Franziska Ahlfänger verfasste, ging es ihr vor allem um eine stärkeres Bewußtsein für die wachsende Zielgruppe “Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund”:

[..] dass es die junge Generation in Deutschland zu fördern und auch zu fordern gilt. Dies zeigen nicht nur die einschlägigen Untersuchungen wie PISA, Shell-Studien oder die JIM und KIM-Studien. Deutschlands Jugend liegt im Leseverhalten auf Platz 21 von 32 OECD-Mitgliedsstaaten. Das Statistische Bundesamt zählte 2007 immerhin noch ca. 2,3 Millionen Jugendliche mit Migrationshintergrund, die zwischen 15 und 25 Jahre alt sind. Zählt man die Älteren von 25 bis 35 Jahren hinzu, wären wir bei einer Zahl von 4,8 Millionen! Insgesamt gesehen hat Deutschland ca. 9,7 Millionen Jugendliche bzw. 19,3 Millionen junge Menschen von 15 – 35 Jahren! In Zukunft werden wir nicht nur ein kürzere Halbwertszeit für Normen haben, sondern auch eine Vielzahl an Werten, die aus Globalisierung, Kulturen-Vielfalt und Sozialsystemen entstanden sind. Viele Jugendbibliotheken und Jugendbereiche konzentrieren sich auf Jugendliche bis Anfang 20. Aufgrund der bereits erwähnten Tatsache sollte überlegt werden diese Lebensphase zu erweitern. Werden es die Jugendlichen einfacher haben oder werden sie zunehmend schwerer auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden? Medien und Informationen werden zunehmen, die Dinge werden sich schneller ändern, doch der Mensch wird sich nicht auf eine virtuelle Kommunikation beschränken wollen. Die Jugendlichen werden nicht auf Orte der Begegnung untereinander verzichten können. Dafür „können Jugendbibliotheken äußerst wertvolle und geschätzte Räume der Sicherheit und Störungsfreiheit, der Gewaltfreiheit und Geborgenheit werden, wenn sie denn entsprechend angelegt und ausgestattet sind“ (Göschel, BuB 61 (2009) 6, S.440). Es ist also nicht Aufgabe von Jugendbibliotheken und Bibliotheken mit Jugendbereichen Jugendliche zu beschützen, sondern sie zu lehren mit neuen Medien umzugehen, Lesekompetenz in jeglicher Hinsicht zu erlernen und sie in ihrem Fortschritt kompetent zu fördern. Diesen besonderen Ort können Jugendbibliotheken und Bibliotheken mit Jugendbereichen ausfüllen, wenn sie neue zielgruppengerechte Angebote bieten und diese den stetig veränderten Bedürfnissen der jugendlichen Nutzer anpassen. Bibliotheken müssen Anlaufstelle sein, wenn es darum geht, wie sich unsere zukünftige Gesellschaft gestalten lässt. Sie sollten vielmehr in und durch Öffentliche Bibliotheken die Möglichkeit haben Teil einer Gesellschaft zu sein, den man Wert schätzt und beachtet. Daher ist Partizipation von Jugendlichen ein Thema, das sich jede Bibliothek zu Eigen machen sollte. Mit Partizipation zeigt man der Jugend, wie wichtig sie für unsere Entwicklung und unseren Fortschritt sind. Sie sind die Zukunft und wenn wir nicht aufpassen, übertreffen sie uns nicht nur, sondern überrollen uns (im negativen Sinne gemeint). Die Partizipation der Zielgruppen wird im Zuge der Informations-, Wissens- und „Internet“gesellschaft immer mehr an Bedeutung zunehmen. Viele der Bibliotheken finden bereits jetzt keinen Zugang zu den Jugendlichen. Es fehlt an einer Struktur.

Wissensstädte – Bibliotheken in Afrika: Eine Ausstellung über die Geschichte und die Gegenwart von Bibliotheken in afrikanischen Städten noch bis 31.07.10 im ZMO Berlin

Bereits seit dem 11. Januar und noch bis zum 31. Juli 2010 ist im Zentrum Moderner Orient in Berlin-Nikolassee die Ausstellung Wissensstädte – Bibliotheken in Afrika: über die Geschichte und die Gegenwart von Bibliotheken in afrikanischen Städten zu sehen. Sie wurde von  Brigitte Krause, Robert Liebscher und Tobias Mörike konzipiert. Ein Besuch der Ausstellung ist nur werktags zwischen 10 – 16 Uhr möglich.

Das ZMO (Zentrum Moderner Orient) ist übrigens die einzige Forschungseinrichtung Deutschlands, die sich interdisziplinär und in historisch-vergleichender Perspektive mit dem Nahen Osten, Afrika, Süd- und Südostasien auseinandersetzt. Im Fokus der Forschung steht die Interaktion überwiegend islamisch geprägter Gesellschaften sowie deren Beziehungen mit den nicht-islamischen Nachbarregionen. Momentan ist dort noch eine Stelle als Praktikant in der Bibliothek ausgeschrieben. Bei letzterer geht es um die wissenschaftliche Erschließung von Archivmaterialien aus dem Nachlass von Prof. Dr. Gerhard Höpp über ein elektronisches Findbuch.

Auf dem 72. PEN-Kongress 2006 in Berlin, an dem ich damals  im Berliner Ensemble teilnahm, meinte die südafrikanische Literaturnobelpreisträgerin von 1991, Nadine Gordimer, dass es in Afrika immer noch viel mehr Investitionen in Gewehre als in Bücher gibt. Ihrer Meinung nach kann das “Grundrecht auf Kultur” nur gewährleistet werden, wenn außer den Schriftstellern, der Literatur in afrikanischen Muttersprachen,  auch die Leser und das Lesen mehr gefördert werden würde. Über die Lese- und Buchkultur in ihrem Heimatland Südafrika äußerte sie sich damals  sehr kritisch:

“Bücher sind in Afrika unverhältnismäßig teuer, weil die meisten aus dem Ausland kommen. Es gibt etwa in Südafrika kaum öffentliche Bibliotheken und die Buchläden sind monopolistisch in der Hand einer einzigen Ladenkette. Lange Zeit war Mandelas Autobiografie “Der lange Weg zur Freiheit” in seinem Land doppelt so teuer wie in England oder Amerika. Nachdem die Freiheit der Meinungsäußerung gesichert ist, regiert nun der Markt. Wir haben immer wieder daran appelliert, die Importzölle auf Bücher abzuschaffen. Es ist uns nur für Sachbücher gelungen, nicht für Literatur und Poesie. Es bräuchte eine große Bewegung unter Schriftstellern und Erziehern.”

Abschließend  forderte sie die Initiierung einer neuen Bewegung, die sich diesen Problemen stärker widmet. Weiterlesen

Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek 2009

Das zweite Mal starten Bibliotheken in ganz Deutschland zusammen mit dem DBV die bundesweite Aktionswoche “Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek”. Vom 6.-13. November 2009 präsentieren sich alle gemeinsam mit zahlreichen Lesungen, Events, Vorlesestunden, Bibliotheksnächten und vielen weiteren Aktionen als Partner für Lesen, Informations- und Medienkompetenz sowie Weiterbildung. Die Schirmherrschaft hat dieses Jahr Bundespräsident Horst Köhler und unterstützt wird die Gesamtaktion durch das Bildungsministerium.

Eng verbunden mit der Bibliothekswoche ist erstmals der bundesweite Vorlesetag 2009 in einer Woche am 13. November.

Wunderschön dazu der Werbespott “Lesen fesselt” der HDM Stuttgart von 2006

“lesen fesselt. auch dich.” Ein Werbespot zur Leseförderung. Entstanden im Rahmen eines studentischen Projekts an der Hochschule der Medien Stuttgart.


[Korrektur zur Verbesserung des Datenschutzes. Umstellung Youtube-Video auf “privacy-enhanced mode”: 07.06.2018]

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